Krimigrübeln fürs Hinternet: Das ist reines Ehrenamt, nicht mal die Spesen kriegt man ersetzt, wohl dem also, der sich bei der Oberfinanzdirektion Oberursel unkündbar den Hintern plattsitzen kann wie unsereiner. Das Hinternet ist eine völlig geldfreie Zone. Hier hat Gott Mammon noch nicht seine Tempel erbaut, ist „Konsum“ nichts weiter als ein Eintrag im Fremdwörterbuch. Aber das muss nicht so bleiben. Mit Krimirezensionen lässt sich viel Geld verdienen, man muss nur wissen wie. Ich weiß es.
Nein, nein, nicht die Amazon-Links, die den werten Leser diskret zur sofortigen Bestellung auffordern. Auch keine „Werbebanner“ oder gar „Bezahlinternet“. Das ist dem abgebrühten Krimifreund nur ein Lächeln wert, ein Fluch schlimmstenfalls, wenn er die Seite – Scheiß Reklame! – wegklickt, um seiner Obsession auf den noch nicht von Gewinnmaximierung penetrierten Seiten idealistischer Selbstausbeuter zu frönen.
Das Zauberwort heißt hier wie allerorten: Psychologie. Das Unbewusste, ja, Herr Freud. Man muss die Leser mit Werbung zumüllen, ohne dass sie es merken – aber ihre Gehirne sind dann auf der Ausgabenseite stimuliert, der Geldbeutel ein fickriges, pochendes Etwas, das sich seines Inhaltes stehenden Fußes zu entledigen drängt. Alles unbewusst, ja, ja, Herr Freud.
Einen ersten, höchst erfolglosen Versuch lancierte vor Jahresfrist der Leiter unserer Hamburger Zweigstelle, Herr Ludger Menke, als er in einer → Besprechung von Astrid Paprottas „Die Höhle der Löwin“ (wozu es übrigens bald ein → Krimiporträtheftchen geben wird) sogenannte „stakkative Mantrabeschwörungen“ werbemäßig zweckentfremdete – und beim kritischen Publikum voll auf die Schnauze fiel:
„Astrid Paprottas Buch – kaufmich, kaufmich, kaufmich, kaufmich – hat jene Intensität – sofort, sofort, sofort, wirdsbald! – die man sonst nur noch bei der Eissorte „Schwarzwälder Kirsch“ der Firma → MÖVENPICK feststellen kann.“
Die Richtung, lieber Herr Menke, stimmt hier durchaus schon. Aber die Machart entspricht leider nicht den neuesten Erkenntnissen der etablierten Konsumpsychologie. Diese verarbeitend, würde ich folgende Methode vorziehen:
„Sjöwall / Wahlöö haben Kommissar → Beck’s (ein Bier wie ein alter Schwede!) Kollegen mit jener Akribie…bietet der neue Krimi von Frau Swann etwa Zweitausendundeins Interpretationsmöglichkeiten. Das neue „Merkheft“ mit tollen Sonderangeboten gibt es → hier… Das Buch liest sisch lecker…Eine dichterische Komposition wie ein Stück von Vivaldi…“
Und so weiter. Diese Werbung funktioniert unbewusst. Sie wird kognitiv als Botschaft, nicht jedoch als semantische Zeichenfolge wahrgenommen, beziehungsweise dort, wo der Leser den Braten riecht, im Sud der Rezension geschickt gewendet. Daher wird sie vom Konsumenten auch nicht als negativer Reiz empfunden, sondern wirkt als unterschwelliges Stimulans. Subkutanes Power-Messaging nennen das die Psycholinguisten, wenn sie ausnahmsweise mal nicht die Studentinnen bespringen, und mein Schwager Erich, Senior Creative Director in einer Werbeagentur, bringt es auf den Punkt: „Damit kann man auch noch mit der letzten elitär abgewichsten Krimirezension des Herrn dpr ein Scheißgeld verdienen.“
Und verschafft mir das große professionelle Vergnügen, dem notorisch klammen Herrn Mitty endlich einmal ein Gewerbesteuerformular zuzuschicken, das dieser fluchend ausfüllen muss. Das stimuliert dann den Finanzbeamten in mir.
Ihr K.
(Herr K. arbeitet als Sachbearbeiter bei der Oberfinanzdirektion Oberursel. Seine aktuellen Lieblingskrimis sind: „Die simple Kunst der Werbung!“, „Werbung als schöne Kunst betrachtet“ sowie „Wer bumm? Tätersuche und Product Placement im zeitgenössischen Unterschichtenkrimi“). Wenn es ihm die Zeit erlaubt, wird Herr K. seine Mittagspausen weiterhin dazu nutzen, den Krimi zu erklären.)
lieber herr k.,
tatsächlich habe ich die seiten mit flashwerbung AUFGEGEBEN. die kleinen google-ads finde ich nicht so störend, wenn sie am kopf einer seite stehen.
Ihre anobella
Sehr geehrtes Fräulein Anobella,
Ihre Entscheidung gegen Flash freut mich ehrlich und kann als Beweis Ihres gehobenen Geschmacksniveaus angesehen werden. Sollten Sie zukünftig Probleme mit der Einkommenssteuererklärung haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an mich!
Mit freundlicher Hochachtung
Ihr Herr K.
ich habe IMMER probleme mit der einkommenssteuererklärung! ich hoffe aber, dass es momentan so niedrig ist, dass mir die – *off topic – krankenkasse höhere zuschüsse zu meiner brücke zahlen muss.
schön, dass Sie wieder schreiben, herr k.!
Danke, Fräulein Anobella. Unter uns: Es ist nicht leicht, sich als Gastautor gegen den Platzhirschen hier durchzusetzen. Das sind die üblichen Eifersüchteleien, die kenn ich ja auch aus dem Finanzamt.
Hinsichtlich Ihrer Brücke empfehle ich zu versuchen, Ihren Kostenanteil bei der späteren Einkommenssteuererklärung als „Werbungskosten“ abzusetzen. Sie müssen nur glaubhaft nachweisen können, dass Sie zur Berufsausübung (z.B. Lehrerin!) ein makelloses Gebiss brauchen.
Mit den allerfreundlichsten Grüßen
Ihr Ihnen stets gewogener
Herr K.
ich leide in den KOMMENTAREN unter dem platzhirsch. er löscht die, die ihm nicht gefallen (das übersetzte sich in: die, die nicht an IHN gerichtet sind) unter dem vorwand, DER SPAMFILTER hätte sie aussortiert.
*zieht die augenbrauen hoch
es hat ein – um es mit seinen eigenen worten zu sagen – g e s c h m ä c k l e.
Ich verstehe Sie gut, gnädiges Fräulein. Der Herr wird immer größenwahnsinniger und fordert jetzt, was die Praktikantinnen angeht, „das Recht der ersten Naht“. Heißt: Wenn ihm mal wieder ein Kleidungsstück kaputtgegangen ist, muss es SOFORT genäht werden. Unsereiner kann dann sehen, wo er bleibt. Aber das wird böse enden!
Ihr mitfühlender Herr K.