Bangbang: Je t´aime Je t´aime

Air – die Zweite. Stilistisch geht Bangbang den Pfad weiter, den die Abräumer der Polls im vorherigen Jahr beschritten. Ätherische Analog-Synthies, ultraweiche Gesänge (u.a. von Jay-Jay Johanson) und trippige Beats machen das Chanson anno 99 aus. Die Titel – halb englisch, halb französisch – lassen Bangbang, seines Zeichens Leader dieses gleichnamigen Projektes, wie einen Bastard aus Morcheeba und Dimitri from Paris dort zurück, wo erstere sich zu sehr dem „Big Calm“ hingeben und der zweitgenannte auf zuviel Zuckerwatte setzt.

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Jim O´Rourke: Eureka

Hoppala, nicht gerade eine Platte, die ich in einem Magazin wie d!zko 2000, welches hauptsächlich Techno, Disco und Hip-Hop featured, erwartet hätte vorzufinden. Die technischen Elemente dienen dem Ex-Gastr Del Sol-Mitglied lediglich als Untermahlung seiner American-Songwriter Tradition. Daß er damit umgehen kann, hat er schon früher als Produzent von Stereolab bewiesen. Spartanisch und mit viel Akustikgitarren-Gezupfe wirken diese Stücke wie aus einer anderen Zeit. Gute Songs bleiben halt immer aktuell.

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Underworld: Beaucoup Fish

Nach ewig langer Wartezeit und immer wieder verschobenen Releasedates halte ich hier das neue, epochale Machwerk von einer DER führenden englischen Elektronik-Kollektiven in meinen Händen.
Zuviele Superlative im Aufmacher?-Keineswegs! Die Geschmackspolizisten, Gralshüter der Underground-Attitüde und Feinde von ravigen Klängen durften sich ja bereits wie die Mainstream-Fraktion, der es gar nicht groß(-kotzig) genug klingen darf, auslassen. Die Kritiken fallen demnach, was erste Gruppe angeht, zerreißerisch aus, die zweite Gemeinde äußerte sich euphorisiert.

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Jim O´Rourke: Eureka

Hoppala, nicht gerade eine Platte, die ich in einem Magazin wie d!zko 2000, welches hauptsächlich Techno, Disco und Hip-Hop featured, erwartet hätte vorzufinden. Die technischen Elemente dienen dem Ex-Gastr Del Sol-Mitglied lediglich als Untermahlung seiner American-Songwriter Tradition. Daß er damit umgehen kann, hat er schon früher als Produzent von Stereolab bewiesen. Spartanisch und mit viel Akustikgitarren-Gezupfe wirken diese Stücke wie aus einer anderen Zeit. Gute Songs bleiben halt immer aktuell.

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GusGus: This Is Normal

Darauf habe ich nicht erst seit dem umwerfenden 4AD-Event auf der Popkomm gewartet, sicherlich eines DER Konzerte, das ich im Leben nie und nimmer missen möchte. Was dieses audiovisuelle Klangkollektiv an Performance darbietet, ist wohl mit einem normalen Bandformat nicht zu vergleichen. Der Sänger, von grünem Licht diabolisch angestrahlt, wirkte mit einer ungewöhnlichen, dafür umso markanteren Stimme wie aus einer anderen Dimension. Die tanzende Sängerin, oder besser gesagt, singende Tänzerin nahm mit ihrer björkhaften Manier nicht nur die Männerwelt in ihren Bann.

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Placebo: Without You I`m Nothing

Nachdem der Film Velvet Goldmine hierzulande nur mäßig eingeschlagen ist, kann man nicht erwarten, daß es zu einem Glamrevival kommt. Obwohl das vorliegende Album nicht unbedingt nur Glittermusik zu bieten hat, sind die androgynen Einflüsse der einstigen T-Rex-Ära unüberhörbar. Die lasziv, etwas quängelnde Stimme hatte Marc Bolan schon drauf und hört man sich Placebos Version von „20th Century Boy“ auf dem Soundtrack des oben genannten Streifens an, glaubt man den Altmeister des Glamrock auferstehen zu hören und das macht auch den Charme dieser neuen CD aus.

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Rialto: s/t

Was Placebo auf rockige Weise bringen, sitzt bei Rialto im abgespreizten kleinen Finger. An der Stelle, an der Placebo Querverbindungen zum Rock bieten, bringen Rialto Seilschaften mit der Popwelt des siebziger Glambiz : Bowie ohne Ende, Roxy Music sowieso. Achtung Pulp: Hier kommt ernsthafte Konkurrenz. Natürlich erfährt man hier nichts neues. Dramatische Gesten und viel Zuckerguß wenn es um getragene Songs geht („Monday Morning), und die Produktion so slick wie es nur geht. Macht mir persönlich gar nichts aus. Die 1000. Drum and Bass Platte ist auch nicht nötiger als das hier!

Rialto sind nicht so technologiefeindlich wie Placebo und verbraten auch mal das eine oder andere Sample, und doch bieten sie kein Role-Modell für die Neunziger. Eher für Nostalgiker, die sich mit einem gepflegten Glas Rotwein vor die heimische Anlage setzen und ganz genau den Texten zuhören wollen. Die drehen sich – wie sollte es anders sein – meistens um dramatische Beziehungen. Ob zwischen Mann und Frau oder innerhalb einer Geschlechtergemeinschaft kann sich der Hörer dichten. Was Techno und Innovationsfetischisten zum Kotzen bringen kann, wird hier zelebriert: Schmalz und Gefühl hoch zehn.

Das Frühjahr hat noch ein paar kalte Tage im Petto.

Rialto: s/t
(EastWest/Warner)

Fred Scholls Inselplatten

Reisegepäck für die Situation der Einsamkeit trägt sich im allgemeinen schwer – jedenfalls rein bildlich aufgefasst. Jedoch nicht, wenn die Reise sorgfältig geplant und gut bestückt wird. Die Frage nach den 10 Platten, die man mit auf eine Insel nehmen sollte, will demnach der Situation entsprechend ausgesucht sein. Die einsame Polarinsel verlangt andere Musik als die Südseeinsel. Da unser Redaktionschef (Ups, Walter) keine Vorlage für das Reiseziel gab, werde ich mir ganz großzügig eine Südseeinsel aussuchen. Die Auswahl meines Plattenschranks ist auch weitestgehend sonniger Natur, sprich, die meisten meiner Platten sind hochmelodisch und leicht verdaulich. Dennoch sollte für so manche Situation eine harrschere Gangart eingelegt werden, wie zum Beispiel, wenn unerwartet Kannibalen zu Besuch kommen. Dafür gibt es dann gleich Empfehlung Nummer eins:

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Radiohead – OK Computer

Ok Computer - Radiohead: Musik

Eigentlich hatte ich mit dem Rezensieren von Tonträgern abgeschlossen, erschien mir die Flut von zahllosen Veröffentlichungen so groß, daß sich nur wenige Platten von dem Grand Oeuvre abzuheben schienen. In diesem Fall blieb mir keine andere Wahl: Ich muß hier und jetzt eine überlange Rezension ins Auge fassen, da es sich bei ‚OK Computer‘ um einen der besonderen Momente im heutigen Musikgeschehen handelt.

Schon die ersten beiden Alben von Radiohead, ‚Pablo Honey‘ (1993) und (vor allem) ‚The Bends‘ (1995) waren Ausnahmeerscheinungen in der ansonsten von heiteren Klängen reich gesegneten britischen Musikszene. Die Parameter der Radioheadschen Herangehensweise stehen dem experimentellen Rock viel näher, als daß man sie einfach in die gängige Britpopschublade stopfen könnte. Harsche und laute Gitarren (gleich drei Gitarristen), ein oftmals mächtiges Schlagzeug, das ganz und gar nicht raven mag und – darüber thronend – der einzigartige, stark expressive Gesang Thom Yorkes.

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Tiefstapelei in einer Welt voller Angeber

Im Gespräch mit Lou Barlow

Ein Interview mit Lou Barlow hatte ich mir schon immer als ein schwieriges Unterfangen vorgestellt, da ihm schon seit Dinosaur-Tagen ein Ruf vorauseilt, der dem Begriff Introvertiertheit eine neue Dimension verleiht. Die Zurückhaltung und schon fast an falsches Understatement grenzende Tiefstapelei drückt sich seit jeher in seiner Musik und in seinen Texten aus. Immer wieder hört man zwischen den Zeilen ein kränkelndes „I`m sorry to speak my mind…“ oder „I don´t trust myself“ und irgendwann taucht unweigerlich die Frage auf, ob diese Angst bei der Entblößung seiner Seele eine von Barlow inszenierte Imagepflege oder ein ehrlicher Charakterzug ist. Wenn letzteres zutrifft, dann drängt sich eine weitere Frage auf, nämlich warum er schon seit Jahren wie ein Besessener Platten auf den Markt wirft, sei es mit Sebadoh, Sentridoh und nun zum bereits dritten Mal mit Folk Implosion (bestehend aus Lou Barlow und John Davis). Als Musiker sollte man das Risiko einplanen, einen Bekanntheitsgrad zu erlangen, der über den Zaun des Nachbarn hinausgeht…

Das Gespräch lief meinen Erwartungen gemäß zäh an, und erst nach zehn Minuten ließ Herr Barlow von seiner Einsilbigkeit ab. Über die neueste Machenschaft von Folk Implosion – namentlich „Dare To Be Surprised“ – hinaus, verriet er einige Dinge, die an den Privatbereich grenzen. Ob sich Lou Barlow während unserem Gespräch gehen ließ, ist mir bis heute schleierhaft.

Ein eigenes Süppchen zu kochen

„Dare To Be Surprised“ ist im Vergleich zu „Take A Look Inside“ ein Album, das weniger durch fragmentarische Songstrukturen und Minimalismus glänzt, als vielmehr die konsequente Fortführung des Sountracks zum Film „Kids“ ist. Dieser hatte gleich zwei Singleauskoppelungen („Daddy Never Understood“ und „Natural One“), die den Sprung in die U.S. amerikanischen Charts schafften. Diese Vorgabe erweckte bei dem ein oder anderen die Erwartung nach einer Folgeerscheinung und auch diesmal gibt es zwei Singleauskopplungen („Pole Position“ und „Insinuation“), die durchaus das gleiche Hitpotential aufweisen. Lou Barlow selbst verspürt keinen Druck, weiterhin Charterfolge zu produzieren; den einzigen Druck den er verspürt macht er sich selbst, und zwar mit dem eigenen künstlerischen Anspruch. Somit wäre seine Einstellung zum Musikmachen geklärt: In erster Linie sieht sich Lou als Künstler der unabhängig von den Erwartungen anderer aufnimmt, was ihm selbst Spaß bereitet.

Die Entstehungszeit von „Dare To Be Surprised“ erstreckte sich über zweieinhalb Jahre, nicht zuletzt weil Lou Barlow „hauptberuflich“ mit Sebadoh beschäftigt ist:

Folk Implosion sind eigentlich keine Band, mehr ein Projekt das John und ich verfolgen, wann auch immer sich die Gelegenheit dazu ergibt. Was nicht heißen soll daß wir unsere Arbeit nicht ernst nehmen würden. Die immense Zeitspanne ergab sich deshalb, weil ich sehr viel mit Sebadoh herumgereist bin, dann mußte John seinem regulären Job nachgehen und schließlich stand das Studio auch nicht immer zur Verfügung, wenn wir beide mal zufällig zur gleichen Zeit frei waren.

Kontinuität mit dem Willen zur Besserung

Obwohl auf „Dare To Be Surprised“ mehr Vocals zu hören sind als auf „Take A Look Inside“ und dem „Kids“ Soundtrack sieht Lou Barlow keine gravierenden Unterschiede in der Konzeption der Folk Implosion Songs:

John und ich haben unsere feste Arbeitsweise. Wenn Du die Vocals wegnimmst und die Instrumentaltracks von D.T.B.S. mit denen von „Kids“ vergleichst, hörst Du ähnliche Basslinen und Drumgrooves.

Verglichen mit den anderen Bands/Projekten die Lou betreibt, steht der Sound bei Folk Implosion weiter oben auf der Prioritätenliste:

Der Weg zum Song führt über den zuerst gefundenen Sound. Wir arbeiten nicht wie sonst üblich zuerst an den Gesangsmelodien, sondern kreieren als ersten Schritt ein Instrumental für den entstehenden Song.“

Überraschend für mich war zu lesen, daß die gesamte Produktion digital aufgenommen wurde, hört sich der Sound doch sehr nach dem typischen low-fi Stil alter Sebadoh Aufnahmen an.

Die ganze Aufnahme war sehr billig. Das Digitalverfahren ist im Allgemeinen billiger als das Analogverfahren. Beides hat seine Vorzüge. Digitalaufnahmen bringen eine gewissse Klarheit rüber, die Du mit einem herkömmlichen Analogband nicht erreichen kannst. Trotzdem bin ich nun kein Verfechter des Digitalzeitalters. Es war eben billig, erst recht für die lange Zeit die wir uns zur Fertigstellung nahmen. Alles in allem steckten wir dreißig Tage in die Produktion, und an jedem einzelnen Tag gaben wir alles, um es so klingen zu lassen wie die fertige CD nun klingt. Ich denke ich habe bis jetzt noch keine großartige Studioaufnahme gemacht außer vielleicht „Natural One“ oder ein paar Sachen auf „Dare To Be Surprised“. Die nächsten Produktionen mit Sebadoh und Folk Implosion sollen sowohl die Aspekte eines großen Studios als auch die des Homerecordings in sich vereinen. Es ist eine große Herausforderung einen Studiosound groß klingen zu lassen, ohne daß er sich zu poliert oder wie eine TV – Werbung anhört. Es muß was Lebhaftes dran sein. Wir sind beim „Kids“ – Soundtrack mit einem Lo-Fi – Anspruch an die Aufnahmen rangegangen, haben aber High-End Equipment verwendet, d.h. gute Mikrophone, eine große Bandmaschine (16 bzw. 24 Spuren, 2″ Analog-Band) und einen Optimalen Raum benutzt. Du kannst in einem großen Studio mit einer Lo-Fi Attitüde einen großen Sound hinbekommen, ohne daß die Produktion zu glatt oder unpersönlich wirkt.

Philosophisch betrachtet…Groove first!

Das Samplen von merkwürdigen Geräuschen und Tonbandschnipseln, die schon auf „You´re Living All Over Me“ von Dinosaur Jr. zu hören sind, waren schon immer des Meisters Steckenpferd. Seit dem „Kids“-Soundtrack findet man auch trippige Drumloops, die den schweren Groove verbreiten, im Gemischtwarensortiment des Hauses Barlow:

Ich bin was meine Hörgewohnheiten angeht sehr offen. Ich lasse mich von sehr verschiedenen Stilen beeinflussen, auch von Trip Hop. Gerade von Tricky gibt es einige Songs, die jemanden in unglaubliche Gefühlszustände versetzen können. Drum – Loops und Samples können wichtige Werkzeuge im Rahmen der Songentstehung bilden. Es ist viel einfacher einen Song über einem fertigen Loop entstehen zu lassen als sich tatsächlich mit der Akkustikgitarre Stück für Stück vorzukämpfen. Das liegt daran, daß gute Loops bereits eine eigene Melodie in sich tragen, die sozusagen den Rest förmlich provoziert. Leider gibt es viel Dance Music, der es an Subtilität und Einfallsreichtum fehlt, in der die immerwiederkehrenden Patterns nichts als Langeweile hervorrufen. Ich weiß allerdings nicht, wohin uns diese Technorevolution, die schon eine geraume Zeit anhält, hinführen wird und ob sich daraus noch viel mehr ergeben wird als es momentan der Fall ist. Die Neunziger sind ja auch noch nicht ganz vorbei.

90s vs. 80s

Fest steht, daß die Neunziger solchen Bands, die in den Achtzigern vom Mainstrem völlig isoliert waren, nun plötzlich die Chance geben einen Top 40 – Hit zu landen, da im laufenden Jahrzehnt die Grenzen zwischen den einzelnen Musikschattierungen langsam verwischen. Für Lou, der mit seiner ersten Band „Deep Wound“ 1983 mehr als Underground war und die Explosion von U.S. Alternative Bands jenseits der SST-Vergangenheit miterlebt hat, bewertet diese Entwicklung als eine positive Errungenschaft- oder?

Die Chance, daß eine Band wie Folk Implosion in den Achtzigern einen Top 40 Hit hätte landen können, wäre gleich Null gewesen. Pop und der sogenannte Mainstream waren getrennt von dem, was man allgemeinhin als Underground bezeichnet. Bands wie Hüsker Dü, Meat Puppets oder Black Flag waren recht isoliert zu der Zeit als sie in ihrer musikalischen Blüte standen. Sie mußten um ihr Publikum förmlich kämpfen. Die Medien haben ihre Strategien weitestgehend geändert und das macht es einer Band wie Folk Implosion möglich Videos über MTV einem großen Publikum zu präsentieren.

Die Kontrolle nur innerhalb der Familie

Man möchte sich trotz des Popularitätsschubs als Independent Band verstanden wissen. Die Wahl des kleinen Labels, die Familiarität mit den Leuten mit denen man zusammenarbeitet, soll gewahrt bleiben. Ein ähnliches Beispiel findet man hier in Deutschland bei den befreundeten Sharon Stoned und ihrer Projekt-Inzucht. Gary der das Label betreibt und den Revolver-Vertrieb leitet spielt die Live-Drums und sein WG-Mitbewohner bedient den Bass.

Communion ist das einzige Label in den Staaten, das Independent geblieben und nicht mit irgendeinem Major-Label verknüpft ist. Sie bringen alles raus, von Punkrock über irgendwelche schrägen Gitarrenbands bis zum Experimental Noise und alles erscheint noch immer auf Vinyl, sogar auf Seven Inches. Du kannst Dir vorstellen, daß dieses Label die Ideale der 80er Punk Explosion im Auge behalten hat. Wir haben dieses Label ausgesucht, weil wir an dem Entstehungsprozess der Platte bis hin zur Tourplanung beteiligt sein wollten. Wir haben alle Hebel selbst in der Hand und werden sehen, wie weit es auf diesem Weg gehen kann. Das ist weitaus aufregender als wenn wir bei einem Major Label unterschrieben hätten.

Die Anonymität, die zwischen Bands und Labels meistens herrscht, geht im Fall von Communion völlig verloren. Eine große Plattenfirma hätte wie bei allen anderen Vertragspartnern versucht ihren Künstler erfolgreich zu machen, wie weit die Bemühungen reichen, bleibt Dir selbst aber verborgen. Gerade wenn es sich um die Promotion dreht, geht Dir bei einem großen Label die Kontrolle völlig verloren. Wir sagen Gary, wie wir uns promoted sehen wollen und er setzt das 100%ig um. Es ist, als ob man noch einmal von vorne anfängt, denn mit Sebadoh wurde alles immer größer. Für mich ist es wichtig mit Leuten ZUSAMMEN zu arbeiten. Das ist weitaus interessanter als Aufgaben zu delegieren. Es ist allerdings auch viel härter, aber der bequemste Weg ist bekanntlich nicht immer der beste. Ich arbeite noch immer mit der selben kleinen Gruppe von Leuten zusammen. Der Unterschied besteht darin, daß mit Communion die Arbeit persönlicher geworden ist als das bei Domino, Sub Pop oder City Slang der Fall war.

Im Info-Sheet zum letzten Sebadoh-Album „Harmacy“ (auf Domino Records- ein etwas größeres Label als Communion) ist zu lesen, daß Lou nicht gerne herumtourt und lieber Konzerte in seiner Nachbarschaft gibt als auf eine ausgedehnte World – Tour zu gehen. Wieder eine Info zur Förderung des Introvertiertheits-Images oder eine unleugbare Tatsache?

So stimmt das nicht. Ich bin seit einem geschlagenen halben Jahr nun unterwegs, zuerst mit Sebadoh und nun mit Folk Implosion. Natürlich freut man sich dann mal wieder nach Hause zu kommen und etwas Zeit für sich zu nehmen.

Jeder der in einer Band spielt, kann das sehr gut nachvollziehen, denn trotz des Spaßes, den man on the Road hat, geht einem dieses Gefangensein mit den immer gleichen Leuten irgendwann auf die Nerven.

Wie so oft mußte ich während des Interviews feststellen, daß das Image von sogenannten Underground/Indie Bands von den mittelgroßen Labels gemacht wird und sich die Vermarktungsstrategien nicht sehr stark von denen eines Major Labels unterscheiden. Ja, Lou Barlow ist ein sehr zurückhaltender Mensch, der nur sehr wenig nach außen trägt was ihn innerlich beschäftigt – eine wirklich schwierige Angelegenheit um ein Interview zu konzipieren – aber letztendlich sympatischer wie die Quasselstrippen die dank Profilierungssucht den Telefonhörer am anderen Ende zusabbern.

Fred Konkret (1)

Nichts Neues von der Insel-Na und?!

Mangelnder Einfallsreichtum und Eigenbrödlertum- so wird die Musikkultur Großbritanniens in der deutschen Musikpresse oftmals stigmatisiert und kritisiert. Ist diese Art Allergie deutscher Rezensenten auf den englischen Musikmarkt die Folge amerikanischer Indoktrinierung während der Besatzungszeit? Ist dieses sich Wehren gegen den Einfluß der Popkultur schlechthin ein Unverständnis für eine Tradition weil man in Deutschland selbst keine große Pop-Tradition vorzuweisen hat? Fred Scholl geht dem Phänomen auf den Grund.

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Interview: Laika

Erneuerer der abendländischen Popkultur

„Silver Apples On The Moon“ – so hieß eine der eigenständigsten Platten die im Jahre 1994 auf dem Musikmarkt erschienen sind, und trotzdem waren die Reaktionen seitens der Medien bescheiden. ‚Too Pure‘, eine Art englisches Avantgarde-Label, auf dem zwar schon viele kleine Meisterwerke veröffentlicht wurden, das aber im Allgemeinen als eine Art Insider-Nische für spinnerte Künstler betrachtet wird, saß mit Laikas Erstlingswerk mal wieder zwischen allen Stühlen. Lediglich PJ Harvey, die ihr Debut bei selbiger Plattenfirma veröffentlichte, schaffte den Sprung zum Major-Act. Andere hervorragende Bands, wie Stereolab, Mouse On Mars oder auch Moonshake bleiben den Insidern vorbehalten.

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Fred Konkret (2)

Musik mit Klassenbewußtsein

Von Ikonen und Teutonen im Zeitalter 10 nach Techno

Es sind nun ungefähr zehn bis elf Jahre vergangen, seit House und Techno in Deutschland Fuß faßten, die ersten DJ-Plattenläden wie Pilze aus dem Boden schossen und man in den regulären Läden Chicago- und Detroit – Compilations kaufen konnte. In der Zwischenzeit hat Techno (als übergeordneter Spartenbegriff zu verstehen) die traditionelle Rock und Popsparte eingeholt und befindet sich auf der Überholspur. Es ist viel passiert in dieser Dekade der elektronisch erzeugten Klangwelt. Mittlerweile sind Kraftwerk, die heute zu den Elektropionieren zählen, zu Ikonen avanciert, Acid war Anfang der Neunziger Jahre nicht nur ein Synonym für LSD sondern der populärste Clubsound, und die neueste Entwicklung Drum’n’Bass wird zum Rettungsanker für alternde Rockhelden wie zum Beispiel David Bowie. Darüber hinaus sind die tonangebenden Bands diejenigen, die sich der Verquickung von Technosounds und althergebrachten Rockismen bedienen, namentlich The Prodigy, The Chemical Brothers oder Underworld.

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Laika: Sounds Of The Satellites

Eines der innovativsten Labels mit einem weiteren innovativen Act meldet sich zurück. Was sich anhört wie die kühle Feststellung eines gelangweilten Rezensenten, ist vielmehr ein Stoßseufzer mit dem imaginären Anschluß „Gottseidank“! Auf einem Major hätten Laika ernsthafte Chancen (zumindest in England) den Sprung ins Big Business zu schaffen. War der Vorgänger „Silver Apples On The Moon“ ein Stück ungebremste Experimentierfreude bringen Laika ihre Geräuschvielfalt bei „Sounds Of The Satellites“ in eine etwas homogenere Form, was den Gesamteindruck als ein Fließendes Etwas erscheinen läßt.

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Pavement: Brighten The Corners

Pavement sind nun endgültig in die Songwriter-Ecke abgerückt, und wenn auch ab und zu die bekannten schrägen Elemente aufblitzen, dann erlebt der Fan alter Pavement – Klassiker schon die Höhepunkte auf ‚Brighten The Corners‘. Sicherlich besitzt diese Platte auch drei bis vier schöne Melodien, aber ehrlich gesagt kann ich mich dem Eindruck nicht erwehren, daß sich Steve Malkmus und seine Mitstreiter diesmal vielleicht ein bißchen zu lange ausgeruht haben, bevor es zu den Aufnahmen dieser neuen LP kam. Bis auf ‚Stereo‘ (Die erste Auskopplung) und ‚Embassy Row‘ hat ‚Brighten The Corners‘ weder die Kraft noch irgendeinen Moment, der mich aufhorchen läßt. Die gesamte Spielzeit über plätschert die folky Musik vor sich hin und dabei verbraten Pavement all das, was sich in der Zeit ihres Bestehens an langsamen Nummern so angesammelt hat.

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Luscious Jackson – Naked Eye

Nettes kleines Liedchen, das mit Strophe, Refrain, Strophe, Refrain usw. auskommt. Emanziperte Frauen rappen über Frauenprobleme in der immer noch von bösen Männern dominierten Welt. So rebellisch wie ein Haufen Nackter im Englischen Garten zu Temperaturen von 40Grad im Schatten. Sprechgesang in der Strophe und gesungener Chorus – das haben die Spice Girls auch vorzuweisen und darüber hinaus haben die Zuletztgenannten sogar die griffigeren Hooks (und Looks haha…).

Nick Cave – Into My Arms

Nach „Murder Ballads“ nun wieder ein zur romantischen Lyrik zurückgekehrter Nick Cave, aber immer noch mit dem gewohnten Schwulst und Pathos. Das macht ihm kein anderer nach, und deshalb ist jede Cave – Platte eine Erweiterung des eigenen Mikrocosmos. Der Grund für die Verweigerung der Teinahme bei den MTV-Music Awards ist voll und ganz einsehbar- Nick Cave steht nicht im Wettbewerb mit irgendeiner anderen Musik, er steht höchstens im Wettbewerb mit sich selbst und den gesteckten Standards. Der Standard der letzten Veröffentlichung wird gehalten, wenn auch nicht ausgebaut. Cave nur mit Flügel, das ist wie die Vorspeise zum Hauptgericht. Warten wir also ob das volle Album eher einem Entrecote oder einem Spiegelei gleichen wird.

Interview: Pavement

Eine Tradition die man pflegen sollte

Alle Jahre wieder erscheint ein neues Pavement-Album- außer 1996, da gönnte sich die Band eine Pause um sich dem verlorengegangenen Privatleben hinzugeben. Dieses kam nach dem Erfolg von ‚Wowee Zowee allzu kurz, denn war man nicht auf Tour, hielten sich Pavement im Studio auf, um an neuen Ideen zu feilen. Das Resultat der letzten Studiosession steht ab elften Februar 1997 in den gut sortierten Plattenläden unter dem verheißungsvollen Namen ‚Brighten The Corners‘. Steve Malkmus, Sänger, Gitarrist und seines Zeichen hauptverantwortlich für das Songwriting kam noch kurz vor dem Fest der Liebe nach ‚Good Old Germany‘, um ‚Brighten The Corners‘ zu promoten. Selbst die widrigsten Umstände, wie das Streiken der Lufthansa, was die Interviewtermine um unbestimmte Zeit nach hinten verschob, konnten Steve nicht aus der Ruhe bringen. Hörbar relaxt und guter Dinge erzählte er von den neuesten Entwicklungen aus dem Pavement -Lager.

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