Deon Meyer: Tod im Morgengrauen

Wenn man heutzutage Südafrika betrachtet, vergisst man manchmal, wie weit das Land sich in den letzten 20 Jahren bewegt hat. „Tod bei Morgengrauen“ von Deon Meyer ist nicht nur ein spannender Krimi, sondern holt darüber hinaus ein Stück dieser Vergangenheit ins Gedächtnis zurück.

Anfangs handelt es sich „nur“ um einen brutalen Raubmord, bei dem ein zurückgezogen lebender Mann umkommt. Das Problem für die zurückgebliebene Freundin ist, dass auch sein Testament verschwunden ist und sie jeden Anspruch auf ihr gemeinsam erarbeitetes Vermögen verlieren wird, wenn das Testament nicht innerhalb von 7 Tagen dem Gericht vorgelegt werden kann. Privatdetektiv Zed van Heerden wird deshalb beauftragt es zu finden.

In Wahrheit werden zwei ineinander geschachtelte Geschichten erzählt. Zum einen erzählt ein neutraler Beobachter, mit teilweise rasanten Schnittwechseln, die Geschichte der Suche nach dem Testament und der Aufklärung des Mordes. Zum anderen erzählt jemand – der Leser weiß erst nicht, wer es ist – seine Lebensgeschichte. Warum diese beiden Geschichten ? Wie hängen sie genau zusammen ? Und wo und wie endet die Lebensgeschichte ? Deon Meyer legt durch diese doppelte Erzählung viel Spannung in den ersten Teil des Buches.

Mühsam erst arbeitet sich van Heerden durch die Vergangenheit des toten Mannes, Schnipsel für Schnipsel wird zusammengetragen und gerade dann, wenn der Leser denkt, dass das ja alles gut gemacht und gut erzählt sei, dass aber irgendwie das Besondere fehle, dreht die Geschichte von der Suche nach dem Testament mächtig auf. Plötzlich tritt der Militärische Nachrichtendienst auf und alles verwandelt sich.

Das ist alles richtig gut gemacht und wurde in Frankreich mit dem „Le grand prix de la litterature policiere“ gewürdigt [in Deutschland dagegen blieb das Buch wohl wie die Zeitung von letzter Woche liegen, so dass es jetzt nur noch als Remittente verfügbar scheint]. Wie Detektive in vielen anderen Krimis der Gegenwart auch, hat van Heerden große persönliche Probleme, aber anders als in vielen Krimis dienen sie weniger als Treibsand auf dem Weg zur Lösung des Falles, sondern sie schaffen eine eigene zweite Ebene in der Erzählung. Van Heerden ist eine schwierige wie interessante Person. Er liest viel, hört klassische Musik und kocht gerne. Einen Arzt, der Mozart Banalität vorwirft, verprügelt er und die Beschreibungen seiner Aktionen in der Küche sind allemal gut genug Appetit zu machen und reichen fast zum Nachkochen aus. Deon Meyer hat sprachlich zurückhaltend einen intelligenten Roman geschrieben, dem man höchstens den Vorwurf machen könnte, dass es am Ende fast zu hoch her geht.

Deon Meyer: Tod im Morgengrauen. Droemer Knaur 2003. Zur Zeit nur antiquarisch zu erwerben.

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