Down & Out – The sad soul of the black south

Vergeßt alles, was ihr bis jetzt für Soul hieltet! Das hier ist der echte Scheiß! Weder der aller Orts so beliebte Weichspülersound, der im Moment die Charts überschwemmt noch der Soul-Sound der späten Siebziger und frühen Achtziger, bei dem man sich doch eher peinlich berührt der ersten Alkoholexzesse erinnert, kann den Stücken und Interpreten dieser feinen Zusammenstellung aus dem Hause Trikont aufrichtig ins Gesicht sehen. Denn eins ist bei den beiden Erstgenannten klar: Die Zielgruppe ist immer fest im Blick. Und die ist in der Hauptsache weiß. Immer.

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Sampler: Shake the nations

Auf zum 3-jährigen Jubiläum. Jawoll, denn gejubelt werden darf eigentlich bei jeder Wordsound-Veröffentlichung. Tragischerweise ist momentan leider nicht mehr alles erhältlich, aber das soll jetzt wohl geändert werden!Zur anstehenden Wiederveröffentlichung des gesamten Wordsound-Backkatalogs erscheint jetzt die Doppel-CD „Shake the nations“, auf der eigentlich alle Artists des Labels vertreten sind.

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Live: Portishead

München, Colosseum, 31.01.1998

Zwischen Himmel und Erde
Selten leuchteten die Sterne so schön. Zusammen mit nachtblauem Scheinwerferlicht bildeten sie den Hintergrund der Bühne des Konzerts der TripHopper „Portishead“ im Münchner Colosseum.
Ein paar Meter vor den Sternen ist ein Engel vom Himmel gefallen, goldene Lichtkegel vom Dach der Halle herab deuten an, welchen Weg er bestritten hat. Betörend singt er mit hoher Stimme von Liebe, Leid und Chaos. Der Engel ist eine Frau: Beth Gibbons. Die Hände über dem Mikrophon gefaltet, verharrt sie nahezu während des ganzen Konzerts in einer betenden, bittenden Pose.

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Interview: Rare

Wir versuchen, instinktiv und spontan an die Dinge heranzugehen

Es tut sich was in Irland! Jüngste musikalische Entdeckung von der grünen Insel ist das Trio „Rare“. „Rare“ wurde vom ehemaligen „Undertones“/“That petrol emotion“-Gitarristen Sean O`Neill gegründet. Außerdem gehören der Bildhauer(!) Locky Morris und Mary Gallagher, eine ehemalige Dozentin für Kunstgeschichte(!) zur Band. Nicht minder interessant wie die Besetzung ist die Musik, die „Rare“ macht: Eine ziemlich gute Mischung aus Rock, Pop und TripHop. Am 27. März erscheint das Debüt-Album der Iren, „Peoplefreak“. Anläßlich einer Promotour von „Rare“ durch Deutschland sprach Hinternet-Mitarbeiter Martin Schrüfer mit Sean O`Neill.

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Pieke Biermann – Vier, fünf, sechs

Keine Frage, es ist ein hartes Gewerbe, einen Ermittler oder Ermittlerin immer und immer wieder in die triste Welt des Verbrechens zu schicken und das fortwährend mit dem nötigen Maß an Originalität und einer Portion Unterhaltung zu verbinden. Drehbuchautoren können ein Lied davon singen. Pieke Biermann, das Fräuleinwunder des deutschen Kriminalromans, auch.

Das Lied, das sie mit den Taktzahlen vier, fünf, sechs anstimmt, kommt auch nicht richtig in die Gänge. Die Mitspieler können sich anfangs nicht so recht auf ein gemeinsames Tempo und Thema einigen. Nach einer gewissen Zeit hat sich dieses Problem ausgependelt und eingeränkt, aber, was kommt ist nichts, was Kritiker vom Hocker haut.

Der Krimifan kommt mit dieser Situation sichtlich besser zurecht. Er weiß schließlich, warum er zu Pieke Biermann gegriffen hat. Er weiß auch warum er eine weitere Episode aus dem Leben von Kommissarin Karin Lietze verfolgen will. Es ist letztlich eine Frage der Einstellung: Auch beim hundertsten Mal schmeckt Muttis Kuchen, warum also darauf verzichten.

Schreiben kann Pieke Biermann, und das Szenario paßt auch gut in die Zeit des großen Sandkastens Berlin, in dem sich die Bauunternehmer die Förmchen in die Hand geben und von den Großen, die im Sandkasten das Sagen haben gegen kleine Gefälligkeiten das Wasser reichen lassen. Als aber ein Ordnungshüter mit gehörigem Wumms in die Luft fliegt, sieht es so aus, als ob die ganzen schönen Sandburgen davon Risse bekommen und auseinanderzubröckeln drohen…

Pieke Biermann
VIER, FÜNF, SECHS
Goldmann Manhattan 18,- DM
ISBN 3-442-54030-5

Colin Bateman – Der Engel mit der Rosenschere

Dan Starkey, Kolumnist bei einem Belfaster Tagesblatt und ausgerüstet mit einer Vorliebe für Cola als morgendliches Erfrischungsgetränk und der Fähigkeit, von einem Schlamassel nahtlos in den nächsten zu geraten, trifft fast der Schlag. Bei ihm um die Ecke bahnt sich ein wahres Wunder an. Durch glückliche Umstände wird ein Hinterhofboxer irischer Meister – und Herausforderer für Mike Tyson. Als ob das noch nicht Wunder genug wäre, soll Starkey das Team nach New York begleiten und ein Buch über den Titelkampf schreiben.
Entgegen seiner Befürchtungen ist Fat Boy McMaster, der irische Übergewichtsmeister, ein netter Kerl, der seine Lage realistisch einschätzt und hofft, bis zur vierten Runde durchzuhalten und seine öffentliche Hinrichtung zu überleben.

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Wallace & Gromit: Jahrbuch für Käseliebhaber

Die Idee sich ein Handy zuzulegen und ein Filofax war ja vielleicht vor zwei, drei Jahren zwar auch nicht gerade originell, um als Mann/Frau von Welt zu gelten, aber wenigstens an und ab erfolgreich. Anno 1997, wo’s zum Jogginganzug auch gleich die farblich passende Telefonprothese gibt, ist diese Pose jedoch endgültig abgehalftert. Und wer heute noch mit bibelgroßen Kalendern rumrennen muß ist einfach nur zu bedauern. Wen interessiert ein Visitenkartensammeltascheninlet, wenn er mal über das Alter der Sammelbildchen und Quartettspiele hinausgekommen ist? Was ist von einem Faltplan der Tokioer U-Bahn zu halten, wenn er von Personen Gassi geführt wird, deren Japankenntnisse zwischen Nintendo und Sony angesiedelt sind? Alles Schnickschnack für Schrumpelmenschen.

Die Frau und der Mann von Welt, die mit Stilsicherheit und Charakter aufwarten, präsentieren sich im kommenden Jahr mit dem „Wallace & Gromit Jahrbuch für Käseliebhaber“ und beweisen damit wieder einmal auf der ihnen eigenen weltmännischen Art, daß sie die Nase vorne und im Wind haben. Da gibts nicht viel zu basteln, neue Inlets zu kaufen, pseudowichtige Notizen reinzukritzeln und ähnlich Entwürdigendes.

Das „Wallace & Gromit Jahrbuch für Käseliebhaber“ ist ein ausgereiftes und wohldurchdachtes Konzept, wie es von einem Künstler wie Nick Park zu erwarten ist. Das Buch ist komplett und vom Fleck weg zu verwenden: Persönliche Angaben sind bereits eingetragen, alle wichtigen Geburtstage markiert, Urlaubsfotos eingelegt und alles Wesentliche, was an den einzelnen Tagen des nächsten Jahres passieren wird, ist bereits heute notiert und nachzulesen. Dazu gibt es jede Menge Informationen über Käse, unter anderem eine Geruchsprobe, die durch anrubbeln ihr ganzes Aroma entfaltet. Und damit ist dieses Jahrbuch auch im Dunkeln zu finden – und dem Filofax, im wahrsten Sinne des Wortes eine Nasenlänge voraus. Sonst noch Fragen?

Wallace & Gromit
Jahrbuch für Käseliebhaber
Aardman animation & ehapa 19,80 DM
ISBN 3-7704-0215-4

Ein Yankee namens Blueberry

Totgeglaubte leben länger

1963 erblickte ein junger Yankee namens Leutnant Blueberry das Licht der Welt. Den Mann, der ihm die Worte in den Mund gelegt hat, Jean-Michel Charlier, hat er bereits überlebt. Vielleicht wird er auch noch seinen Zeichner Jean Giraud, auch bekannt als Moebius, überleben, der die Reihe seitdem in Eigenregie fortführt. Blueberry ist eine Kultfigur und einfach nicht totzukriegen. Bereits die nächste und übernächste Generation seiner Bewunderer investiert ihr Monatssalär oder Taschengeld in seine Abenteuer.
Einer von ihnen ist der 1960 geborene Daniel Pizzoli. Ihn trieb es bis in die USA, in die Indianerreservate in Arizona, an die Originalschauplätze von Blueberrys Abenteuer. Seine Leidenschaft ist nicht abgeklungen, im Gegenteil, er hat sie zu Papier gebracht. Das Ergebnis ist eine Dokumentation mit dem Titel ‚Ein Yankee namens Blueberry‘.

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Storm: Der Voyager-Virus

Ist es nicht schön, wenn altbekannte Feindbilder weiterexistieren können? In dem ersten Band der ‚Chroniken aus der Zwischenzeit‘ der Storm-Reihe muß sich Storm mit blechernen Anhängern einer längst vergessenen politischen Ideologie herumschlagen. Eben noch mit seiner rothaarigen Gefährtin beim Skilaufen, wird er schwuppdiwupp auf einen anderen Planeten entführt. Dort fand vor einigen Jahren eine Revolution statt und seitdem ist dieser von einer stählernen Mauer umgeben. Kommt einem doch irgenwie bekannt vor, oder?

Um die Geschichte auf 48 Seiten strecken zu können, wird Storm von den unerschrockenen Widerstandskämpfern befreit, von den Bösen entdeckt, verfolgt und so weiter. Der Obermotz des Planeten heißt übrigens Stahlin, und die Revolution fand frei nach dem Motto statt: Arbeitsroboter aller Länder vereinigt Euch! Alles klar? Aber wie kommt ein Planet am anderen Ende der Galaxis nach ein paar Millionen Jahren an das Ideengut des Kommunismus, mag sich der kritische Leser fragen. Kein Problem, denn Papier ist ja bekanntlich geduldig und schuld ist die Raumsonde Voyager! Denn noch auf der Erde vor dem Start ins All speisten subversive Elemente heimlich die Werke von Marx und Engels in den Computer ein. Stilistisch, graphisch, inhaltlich ist der Comic ein würdiger Nachfolger der alten Storm-Reihe.

Zugegeben, das Ganze ist zwar keine High-End Unterhaltung, aber Pulp hat ja auch seine Vorzüge. Denn wenn man weiß, worauf man sich einläßt, folgt keinerlei Enttäuschung.

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In & Out

Der Nominierte für den Oscar in der Kategorie „Bester männlicher Hauptdarsteller“ ist Cameron Drake (Matt Dillon). Gebannt verfolgt seine gesamte Heimatstadt Greenleaf die Verleihung vor dem Fernseher. Unter ihnen befindet sich auch Howard Brackett alias Kevin Kline, der ehemalige Lehrer Camerons. Tatsächlich bekommt der Newcomer die begehrte Trophäe und spricht in seiner Rede auch Mr. Brackett seinen Dank aus. Allerdings sorgen seine Worte für einen wahren Sturm im kleinen Greenleaf, denn Cameron behauptet vor laufender Kamera, seine Inspiration für die soeben ausgezeichnete Leistung sei sein ehemaliger Lehrer Brackett – und der sei schwul.

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Cop Land

Ray Donlan (Harvey Keitel) und einige seiner Kollegen vom New Yorker Police-Squad haben es sich kurz vor den Toren des Big Apples in der Kleinstadt Garrison gemütlich gemacht. Damit die Cops nach der Arbeit ihren Geschäften mit der Mafia in Ruhe nachgehen können, haben sie den einseitig tauben und lammfrommen Freddy Heflin (Sylvester Stallone) als Sheriff engagiert, der noch nicht einmal ahnt, wie die von ihm bewunderten Kollegen ihre schmucken Häuschen im Ort finanziert haben.

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Live: Sisters of Mercy

Prag, 17.01.1998

Eine Insel im ewigen Eis
Auf dem Musikplaneten gibt es neben den Kontinenten auch kleine Inseln, die wenig erforscht sind. So auch die Insel, die Andrew Eldritch, Sänger der englischen Gothic-Rock-Band „Sisters of Mercy“, bewohnt.
Die Insel ist von Nebelschwaden verhüllt, liegt im ewigen Eis, ist voll von der Hoffnungslosigkeit der langen polaren Nächte. Auf ihr ist kein Platz für Liebe und Lachen. Eldritch vegetiert dort, schemenhaft seine Kontouren, gerade noch sichtbar in einer der Dimensionen, die das menschliche Auge sehen kann.

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Der Verlierer in uns allen

Eine Abhandlung über das Phänomen Dilbert

Dilbert bei der Arbeit

Dilbert ist ein moderner Held. Ein Mann mit edlen Qualitäten, der im Kampf gegen das Übel dieser Welt das wertvollste Gut eines Menschen aufs Spiel setzt: seine Karriere. Unermüdlich kämpft er tagtäglich gegen fiese Kollegen, unfähige Vorgesetzte und den inneren Schweinehund. Das er den ungleichen Kampf langfristig verliert, kann ihn nicht abschrecken. Der untersetzte Ingenieur mit dem weißen Kurzarm-Hemd, der widerspenstigen gestreiften Krawatte und den stilsicheren weißen Socken ist in den USA längst zu einer Kultfigur geworden. Der Versager, der regelmäßig feststellen muß, daß Intelligenz nur sehr wenig praktische Verwendung findet, hat in der Realität einen Erfolg, von dem der Comic-Held in seiner zweidimensionalen Welt nur träumen kann: Er wurde vom US-amerikanischen Time Magazine zu einem der 25 einflußreichsten Amerikaner gekürt.

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