Elizabeth George: Wo kein Zeuge ist

kurzkritik.gif

Ich war überrascht – der Verlag verspricht auf dem Back-Cover ‚die neue George‘. Neue Frisur? Neuer Vorname? Oder ging hier tatsächlich jemand der sprachliche Gaul durch und präsentiert keck die feminine Fassung von ‚der neue Simmel‘? Und ich Stümper hab‘ immer gedacht ‚der‘ bezieht sich auf das Wort ‚Roman‘.

Egal, jetzt also die neue George, die mit ihren letzten beiden Büchern etwas flügellahm daherflatterte. „Wo kein Zeuge ist“ bezeugt leider, dass es selten gelingt, eine Krimiserie mit den immergleichen Protagonisten über jetzt 13 Fälle spannend zu halten. Geradezu verbissen versucht Elizabeth George auf den ersten 200 Seiten, die Zusammenhänge der Hauptcharaktere mit scheinbar beiläufigen Nebensätzen zu erklären und quält mit penetranten Hinweisen, dass Havers immer noch ihre roten Basketballstiefel trägt und zunehmend versiffter rumläuft. Überhaupt scheint Elizabeth George dem Leser wenig zuzutrauen und erklärt jeden Satz, jede Gefühlsregung bis ins letzte Detail. Irgendwie scheint ihr die Leichtigkeit flöten gegangen zu sein, mit der sie früher so geschickt Charakterzeichnungen und überraschende Wendungen verbunden hat. Nach dem mühsamen Einstieg gewinnt der Roman dann doch noch an Fahrt und erfüllt zumindest den Anspruch, ein gut lesbarer Sommerkrimi zu sein. Mehr aber auch nicht.

Elizabeth George: Wo kein Zeuge ist. 
Blanvalet 2006. 800 Seiten. 22,95 €

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert