16 Horsepower: Splinters/Nobody ´cept you

Das „Glitterhouse“-Label ist die deutsche Bastion des Neo-Country. Und die Südstaaten-Amerikaner 16 Horsepower gehören zu den stärksten Pferden im Glitterhouse-Stall. Düster, kraftvoll, mystisch und rootsy. Atmosphärisch, wuchtig und wie immer mit viel Pathos brechen sich ihre Balladen Bahn. Ingredienzien: krachende E-Gitarren (nach einem eher transparenten Einstieg in „Splinters“), Synthie-Schwaden, Chorgesang – und eine ziemlich dünne Stimme des Vorsängers.

Die zweite-Seite „Nobody ´cept you“ (ein Dylan-Cover) stimmt freundlicher. Weder muss der Sänger gegen wagnerianische Klangwände ansingen, noch wird die bedeutungsschwanger raunende Instrumentierung mit Metal-Gitarren zugekleistert. Nein, der Sound bleibt trotz der funkelnden Gitarren und des vielen Halls spröde wie der Gesang – und eins fügt sich wunderbar ins andere. Als Draufgabe gibt´s eine rüde Live-Version von „American Wheeze“ und das southernd-rockige, wüsten-gewürzte, spartanisch beginnende „De-Railed“ des verstorbenen Rainer Ptacek.

16 Horsepower: Splinters/Nobody ´cept you
(Glitterhouse GRCD 525)

The Murky World Of Barry Adamson

Mit „The Murky World Of Barry Adamson“ legt Adamson eine Werkschau der letzten 10 Jahre seines Soloschaffens vor. Der ob seines genialen Baßspiels geschätzte Brite ging nach fruchtbarer Zusammenarbeit mit Howard Devoto, Pete Shelly und Nick Cave eigene Wege, um seine assoziativen und suggestiven Musiken als Solokünstler zu realisieren. Sein Faible für Filmmusiken zeigte sich bereits in Magazine’s Coverversion von John Barry’s „Goldfinger“. Adamsons 89er Solo-Debut „Moss Side Story“ – Musik zu einem imaginären Film – machte einige Regisseure auf ihn aufmerksam.

Es folgten zwei echte Filmmusik-Alben: „Delusion“ und „Gas, Food, Lodging“, aber auch auf den Soundtracks zu David Lynch’s „Lost Highway“ und Oliver Stone’s „Natural Born Killers“ wirkt Adamson mit. Auf seinen Solo-Alben verzichtet er allerdings nach wie vor auf real existierende Bilder und überläßt es dem Hörer, in seine eigene imaginär-phantastische Welt zu entschwinden. Die Bilder spielen sich vorzugsweise im Kopf des Hörers ab, am besten in einem abgedunkelten Zimmer.

Adamsons Coverversion des klassischen Movie-Themes „The Man With The Golden Arm“ von Elmer Bernstein eröffnete bereits das 89er Album „Moss Side Story“. Fette Brass-Sounds und Hammond-Orgel vereinen sich hier zu einem insistierenden Groove, Ska-Elemente bestimmen „A Fantasy Bond Theme“. Aus allen musikalischen Bereichen stammen die Techniken, deren sich Adamson bedient, um verschiedene Stimmungen zu schaffen. Jazz, Industrial, Orchestersounds, Bigband, HipHop, R&B, Dance, Trance, Experimental, TripHop usw. usw. Mancini meets Tom Waits in der düsteren Geschichte „Jazz Devil“, „The Vibes Ain’t Nothin‘ But The Vibes“ läßt die samtige Atmosphäre fast greifbar werden, Prodigy meets Tricky in „The Snowball Effect“, „Can’t Get Loose“ hat mit seinem melodischem Gesangspart und dem samtigen Easy-Listening-Vibraphon gar Ohrwurmqualität, im Hintergrund wabert (zumindest in meinen Ohren) das Bond-Theme herum. „Mitch and Andy“, scheinbar eine bedrohliche aufwühlende Kurzgeschichte mit Gestalten aus Schwarz-Weiß-Filmen, verweist mit seinem nahezu skelettierten Sound auf Adamsons musikalische Vergangenheit bei Magazine, Birthday Party und den Bad Seeds. Der Eindruck, in ein frühes Bad-Seeds Album geraten zu sein, wiederholt sich auch in „Walk The Last Mile“, aber schließlich hat Adamson mit seinen Mute-Kollegen vier Alben eingespielt.

Wer Adamsons Alben noch nicht kennt, hat mit „The Murky World Of Barry Adamson“ einen guten Einstieg erwischt, leider aber auch ein katastrophales Booklet, das keinerlei Credits enthält.

Barry Adamson
The Murky World Of Barry Adamson
(Mute CDSumm 174/Intercord INT 484624-2)
VÖ: 3.5.1999