Sind das kleine Gamaschen, da an den Füßen der Aeronauten? Weiter oben ein Gehrock und ein Stöckchen? Ja doch. Geschmeidige Dandys sind sie geworden, mit elastischen Beinen und purem Sex im Blut.
Gut, die alte Hau-drauf-Kapelle klingt immer noch durch, aber zum ersten Mal entdecken die Aeronauten das Luxus-Potential, das in ihrem Line Up steckt: wieviele Bands nennen schließlich schon einen Bläser ihr eigen?! Funkelnder, edler Soul schallt einem entgegen, aber das ist dann wirklich der höchste Peak. Das eigentliche Novum ist der Latin-Swing, der inzwischen in den Aeronauten-Adern pulsiert! Los Aeronautos haben sich zurück in die Fifties gebeamt, schwelgen in plüschigem Bossa und relaxtem Calypso mit raffinierten Percussions und sonnigen Melodien. Viel Psychedelik ist auch im Spiel, denn das entspannte Sich-treiben-lassen gehört eindeutig ebenfalls zu den neuen Disziplinen der Aeronauten, mit jeder Menge Orgel und viel Wah-Wah. Aber Achtung: mittenrein knallen immer wieder dreckige Metal-Gitarren, Deep Purple lassen grüßen.
Manche Dinge ändern sich allerdings nie: die Aeronauten bleiben im Herzen Low-Fi-Straßenkappelle mit kleingliedrigen Staccato-Popmelodien, die von ihren kruden Texten diktiert werden. Das ist wahrscheinlich die wahre, unkopierbare Kunst der Schweizer: wunderbaren, melodiösen Pop zu machen, obwohl Musik- und Sprechrhythmus im Dauerclinch liegen. Im Geheimen sind sie alle „Talkin´ Blueser“, diese Aeronauten: nix Hamburger Schule, sondern Childs of Dylan…
Und zehn Meter gegen den Wind erkennt man die Aeronauten natürlich an der raunenden Nicht-Stimme ihres Sängers Olifr Maurmann. Herrlich, wenn der neue Erotik-Sound der Band mit seinem Gesang kollidiert. Der ist so unsexy, wie es nur geht. Und das ist auch gut so.
Atemberaubende Geschichten haben sie (wie immer) zu erzählen. Nach dem Genuß einer Aeronauten-Platte sieht man die Welt wieder mit anderen Augen. Und ist vielleicht froh, in seiner eigenen zu leben. Denn die der Aeronauten ist trotz der sorglosen Melodien und des unprätentiösen, dahingeworfenen Gesangs voller Tragik! Gefangen in einem Labyrinth aus Beziehungsproblemen, Alltags-Absurditäten, kranken Zeitgenossen und einem latenten Groll gegen irgendwie-alles, können sie wahrscheinlich gar nicht anders, als sich durch ihre Musik selbst zu therapieren. Möge es immer so bleiben.
P.S.: Die Auswahl fiel schwer, aber zum Abschluss noch die drei schönsten „Es-Sätze“ aus „Bohème…“:
- Es war eine voll saublöde Idee mit diesen selbstgefärbten Wollehosen, doch sonst geht’s uns wunderbar.
- Es gibt Leute, die geben ihren Fingern französische Frauenvornamen.
- Es wird viel geschüttelt an dieser Hand von mir.