Wortspielhölle: 14 juillet

An die Italiener

Schon geht es hin zur Guillotine,
polierter Stahl, entblößtes Haupt.
Das Volk steht gaffend, froh erwartungsvoller Mine,
die Spannung wird emporgeschraubt.

(Trommelwirbel…)

Und „schack schirack“ mit präsidialem Klang,
(Fanfaren!)
der Kopf ist ab, da drüben geht es lang.

Revolutionslied, erstmals 1794

Wortspielhölle: Harold Pinter


10 Songs zur Verleihung des Literaturnobelpreises an Harold Pinter:
The Searchers: Needles and Pinter
The Creation: Pinter Man
The Who: Pinterball Wizard
Rolling Stones: Pinter it black
Joy Division: Pinterzone
Yazoo: How Pinter kills
Darlene Love: Pinter Wonderland
Thomas Leer: Pinternational
Neil Young: Pinterlong
Billy Bragg: Must I Pinter you a picture

Seltsame Begegnungen: Problemsack

Stets auf der Suche nach Neologismen, stieß ich beim Stöbern in den Emails eines Kollegen auf das mir bis dahin unbekannte Wort „Problemsack“.

Die Neuschöpfung stammt aus dem sozialpädagogischen Sprachmilieu, welches uns schon in der Vergangenheit mit Kreationen wie „Bedarfe“ oder „bildungsresistente Jugendliche“ belehrt hat, keine Sprache sei blöd genug, nicht noch blöder zu werden.

Weiterlesen

Lektion 33: Computer und Recht

Der Leserbrief, zumal wenn er in rauhen Mengen von dickleibigen und alkoholisierten Briefträgern in die Redaktion gebracht wird, ist die Geißel des Kolumnisten. Wiewohl so mancher recht brisanten Inhalts ist und letztlich von solch allgemeinem Interesse, dass selbst ich, der ich das Leserbriefbeantworten für gewöhnlich meiner neuen Praktikantin, Fräulein Theophile Hor-Mon, überlasse, höchstselbst zur Tastatur greife und die zumeist verzweifelten und nicht selten vor Rechtschreib- und anderen Fehlern nur so strotzenden Ergüsse der Leserschaft beantworte.

(Anmerkung: Wenn Sie diesen Satz beim ersten Durchlesen verstanden haben, erhalten Sie das Recht, weitere zehn Hinternetseiten kostenlos zu lesen.)

Weiterlesen

Lektion 31: Pro und Contra Empfängnisverhütung

Seit der liebe Gott seine Mail an Maria schickte, wissen wir zweierlei: Erstens sind Mails keine Engel, und zweitens ist das Thema der unbefleckten Empfängnis rein kommunikationstechnisch nur noch theoretisch von Bedeutung. Lassen wir hingegen heutzutage unseren Outlookexpress durch die Leitungen dampfen, müssen wir immer damit rechnen, einen unerwünschten Balg in unsere digitale Wiege gelegt zu bekommen.

Weiterlesen

Refluxus (7)

„Wie sagt man?“

Ich bin ein geduldiger Mensch und ich hab‘ auch noch einen Moment gewartet, aber bedankt hat sich diesmal keiner. Keiner dieser unerschütterlich optimistischen Aufschwungförderer und Arbeitslosenzahlvernichter, die wochenlang Deutschland zugepflastert haben. Gut, so wirklich gewonnen hat ja auch niemand, aber früher haben sie sich wenigstens beeilt, am Morgen nach der Wahl die „Danke“-Schilder auf die Plakate zu pappen. Erste Sparmaßnahmen oder kein Grund, „Danke“ zu sagen? Klaus Kinski hat sich immer gerühmt, niemals in seinem Leben „Bitte“ gesagt zu haben. Muss die selbe Kinderstube sein!

Lektion 29: Wahlkampf im Internet

Na, wahlberechtigt? Einige von uns waren ja empört, als der Bundestag einstimmig beschloss, dass am 22. September nur Personen unter 18 Jahren ihr Stimmchen abgeben dürfen. Aber seien wir ehrlich: Ist es nicht konsequent, zu einer kindischen Veranstaltung wie der Bundestagswahl auch nur solche Personen an die Urnen zu treiben, bei denen Kindischkeit noch zu den verzeihlichen Begleiterscheinungen ihres Lebensabschnitts gehört?

Weiterlesen

Munitionsvernichtungsschießen

Verschiedenen Schulwechseln sei Dank, werde ich jetzt alle Nase lang zu diversen Klassentreffen gebeten. Und da erfuhr ich von einem ehemaligen Schulkameraden (sehr deutsches Wort), dass es bei der Bundeswehr Munitionsvernichtungsschießen gibt. Ich war auf Anhieb begeistert! Während ich als Zivi Amputationsstümpfe mit Melkfett eingerieben habe oder mir -in den Backen gesammelte- Leberwurstbrote ins Gesicht genießt wurden, hatten die Y-Jungs die ehrenvolle Aufgabe Munition in die Luft zu ballern. Könnt‘ ja schlecht werden, war ja auch erst kurz nach dem Kalten Krieg. Was wäre denn gewesen, wenn der Iwan das mit Glasnost doch nicht so ernst gemeint hätte?! Oder hatte hier nur jemand keine Lust auf Inventur? Eines weiß ich jetzt sicher: Ich hätte all die alten Männer nicht wegen ihrer ausgeprägten Verdauung bedauern müssen. Das war Taktik – Windelvernichtungssch….

Refluxus (6)

Ja, is denn heut‘ scho Weihnachten?

Viele wissen es noch nicht: zum 1. Juni tritt ein Gesetz zur Vermeidung von Manierismen, Platitüden und chronischer Witz-Repetierung in Kraft. Vorangegangen war der Richterspruch, der einen Geschäftsführer eines Start-Up Unternehmens für drei Monate hinter Gittern gebracht hatte. „Es geht rund, sprach der Papagei und sprang in den Ventilator“ ist definitiv nicht mehr erste Wahl.

Weiterlesen

Leben im Kühlschrank 2

Ursprünglich aus einer klimatisch eher begünstigten Region stammend, brachte für mich schon der Umzug nach Hessisch-Sibirien – genauer gesagt das Waldecker Land und die Region Kassel, eine „coole“ Erfahrung. Ich lernte den richtigen Winter kennen, also auch mit Schnee, der nicht nach zwei Tagen schon nur noch Matsch ist, sondern mit richtigem, der auch liegenbleibt.

Einem Studierenden aus Afrika, der vor zehn Jahren nach Erfurt kam, dürfte es nicht anders ergangen sein. Er schrieb deshalb an seine Heimat, er würde sich wie in einem Kühlschrank lebend fühlen. Erst einige Zeit später merkte er, dass ihm dies nicht nur klimamässig so geht, sondern auch – bzw. gerade – von den zwischenmenschlichen Beziehungen her gesehen. Mir ging es – Gott sei Dank – nicht so, ich wünsche es auch keinem. Dafür wohn ich auch nicht in der Grossstadt, sondern im weiteren Erfurter Umfeld, nämlich dem Thüringer Wald.

Weiterlesen

Stadtlandschaft

Wenn bei der Wohnungsbesichtigung das Wort „Stadtlandschaft“ fällt, ist es der richtige Zeitpunkt, zu gehen. Oder den Vermieter zu bitten, die Rolläden der Fenster hochzuziehen und einen Blick nach draußen zu gestatten. Nur, um die schlimmsten Befürchtungen bestätigt zu sehen…

Weiterlesen

Lektion 28: Die IT-Krise

Weihnachtszeit ist Fußgängerzonenzeit. Ach, wie glänzen die Glühweinbuden! Wie duften die heißen Maronen! Wie klimpert so schön Bob Dylan aus Niederauerbach sein „Blowing In The Wind“! Und da – sehen wir richtig? – ein schäbig gekleideter Mann, dessen Kleidung gleichwohl auf frühere bessere Zeiten schließen läßt, jongliert mit HTML-Seiten! Und – ja was ist denn das!? – eine junge, verhärmte Frau programmiert vor staunenden Frührentnern und Hausfrauen komplexe Datenbanken! Ui, da klatscht das fachkundige Publikum und wirft sein Scherflein in die ausgehöhlte Festplatte, die statt eines Hutes aufgestellt worden ist.

Weiterlesen

Refluxus (5)

Oh, das hab‘ ich nicht gewusst

Ein Richter aus Essen verklagt den Coca Cola-Konzern, weil er bei den Brauseherstellern die Mitschuldigen für seine Diabetes sieht. Sicherheitshalber hat er Master-Foods, die Hersteller von Snickers und Mars, gleich mit verklagt. Ja, man muss schon Mitleid haben mit diesem armen Mann. Es grenzt auch fast an eine Unverschämtheit, dass Coca Cola den Warnhinweis auf den Flaschen vergessen hat. Es hat mich total überrascht, dass in Coca Cola tatsächlich Zucker drin ist. Zur Hölle mit der Selbstverantwortung – lasst uns klagen gegen Gott und die Welt! Gegen den Schöpfer, weil er vergessen hat, auf die doch sehr schwierige Spezies „Frau“ einen Warnhinweis zu kleben und gegen die Welt, weil bei Schnellrestaurants der Kaffee einfach zu heiß ist. Dass ein Junkie neulich seinen Dealer verklagen wollte, weil der vergessen hatte, ihm zu sagen, dass Heroin nicht nur Spaß macht, ist noch ein Gerücht – noch…