Das wichtigste vorneweg: BOSS HOG (das Album) ist eine mittlere Sensation und bereitet unendlichen Hörspaß.
Die BOSS HOGs sind Christina Martinez, ihr langjähriger Lebensgefährte (nennt man wohl so) Jonathan Spencer, Jens Jurgensen und Hollis Queens. Posierte Christina Martinez auf dem ersten Album der Band (1990) noch in bester Modell-Manier im Sinne von „Wer ist die Schönste im ganzen Land?“, zeigt das Cover der diesjährigen Veröffentlichung die äußerst smarte Schönheit als Zeichenfigur ganz im Stil eines Comicvorspanns zu einem Krimi aus den 60er Jahren. Wie eine Mischung aus Emma Peel und Marie Poppins (mit aufgespanntem Schirm) schaut uns die gezeichnete Christina vom Cover aus an: Hexensymbolik im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert. Die Musik auf „Boss Hog“ taugt ebenfalls zur Mythenbildung und bietet genug Anlaß, um von Magie zu sprechen.
Dan Zanes: Cool Down Time
Outside it’s raining, inside it’s warm.
„Cool down Time“ ist der Soundtrack zu dem Film, der dich mit der Bettdecke überm Kopf zeigt und dann den verregneten Tag draußen. Diese CD ist Großstadtblues. Relaxt und ruhig. Gitarren- und orgelbetont. Keine großen Ecken oder Kanten. Angenehm zu hören.
Paul Kelly: „Deeper Water“
Paul Kelly liefert eine wunderschöne Singer-Songwriter Platte ab, sehr eigen und persönlich, zwischen Akustik und Rock. Äußerst melancholisch erzählt der Mann seine Geschichten, die nachdenklich machen; Liebe und Beziehung sind das Hauptthema; verletzte Gefühle, Enttäuschungen und Wärme und Geborgenheit werden musikalisch umgesetzt im weiten Feld zwischen Lloyd Cole und Michael Hall, sehr eigenständig und beeindruckend.
Vor allem auch sprachlich versteht es Paul Kelly die Dinge beim Namen zu nennen. Ob er in „I’ve been a fool“ singt: „You could sell a poor man a bottle of air“ oder in „I’ll forgive, but don’t forget“ Forgiving may get you favours but forgetting’s just for fools, man weiß sofort wovon der Mann singt und kann ihn zudem noch verstehen. Paul Kelly schwimmt und taucht im ganz tiefen Wasser; die Blasen, die an der Wasseroberfläche auftauchen erzählen seine Geschichten.
Paul Kelly
"Deeper Water"
(Musicroom/BMG)
Tha Dogg Pound: „Dogg Food“
Da ist es nun, das langerwartete Gangsta-Rap-Allstar-Projekt. Darum haben sich die Plattenfirmen gestritten. Dieses Produkt kündigt East-West Deutschland seit August an. Es kommt aber bei Polygram. Was ein paar Namen auslösen können! Dr.Dre, Snoop Doggy Dog etc etc.
Messen lassen muß sich das Werk an Dr.Dre’s „The Chronic“ und an Snoop Doggy Dog’s „Doggystyle“, und da hält es leider nicht mit. Langeweile auf der ganzen Linie. Gut produzierte Langeweile, aber Langeweile. Nicht Neues. Alles schon gehört. Nur mit Hustlers, Whores, Bitches, Motherfuckers, Fucks in allen Varianten läßt sich keine gute Platte machen. Dafür haben wir das alles schon zu oft gehört (s.o.). Die Coverversion von „New York, New York“ (Grandmaster Flash) ist auch nicht unbedingt die große Offenbarung. Erfolgreich wird Tha Dogg Pound aber auf alle Fälle sein, denn der anstehende Mordprozess gegen Snoop Doggy Dog wird garantiert durch die Presse gehen und somit für kostenlose Promotion sorgen.
Für’s nächste Album empfehle ich Pal, damit’s ein Prachtkerl wird. Are you ready Motherfuckers ?
Tha Dogg Pound
"Dogg Food"
(Death Row/Island)
Klaus Cornfield: „Klaus Comes!“

Ein weiterer Ex-Throw That Beat auf der Suche nach dem Musik-Gral. Vorweg gesagt: Was den herzerfrischend-verqueren Schrammel-Pop mit „Bevor-ich-zu-Omi-geh-gieß-ich-noch-die-Blumen“-Attitde angeht, sind die Nürnberger (Fit&Limo, Throw That Beat, Phony, Shiny Gnomes …) eben diesem Gral immer am nächsten gewesen. Klaus Cornfield unterstreicht das nur nochmal.
Es machten mit: einige Deep Freeze Mices, einige Chrysanthemums, einige Throw That Beat In The Garbage Cans, einige Shiny Gnomes, einge Vulgar Boatmen, Buddy Love, Fit & Limo.
Es wurden eingesetzt: Steel Drums, Schrammel-Gitarren, Block Buster-Riffs, Ukulelen, Geigen, mehrstimmige Chöre, Glocken. Jau!
Experimentell, schräg, poppig-frech, psychedelisch-verrückt!
KLAUS CORNFIELD
"Klaus Comes!"
(Strange Ways/Indigo)
Emmylou Harris: Wrecking Ball
Emmylou Harris ist inzwischen 46 Jahre alt und lange Zeit sah es so aus, als sei sie festgelegt auf das Etikett als „Queen Of Country Music“, das ihr einige Kritiker angeheftet hatten. Viele übersahen dabei, daß sie vor fast 30 Jahren einmal als reine Folksängerin mit Joni Mitchell/Bob Dylan-Interpretationen angefangen hatte und sich auch heute noch nicht auf eine Musikrichtung festlegen läßt.
Ihr neues Album „Wrecking Ball“belegt eindrucksvoll, daß sie durchaus in der Lage ist, eingefahrene Musikgleise zu verlassen. Denn „Wrecking Ball“ hat mit Country nichts mehr zu tun, sondern ist stattdessen ein beeindruckendes, stimmungsvolles Album voller wunderbarer Coverversionen.
Cowboy Mouth: Love Is Dead
Marina Records ist ein kleines Plattenlabel aus dem Norden Deutschlands (i.e. Hamburg), das sich nicht nur durch sehr geschmackvolle, fast klassisch anmutende CD-Cover auszeichnet, sondern sich auf – ebenso zeitlos-klassische – Popsongs spezialisiert hat. Bevorzugt aus Glasgow, einer Stadt, die über ein erstaunliches musikalisches Potential verfügt. Neuester Beweis dafür ist die zweite CD von Cowboy Mouth.
WeiterlesenThe Vulgar Boatmen: Opposite Sex

Alle Jahre wieder, nein, alle drei Jahre wieder kommen die Vulgar Boatmen und legen eine neue Platte vor. Nach „You and your sister“ von ’89 und „Please Panic“ von ’92 nun „Opposite Sex“. Man könnte meinen, die Zeit sei stehen geblieben. Die Songwriter Lawrence und Ray (voc., git.) legen wiederum eine zeitlos-schöne Softcore-Platte vor. 12 Songs setzen sich fast unmerklich in deinen Gehirnwendungen fest, unaufdringlich und gefühlvoll.
WeiterlesenThe Vulgar Boatmen: Opposite Sex
Alle Jahre wieder, nein, alle drei Jahre wieder kommen die Vulgar Boatmen und legen eine neue Platte vor. Nach „You and your sister“ von ’89 und „Please Panic“ von ’92 nun „Opposite Sex“. Man könnte meinen, die Zeit sei stehen geblieben. Die Songwriter Lawrence und Ray (voc., git.) legen wiederum eine zeitlos-schöne Softcore-Platte vor. 12 Songs setzen sich fast unmerklich in deinen Gehirnwendungen fest, unaufdringlich und gefühlvoll.
WeiterlesenLoudon Wainwright III: Grown man
„Monday it’s my birthday
looks like I’ll probably make it
to 48 that’s not that old
though it’s not 24″
Ein Mann wird 48 und singt sich unter der Dusche Mut an. Alles halb so schlimm: „I know that this thinning grey hair is a sign of wisdom„. (LW im Opener der CD)
WeiterlesenRed Hot Chili Peppers: One Hot Minute
Naja, sehnsüchtig darauf gewartet hatte man ja eigentlich nicht mehr. Nach doch schon vier Jahren seit der Veröffentlichung ihres Chart-Albums „Blood Sugar Sex Magick“ war es aber doch plötzlich da. Auch mit neuem Gitarristen Dave Navaro (ehemals bei JANES’s Addiction) hat sich im Universum der RED HOT CHILI PEPPERS keine Revolution abgespielt. Funk ist immer noch die Grundlage des Peppers-Sounds. Er steht zwar nicht mehr so dominant im Vordergrund wie bei allen Vorgänger-Alben, sondern ist vielmehr Basis, von der man sich immer weiter entfernt. Vielleicht ist das aber auch der Verdienst des neuen Gitarristen, der sich auf der Grundlage der Ur-Rhythmus-Gruppe voll entfalten kann und ein eindeutig abwechslungsreicheres Gitarrenspiel bietet als John Frusciante.
Supersuckers: Sacrilicious
Ihren Namen haben sie von einem Pornofilmtitel abgeschaut, sie trinken gerne Budweiser und ihr Produzent heißt Paul Leary, seines Zeichens Frontmann der legendären Butthole Surfers. Man kann sich lebhaft vorstellen was bei solchen Indizien im Studio abging, wenn man den 14 Titeln lauscht. Hier wird in bester Stoogesmanier der heutigen Medien-Hülse Punkrock neues Leben eingehaucht und an manchen Stellen meint man sogar GG Allin wäre aus dem Totenreich zurückgekehrt um bei der Produktion mitzufeiern.
WeiterlesenDietrich Schwanitz: Der Campus
„Es gibt eine Schwachstelle im System. Eine Vermischung von Politik und Sexualmoral, die neu auf dem Markt ist. … Der Fall in ihrem Institut, sexuelle Belästigung, feministischer Protest, Political Correctness. Das ist wie eine Kernfusion, die ganz neue Strahlungen freisetzt. Tödliche Strahlungen. Sie führt zu Krebs in der Politik und Krebs im Journalismus.“
Hanno Hackmann, der Protagonist des Romans und seines Zeichens angesehener Professor für Kultursoziologie hat eine kurze Affäre mit einer Studentin und gerät als Folge diverser Zufälle in einen Strudel von Verdächtigungen und Beschuldigungen und muß sich am Ende einem Schauprozeß wegen angeblicher Vergewaltigung stellen. Was ihn dahin bringt ist eine gewaltige Verschwörung, eine Verschwörung allerdings, die nicht geplant ist, sondern die Folge vieler kleiner Zufälle und einzelner Intrigen vieler Beteiligter, die alle nur auf ihren eigenen Vorteil hoffen.
WeiterlesenPretty & Twisted: s/t
Sechs Jahre lang war Johnette Napolitano Frontfrau von CONCRETE BLONDE, einer Band, die mit ihrem Hit „Joey“ auch Radiohörern geläufig ist, die mit dem Bandnamen selbst nichts anfangen konnten. Nach fünf Lps und unzähligen Tourneen trennte sie sich Mitte letzten Jahres von ihrer Band und rief zusammen mit dem ex-WALL OF VOODOO- Gitarristen Marc Moreland und Schlagzeuger Danny Montgomery ein neues Projekt ins Leben.
WeiterlesenJa König Ja: s/t
Eine Hamburger Band, natürlich! Sind schon eigen, die Hanseaten. Was sich da hauptsächlich unter Hilsbergs Direktive in den letzten Jahren offenbart hat, stellt sicherlich den Beginn einer neuen Richtung dar. Jede Hamburger Band hat musikalisch ihren ureigenen Stil entwickelt. Spiele die Musik von Blumfeld ohne Text, und jeder tipt auf Blumfeld und sonst niemanden! Das gleiche gilt für Die Regierung, Tocotronic, Capt. Kirk & undundund. Ihnen gemeinsam: deutschsprachige Texte in typisch deutscher Texttradition (Honi soit…).
WeiterlesenChris Cacavas: New Improved Pain
Und noch jemand, dessen Vorgänger-Album „hard to follow“ war: Chris Cacavas (immer noch mit Junkyard Love als Begleitband – obwohl diesmal nicht ausdrücklich erwähnt) gelingt es auch diesmal mich zu begeistern. Chris Cacavas schreibt einfach Songs von beeindruckender Schönheit, die innerhalb kürzester Zeit zu meinen besten Freunden werden.
WeiterlesenInspiral Carpets: The Singles
Hammondorgelteppiche, tänzelnde Gitarren, verliebte Melodien, mehrstimmige Refrains, kindliche Texte, federleichte Gute-Laune- Stimmung. Die britische Anfang-90er Generation. Mit Inspiral Carpets wirft jetzt eine der Vorzeige- Bands der Brit-Pop-Szene die compilierten Singles auf den europäischen Markt. Wirkt ein bißchen verlegen. Keine Ideen mehr, der Gitarrenrave hatte sein Leben schon 1993 ausgehaucht, na ja, das geballte Hit-Single-Paket könnte nochmal was einspielen. Mit dabei: „Move“, „Two Worlds Collide“. Na und?
WeiterlesenCamping – Maritime Strick und Regenmoden
„Ich weiss nicht wohin ich will oder wonach ich mich sehne,
ich hab viel zu wenig Zeit und viel zu viele Probleme“
(„Unterwegs“).
CDs mit Autos auf dem Cover… Womit eigentlich alles gesagt wäre, aber…
…der Reihe nach: Die Zeiten, da deutsche Texte in der Rock- und Popmusik eher selten waren sind längst vorbei. Dennoch scheint die Verwendung deutscher Texte weiterhin sehr trendabhängig zu sein. Kaum hat eine Hip Hop Band Erfolg mit deutschen Texten, gründen sich an allen Ecken und Enden Hip Hop Bands, die dem Englischen abgeschworen haben. Umso erfreulicher, daß es auch eher untypische deutschsprachige Musik gibt, wie z.B. die Debut-CD einer Band namens Camping, die den noch viel unytpischeren Titel „Maritime Strick- und Regenmoden“ trägt; musikalisch aber eher durch spröden Charme als durch Obskurität glänzt.
WeiterlesenSon Volt: Trace

Nachdem mich die Nachricht von der Auflösung Uncle Tupelos im letzten Jahr doch ziemlich mitgenommen hatte, kann ich nun für dieses Jahr doch entgültig Entwarnung geben. Denn nachdem schon Mitte des Jahres Jeff Tweedy mit Wilco begeistern konnte, zieht jetzt auch Jay Farrar mit Son Volt nach.
WeiterlesenBuilt To Spill: There’s Nothing Wrong With Love
Drückte Doug Martsch, Sänger und Gitarrist von Built To Spill, seine Vorliebe für hervorragende Popsongs bei seiner alten Formation Treepeople hauptsächlich durch Coverversionen aus („Bigmouth Strikes Again“, „Andy Warhol“), so hat er jetzt mit Built To Spill eine der besten Pop-Platten des Jahres 1995 an den Start gebracht.
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