Rund 33 Jahre nach seinem Debüt und 26 Alben später fliegt der Kanadier Bruce Cockburn immer noch schneller als der Dämon Stagnation. Unermüdlich lotet er die Grenzen seines Tätigkeitsbereiches aus und lässt in seinen Polit-Folk immer neue Anregungen einfließen. „You’ve Never Seen Everything“ ist ein verhältnismäßig jazziges Album geworden und vom Songwriting um einiges klassischer als der Vorgänger „Breakfast In New Orleans, Dinner In Timbuktu“.
Song für Song genommen, greift Cockburn fast alle Abschnitte seines Schaffens auf. „Messenger Wind“ ist ein reiner Folk-Song, bei dem er so lieblich singt wie in den frühen Siebzigern, während „Postcards From Cambodia“ stark an den Output Ende der 80er Jahre anknüpft. Alles unverkennbar Bruce Cockburn, aber nicht veraltet. Gerade der 9-minütige Titelsong steht mit seinem anklagenden Sprechgesang in der gleichen Tradition wie „Serpentine“ von Ani DiFrancos neuer Platte. „You’ve Never Seen Everything“ ist zwar nicht ganz so kreativ ausgefallen wie „Breakfast In…“, aber das Album ruht in sich selbst und präsentiert mit dem verrauchten „Everywhere Dance“ wahrscheinlich einen der besten Cockburn Einzeltracks der vergangenen Jahre.
Bruce Cockburn: You've Never Seen Everything
(Cooking Vinyl/Indigo)