Ahoi, liebe Retro-Köche. Gurkenschiffchen stechen in See, und „Rote Hexlein“ werden getrunken. Die Gurkenschiffchen haben interessante Fracht: einen Obstsalat aus Trauben, Banane und Mandarine, aber angereichert mit Reis und Mayonnaise. Also eine Mischung aus Süß und Pikant. Ich tippe, sowas hatte man damals öfter. Überhaupt scheinen mir die Mandarinenspalten aus der Dose von der Häufigkeit her die kleine Schwester der Mayonnaise zu sein. Mandarinenspalten und Cocktailkirschen. Das waren damals die Jahrzehnte des Konserven-Obstes, oder?
Farblich sind Gurkenschiffchen jedenfalls ganz weit vorn. „Grün“ kann jedes Büffet gebrauchen. Auf der Rezeptkarte sind sie mal wieder auf den obligatorischen Holzscheiben gestrandet, mitten in einer Fastnachtsparty. Ein Hoch den schlicht-bunten Luftschlangen. Ein Designklassiker auch sie, einfach zeitlos schön. Wobei ich die Maske im Hintergrund eher beängstigend finde. Es gab in den 80ern Fernsehkrimis, wo Frauen mitten in der Nacht von einer Festivität nach Hause fuhren. Aber kaum waren sie ins Auto eingestiegen und losgebraust, erhob sich von der Rückbank ein gefährlicher Eindringling – und der trug dann eine solche Maske! Brrrr. Vielleicht ist es aber auch nur meine alte Clown-Allergie, die hier durchkommt.
Das „rote Hexlein“ im Glas besteht aus Möhrensaft, Orangensaft, ein bisserl Zitronensaft und Puderzucker. Gesiebtem Puderzucker! Smutje jr. hat sowohl den puren Möhrensaft (naja, da ist ab Werk schon Honig mit dabei) und später das komplette Hexlein gekostet. Und die Bewegung auf der nach unten offenen Ekligkeits-Skala ging von -3 auf -2 hoch. Sprich: mit Zucker und anderen Säften zusammen hat´s etwas besser gemundet. Es schmeckt in der Tat fein – und das TROTZ des Puderzuckers, wie ICH finde.
Ich kam mir aber stellenweise vor wie der Fährmann, der die Ziege, den Wolf und den Kohlkopf (oder so) in mehreren Schritten übersetzen muss. Denn ich ahnte, dass die Salzstangen-Maste in der Gurkenverankerung nicht alt werden (war tatsächlich so). Andererseits muss aber auf das rote Hexlein noch ein Sahnehäubchen (oder, ähm, ein schiffbrüchiger Sahneklumpen), das mit gehackter Petersilie bekräuselt wird. Und dann soll das komplette Arrangement – also aus Schiffchen und Getränk – gleichzeitig in die Kamera grinsen. Oh my. Ich hab also die Maste eingepiekst, die Sahne auf den lustigen Saft gehäufelt, und ab dafür. Vermutlich gibt´s bei Dr. Ö. eine Fachkraft, die ein eigenes Diplom darin hat, steif geschlagene Sahne dekorativ auf Säfte zu spritzgießen. Da kann ich natürlich nicht mithalten. Die Sahne ist im Endeffekt auch mehr was für Auge. Zumindest auf der Rezeptkarte.
Die Gurkenschiffchen schmecken übrigens „töfte“ – wie man in den 70ern lobend sagte. Eine wahre Erfrischung! Und der orange-weiße Untergrund auf der 2011er-Bildversion ist ein Original-Seventies-Tischläufer, von dem ich früher meine Ravioli gemampft oder panierte Pilz-Omeletts in mich reingeschoben hab. Die Läufer lagen auf einem dunkelgrünen Holztisch, und die Häkelgardinen zu meiner Linken waren orange-gelb und mindestens so groß wie die LED-Wand neulich beim ESC in Düsseldorf. Mit ähnlich changierendem Effekt. Gott zum Gruße!
🙂