Für den Regionalkrimi!

Sehr ordentlich gestern, der Münchner Tatort. Das Drehbuch? Von Friedrich Ani.
Okay, dass die Wies´n-Wirtstochter dem Batic einen Rilke schenkt, war überzogen, und vielleicht sogar, dass wir es auf einmal mit sprachkritischen Kommissaren zu tun hatten (mit hochgezogenen Augenbrauen gefragt: „voll umfänglich?“; „im Epizentrum der Macht?“), aber schön waren die vielen Auslassungen – Szenen, in denen nur Auto gefahren und nicht gesprochen wurde – und die wirklich schlauen und lustigen Dialoge. Fazit: Es bringt viel, wenn ein lokal ansässiger Autor vor Ort die Tatort-Drehbücher schreibt.

Das würde man sich auch für den Frankfurter Tatort wünschen, der leider keine Frankfurter Kommissare hat, und bei dem sich das Frankfurter Lokalkolorit regelmäßig mit einem Schwenk über die Hochhaus-Skyline begnügt. Also Frankfurter Krimiautoren: Schreibt Frankfurter Tatort-Drehbücher (ich hoffe, meine Pointe zielt nicht ins Leere, weil die Drehbücher von Frankfurter Krimiautoren stammen; dann würde ich erweitern auf: Schreibt gute Drehbücher für den Frankfurter Tatort!).

Was mich zu einem kleinen Schnippsel aus der Zeit führt: Nur ein kurzes Interview mit Björn Bollhöfer, der eine Doktorarbeit über den Kölner Tatort geschrieben hat (Geographien des Fernsehens. Der Kölner Tatort als mediale Verortung kultureller Praktiken, erschienen im Transscript-Verlag).

Die Krimiserie ist nicht authentisch genug, sagt er, und der Kölner Tatort spielt dauernd gar nicht in Köln, sondern viel zu oft in Bonn. Richtig. „Ein Fall für zwei“ („Matula“ – ZDF) spielte auch dauernd in Wiesbaden und nicht in Frankfurt.

„Das Konzept ist ja, dass jede ARD-Landesanstalt ihren eigenen Tatort dreht, der die Visitenkarte dieses Sendebereichs ist“, sagt Bollhöfer, und weiter über die mangelnde Authentizität: „Selbst die Straßennamen sind fiktiv, weil die Drehbuchautoren aus Berlin und München kommen und sich in Köln nicht auskennen. Manche gucken wegen solcher Fehler keinen Tatort mehr.“

Richtig. Da geht noch was. Da geht noch viel. Für einen strikt regionalen Tatortkrimi! Sonst wird er, wie andere Krimiserien, komplett austauschbar.

54 Gedanken zu „Für den Regionalkrimi!“

  1. Münchner Tatort spielt in München, hab’s schon verstanden — aber eben in Playmobil-München. Sie können sich übrigens über die Spezies Wiesnwirt ganz bequem informieren, Sie brauchen nur das Kurhaus in Wiesbaden zu besuchen (geht auch virtuell). Komisch wird’s in der Tat, wenn man im Film einen Wirt sieht, der sich hinter’m Tresen einer leeren Vorstadt-Piesl als Zeltbewerber geriert. (Gestern abend, als der Wiesn-Zeppelin über dem Balkon kreiste, kam ein authentisches Thomas-Harris-Feeling auf.)

  2. es gibt … *wiederholt sich … zahlreiche münchner tatorte, die NICHT im playmobil-münchen spielen. der gestern spielte nun auf dem oktoberfest (das ich glaube NIE besuchen will), weil oktoberfest ist.

  3. „Wer mit dem Schwert kämpft, wird durch das Schwert umkommen“

    Bei diesem Streben nach „Authentizität“ können Autoren eigentlich nur verlieren. Entweder werden die Mühen nur von wenigen Leser/Hörer/Seher gewürdigt [z.B. auch weil viele ihre eigene Stadt nicht gut genug kennen] oder aber irgendjemand findet Fehler.

    Und was nützt die ganze Mühe, wenn Plot, Story usw. schlecht sind.

    Die Schlussfolgerung aus dem Haas-Zitat, welche bei JL zu lesen ist und meiner eigenen aktuellen Lektüre scheint mir eindeutig: Es kommt nicht darauf an authentisch zu sein, sondern ein Gefühl von Atmosphäre glaubwürdig ‚rüber zu bringen.

    Beste Grüße

    bernd

  4. wenn du mir jetzt noch den unterschied zwischen authentisch sein und atmosphäre rüberbringen erklärst, bernd.

    und bitte nicht wieder EIGENTLICH auf derselben seite argumentieren, nur mit ner anderen wortwahl.

    mit dem haas rennt ihr offne türen bei mir ein. merkwürdig, dass ihr ihn auf einmal alle mögt.

  5. es ist ja durchaus legitim und auch möglich, das ‚Große‘ im überschaubaren Rahmen abzubilden — also gestern: das Zusammenspiel von Stadtpolitik, Brauereikonzernen und Großwirten auf eine Konstellation von vier oder fünf Handlungsfiguren zu projizieren. Dabei kann Authentizität, aber auch Komik entstehen, keine Frage. Nur wäre das in dem Ani-Tatort exemplarisch mißlungen: das ist nicht München, nicht Oktoberfest (nicht einmal im Playmobil-Format, das Harald Schmidt manchmal virtuos vorführt), sondern vielleicht das Volksfest in Odelshausen, um das sich der Lamm-, der Schwanen- und der Bärenwirt bewerben. Auch dagegen ist nix einzuwenden (s.o.), so lange mir nicht aufgeschwatzt werden soll, das als München zu rezipieren, wo am Wochenende 1 Mio auf den Bänken tanzten, während der Harris-Zeppelin über sie hinwegflog. Die Fallhöhe ist dabei einfach zu groß, um nicht unfreiwillig Komik zu produzieren.

  6. Bernd bringt das sehr schön auf den Punkt. Dieser abgedroschene Plot, der da in die Wohnzimmer flimmerte – fiese Machenschaften um die Zulassung zum Oktoberfest, diese penetrant lustigen Münchener Kommissare, die trotz Mord immer noch fröhlich in die Kamera grinsen (sehr realistisch!) und diese Münchener Krimi-Plastikwelt (so haben wir uns das hinter den Kulissen der Wiesn doch immer vorgestellt) – erschien mir wie eine schlechte Kopie einer bayerischen Heimatkomödie aus dem Volksstadl. Mit einem guten TV-Krimi hatte das nun so gar nichts mehr zu tun.

    Viele (Drehbuch-)Autoren verwechseln in der Tat Authenzität mit Glaubwürdigkeit innerhalb der Geschichte. Das, was ich da gestern abend gesehen habe, war so glaubwürdig wie ein Märchen für Erwachsene.

    Ludger

  7. Ich fand den Tatort gestern ziemlich gelungen. Natürlich war er überzeichnet. Und was das Athentische betrifft, hat er diese boulevardeske Dimension der Wiesn sehr schön aufs Korn genommen. Ich sage nur: Luitpold Prinz von Bayern will mit seiner Brauerei auch auf die Wiesn, obwohl sie nicht in München ansässig ist. Aber er ist schließlich Nachfahre der Wittelsbacher, verdammt! Solche Geschichten liest man immer wieder in der Zeitung.

    Insofern ist es zwar durchaus ein Playmobil-München, aber genau diese Version von sich selbst mag die Stadt ja so gerne nach außen darstellen. Und deshalb ist das dann wiederum doch fast authentisch, mindestens jedoch gut beobachtet.

  8. es gibt eine Stahlnetz-Folge (R: Roland +, B: Menge), in der eine Ausgabe von Gustav Freytags „Soll und Haben“ wichtiger Spurenträger ist. Schön.

    PS: die JL-Kennzeichen gebe ich aus, wenn die Abbuchungserlaubnis für die Schutzgeldzahlung vorliegt.

  9. also ich wusste jedenfalls nicht, dass der ani so spritzige dialoge schreiben konnte. ich habe an manchen stellen rausgeprustet. ich hatte das gefühl, der wachtveitl und der nemec blühten richtig auf. und mit der kamera haben sie auch manchmal schöne einstellungen hingekriegt.

    *konstruktive kritikerin
    **weiß immer noch nicht, welcher TATORT in den augen der kritiker wohlgefallen findet
    ***kennzeichen JL jütland?

  10. „Authentisch“ und Plot geht ja schon mal schlecht zusammen. Legt man das Gewicht auf die Glaubwürdigkeit der Figuren, ist man schon näher dran. Ich will dann auch noch Schauspieler sehen, die eine herausragend geschriebene Figur herausragend darstellen .. wir sind ja im Fernsehen.

    Also:
    >>welcher tatort ist – also – in euren augen okay?

    Tatort Frankfurt (Sawatzki)
    Der zweite Münchner Tatort (Selge)

  11. Die Tatort-Reihe hinkt – vom Plot über Figuren bis hin zur bildlichen Umsetzung- der Zeit hinterher. Ausnahmen habe ich in der letzten Zeit nicht gesehen. Dennoch: 5 bis 6 Millionen Leute gucken jeden Sonntag diese Krimimärchen. Hier spielt mehr die Zuneigung (oder Abneigung) vieler Fernsehzuschauer zu den jeweiligen Figuren eine Rolle, als die eigentliche Kriminalgeschichte. Es geht hier nicht um Krimi, es geht um Identifikation mit den jeweiligen Kommissaren. Ein alter Hut halt.

    Ludger

  12. Wassn hier los? Kann man nicht mal mehr in Ruhe eine Suchfunktion in Java schreiben…?
    Also: Ein Tatort-Krimi ist ein Objekt der Klasse „Krimi“ und kann sich aller Methoden und Eigenschaften seiner Klasse bedienen. Zu diesen Methoden gehört auch „Authentisch sein“. Muss nicht benutzt werden. Aber wenn: dann schon richtig. Hat mit Plot tatsächlich nichts zu tun. Der kann ja ganz in Ordnung sein. Wenn ich aber suggeriere (und der von mir natürlich ignorierte Tatort hat das wohl gemacht), es handele sich bei diesem Authentischen um München und das Oktoberfest, dann sollte es das auch sein. Wir können also einen tollen Krimi sehen, der in puncto Authentizität versagt und einen „authentischen“, der als Krimi versagt. Die entscheidende Frage: Wollte Ani Authentizität oder hat er tatsächlich nur ein Playmobil-Realität konstruiert, vielleicht eine abstrahierte Authentizität? Mit Absicht! Kann man machen. Ich sag „Oktoberfest!“ und meine was anderes (z.B. das Oktoberfest in uns allen?). Jedenfalls: Ist ganz schwer. Fast so schwer wie eine Suchfunktion in Java, dieser vorsintflutlichen, absolut beschissenen Programmiersprache, die mir seit fünf Minuten eine NullPointerException anzeigt, wo doch eigentlich gar keine…

    bye
    dpr

  13. Meiner Meinung nach hat Ani tatsächlich (wie in den meisten seiner anderen Tatorten auch) mit Absicht eine Playmobil-Realität konstruiert und (wie in seinen anderen Tatorten auch) seine Sache sehr gut gemacht. Wie anobella schon sagt: Spritzige Dialoge, interessante Einstellungen. Vielleicht nicht unbedingt das Non-plus-ultra an Originalität, aber das erwartet man vom Tatort ja auch nicht.

    Und dass der Tatort der Entwicklung hinterherhinkt: Natürlich! Es ist die erfolgreichste Krimi-Serie im deutschen Fernsehen. Wer erwartet da schon Experimente? Die leisten sich die Folgen des Polizeirufs 110, und da muss ich Astrid Paprotta beiplichten: Der mit Selge ist wirklich genial.

  14. also manchmal habe ich den eindruck, ihr hättet gern lieber THRILLER als krimis. da gibts zwei kommissare, die haben einen fall zu lösen – dem ich nur schwer folgen konnte, aber wurscht. später gings besser.

    und eure antwort auf meine frage „welchen tatort mögt ihr denn?“ heißt also polizeiruf 110 (die haben auch immer nur zwei mehr oder minder plausibel agierende kommissare)?

    mal abgesehen von astrid (ich finde allerdings, dass der frankfurt-tatort eine radikalkritik braucht, klar TRÄGT sawatzki und ich mag ja auch den schüttauf. aber ich will FRANKFURT!!!) hat immer noch keiner gesagt, welchen tatort er mag. GAR KEIN tatort wäre der falsche thread.

  15. Anobella: warum willst Du die Straßen sehen, die Häuser … oder was meinst Du? Kulisse halte ich für nebensächlich, immer, überall.
    Die jeweilige Stadtpolitik? Wir haben eine nette OB! Aber warum sollte sie „vorkommen“?
    Ach ja, im Tatort Frankfurt gab es mal eine kleine Bonames-Studie: also zum Frösteln.

  16. Wie, lieber dpr, kann ich in Erfahrung bringen, was Ani oder sonstwer ‚wollte‘? Aber der Film sagt und zeigt: Oktoberfest. Und er läßt mich eine Spannung konstruieren zwischen dem, was ich sehen kann, wenn ich vor meine Tür gehe (und Anobella sehen könnte, wenn sie auf die Kufler-Site ginge), und dem, was an Tourismusbildern (Münchner Gemütlichkeit) verbreitet ist, und (sozusagen) seinem eigenen München. Da fallen mir, nolens volens, „Kasimir und Karoline“ ein, wo das funktioniert hat — und ich kann mir die Frage stellen, warum das im Tatort nicht funktioniert hat: weil (u. a.) die Kluft zwischen den Tourismusbildern und dem, was ich sehen könnte, wenn ich in ein Zelt ginge, unüberbrückbar geworden ist. Drum bleibt die Playmobil-Welt allein stehen und produziert eben unfreiwillige Komik in altbackenen Kulissen.

  17. Also hier (http://tatort-fundus.de/) gibt’s einige Infos zum gestrigen Tatort. Auch Ani sagt etwas.
    Zum gestrigen Tatort kann ich noch nichts sagen. Hab‘ ihn noch nicht gesehen; aber den Ausschnitt, den ich gestern gesehen hatte, fand ich seltsam.
    Zu Anobellas Frage nach guten/schlechten Tatorten:
    Gute Teams (d. h. prinzipiell auch gute Fälle)
    München
    Köln
    Münster (als Comedy)
    Frankfurt (mit dem neuen Team stieg das Niveau um Quantensprünge an. Oder will hier irgendjemand die Fälle mit der Fliege zurück?)
    Schlechte Teams
    Saarland (Palu war nicht gut. Der Neue ist auch nicht viel besser.)
    Bä-Wüs (also Odenthal, Blum und Bienzle.)
    Borowski (obwohl der Schauspieler gut gut)
    Hamburg
    Ehrlicher (als er noch die Befindlichkeiten nach der Wende problematisierte, war er als Sittengemälde wirklich gut. Aber seit Jahren ist’s nur noch austauschbare Langeweile.)
    Solala (oder: immer wieder überraschend):
    Bremen (Sie probieren mit Lürsen immer wieder etwas neues aus. Haut mal hin. Haut mal nicht hin.)
    Berlin (denke, dass sie sich bessern.)

    Einige der alten Kommissare sind heute immer noch sehr gut ansehbar. Ich sage nur Trimmel, Haferkamp, Kressin, Schimanski, Markowitz (da war der Berliner Tatort mal wirklich gut). Und die Ösi habe früher immer wieder herrlich abgedrehte Filme gezeigt. Würde gerne mal wieder einen Marek sehen.

  18. Meine Favoriten:

    München, Kiel, Frankfurt, Niedersachsen. Mit Abstrichen Berlin, Hamburg, Köln, Österreich, manchmal auch Konstanz. Stuttgart mit Bienzle bisweilig überrascheng gut. Gar nicht gehen Saarland und Ludwigshafen. Bremen und Leipzig sind bestenfalls Mittelmaß. Hab ich was vergessen?

    Unnötig zu sagen, dass es ja immer auch vom Drehbuch abhängt.

  19. Lieber JL,

    es ist vermutlich so, dass die Bereitschaft eine Darstellung als authentisch und atmosphärisch gelungen (was beileibe nicht das gleiche ist) zu bezeichnen, mit der Entfernung zum Objekt zunimmt. Vor-Ort bleibt ihnen doch kaum etwas anderes übrig, als das Dargestellte mit der Realität zu vergleichen. Dass Sie dabei Macken finden, liegt in der Natur der Sache.

    Aus der Entfernung jedoch werde ich, wenn ich der Realität des Autors nicht hinterher googel (und ich werde einen Teufel tun), das Dargestellte solange als „wahr“ akzeptieren, solange ich dem Autor vertraue.

    Beste Grüße

    bernd

  20. @dpr: „Ich geb Euch!“ – nur was?

    Authenzität/Glaubwürdigkeit: Ich habe kürzlich einen deutschen Thriller gelesen, da merkte ich, dass der Autor (der bisher Biografien und Sachbücher verfasst hat) sehr akribisch recherchiert hat und einfach sehr angestrengt versuchte, Wirklichkeit fiktional abzubilden. Leider lief das so schief, dass sogar in der authentischen Schilderung reichliche, nachweisbare Fehler (ein falsches Todesdatum einer realen Person etc.) auftraten.

    Auf der fiktionalen Seite jedoch, dort, wo er den „sicheren“ Rahmen der Fakten verlassen musste, greift er zu den gängigen Klischees, die Dir als Leser in jedem zweiten Buch begegen: Natürlich hatte der ermittelnde Kommissar familiäre Probleme (die berühmten Dämonen), natürlich war die Polizei hoffnungslos überarbeitet (ehrlich, wenn das Konrad Freiberg wüsste, wieviel Überstunden die Polizisten in Krimis kloppen müssen…)natürlich war ein auftretender Schmieren-Journalist Alkoholiker und so weiter und so fort. Mir erschien der Autor schlichtweg hoffnungslos überfordert damit, Fiktion glaubhauft zu erfinden – was ja zunächst einmal die Aufgabe eine Romanschriftstellers sein sollte. Lieber zimmerte er sich Zerrbilder zusammen, die ja irgendwie stimmen, die man als Leser aber wirklich nicht mehr sehen/lesen mag und die dann auch noch zum Teil falsch „kopiert“ sind.

    Figuren können in fiktionaler Literatur alles Mögliche und Unmögliche tun, solange es der Autor glaubhaft vermittelt, dass dieses Unmögliche in seiner fiktionalen Welt möglich ist.

    Genau so etwas wirst Du aber in keinem Tatort finden, denn dafür ist er – wie Jürge richtig bemerkt – nicht das Umfeld. Der Polizeiruf 110 auch nur bedingt. Und Experimente dürfen übrigens auch schief gehen – dafür sind es Experimente. Nur dass sich das heute kein Fernsehsender – leider auch die Öffis – mehr erlauben darf.

    Ludger

  21. *rennt rein

    mit authentisch meine ich, es soll richtig am ORT spielen. zum beispiel der klischee-iker würde in wiesbaden immer aufs kurhaus und die wilhelmstraße draufhalten. stattdessen spielt sich das leben in der stadt im westend ab etc. der mit seiner doktorarbeit über tatort köln sagt, sie drehen in BONN!

    *ruft ihren eingangspost in erinnerung
    **ruft ludger zur ordnung, der sich als tatorthasser geriert, aber offenbar auch SEHR GUT bescheid weiß
    ***erachtet das tatort-thema nicht als trash

    **rennt wieder raus
    ***putzt

  22. und es GIBT offensichtlich viele leute, die den tatort lieben, wie ich! (1. köln, 2. ludwigshafen, 3. münchen, 4. berlin)

    *notruf uwe steimle k u l t
    *schlägt nach ludger

  23. Lieber Bernd,

    wieso möchten Sie die Darstellungen in einen Film für ‚wahr‘ halten, der vom Sendeplatz, vom Format, von der Genrezugehörigkeit als ‚fiktional‘ ausgewiesen ist? Aber nochmals: ich wende mich gegen Anobellas Feststellung, daß es viel bringe, „wenn ein lokal ansässiger Autor vor Ort die Tatort-Drehbücher“ verfasse. Genau da beweist der gestrige Tatort das Gegenteil: der Lokalkolorit entstammt einer ungewissen Vergangenheit (wie jeder TV-Zuschauer, der auch nur die Tagesschau sieht, unmittelbar feststellen kann), und die Konfliktkonstruktionen sind absurd. Das spricht nur dann gegen den Krimi, wenn ich ihn als ‚realistisch‘ (im Sinne von ‚gut recherchiert‘) rezipieren möchte. Daß ich den gestrigen Film trotzdem für mißlungen halte, steht auf einem anderen Blatt.

    Beste Grüße: JL

  24. @anobella/16:29 — die Bollhöfer-Ergebnisse, die Sie zitieren, sind doch ein alter Hut. Filme werden da produziert, wo es am preisgünstigsten ist. Münster-Tatorte z. B. überwiegend in Köln. Lokalkolorit entsteht beim Schnitt und nicht bei der Aufnahme.

  25. Siehst Du das, dpr? Ich werde hier GESCHLAGEN!

    Neulich habe ich mal zwei der Tatort-Drehbücher als „Hörbuch“ aufgemotzt gehört („Das Böse“, gelesen von Andrea Sawatzki und „Die Zärtlichkeit des Monsters“, gelesen von Ulrike Folkerts) und Du hast sofort gemerkt, wie dürftig und armselig diese Tatortplots sind, ohne Bilder funktioniert das nicht. Gut, ist natürlich ein Fehler, so ein Schwachsinn – schlecht nacherzählte Drehbücher – zu machen, aber die Plots bleiben dürftig und werden in der Regel durch die z.T. guten Schauspieler gerettet.

    Und natürlich kenne ich mich aus – besonders mit Tatort-Trash…
    Ludger
    *liebt Anobella trotzdem

  26. Lieber JL,

    mit „ich“ meinte ich mich nicht persönlich, sondern als Beispiel eines Lesers. Mit meiner Sicht hat das erst einmal nicht so viel zu tun. Aber klar: Das Dargestellte muss atmosphärisch stimmig sein.

    Viele Leser wollen Realität und stören sich an jeder von der Realität abweichenden Kleinigkeit. Absurd, da haben Sie recht: Wir haben es mit „fiction“ zu tun.

    Aber wenn wir uns auf den Realismus einlassen, dann war der Punkt des Dialogs zwischen Ihnen und Anobella, dass Sie beide die „Realitätsfestigkeit“ des Tatorts ganz anders beurteilen müssen – etwas das Sie mit Ihrem ersten Beitrag ja auch betonten.

    Beste Grüße

    bernd

  27. Nachtrag, weil’s grad so schön ist: erinnert sich noch jemand an die frühen „Fahnder“-Staffeln (1985 ff., mit Klaus Wennemann)? Die wurden unübersehbar in München gedreht (irgendwie bin ich immer wieder zwischen Haidhausen und StaBi den Crews vor die Füße gestolpert), aber der Lokolkolorit wurde beim Schnitt konsequent und allem Anschein nach bewußt ausgetrieben. Erstes Zeichen, das mir auffiel: die Autonummern lauteten auf „G“ (bis 1990, dann auf „Z“, immer unterstellt, daß meine Erinnerung nicht trügt). Wenn man dann genau hinschaute, wurde der Schnitt für Ortskundige zu einem unendlichen Freudenquell, Autofahrten z. B.: da wechselten oft weit voneinander entfernte Straßenstrücke von Einstellung zu Einstellung. Und doch, so meine ich mich zu erinnern, waren die Plots und die Konflikte ganz ‚realitätsnah‘ (im Sinne meines Wissens über Kriminalität, das natürlich auch nur aus den Medien stammt …).

  28. na ja, klar, dass jetzt die münchner mit einem anderen blick auf den münchner tatort gucken wie die anderen. also wenn ich einen berliner tatort sehe, freue ich mich, wenn ich berlin sehe und höre. ich weiß gar nicht, was es da zu diskutieren gibt.

    ihr betreibt alle wortklauberei.

    *schlägt immer noch nach ludger, der am fetisch GUTER PLOT klebt

  29. @Ludger: Von Anobella geschlagen zu werden, ist ungefähr so wie von mir freundschaftlich umarmt zu werden. Also halts aus. Du hast aber einen ganzganz entscheidenden Punkt genannt: ohne Bilder funktioniert das nicht. Das sogenannte Authentische liefert Bilder, die per se als „wahrhaftig“ durchgehen sollen. Das kennen wir ja auch aus den geschriebenen Regionalkrimis, deren Legitimation sich nicht selten aus dem Umstand speisen soll, dass in Wiesbaden, Mückelweg 7 tatsächlich eine Pinie an der Garage steht.
    Wenn ich jetzt einen München-Tatort sehe, der das Oktoberfest thematisiert, interessiert mich nicht zuvörderst das angeblich Authentische der Bilder, sondern das Authentische der Situation. Zunächst einmal. Muss ich – da vielleicht sachkundig – feststellen, dass es mit dieser Authentizität nicht weit her ist, gestehe ich dem Autor zunächst zu, etwas abstrahiert, verfremdet, verdichtet zu haben. DAS, lieber JL, ist dann eine Hypothese, die mir der Text / Film als autarkes Gebilde bestätigen muss. Oder eben nicht bestätigt.
    Ganz verkürzt das. Bilder ist aber ein gutes Stichwort, da arbeite ich gerade was aus.
    Zu den Tatorten ganz allgemein: Ich hab vor ca. 10 Jahren aufgehört, mir die Dinger anzutun, nachdem kaum einer über das Niveau ein allenfalls mittelmäßigen Romans hinausgekommen ist. Sicher gibts manchmal Ausreißer nach oben, aber ich hab schlicht weder Lust noch Zeit, mir für einen halbwegs originellen Film zehn Standardlangweiler anzutun. Ein paar „Polizeirufe“ hab ich geguckt, es gab eine Reihe, in der Inge Meysel mitgespielt hat, das war teilweise ganz nett. Und die frühen „Fahnder“-Folgen mit Wennemann waren häufig sehr gut.

    bye
    dpr

  30. tatort an sich zu gucken, ist natürlich eine sen-ti-men-ta-li-tät. tatort nicht zu gucken finde ich auch völlig in ordnung. aber tatort zu hassen und tatort zu gucken, ist doch kein standpunkt.

    *hat ludger zu boden gerungen

  31. Ich finde, der beste München-Tatort ist gar kein Tatort, sondern läuft im ZDF, heißt „Unter Verdacht“ und hat Senta Berger in der Hauptrolle. Das gestrige Oktoberfest-Drama fand ich öde. Die Tränen-Story mit den Traditionsschaustellern und ihrem entzückenden Kinderkarussell habe ich schonmal irgendwo gesehen.
    An eine richtig gute „Tatort“-Episode in der letzten Zeit kann ich mich nicht erinnern. Natürlich amüsiere ich mich gerne über die Münsteraner Clowns (die Folgen werden, wie auch der immer mehr nachlassende Wilsberg vor allem in Köln gedreht) und finde auch Axel Milberg nicht übel. Aber so gut wie Fink (Klaus Schwarzkopf) oder Haferkamp (Hansjörg Felmy) mal waren, ist doch keiner mehr. (Ich weiß natürlich nicht, ob diese Behauptung der Überprüfung bei der nächsten Wiederholung stand hält.)
    PS: Ich schau gleich erstmal, was heute im Gedenken an Jürgen Roland wiederholt wird.

  32. na ja. ich glaube nicht, dass felmy oder schwarzkopf der kritik, die in DIESEM thread formuliert wird, standhält. klar habe ich auch sentimentalitäten, was felmy betrifft, aber besser als die tatorte heute waren die auch nicht.

    was aber schon interessant ist, mit wieviel GEFÜHL der tatort für alle besetzt ist. (DPR, hier gefühllos, guckt gar kein fernsehen …) also was ist DA dran?

    *setzt in eine perspektive

  33. Na, ich hab da so wenig Gefühle, dass ich mich nicht mal beteiligt habe. Ich verstehe gar nicht die Begeisterung für diesen Schund. Schon gar nicht für diese Odendings. Das ist doch alles langweiliger, fast immer schlecht gemachter, drittklassiger Quark, gähn.

  34. Gefühle? Manchmal das Bedürfnis, einen stumpfen Gegenstand in den Fernseher zu schmeißen, wenn zwei Kommissare mal wieder an der Würstchenbude stehen und über einen Fall sinnieren.
    Meine Lieblingsserie ist eh „The Closer“ (Vox). Das ist die Ermittlerin mit dem abträglichsten Lippenstift der TV-Geschichte.

  35. ich schloss negative gefühle nicht aus, geschätzte kollegen. metadingsdaanalytisch betrachtet, scheinen mir 46 kommentare auf meinen kleinen eintrag auch auf eine gewisse gefühlslage hinzudeuten.

    *erhöhter standpunkt
    **mag kommissare, die an frittenbuden stehen
    **mag das sonntägliche tatort-ritual
    ***german heritage?

  36. Ja, werte Anobella, mit der Gefühlslage – angesichts der Masse von TV-Krimi-Schrott und den wenigen Perlen – könntest Du richtig liegen. Und das Bedürfnis der geschätzten ap kann ich sehr gut nachvollziehen. Am vergangen Samstag zum Beispiel, als ich mir unfreiwillig den ZDF-Unsinn „Einsatz in Hamburg“ angetan habe.

    Ludger
    *dennoch kein Tatort-„Hasser“, wie Anobella mir unterstellt
    ** wehrt sich

  37. Gut, meinswegen auch Gefühl: Langeweile (Ist Langeweile ein Gefühl? Ein Nicht-Gefühl? Ein Zustand? Auf jeden Fall ein sehr produktives Un-Gefühl:). Zehn Minuten Langeweile. Danach Aus-Taste. Mit vielen Ausnahmen, wo ich gar nicht erst anmachen würde. Odenthal: Die Bottini (Bottina) der Fernsehkrimis.

    The Closer, das ist ne andere Sache. Bravo, ap!

    * mag nur Wiener, die an Frittenbuden stehen (oder wie das bei denen heißt) (Haas!)
    ** will auch geherzt werden

  38. ihr seid halt puristen, während andere sich SCHON über einen tatort amüsieren können. der harte kern der tatortmöger scheint sich auf (in alphabetischer reihenfolge) albertsen, anobella und axel bussmer zu beschränken.

    aber puristen werden auch geherzt.

    (*lacht doch mal!)

    **sieht die antwort DER TATORT IST NICHT ZUM LACHEN, ANOBELLA! kommen

  39. *fasst ihren thread abschließend zusammen

    danke noch einmal für das interesse an dem thema … 😉

    nicht verwunderlich: mir jedenfalls ist ein vergleichbares format wie das des tatorts nicht bekannt. (im ausland) daran sollte man also weiterarbeiten, da es durchaus genuin ist.

    und klar, dass die leute, die sich für populare culture interessieren (in diesem fall: krimis), sich nicht nur für die bücher, sondern auch für die filme und serien interessieren. wobei die bücher meiner bescheidenen ansicht nach schon einiges erreicht haben, wenn sie auf tatortniveau kommen. und damit meine ich unterhaltungsniveau. denn das will der tatort und da hat er seine zielgruppe: sonntags zur primetime die leute unterhalten.

    übrigens – aber das nur am rande – stört mich ausgerechnet der münster-tatort, der hier öfters lobend erwähnt wurde, am meisten, weil er eine seiner figuren konstant lächerlich macht, nämlich die des gerichtsmediziners (gespielt durch liefers).

    und, sozusagen posthum: gestern um viertel vor zehn gabs die wiederholung eines hamburg-tatorts mit manfred krug.

    regie: der hier gern als garant für qualität genannte jürgen roland.

    (der nebenbei das hamburger „großstadtrevier“ – mit jan fedder – verbrochen hat.)

    p.s. übrigens gibts von „du“ ein heft zum tatort („der mord zum sonntag“), offensichtlich kontrovers, wenn man das inhaltsverzeichnis betrachtet, ich kenns nicht. (gut so, sage ich:wenn schon ins ausland, dann bitte schön damit. und nicht mit den UNSÄGLICHEN donna-leon-zdf-verfilmungen)
    http://www.dumag.ch/bisher.php?id=234

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