„Mocca-Sahne“ würd ich sagen. Süß, aber nicht zu süß. Velocette kommen aus London, bestehen im harten Kern aus vier Mitgliedern, spielen wunderschönen, eingängigen Gitarren-Folk-Pop und baden wie immer in schwelgerischer Romantik. Mit Sarah Bleach haben sie ein glockenhelles Zuckerstück am Mikro, dazu die obligatorischen Streicher im Hintergrund und – ja, diese schrammeligen Riffs, denn Velocette-Songs sind keine Kaffeestückchen, sondern zartbittere Desserts mit melancholischem Nachgeschmack.
Und mit dunkler Tönung, denn „Bitterscene“ ist – neben schaurigen Grusel-Backing-Vocals – mit einem Hauch von Motown versehen oder präziser: mit dem brachial-stampfigen Charme der Ronettes aus der Spector´schen Hit-Fabrik. Einen Hang zur üppigen Wall-of-Sound-Klangkulisse haben Velocette ohnehin, und ihre leicht naiven Melodien kommen auch erst durch den Kontrast von „simpel“ und „komplex“ so richtig zur Geltung.
Ohne ihn eiert der Gesang zu uninspiriertem Akust-Gezupfe öde vor sich hin, wie bedauerlicherweise zu Beginn des langsameren „Bossanova“ vorexerziert, aber die Plugged-Explosion läßt gottlob nicht lange auf sich warten und hängt den mädchenhaften Vocals ein rockiges Bleigewicht an die Füße, unterstützt von superplüschigen Hammond-Exzessen.
Das noch langsamere „Catch the sun“ bleibt überwiegend unplugged, wird aber verschönert durch hingetupfte Synthie-Tönchen und kratziges Dauergeschnarre anstelle der üblichen Percussions.
Fazit: Velocette sind die Goldschmiede unter den Gitarren-Poppern, und mit „Bitterscene“ hat wieder eine betörende Preziose ihre Werkstatt verlassen. Selbst wenn der Boden unter mir zusammenbricht: ich würde sie mit kiloweise umhängen: mehr davon!
Velocette: Bitterscene
(Intercord)