Interview: Princess Superstar

Sexgeile Feministin

Princess Superstar kämpft für die Rechte der Frauen und setzt dazu gerne und oft ihre üppige Oberweite ein. Irgendwie muss man ja Aufmerksamkeit erregen.

Erst einmal eine kurze Einleitung, was euch auf „Princess Superstar Is“ (Rapster/Zomba) erwartet: Die liebe Princess Superstar ist ein Biest – Feministin, Reimmeisterin und Sexbesessene in Personalunion. Sie ist eine heißblütige Vertreterin einer neuen Girlpower-Bewegung. Einem Movement, das selbstbewusst und bestimmt auftritt. Dazu zählen unabhängige Frauen, die sich selbst um ihre Sachen kümmern, die genug Kraft haben und sich nicht unterbuttern lassen. Ein eigenes Label, vier Soloalben und ein sicheres Auftreten gehören in den Augen der New Yorkerin ebenso dazu. Nichts ist ihr heiliger als die eigene Unabhängigkeit. Die kann ihr kein Major der Welt bieten. Wenn während einer ihrer Auftritte plötzlich ein Zuschauer auf die Bühne klettert, ihr seine Aufwartung macht und ihr den Bauch küsst, findet sie das amüsant, schmeichelhaft und insbesondere sexy. Letztgenanntes Attribut passt auf ihre Texte und Songs gleichermaßen. Sie zollt dem Old School-HipHop Tribut und würzt ihre (schlüpfrigen) Reime mit viel Witz und Ironie. Was nicht heißen soll, sie würde sich nicht über die Rolle der Frauen im HipHop, also die der dekorativen Sexpüppchen in den Videoclips, echauffieren. Das macht sie zu Schwestern im Geiste mit Bahamadia und Beth Orton, die auf diesem grandiosen Album mitgewirkt haben.

Im Rahmen des Konzertabends „Independent Woman“ trat Princess Superstar während der Popkomm in Köln zusammen mit Beth Hirsch und Ursula Rucker auf. Daher die folgende Einstiegsfrage:

Freust du dich darauf, heute Abend auf die Bühne zu steigen?

„Ich wurde oft in das Genre ‚independent woman‘ gesteckt. Ich fing gleich zu Beginn meiner Karriere mit einem eigenen Label an und galt als Role Model für viele Frauen. Ich bin in der Musik wie im richtigen Leben eine starke Charaktere. Ich fühle mich geehrt, dabei zu sein.“

Warum trägt das Album den Titel „Princess Superstar Is“?

„Der Hörer soll bestimmen, wofür das Album steht. Es ist mein viertes und die bisherigen Titel waren ‚Strictly Platinum‘ oder ‚Last Of The Great 20th Century Composers‘. Sie hatten immer einen Bezug zu Größe. Dieses Mal wollte ich es offen lassen.“

Warum bedurfte es dreier Alben, um endlich den Sprung über den Teich zu schaffen und anständig promotet zu werden?

„Ich hatte einen nicht traditionellen Weg gesucht. Ich hatte die Möglichkeit, bei Majors zu unterschrieben. Mir war aber die künstlerische Freiheit wichtiger als alles andere. Ich möchte das machen, worauf ich Lust habe und was meiner Vision entspricht. Innovation ist mir wichtig. Ich möchte nicht Teil einer riesigen Industriemaschine sein, die mich irgendwann ausspuckt und fallen lässt. So habe ich natürlich mehr Arbeit am Hals, mich zu promoten und mich den Leuten näher zu bringen.“

Welche Künstler animieren dich dazu, Musik zu machen?

„Ich bin schon immer großer Musikfan gewesen. Meine Einflüsse sind so unterschiedlich. Erst höre ich Bowie, dann lege ich Fugazi auf, um im Anschluss daran Queen Latifah, Slick Rick oder Serge Gainsbourg zu hören. All das schwirrt mir im kopf umher, wird von mir verarbeitet und zu etwas neuem zusammengestellt.“

Das macht demnach deine Musik so anders…

„Oh ja. Meine musikalische Vergangenheit ist bewegt und divers, was andere Rapperinnen sicherlich nicht von sich behaupten können. Außerdem produziere ich viele Tracks selbst und schreibe meine eigenen Reime. Nicht, dass ich andere dissen möchte. Es kann definitiv nicht genug Rapperinnen geben. Zudem kümmere ich mich um alle geschäftlichen Belange.“

Ist deine Musik songorientierter, weil du dich nicht scheust, Gitarrenmusik zu hören?

„Ich versuche Stücke zu schreiben, die man in 20 Jahren noch hören wird. Ich wäre gern der David Bowie des HipHop. Er hat eine beneidenswerte Wandlungsfähigkeit. Ich weiß nicht, was andere tun, um längerfristig am Ball zu bleiben. Ich für meinen teil, halte Augen und Ohren offen.“

Ganz deutlich ist der Old School-HipHop-Einfluss in deinen Stücken herauszuhören.

„Definitiv. Die alte Schule war innovativer als das, was man heute so zu hören bekommt. Alles – egal ob Mainstream oder Underground – klingt eintönig. Früher legte man verstärkt Wert auf Abwechslung. Es gab viele unterschiedliche Ausrichtungen, die aber allesamt unter dem Dach HipHop firmierten. Ich möchte den alten Spirit wieder zum Leben erwecken. Zugleich blicke ich in die Zukunft und probiere Sachen aus, die noch keiner gemacht hat. Ich möchte mehr repräsentieren als nur HipHop. Es ist ein Klischee, aber ich habe für jeden etwas parat.“

Wenn ich mir verschiedene Rezensionen zu deinen Alben durchlese, taucht immer wieder ein Begriff auf: Humor.

„Humor ist alles. Es ist ein wirkungsvolles Mittel in der Musik und in meinem Leben. Ich möchte glücklich sein. Trotzdem sollte man meine Kunst ernst nehmen, selbst wenn ich mich als Person nicht ernst nehme. Es ist wichtig, Dinge von einem ironischen Standpunkt aus zu betrachten.“

Spielst du eine Rolle als Princess Superstar, die mit der realen Person nichts zu tun hat? Deine Texte sind ja voll von Sex.

„Aber klar doch. Fuck yeah. Ich liebe sex.“ (lacht)

Was anderes: Wie siehst du die Position der Frauen im HipHop?

„Furchtbar. Es ist grausam. Daher hatte ich auf meinem letzten Album das Stück „Cookies'“, in dem es um die Konvention der Musikvideos ging. Mit all den Weibern in Stringtangas. Warum nicht mal einen Typen auf mein Cover klatschen, der im String posiert? Es ist wichtig, den Spieß umzudrehen und für die Rechte der Frauen zu kämpfen. Klar sind solche Videos sexy, aber es ist außer Kontrolle. Der Gegenpol fehlt. Meiner Meinung nach, wird es sie nicht mehr lange geben und ab dann wird es wieder interessantere Musik geben.“

Also folgt demnächst ein Video mit halbnackten Männern, die um dich herum tanzen?

„Au ja. Das würde ich gerne machen. In Slow Motion am besten noch. Ja, das mache ich.“ (lacht)

Deine Texte sind sehr provokativ. Man könnte fast meinen, du wärst die weibliche Antwort auf Eminem.

„Ja, das haben schon viele gesagt. Hör dir alles ganz genau an und du wirst du sehen, dass meine Texte tiefsinniger sind. Er ist rein großer Lyriker und mir ist es lieber, mit ihm als mit den Spice Girls verglichen zu werden.“

Du hast einmal gesagt, du siehst dich als „part Wonder Woman, part porn-star, part high-powered executive“. Trifft das noch zu?

„Vieles stimmt noch. Weniger Pornostar, mehr Sexstar vielleicht. Und mit mehr Kontrolle.“

Muss man als Frau im Musikbiz mehr kämpfen, um zu Erfolg zu gelangen?

„Ich glaube ja. Gleichzeitig möchte ich nicht als verbissene Feministin rüberkommen. Ich bringe viel Humor mit. Auch wenn ich ständig über Sex rede, bin ich feministisch veranlagt. Allein schon, weil ich mein eigenes Label habe.“

Das Interview führte Kai Florian Becker

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