„Das ist so ’ne Art Best-of als Live-Album.“ So bekam ich diese Platte in meiner Schulzeit angepriesen. Und weil Neil Youngs „Farmer John“ zu unseren ersten Party-Hits gehörte, lieh ich mir die „Weld“ Doppel-CD. Weil sie auf eine 90er-Kassette passen sollte und ich dem Altrocker im Baumwollhemd noch nicht so richtig traute, blieb ich auf Jahre teilerleuchtet: Songs, die ich heute liebe, rockten mir damals spontan nicht genug. Die sehnsüchtige Hippie-Romanze “Cinnamon Girl” erschien mir als Rock-Schlager, “Powderfinger” erinnerte mich nur an Indianer-Ferienspiele mit Tipi & Schminke oder das entsprechende Was-ist-was-Buch.
Neil Young wird gern – pathetisch aber treffend – „Pate des Grunge“ gennant. Bis heute habe ich ihn, wenn es denn überhaupt mal passierte, nur mit Pearl Jam und „Rockin‘ in the free world“ im Fernsehen sehen können. “Weld” ist ein Zeugnis davon, daß alte Herren schon vor Sub-Pop und dem Seattle der 90er Rückkopplungsharmonien mit brüchigem Gesang zelebrieren konnten. Es wimmelt auf dem Album von Geschichten, ergänzt von Liebesliedern, beides in x-minütige Krachorgien gehüllt, die immer gefühlvoll und hörbar bleiben. Crazy Horse rumpeln durch die Songs und singen harmonische Chöre, Neil Young gibt seine immer etwas verzweifelte Stimme dazu und haut in die Saiten, dass es klingt als wäre sein Equipment total verrostet und der Verstärker überdreht. So entsteht eine spröde Schönheit, garniert mit Live-Atmosphäre. Die langen Songs sind mit ausgedehnten Gitarrensoli bestückt. Dabei handelt es sich aber nicht um die seit den 70ern beliebten Fingerfertigkeits-Protz-Orgien der Gitarren-Griffbrett-Onanie; vielmehr wirkt es, als wären die Soli Mittel dazu, die Atmophäre der Stücke erstens länger und zweitens unartikuliert wirken zu lassen.
Relative Schwachpunkte des Albums sind „Welfare mothers“ und „F*!#in‘ up“ (die etwas eintönig wirken) und die „Blowin‘ in the wind“ Coverversion. Künstlerisch gesehen ist diese zwar interessant arrangiert: Über einem Teppich aus Kriegslärm erheben sich der Crazy Horse-Chor und die Solo-Gitarre, die unsicher aber kraftvoll die Gesangslinie nachspielt und zwischendurch ihren eigenen Geräuschekrach erklingen läßt. Leider ist der Song an sich einfach zu abgenudelt um ihn immer wieder zu hören, im Gegensatz zum Rest des Albums.
Die Trackzusammenstellung verschont den Hörer mit den weniger rühmlichen Teilen des Young’schen Werks, wie Songs, die unspektakulär Rockstandards folgten oder weit über die Grenze des erträglichen Kitschs hinaus dudelten (ich sage nur „Harvest Moon“). Die vielgeschmähten Vocoder-/Synthie-Experimente der “Trans” tauchen nicht auf – schade eigentlich drum, aber mit Crazy Horse hätte das wohl eh nicht funktioniert.
Den Krachaspekt des Albums kann man sich auch pur geben: „Arc“ ist eine Bonus-Disc (gibt’s einzeln oder als „Arc-Weld“), auf der eine “compilation composition” der Sorte „Neil läßt die Gitarre vor’m Verstärker stehen“ zu hören ist. Das beliebte Rock-Ritual, den Schlußakkord rückkoppelnd immer weiter zu schrammeln und dazu die Becken scheppern und Toms donnern zu lassen wird hier 35 Minuten mit eingestreuten Songzitaten aufrechterhalten – nur für eingefleischte Fans.
Die „Weld“ ist eine Sammlung der rockigen Neil-Yong-Klassiker. Anfang der Neunziger war es so ’ne Art Best-of als Live-Album.
Neil Young & Crazy Horse - Weld
(WEA/1991)
Tracklist:
Neil Young & Crazy Horse – Weld CD 1
- Hey hey, my my (into the black) 05:42
- Crime in the city 06:33
- Blowin‘ in the wind 06:48
- Welfare mothers 07:04
- Love to burn 09:58
- Cinnamon Girl 04:47
- Mansion on the hill 06:14
- F*!#in‘ up 07:09
Neil Young & Crazy Horse – Weld CD 2
- Cortez The Killer 09:47
- Powderfinger 05:56
- Love And Only Love 09:19
- Rockin‘ In The Free World 09:22
- Like A Hurricane 14:00
- Farmer John 05:00
- Tonight’s The Night 08:43
- Roll Another Number 05:21