Der Preis ist heiß

143 Das dürfte wohl das erste Mal sein, dass ein Autor den Kleistpreis (einen der wichtigsten Literaturpreise unseres Landes und immerhin mit €20.000 dotiert) erhält, der auch in den Insellisten unserer Mitarbeiter vertreten ist. Der Preis geht in diesem Jahr an – Tusch! – Max Goldt.

Der von der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft vergebene Preis wird traditionell nicht von einer mehr oder minder großen Jury vergeben, sondern von einem ausgewählten Vertrauensmann (bzw. einer Vertrauensfrau) in einsamer Entscheidung zuerkannt. Und deshalb gebührt ein zweiter Tusch Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“). Tatä!
Da verzeihen wir sogar tausendfach gehörte Begründungen wie diese:

Goldt habe als Kolumnist der Zeitschrift „Titanic“, Essayist und Prosakünstler den deutschen Alltag bis „zur Kenntlichkeit entstellt“


Update (8.4.): Max Goldt erhält auch den Hugo-Ball-Preis der Stadt Pirmasens. (Wert: €10.000)
Update2 (9.4.): Heute keine einzige Auszeichnung für MG.

5 Gedanken zu „Der Preis ist heiß“

  1. Ein anderes Zitat vom Nicht -Germanisten Hans Mayer:
    „Nur 20 Prozent der Spieler halten sich im Urlaub an die Vorgaben des Trainers. Mindestens 50 Prozent erholen sich nach dem Motto: Wer sich
    bewegt, der wird erschossen.“
    Dachte immer, dass sei von Max Merkel. 🙂

  2. Hans Mayer über Kleist (den Mörder): „Der Epiker Kleist scheint nicht gewillt, die Konventionen beizubehalten, als sitze der Erzähler im Lehnstuhl und berichte unerhörte und merkwürdige Vorfälle vor einem Kreise der gebildeten und empfänglichen Geister. […] Ein Chronist der Historien. Ein Reporter, ein unheimlicher Geschichtsschreiber für die Mitwelt, wohl eher für die Nachwelt. Monologische Epik, denn der Adressat bleibt anonym, ist eher insitutionell als personell zu verstehen“. Nun ja: wir sind bei Kehlmann und Goldt und der Kenntlichkeit.
    Beste Grüße!

  3. Kleiner Bildungshappen gegen grassierenden historischen Alzheimer:
    „Bis zur Kenntlichkeit entstellt“ ist ein Wortspiel, das Hans Mayer (bitte selber googeln und bitte-bitte NICHT unter Germanisten abheften!) oft und gern gemacht hat. Vielleicht hat er es auch hier und da geschrieben.
    Es ist ein bewusster, dialektischer Kalauer – bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist ja eine beliebte Floskel, gern auf Leichen angewendet und besonders gern von Beckmessern, die ihre hehren Messlatten von irgendeinem dahergelaufenen Neuling bedroht sahen (früher gern in Zensor-Position). Mayer hat es immer bezogen auf per Kunst enttarnte böse Verhältnisse vor allem der bürgerlichen Gesellschaft.
    Ob ER das Wortspiel erfunden hat, weiß ich nicht. Es ist jedenfalls die viel schönere, weil vertrackte Variation auf das bekannte Maske-vom-Gesicht-Reißen. Aber das muss man natürlich „schmecken“ wollen.
    Kehlmann zumindest hat es sich NICHT ausgedacht, aber möglicherweise zitiert. Womöglich sogar mit dem richtigen Namen?
    HG – P.

  4. „Bis zur Kenntlichkeit entstellt“ ist schon etwas peinlich. Hat sich hoffentlich Kehlmann nicht selbst ausgedacht.
    Peinlich ist aber auch die Webseite der verleihenden Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft, die wohl seit 2005/2006 nicht mehr aktualisiert wurde:
    http://www.uni-koeln.de/kleist/

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