Bei den ersten Klängen der Disco/New Wave angehauchten Nummer „Disco Madness“ dachte ich nur an eine unnötige Eighties-Reminiszenz mit Klaus Cornfield (Remember Throw That Beat In The Garbagecan) am Gesang. Also schmiß ich die CD erst mal schulterzuckend auf den Stapel. Typischer Fall von Kritikerschwäche.
Ich las dann einiges über Naked Lunch, was ich niemals mit dem gehörten Stück assoziiert hätte. Sixties, Pop, Himmelsstürmersongs, Liebeslieder voller Sehnsucht gaben die einschlägigen Gazetten der Musikwelt als Beschreibung an. Also wieder rein in die Schublade meines Players und schon wurde mein erster Eindruck über den Haufen geworfen. Die Attribute meiner Schreiberkollegen treffen zu und darüber hinaus kann man die Liste mit der Auszeichnung „internationales Format“ versehen. Endlich mal eine deutsche Band, die klingt, als kämen sie direkt aus den englischen Charts (Irgendwann werde ich für die Verehrung des Vereinigten Königreiches wegen Vaterlandsverrat von Skins Schläge beziehen oder des Landes verwiesen – na und?!).
Absoluter Hit ist die (geglückte) Auskopplung „Closed Today“ und das mit Streichern, Bläsern und Percussion angereicherte „Silvertown“. Schön auch das von Bassist Herwig Zamernik gesungene „Summer Now“. Gegen Ende wirkt „Love Junkies“ allerdings, als hätte man die schwächeren Songs nach hinten verlagert, was die Angelegenheit etwas langatmig wirken lässt. Darüber hinaus ist der etwas knödelige auf Helium anmutende Gesang von Oliver Welter etwas nervtötend. Naja – einziger Wehrmutstropfen für eine ansonsten erstaunliche Platte.
Naked Lunch: Love Junkies
(Big Store/Mercury)