„Abstrakt“ ist das erste, was einem zum neuen Sensorama-Album einfällt. Cluster statt Melodien. Geräusche, Rythmen, Entwicklungen- bestenfalls. Trotzdem oder deswegen: es ist ein schönes, faszinierendes Album.
Die Frankfurter Elektroniker gelten als Verwandte des kargen, dunkel schillernden Chicago-House, in Wahrheit herrschen sie in ihrer eigenen Welt. Mit Dancefloor hat ihre Musik nichts zu tun. Sie zwingt vor allem in der ersten „Projektor“-Hälfte geradezu zum Stillsitzen, zum Aus-der-Ferne-Anstarren und -Bewundern.
„Projektor“ ist – wie das Label schreibt – in der Tat ein „warmes“ Album, ein freundliches. Aber auch ein hermetisches. Einzig die Regelmäßigkeit des Taktes, Wiederholungen von Sequenzen und die Linearität der Takes verbinden es mit herkömmlicher Popmusik. Auf dieser Basis aus Zeit und Rhythmus begegnen sich die unterschiedlichsten akustischen Muster, prallen aufeinander, entfernen oder verbinden sich. Stoisch, wie es nur eine Maschine hervorzubringen vermag. Und diesen seltsam unverwandt und herrenlos wirkenden Klängen Leben, Schönheit und Würde zu verleihen, ist die Kunst von Sensorama.
Natürlich ist auch ihre Musik trotz aller Entrücktheit ganz von dieser Welt, spiegelt diese in ausgewählten Facetten wider. Der Albumtitel winkt regelrecht mit dem Zaunpfahl: der Sensorama´sche Computerpark als „Projektor“, der Alltagsbeobachtungen in die (musikalische) Sprache des Duos übersetzt. Digital Rheinfahrt, Funkenflug, Nachtportrait, Rusty pins, Candle watching… Was so unbeholfen und archaisch klingt, ist Kommunikation auf hohem Niveau. Gerade die Simplizität, das Mikroskopisch-Akribische, Selbstvergessene ihrer Songs öffnet die Wahrnehmung für die Dinge dahinter. Sensorama erzählen Spektakuläres unspektakulär. Auch deshalb ist ihr Platz nicht in Clubs und auf Tanzflächen, sondern in Herzen und Hirnen. Und es ist gerade das Abstrakte, was ihre Schilderungen so lebensecht macht.
Sensorama: Projektor
(Ladomat 2120-2 )