V.A.: RussenSoul

Eigentlich kommt der Soul ja aus dem Staat, der im kalten Krieg der große Gegner war: nicht Moskau Records, sondern Stax und Motown blitzen im Hinterkopf beim Soul-Begriff auf. „Aber so gut wie jede Band hat ein paar soulige Songs im Repertoire – sie rühren das Publikum mit ihrer milden Traurigkeit oder heizen es auf mit heißer Leidenschaft“, so Yuriy Gurzhy, der zweite und weniger bekannte Herausgeber neben Literaturstar Vladimir Kaminer. Mit diesem argumentativen Trick haben die beiden es geschafft, eine Fortsetzung des „Russendisko“-Samplers mit anderer Musikfärbung und verkaufsträchtigem Titel zusammenzustellen. Die Stücke sind etwas ruhiger, langsamer und trauriger als auf dem vorherigen Sampler.

Das Album ist unterhaltsam und wieder pfiffig zusammengestellt: Weltmusikfetischisten würden die russische Seele mit russischer Folklore von heute präsentieren wollen. Kaminer und Gurzhy behandeln das Thema dagegen mit Augenzwinkern, servieren moderne Folk-Klischees, aber mit diversen zarten Anleihen und vor allem nicht völkisch rein nur aus Mutter Russland. Darum können sie es sich auch leisten, die Titel einfach auf deutsch zu präsentieren, schließlich betreiben sie keine russische Musikethnologie sondern machen Party. Über’s Feiern steht dann auch einiges im Booklet, genau wie Infos zu den vielen hier unbekannten Künstlerinnen und Künstlern. Das macht Geschmack darauf, auch einmal die Russendisko live erleben zu dürfen.

Sampler: RussenSoul
Soulful Grooves from Russendisko, Berlin.
(Trikont 2004)

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