John Connolly: Nocturnes

John Connolly als Meister der kleinen Form? 15 Geschichten, deren kürzeste 11 und die längste 121 Seiten lang ist. Grenzgänge und –überschreitungen zur Phantastik, der Thrillerautor als Schöpfer kurzer Horrorminiaturen – kann das gut gehen? Es geht, und wie. Schon in seinen recht umfangreichen Romanen ist Connolly ein hervorragender Schöpfer mannigfaltiger Stimmungen, die Beschränkung auf wenige Seiten zeigt, WIE gut er wirklich ist. Ihm reichen Andeutungen, kurzes Aufflackern von Gewalt, um Düsternis und Bedrohung sehr anschaulich darzustellen.

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Willi Voss: Gegner

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Der deutsche Ex-Offizier und Geschäftsmann Kanter kehrt zurück in die geteilte Stadt Beirut, in der sich Christen und Moslems auch in Zeiten des Stillstands erbitterte Gefechte liefern. Er ist auf der Suche nach Erlösung, die er zu finden glaubt, wenn er den Verantwortlichen tötet, der ihn verhört und gefoltert hat, der ihn in zermürbenden, von körperlichen und geistigen Qualen durchsetzten Wochen auf ein menschliches Nichts reduziert hat, ohne Hoffnung, ohne Würde.

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T. Jefferson Parker: The Fallen

„The Fallen“ von T. Jefferson Parker ist ein Buch der Gefallenen: Garrett Asplundh wird erschossen aufgefunden; er ist aus der Rolle des fürsorgenden Ehemann gefallen, nachdem seine kleine Tochter in den Swimmingpool gefallen war. Robbie Brownlaw, Polizeibeamter der den Mord an Asplundh aufklären soll, ist vor drei Jahren aus dem 6. Stock eines Hauses gefallen und wichtige Männer San Diegos fallen vom hohen Ross.

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Harry Hunsicker: Still River

Harry Hunsicker führt in seinem Erstling „Still River“ mit der Stadt Dallas einen selten bespielten Ort ein. Ausführlich geleitet uns Privatdetektiv Lee Henry Oswald während seiner Tätigkeit durch diese Stadt und zeigt uns, wo Weiß und Schwarz, Arm und Reich, Gut und Böse sich aufhalten. Lee H. Oswald, der den Namen des vermutlichen Kennedy-Mörders von seinem Vater erhalten hatte, ist eine dieser Gestalten, die der 1. Golfkrieg hochgespült hat und welche in den letzten Jahren die Bücher vieler US-amerikanischer Krimiautoren bevölkern: Im Nahkampf und mit Spezialwaffen bestens trainierte und in deren Anwendung erprobte Männer

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Charlie Huston: Der Prügelknabe

„Ich, mein anderes Ich und meine Katze“ (Charlie Huston, „Der Prügelknabe“, S. 300)

Hier ist er: der seltene Fall, dass ein deutscher Titel – fast – besser ist als das Original. Denn Henry „Hank“ Thompson ist genau das, zumindest zu Beginn des Romans, was auf dem deutschen Buchdeckel prangt: ein Prügelknabe. Aus unerfindlichen Gründen heftig malträtiert, verliert er eine Niere, wird erneut bedroht, zusammen geschlagen, gefoltert und steht immer wieder auf. Genau wie Bud, der Kater, mit dem alles anfing. Zumindest dieser Teil der Geschichte. Denn Charlie Huston ist so klug zu wissen, dass es DEN Anfang gar nicht gibt.

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Greg Iles: @E.R.O.S

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Zuerst das Positive: Der Roman ist streckenweise spannend und über weite Teile flüssig zu lesen. Die Biographien der Protagonisten werden halbwegs nachvollziehbar entwickelt und sind, wenn man die maßlose Übertreibung zugunsten des Spektakulären in Kauf nimmt, mit etwas gutem Willen durchaus nachvollziehbar. Außerdem ist der Einblick in die Computertechnologie Mitte der 90er heutzutage sehr spaßig zu lesen (rasend schnelles 14400bps Modem etc). Es ist viel Zeit vergangen seit damals. Von nun an geht’s allerdings bergab…

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Duane Swierczynski: The Wheelman

Lennon war schon an vielen Bankeinbrüchen beteiligt, aber dennoch: Wie’s geht, weiß er nicht; denn Lennon ist „The Wheelman“, also derjenige, der Bankräuber nach dem Bruch heimbringt. Nur dieses Mal geht so fast alles schief was schief gehen kann. Am Ende ist das erbeutete Geld weg und die Kollegen sind fort. Lennon bleibt alleine zurück und plötzlich wird er von der russischen Mafia, der italienischen Mafia, kriminellen Expolizisten und weiteren Personen, die er nicht zuordnen kann, verfolgt. Und als wäre das alles nicht genug, taucht da auch noch diese Frau auf, die schwanger ist und an der er sehr hängt.

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William Kent Krueger: Mercy Falls

„Mercy Falls“ ist ein ungewöhnlich spannendes Buch mit einem außergewöhnlichen Ende. Die Spannung des Buches resultiert aus der Vielzahl der Episoden, ihrer Dichte und der Qualität der Erzahlung; Kapitel-Enden sind ein Ort des Innehaltens und des Luftholens. Am Ende des Buches jedoch steht, es lässt sich nicht anders bezeichnen, ein großer Cliffhanger, der den Leser atemlos zurücklässt.

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Charlie Huston: Ein gefährlicher Mann

(Unser Azubi Jochen mag besonders das Fach „Rezensionsgeschichte“ in der Berufsschule. Wie es die Alten so trieben, wenn sie lobten oder verrissen. „Wie sehen die Rezensionen der Zukunft aus?“ lautete die Aufgabe der letzten Hausarbeit, und Azubi Jochen hat sich sofort was ausgedacht. SO, sagt er, werden in hundert Jahren Kriminalromane rezensiert! Na, wollen doch mal sehen…)

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Laura Lippman: By a Spider’s Thread

Wie Kollege dpr hier angesichts des Buches →„Gefährliche Engel“ bedauernd anmerkte, hat Laura Lippman, immerhin eine der derzeit erfolgreichsten Krimiautorinnen in den USA, in Deutschland bisher nur relativ wenig Beachtung gefunden. Nun, vielleicht liegt dieses auch daran, dass bei uns zuvor nur ihre älteren Werke erschienen waren. Unaufgeregte Bücher, moralisch korrekt, die sauberes Handwerk demonstrieren, jedoch nicht besonders komplex oder raffiniert sind.

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Eleanor Taylor Bland: Fatal Remains

Marty MacAlister, Protagonistin der Bücher Eleanor Taylor Blands, verfügt über etwas, das im Allgemeinen in Krimis keine nennenswerte Rolle spielt: Über ein intaktes Familienleben. Nach dem gewaltsamen Tod ihres Mannes hat sie wieder häuslichen Frieden gefunden und kann, wenn auch die polizeiliche Arbeit ihr dieses nicht leicht macht, ihrer Verantwortung als Mutter gerecht werden.

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John Katzenbach: The Madman’s Tale

Ob jetzt „The Madman´s Tale“ die Geschichte eines Wahnsinnigen, eines Verrückten oder doch die von Macbeths Idioten erzählt, soll dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall aber entführt John Katzenbach den Leser in die Abgründe einer Welt, wie sie sich Dante kaum anders hätte ausdenken können. Das „Great Western Hospital“ ist eine Verwahranstalt für seelisch Kranke. Wer hier landet, ist den Angestellten ausgeliefert und kann sich, im Gegensatz zu einem Strafgefangenen im Gefängnis, nie sicher sein, ob und wann er wieder ’raus, zurück in die Welt kommt.

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Stefano Massaron: Die toten Kinder

(2006 war ein gutes Jahr für unseren Juniorkritiker Jochen König: Ausbildungsplatz bei Hinternet ergattert (über Beziehungen), Mofa-Führerscheinprüfung bestanden (beim dritten Anlauf), rausgekriegt, dass Mädchen doch nicht so doof sind wie sie aussehen (Gerda!). Und jetzt die Krönung: Azubi Jochen darf auf dem heiligen Donnerstagsplatz des rezensierenden Platzhirschen seine Kritik an Stefano Massaron anbringen! Tatsächlich: ein gutes Jahr!)
Don’t trust him when he turns his back:
He looks at you.
Don’t trust him When his eyes are closed:
He still looks at you.
Devil Doll “The Girl Who Was…Death”

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Tim O’Brien: Geheimnisse und Lügen

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John Wade ist am Ende seines amerikanischen Traums angelangt. Seine politische Karriere wurde jäh gestoppt, als herauskam, dass er an der Auslöschung des Dorfes Thuan Yen beteiligt war, besser bekannt als das My Lai Massaker, bei dem Hunderte vietnamesischer Zivilisten von amerikanischen GIs misshandelt, gefoltert und gnadenlos getötet wurden. John Wade „der Zauberer“ sieht alles mit an, lässt sich beinahe zufällig hineinziehen ins Morden. Später fälscht er zwar die Stammrollen der entsprechenden Einheit, wird aber trotzdem von seiner Vergangenheit eingeholt, in der vielleicht wichtigsten Phase seines Lebens, zur Zeit der Wahlen um einen Senatorenposten.

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