Interview: Dead Mould

Bielefeld rules.

Anläßlich der Veröffentlichung der neuen DEAD MOULD-CD „Polymog“ machte sich unser Mitarbeiter Carrzy auf den Weg in die Heimat, um dort mit verkaterten Musikern über Musik, Kartoffelbrei und Stuhlgang zu plaudern…

Montag, der 12.8.1996, vormittags.
Ort: eine Altbau-WG in der Bielefelder Innenstadt. Band und Interviewer sind noch etwas angegriffen vom langen Wochenende. In dieser Katerstimmung wird den Dreien erst, nachdem sie darauf angesprochen werden, bewußt, daß heute offiziell das 2. Dead Mould Album „polymog“ erscheint. Zu lange sind die Aufnahmen und die CD Release-Party her. Im Oktober 95 und März 96 wurden erste Aufnahmen zu Demo-Zwecken gemacht. Da die Aufnahmen so befriedigend waren und die drei Musiker wenig Lust hatten monatelang im Studio festzusitzen wurden diese ursprünglichen Versionen für die Scheibe genommen.

MM (guitar): Diesmal waren wir nur 10 Tage im Studio, da keiner von uns Lust hatte, wieder zweieinhalb Monate im Studio abzuhängen. Auch die Produktionsverhältnisse waren viel angenehmer. Ich wollte einfach nach Hause kommen und meine Freundin ist noch da und hat nicht Schluß gemacht. Der kreative Prozeß ging auch viel schneller.

Eudel (bass & Gesang): Also bei mir war es einfach so, ich hatte 9 Tage nicht geschissen und wollte am 10. wieder zu Hause sein.

MM: Ja, das ist immer Eudels Problem; das stimmt.

Jochen (drums): Soviel anders gemacht als die erste ist die neue Platte nicht: Sie ist auch live eingespielt.

Eudel: Ich habe auch wieder live gesungen!

Hinter-Net!: Einige Stücke Eurer ersten Scheibe „Eintauchenauf“ haben eine lange Entwicklung mitgemacht, sind teilweise schon im Programm früherer Bands, z.B. Clever & Smart gewesen. Wie sieht es mit den Stücken auf „polymog“ aus?

Eudel: Da mußte den Chef fragen ! (Meint Jochen)

Jochen Reich war bereits in der 1. Formation von Dead Mould, verließ aber die Band vor den Aufnahmen zu „eintauchenauf“, um sich anderen Projekten zu widmen. M. Stamm ersetzte ihn. Nach einigen Unstimmigkeiten verließ der die Band wieder. Auf der Suche nach einem Drummer konnten Eudel und Martin ihren alten Kumpel Jochen überzeugen wieder einzusteigen. Die Begründung, warum er gleich Chef der Band wurde ist einleuchtend…

MM: Weil er immer Chef-Size bestellt ! (Lacher) Ja, immer wenn wir an der Tanke sind, bestellt Jochen „Ein Chef-Size Snickers, bitte !“

Zurück zu den Stücken…

Chef (Jochen): Also, die Stücke sind alle recht jung, maximal ein Jahr. Das liegt daran daß ICH jetzt wieder in der Band spiele. Die ersten fünf Stücke sind ohne mich geschrieben worden, das hört man ja auch eindeutig.

MM: Ja eben

Jochen: und die anderen sind schon viel besser.

MM: Nur „Almost Natural“ fällt aus dem Rahmen und ist viel älter als ein Jahr. Manche Stücke sind erst im Studio fertig geworden. Wir waren dreimal im Studio, mit Pausen. In diesen Pausen haben wir dann noch einiges geändert und fertig geschrieben. Ein Stück, „Second Half“, ist sogar erst im Studio gemacht worden. Ich muß natürlich sagen, ICH habe es produziert, die anderen haben ihre Spuren gemacht und ich habe es vollendet.

Jochen: Dafür ist „Almost Natural“ noch mit einem Text von Olli Vers (Ehemals Sänger von Clever & Smart, heute bei irgendeiner schwedischen Poser-Metal-Band).

MM: Nein , nein, es ist ein mittelaltes Dead Mould Stück, das eine Periode eingeläutet hat , die bis heute anhält.

Hinter-Net!: Was ist der Polymog?

Eudel: (nach langem Schweigen) Schwierige Frage, so ganz genau wissen wir das auch nicht.

Jochen: Das erklärt er doch selbst in „diggin’a hole“. Er regiert die Menschen, Flammen schießen aus seinen Fingern.

Eudel: Bißchen ein Wortspiel auch mit dem Polymoog

Jochen: Hundert Männer und ein Befehl. Es ist uns vom Polymog befohlen worden, er ist unser Lord.

Hinter-Net!: Ihr habt ja immer wieder im Titel oder in Songs deutsche Wortteile. Um zu zeigen, daß ihr eine englisch singende Band aus Deutschland…?

MM: Nö, Eudel singt halt auf Englisch, damit keiner seine Texte versteht. Sonst ist uns das eigentlich einfach nur egal.

Hinter-Net!: Soll man die Texte nicht verstehen? Sie sind ja auch recht schlecht zu verstehen und auch nicht abgedruckt.

Eudel: Das liegt aber daran, daß ich beim Singen immer esse.

Hinter-Net!: Was am liebsten?

MM: Kartoffelbrei !

Eudel: Es ist nicht extra, daß man die Texte nicht versteht. Um deutsch zu singen, da müßte ich noch 2 bis 3 Jahre üben. Es kann leicht peinlich klingen, wenn man auf deutsch singt und über Sex kann man halt nur auf Englisch singen.

Hinter-Net!: Erzählt nochmal die Geschichte, wie es zur Aufnahme des Polymog Hintergrunds gekommen ist!

Eudel: Au ja ! Da kommen wir immer wieder gerne drauf zurück. Damals noch mit unserem Ex-Booker Jens Ganzel. Wir haben im Regieraum die Basictracks von dem Stück abgehört und Martin ist einen Raum weiter gegangen, hat die Tür offengelassen, den Fernseher angemacht. Dabei haben wir festgestellt, daß das unglaublich gut klingt.

Jochen: Und dann haben wir ein Mikro vor den Fernseher gestellt und Martin die Fernbedienung in die Hand gedrückt.

Eudel: Martin hat halt rumgezappt und es lief irgendetwas witziges…

Martin: Irgendeine Late-Night Diskussion auf 3sat, Eigenwerbungsjingle auf ZDF, und dann habe ich auf RTL geschaltet und da saß der Typ in der Playboy Late-Night rum und hat erzählt, er sei der Polymog.

Eudel: Das darfst du nicht schreiben, sonst läuft die Freundin doch weg.

MM: Nein, nein, als Titten zu sehn war’n, hab’ich natürlich umgeschaltet. Eudel will noch unbedingt etwas zu den Texten erzählen.

MM und Jochen schlafen ein

Eudel: Die Texte strahlen einen tiefsitzenden Zynismus aus, der von Melancholie geprägten Entfremdung…, Break-Metal Texte…was weiß ich. Sehr persönliche Texte, alle Texte handeln vom Leben.

Jochen lästert über Eudels Texte

Hinter-Net!: Also Martin steht hinter den Texten von Eudel, Jochen nicht so?

MM: Das liegt daran, daß Jochen nicht so viel erlebt. Er nimmt es halt so hin. Für ihn ist es so, wie wenn ein Fünfjähriger zwei Siebenjährigen zuhört, der versteht halt nicht alles.

Eudel: Jochen verarscht es halt immer, kann selber aber keine Texte schreiben.

Was treibt nun eine nicht mehr ganz junge Band, während sie auf Ruhm, Ehre und viele Plattenverkäufe hofft? Was passiert in der näheren Zukunft? Single, Video.

Eudel: Ich werde nächsten Monat anfangen an meiner Soloplatte zu arbeiten…

MM: „Leave me alone“ wird sie heißen

Jochen: Mein Soloalbum wird mehr ein Konzeptalbum. Es wird „Knie“ heißen.

Aber Martin hat auch noch andere Pläne…

MM: Ich fange gerade erst an, mir Gedanken darüber zu machen. … Ich werde mehr der Produzententätigkeit nachgehen.

Hinter-Net!: Wer wird der erste Deal sein den du zeichnest?

MM: Ich mache dann die neue Sterne, Tocotronic bring ich richtig groß raus.

Eudel: Und die Scorpions sollen auf Lo-Fi gepusht werden.

Jochen: Martin ist da gerade dran…

Eudel: …mit seinem Telefunken Kassettenrecorder die Scorpions zu produzieren.

Wir blenden an diese Stelle kurz einen Werbeblock ein….

Nach der Werbepause: Eine Single?

Eudel: Mein Singlefavorit ist „Hit“, das bietet sich ja an, oder „tall“ oder „drape“. Wobei sich Polymog hervorragend für ein Video machen würde, 10 min; länger als Thriller. Das würde fantastisch.

Jochen: Im Video könnten wir zum Mond fliegen…
…und MM bedient die Instrumente, wegen der Höhenangst.

Während die 25-teilige Tour für den Herbst geplant wird, überlegt die Band, mit wem sie am liebsten touren würde. Aus Label-technischen Gründen stehen aber fast nur alte Rock-Legende, die bei SPV unter Vertrag sind als Supportmöglichkeit zur Verfügung

Eudel: Ich würde gerne…

Jochen: Motörhead!

Gelächter !

MM: Metallica würde auch sehr gut passen.

Eudel: Nee, nicht bei SPV und das ist so Alt-Herren Musik.

Hinter-Net!: So viel älter sind die ja nicht.

Eudel: Haste auch wieder recht… Tja, da fällt mir nur ein… Tom Astor!

MM: Ich würde auch mit Vanessa Williams touren, die singt auch und spielt in Eraser mit. (Erzählt nun 5 min. Die Story, warum ihr der Titel der Miss USA aberkannt wurde)

Jochen: Es gab mal das Gerücht, wir würden die Smashing Pumpkins supporten.

Eudel: …und jetzt geht das Gerücht um, Jochen würde bei denen einsteigen, weil der Drummer irgendwie abnippelt…

MM, und Eudel meinen auch Smashing Pumpkins würden passen

Hinter-Net!: Noch ein Statement zum Universum, zum Leben und den ganzen Rest?

Jochen: Amüsiert Euch ! Volk, feiert schön

MM: Das spätere ist das frühere !

Hinter-Net!: Wann spielt ihr das erste mal in den Slums von Kairo?

MM: Die haben kein Strom

Hinter-Net!: Eine allseits beliebte Frage, wenn Surfer über ihre Idole lesen: Was liegt gerade in eurem CD Spieler?

MM: Heute Morgen habe ich die alte Dead Mould gehört

Eudel: Martin, das ist peinlich

Jochen: Bei mir liegt die Filmmusik zu DEAD MAN von Neil Young drin.

Eudel: Bei mir liegt seit ich aus dem Urlaub zurück bin POLICE auf dem Plattenteller. Also meine ganzen POLICE Platten und ich hör die nur Hoch und Runter, alle.

MM: Oh Gott, da kann ich mich ja auf einiges gefasst machen im Proberaum.

Eudel: Ey, ich hab’n neues Lied geschrieben… 200 bottles..

Jochen: …und ich habe gerade eine alte Monoaufnahme von KYUSS gefunden.

Eudel: …und ich höre total super gerne Jango Edwards.

Hinter-Net!: Was für Einflüsse kommen aus der Region?

Eudel: Es gibt sehr viele Einflüsse auf die wir eingehen: ZZZ Hacker, und Visible Touch… auch Prite haben uns beeinflusst

Martin: Peter Keller überhaupt..

Eudel: Die Selteabs natürlich..

Hinter-Net!: Wer sind die Sealteabs?

Eudel: Eine ziemlich fähige Coverband, machen unglaubliche Auftritte…ja und sonst gibt es ja noch die näselnde Detmolder Bandclique.

Hinter-Net!: Sonstige Einflüsse?

Eudel: Wir versuchen es zu vermeiden, aber man hört ja, daß wir es nicht können. Bei meinem Gesang hört man auf der jetzigen Scheibe Tom Waits und PIL raus

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