Jesse James ist durchaus eine ambivalente Figur in der Reihe meiner Kindheitsidole. Im Hollywood-Streifen mit Henry Fonda zum amerikanischen Robin Hood stilisiert, kam er ein paar Jahre später bei Lucky Luke weitaus schlechter weg. Aber es scheint ein Grundbedürfnis des Menschen zu sein, dass es immer noch den guten Outlaw gibt, der die Ganovenehre hochhält. Ohne Kenntnis, auf welche Seite sich der aktuelle Film mit Brad Pitt schlägt, wurde zumindest der Soundtrack von einem Musiker gemacht, dem man durchaus auch das Adjektiv ‚ambivalent‘ auf den Rücken malen könnte.
Nick Cave und sein alter Weggefährte Warren Ellis haben der Versuchung widerstanden, einen typischen Westernsoundtrack abzuliefern, entführen den Hörer aber doch in eine düstere Instrumentalwelt aus Rauch, Schmutz und tödlichen Schießereien. Das geschieht aber nicht mit billig vorgefertigten Motiven, sondern mit düster eindrucksvollen Instrumentalstücken, die von sparsamer Klavier- und Geigeninstrumentierung bis zum großen Klangbesteck reichen. Obwohl die Songs erkennbar Scores sind, funktioniert die Dreiviertelstunde auch ohne Bilder prächtig und am Ende bleibt die Erkenntnis, dass Nick Cave, selbst wenn er nicht singt, immer noch großartig ist.
Nick Cave & Warren Ellis:
The Assassination Of Jesse James By The Coward Robert Ford OST
Mute/EMI
VÖ: 2.11.2007