Dimitri from Paris: A Night at the Playboy Mansion

At the Playboy Mansion tanzen die Bunnies. In den Hügeln von Beverly Hills, im Haus von Hugh Hefner inklusive unterirdischer Oase. Ein Bunny hat es sogar auf das Cover des Albums geschafft, während sich der Meister selbst vornehm zurückhält. Und damit ist nicht etwa Hefner, sondern Dimitri from Paris gemeint, der Mann an den Turntables. Ob besagte Party nun wirklich stattfand oder als mythische Chiffre schon völlig ausreicht, spielt keine Rolle. Hedonismus, Dekadenz und Machoismus – die Welt des „Playboys“ zählt längst zur Popkultur. Mehr noch: die Centerfolds&Co. haben etwas Klassisches an sich, sind sozusagen Old-School, daher auch die pure Seventies-Untermalung.

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Steve Earle: Transcendental Blues

Steve Earle marschiert geradeaus. Vom Titel darf man sich nicht täuschen lassen lassen. Weder von der Metaphysik, noch vom Blues. Und auch nicht vom Vollbart des Propheten. Sogar Earle selbst bezeichnet „Transcendental Blues“ als Rock-Album. Genaugenommen ist der Nachfolger des Bluegrass-Opus „The Mountain“ aber ungemein vielschichtig. Sanft plätschernde Midtempo-Folksongs finden sich genauso wie straighte Uptempo-Rocker, traurige Singer-Songwriter-Balladen und versponnene Symphonien. Selbst ein Bluegrass hat sich wieder draufgeschlichen. Nach eigener Aussage, „just to tick everybody off“. Um allen, die schon den Finger recken, das Maul zu stopfen. Mal frei übersetzt….

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Lambchop: Up With People

Es fängt an als Zwitter zwischen Folksong und Akustik-Pop. Dann mischen sich Plüsch und Geblubber dazu, und unversehens avanciert das spröde Geschrammel zu dürrem Funk. Kurt Wagner soult sich die Seele aus den schäfrigen Stimmbändern, Bläser und Backingchor tun das ihre, über dem unaufhörlich perlenden Stromgitarren-Fluss eine Black-Music-Symphonie zu positionieren. Das Leben ist langer, träger Strom mit sanft keimendem Glückgefühl…

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Dipsomaniacs: Braid of Knees

Als „catchy Beatle-infected popmusic“ bezeichnen die Dipsomaniacs selbst ihren Stil. Tatsächlich finden sich auf ihrem schrägen Lofi-Psychedelic-Werk außer den späten Fab Four aber auch noch die Hollies auf LSD, knochentrockene Anleihen an Grateful Dead, an den amerikanischen West Coast-Sound und vieles, was sich nach Lennon im Alleingang anhört. Pop und Rock trennt das Quartett nicht immer so genau, fast jeder Song aber ist in einen wärmenden Mantel aus exotischen Geräuschen gehüllt.

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Carnivals of Souls: Ritorno a Casa

Die neue „Carnival of Souls“ (COS) ist nicht irgendein Album, sondern das Comeback des Jahres! Sechs Jahre hatten sich die Gitarren-Gringos des Instrumental-Rocks dünne gemacht, von Auflösung war die Rede. Doch jetzt sind sie wieder da, und mit ihnen knapp 60 Minuten, in denen man keine Sekunde lang den Gesang vermisst.

Carnival of Souls sind immer noch auf dem Retro-Trip, pflegen die Gitarrentraditionen der 50er- und 60er-Jahre. Rock´n´Roll und Italo-Western lassen grüßen, auch die Shadows, Dick Dale, Ukulelen-Künstler aus der Südsee und sämtliche Tex-Mex-Gitarreros. Carnival of Souls sprühen nur so vor Ideen, düsen rasant mit ihren Twangy-Gitarren durch die Surf-Musik, feuern Maschinengewehr-Salven aus ihren Saiten oder lassen es sich auf Hawaii gutgehen.

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Modest Mouse: The Moon & Antarctica

Eines ist gewiß: wenn dieses Jahr zu Ende geht, wird „The Moon & Antarctica“ zu den spannendsten Longplays der vergangenen 12 Monate gehören. Weil das vierte „Modest Mouse“-Album davon erzählt, wo die Rockmusik der Zukunft sich hinbewegen könnte. Noch sitzt das Seattle-Trio zwischen allen Stühlen. Zwischen der Folk-Seligkeit des Americana, zwischen der poetischen Tristesse des Grunge und der rohen Kraft der Noise-Fraktion. Mit „The Moon & Antartica“ erfinden die drei zwar nicht das Rad neu, aber ihre behutsamen Verschmelzungen und versteckten Fährten weisen den Weg voraus. Vor allem aber in Sachen Klarheit und Intensität setzen sie Maßstäbe, „Moon…“ ist von atemberaubender Dichte und geradezu beunruhigender Energie. ´Hypnotisch´ nennt man es, wenn Songs unter einem Übermaß an Atmosphäre trotzdem nicht zur formlos wabernden Masse mutieren. Und ´episch´, wenn ein Werk auch beim dritten Duchlauf noch immer Neues zu sagen hat. Ja, Modest Mouse malen Landschaften. In düsteren, aber frischen Farben.

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Interview: Rocko Schamoni

Hinter-Net!: Nie hat man Rocko Schamoni so scharf und unverblümt Kritik äußern hören, wie auf dem aktuellen Album „Showtime„. Täuscht der Eindruck, oder bist Du in Deiner Musik politischer den je? Und wenn ja, woher kommt das?

Schamoni: Das hat unter anderem damit zu tun, dass sich meine private Situation komplett verändert hat. Ich bin seit vier Jahren Vater und hab eine andere Einstellung zur Welt bekommen. Es sind Dinge in den Vordergrund gerückt, die ich vorher nicht so genau betrachtet habe, vor allem der Aspekt „Gesellschaft“. Aber es hat auch mit einer Art „Delay“ zu tun. Ich gerate immer zwei Jahre später an die Themen, an die Jochen (Distelmeyer, „Blumfeld“-Sänger und Schamoni-Freund, d. Red.) zwei Jahre vor mir gerät. Wenn man so will, ist die letzte Platte von mir meine private „L´état et moi“.

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Kirmes: Summer Games

Das Buch zur CD ist schon etwas länger auf dem Markt: Florian Illies „Generation Golf“. Nun also der Soundtrack dazu: Kirmes´ „Summer Games“.
Nein, natürlich stehen beide in keiner direkten Beziehung, aber indirekt finden sich doch viele Parallelen. Die ´88er sind vermutlich die erste Generation, die ihre eigene Vergangenheit als Revival feiert. Twentys, Fifties, Sixties und Seventies wurden stets von Nachgeborenen aus der Mottenkiste gezerrt – wer live „dabei“ war, wandte sich mit lautem „Bäh!“ angeekelt ab. Anders bei den 80er-Jahren. Das Ende der 90er war noch nicht in Sicht – da erinnerten sich die Mittzwanziger schon wehmütig an ihre Jugend, feierten NDW-Parties und das Comeback von Modern Talking…

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Die Welttraumforscher: Das Licht Loon

Es muss irgendwann Mitte der-70er Jahre gewesen sein, als sich Emerson, Lake&Palmer für Sessions den friesischen Bauernhof einer Krautrock-Kommune mieteten. Als sie schließlich fertig waren und abreisten, vergaßen sie all ihre Instrumente. Aber da war es schon zu spät, denn die Krautrocker waren wieder eingezogen, bestaunten die vielen Geräte, drehten an den Knöpfchen und entdeckten, dass man damit Musik machen konnte…

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Dionysos: Haiku

Musizierende Straßenköter sind seit jeher eine Domäne der Franzosen. Schräg, bunt und laut! Mit kindlicher Fröhlichkeit, rauhem Charme und anarchischem Stilmix holperten sich Bands wie Les Negresses Vertes und Mano Negra einst in die Herzen der Fans. Und das nicht nur bei Ethno-Liebhabern, obwohl das Multi-Kulti-Prinzip die Seele ihrer Musik war. Was mit marrokanischen, algerischen Klängen, mit Latino und heimischischer Folklore ging, muss mit Brit-Pop also erst recht funktionieren. Denn wer steht den Franzosen ferner als alle Maghreb-Einwanderer, Belgier und Deutsche zusammen? Richtig, die Engländer. Folglich ist Brit-Pop die abgedrehteste Ethno-Spielart auf dem französischen Markt!

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Gry: Public Recording

Schwer verdauliche Kunstkacke war das mindeste, was man von einem Projekt rund um FM Einheit (Ex-Einstürzende Neubauten) erwarten durfte. Doch es kam ganz anders. Mit der Dänin Gry holte er sich eine ehrfurchtehrbietende Gänsehautstimme hinters Mikro, instrumentale Unterstützung fand er unter anderem bei Sjang Coenen, Alexander Hacke, Saskia von Klitzing, Caspar Brötzmann und der Band Aether, als deren Frontfrau die abtrünninge Gry üblicherweise fungiert. Die Aufnahmen im Münchner Marstall gestaltete Einheit als öffentliches Happening, dem der Name des neuen Album Rechnung trägt: „Public recording“. Und was soll man sagen? Es groovt!

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Electric Music: North London Spiritual Church

Bislang lautete Hinternet-Regel Nr. 1: CDs, die ein Auto auf dem Cover haben, sind klasse. Regel Nr. 2 heißt ab heute: CDs, die eine Dämmerung auf dem Cover haben, sind auch klasse. Siehe die „letzte“ Yo La Tengo und die „erste“ Electric Music. Hier gibt sich eine kleine Perle mächtig Mühe, nicht erkannt zu werden. Schlurft mit Sack-Klamotten, Anglerkappe und hochgezogenen Schultern durchs Leben.

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Christine Westermann: Baby, wann heiratest du mich?

Christine Westermann gehört zu den glücklichen Menschen, die von Zeit zu Zeit in der Lage sind, sich selbst neu zu erfinden. Hat man jedenfalls als Außenstehender den Eindruck. Seit Jahrzehnten ist sie nun in Hörfunk und TV tätig, hat es geschafft, mit der Moderation von Regionalmagazinen und der ZDF-Drehscheibe halbwegs anonym zu bleiben, und erobert sich in den 90ern nochmal ein komplett neues, ein jüngeres Publikum. Und erhält dafür den Grimme-Preis! Die Sendung, die sie moderiert, war ursprünglich nur als Sommerloch-Füllsel geplant, und an ihrer Seite turnt der durchgeknallte Götz Alsmann als „agent provocateur“ über die Mattscheibe.

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Clinic: Internal Wrangler

Clinic, dachte ich einst, sind eine der besten Bands, die die Charts nie von innen sehen werden. Vermutlich werde ich Recht behalten. Dabei sind Clinic eine der raren Gruppen, die dem Rock tatsächlich nochmal ein neues Gesicht geben. Von allen aktuellen Bands sind sie mir mit Abstand die liebste. Ja, sie sind die einzigen, die mich in Sachen Neuentdeckung wirklich euphorisch gemacht haben. Jetzt ist der Longplay da, und meine Euphorie verstärkt sich noch.

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Calexico: Ballad of Cable Hogue

Wenn eine Tex-Mex-Scheibe Gänsehaut verursacht, dann weiß man, was die Stunde geschlagen hat: es gibt Neues von Calexico! Der Sommer kann kommen, der rote Teppich ist schon ausgerollt.

„Ballad of Cable Hogue“ (eine Reminiszenz an den Western-Regisseur Sam Peckinpah und nicht zu verwechseln mit John Cales gleichnamiger Reminiszenz an den Western-Regisseur Sam Peckinpah) rollt mit unerbittlicher, grimmiger Wucht an. Mit seiner düsteren Atmo und der Französin Marianne Dissard als Duett-Partnerin erinnert der Song ein wenig an Nick Caves Zusammentreffen mit Kylie Minogue.

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