David Munyon – Poet Wind

Neue Folge der Reihe „David Munyon – bester Singer-Songwriter der Welt“, heute: Wohin die Winde wehen… Nach seinem kargen solistischen Ausflug vor zwei Jahren hat Munyon nun wieder eine Band im Rücken- und die tut seiner Musik gut – bei allem Respekt vor dem kompositorischen Talent des Meisters, aber so „ohne alles“ sind die Songs wenig tragfähig, mit Band klingt´s einfach satter!

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´68 – Design und Alltagskultur zwischen Konsum und Konflikt

Wer die ´68er Ausstellung im Düsseldorfer Kunstmuseum verpaßt hat, hat vor allem eines verpaßt: das finnische Kunststoffhaus „Futuro“, ursprünglich als Après-Ski-Hütte im Sci-Fi-Look konzipiert. Es sieht aus wie eine fliegende Untertasse, hat 8 m Durchmesser, rundum Bullaugen, steht auf drei Beinen und ist wie ein Flugzeug über eine herunterklappbare Treppe zu besteigen. Genau: zu besteigen! Was man sonst nur (nachsichtig grinsend) in Dokumentationen über die gute alte Zeit der Zukunftseuphorie zu Gesicht bekommt, konnte man in Düsseldorf in der Tat begehen! Innen gab´s einen Wohnraum, gestaltet wie die Kommandozentrale eines Raumschiffs, zwei Schlafkojen und tatsächlich – Bad und Küche! Wer das architektonische Kleinod nicht live erlebt hat, dem sei zum Trost verraten: die Zukunft roch verdammt muffig!

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Catatonia: International Velvet

Na endlich: starke Frauen sind wieder auf dem Vormarsch, siehe auch Guano Apes… (wie erfrischend nach den klampfenden Betroffenheits-Weibchen a la Tori Amos, Kristin Hersh und Co.). Als musikalische Visitenkarte von Catatonia reicht momentan der Knaller „Mulder and Scully“, an dem mich vor allem die stimmliche Unentschiedenheit der Sängerin Cery Matthews beeindruckt (man KÖNNTE auch „androgyn“ sagen, aber dieser elegante Ausdruck geht an ihrer zupackenden, wenn auch hypnotischen Substanz vorbei)! Und die Frau kann das „R“ rollen, ach was – ausspucken!

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Joseph Parsons: 5am

Da legt man eine Blue Rose-Scheibe ein, deren erste Takes „Sister Moon“ und „200 Miles“ heißen und wartet, ehrlich gesagt, doch etwas ängstlich, was das wohl zu bedeuten hat, aber – Ach! Alles in Ordnung! Wieder ein Gitarrenschrammler, für dessen Refrains das Wörtchen „Tonight“ vollkommen ausreicht, kann man zur Not ja auch fünfmal hintereinander singen. Sind bloß „200 Miles“, nicht „2000 Lightyears“…

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The Hood: Rustic houses forlorn valleys

Bristol, Leeds, Wetherby und wo Hood sonst noch mixen und engineeren lassen: das riecht zehn Meter gegen den Wind nach Trip Hop. Und irgendwo in der Nähe müßte noch ein Kaff namens Portishead liegen…
Bluesig, karg und schleppend klingt´s in der Tat, aber ohne großartig spacigen Touch, eher apokalyptisch. Ein bißchen Ambient, müdes Gitarrengeklimper, gelangweiltes Gesäusel und vor allem viiiiiiiiiiieeeel Zeit sind die Zutaten. Alles achtlos in den großen Klangtopf geschmissen, wer zufällig in der Küche vorbeikommt, kann ja mal umrühren – WENN jemand vorbeikommt…

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Katja Preißners Inselplatten

  1. Metallica „Metallica“
    Stellvertretend für das Gesamtoeuvre der besten aller Bands: der Dinosaurier unter den Metallica-Alben. Der Himmel weiß, dass sie es waren, die dem dahinröchelnden Metal nie gekannte Tiefe, Ausdruck und Schönheit gaben. Gott segne sie.
  2. Gram Parsons „GP/Grievous Angel“
    Wo wir gerade von ihm sprechen: Gram Parsons ist Gott persönlich.
  3. Yazoo „Upstairs at Erics“
    Das schönste und genialste Album aller Zeiten.
  4. Diverse Interpreten „Saturday Night Fever – The Original Movie Sound Track“
    Die Trammps bringen´s auf den Punkt: Disco Inferno. Die Hölle auf Erden, der Himmel kann warten…
  5. Pixies „Bossanova“
    Das erfrischendste Album ever.
  6. Guns´n´Roses „Use your illusion“
    Der stimmgewaltigste Sänger aller Zeiten und eine verdammt heiße Band auf dem kurzen Zenith ihres Schaffens. Erschreckend gut.
  7. Portishead „Portishead“
    TripHop mit Westernklampfe und Verzerrern: auch nicht schräger als die Kopflandschaft der Abschlußkandidatin Katja P., damals… Dass es noch was wurde mit dem Abschluß, lag vor allem an der Wunderdroge aus Bristol.
  8. Fink „Mondscheiner“
    In Hamburg gedeiht eine wundersame Poesie des Alltags. Stilistisch zwischen Rustika und Chanson. Bunt, expressiv und exzessiv. Eine Offenbarung.
  9. Ideal „Der Ernst des Lebens“
    „Eine Krone der Schöpfung“ nannte ein SDR3-Moderator einst Annette Humpe. Das war 1983, ich war 11 – und Ideal als Band gerade gestorben. Dem Zitat ist nichts hinzuzufügen. „Der Ernst des Lebens“? Verstörend, beunruhigend, gut.
  10. Bob Dylan „Blonde on Blonde“
    Der Gesang ist nicht eben schön zu hören, aber das Ausdrucksmittel eines Visionärs. Und im Hintergrund spielt sich die zweitbeste (ähem) aller Bands die Seele aus dem Leib. Großartige Geschichten, aufregend erzählt. Eine musikalische Sternstunde des letzten Jahrhunderts.

Markus Caspers – 70er – einmal Zukunft und zurück: Utopie und Alltag 1969-1977

Wenn Sie sich zur Zeit mit Anfang Zwanzig schon alt fühlen, dann sind Sie wahrscheinlich weiblich und befinden sich im Erdgeschoß einer H&M-Filiale (wahlweise auch in einer Fußgängerzone oder an der Bushaltestelle): als erwachsener Normalo sind Sie konfrontiert mit einem Haufen Lolitas im Unilook (hautenge Strickpullöverchen, Schlaghosen, Schuhsohlen in Größe einer Packung Knäckebrot und die unvermeidlichen langen Haare mit Madonnenscheitel). Die 70er am Ende der 90er – wir leben bekanntlich in einer Welt der Zitate: Retro, Recycling und Stilmix sind die Stichworte (Snobs sprechen von Eklektizismus)!

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Metallica – Reload

Okay. Anderthalb Jahre hab ich sie verteidigt, hab sie unermüdlich in Schutz genommen gegen den Vorwurf, das alte Feuer sei erloschen. Und sind wir mal ehrlich: die Jungs sind alle über dreißig, da macht man keine Revolution mehr. Die Innovationen leisten Jüngere, außerdem – Metallica haben ihre Pflicht mehr als erfüllt mit fünf grandiosen Alben. Und was ist peinlicher als eine Band, die sich selbst kopiert?

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Metallica: Reload

Okay. Anderthalb Jahre hab ich sie verteidigt, hab sie unermüdlich in Schutz genommen gegen den Vorwurf, das alte Feuer sei erloschen. Und sind wir mal ehrlich: die Jungs sind alle über dreißig, da macht man keine Revolution mehr. Die Innovationen leisten Jüngere, außerdem – Metallica haben ihre Pflicht mehr als erfüllt mit fünf grandiosen Alben. Und was ist peinlicher als eine Band, die sich selbst kopiert?
Genau das ist jetzt passiert. Dabei hätte ich es wissen müssen: das Album heißt RE-Load, das Material stammt zum Teil aus den Load-Sessions, von denen ja bekannt ist, daß der Stoff für eine Doppel-CD gereicht hätte. Aber um nicht alles auf EINER Tour abfackeln zu müssen und dann vielleicht wieder ein halbes Jahrzehnt abzutauchen, wurde der Rest nun nach besagten anderthalb Jahren nachgeliefert.

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Sixteen Horsepower – Low Estate

„Hillybilly“ nannte man Anfang des Jahrhunderts in den USA einen Bewohner der Appalachen – und meinte damit wenig schmeichelhaft soviel wie „Hinterwäldler“. Der Begriff stammt übrigens noch aus den zwanziger Jahren, als Plattenfirmen anfingen, mit dem Etikett „Hillybilly“ für weiße amerikanische Volksmusik zu werben und sich so von der vermeintlich kommerzielleren Country & Western-Stilart abzusetzen.

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Smoke City

Dieser Artikel handelt von einer Band namens Smoke City. Smoke wer? Smoke City, die von „Underwater Love“, der Song aus der Levis-Werbung mit dem Typ, der aus dem Boot kippt und den Nixen. Ach so, die.
Das riecht verdächtig nach einer klassischen One-Hit-Wonder-Karriere, aber Smoke City haben es besser verdient – ein Grund mehr für Hinter-Net!, die Gruppe im Interview zu fragen, wie sie zu dem wurden, was sie sind.

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Jackie O. Der Fan und sein Star

Würden alle Bücher nur von den wichtigen Dingen des Lebens handeln, wären die meisten nie geschrieben worden – dabei sind die überflüssigsten oft die besten!

So überflüssig wie lesenswert ist die mit zweijähriger Verzögerung erschienene deutsche Ausgabe von „Jackie O. Der Fan und sein Star“, ein Werk des Amerikaners Wayne Koestenbaum, nebenbei Dozent für englische Literatur, hauptsächlich aber glühender Jackie-Verehrer! „Jackie“ meint natürlich Jacqueline Kennedy Onassis, die mit Marge Simpson übrigens den Mädchennamen „Bouvier“ teilt.

Das war´s dann aber auch schon an Gemeinsamkeiten, denn während Marge auf ein stupides Hausfrauendasein im Kreise ihrer debilen Familie zusteuerte, heiratete die junge amerikanische Fotoreporterin französischer Abstammung einen aufstrebenden demokratischen Senator, wurde bald darauf First Lady der USA und ebenso schnell Witwe, heiratete einen häßlichen, griechischen Milliardär, wurde wiederum Witwe und arbeitete bis zu ihrem Krebstod 1994 in New York als Lektorin. Noch Fragen? Vielleicht nach Hinterlassenschaften, überlieferten Statements, einem Werk? Fehlanzeige!

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Interview: Die Krupps

…auf dem Weg ins Paradies?

„Paradise Now“mit diesem euphorischen Schlachtruf ziehen „Die Krupps“ zur Zeit zu Felde! Bei allen kritischen und engagierten Tönen haben sie sich ihren Optimismus bewahrt – zu recht: nach 17 Jahren und 10 Alben drückt sich ihr konstantes Wirken inwischen auch in ansehnlichen Verkaufszahlen aus, der wahre Wert der Band läßt sich daran natürlich nicht ermessen! Katja Preißner sprach mit Jürgen Engler

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Martha Grimes – Freier Eintritt

Der 15jährige Sammy lebt mit seiner Familie in einem schicken New Yorker Appartement. Sein Vater ist erfolgreicher Banker, und seine Mutter verbringt ihre Zeit vorzugsweise vor dem Spiegel – wenn sie nicht gerade auf Beutezügen durch teure Boutiquen ist.

Eines Tages hört Sammy seine Eltern in der Küche über „Die Toten“ reden. Für ihn steht fest, daß es sich um die gleichnamige James Joyce-Geschichte handeln muß oder deren Verfilmung durch John Houston. Erst als ihm eine Reihe zerknitterter Photos in die Hände fällt, dämmert es ihm: „Die Toten“ sind nichts anderes als „The Dead“ – so die liebevolle Abkürzung der Hippie-Band „Grateful Dead“! Und es scheint so, als wären seine Eltern ihre größten Fans gewesen.

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Adventures in Stereo – Adventures in Stereo

Die „Roaring Sixties“ sind wieder da! Das dachte ich jedenfalls während der ersten Takte der „Adventures in Stereo“-CD: Beat-versetzter Harmonie-Pop, der einen augenblicklich auf die Insel der Pilzköpfe beamt, und Easy Listening, der aus dem Fahrstuhl raus auf die Straße geht, natürlich auf die Carnaby Street. Was Jim Beattie – dem männlichen Part des Duos – wohl nie passieren könnte, denn der Schotte hat das ganze Album („selftitled“ oder namenlos?) in seiner Wohnung eingespielt.

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David Munyon – Acrylic Teepees

Steve Earle hat Townes van Zandt einmal als besten Songwriter der Welt bezeichnet, und ich bin versucht, dasselbe von David Munyon zu sagen. „Acrylic Teepees“ gehört zum Besten und Anrührendsten, was ich seit langem gehört habe!

In erster Linie ist Munyon der klassische Fall eines Singer-Songwriters – mit sonorer Stimme, dem üblichen Akustikgitarren-Gezupfe und hin und wieder rockigen E-Gitarren. Wenn da nicht noch sein ausgeprägter Hang zum Country-Pathos wäre – und ganz ohne Zweifel hat dieser Mann den Blues! Also, amerikanischer gehts gar nicht mehr (natürlich singt er auch noch über diverse Insignien des „American dream“, zum Beispiel über Autos etc. …).

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