18th Dye: Tribute To A Bus

Als ich 18th Dye zum ersten Mal live im Vorprogramm von The Notwist sah, dachte ich mir, daß diese Band ihre Sonic Youth – Lektion hinsichtlich der Verarbeitung von Noise-Elementen gut gelernt hat. Beim zweiten Mal, im Vorprogramm von Shellac, und erst Recht nach dem Anhören ihres bis dato dritten Albums, mußte ich meine Meinung modifizieren; lassen Sonic Youth öfters ihre Songs in Gitarrenlärm zusammenbrechen, um dann wieder den Faden aufzunehmen, verlieren 18th Dye denselbigen nie. Krach-Passagen werden in die Songs so eingebaut, wie andere Bands Soli gebrauchen, also als sich in den Kontext eingliedernde Einheiten.

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Fettes Brot: Auf einem Auge blöd


Deutscher Rap die 1235te. Mittlerweile dürfte wohl jeder mitbekommen haben, daß auch deutsche Menschen gerne rappen. Frühestens seit den Fantastischen Vier, spätestens seit dem Rödelheim Hardreim Projekt und Schwester S ist dieser Musikstil massenkompatibel. Einen großen Vorsprung bekommt jeder deutsche Rap-Act, wenn die Texte „lustig“ sind – also weg mit den „Hardcore-Acts“, die teilweise doch zu ernst/links/sexistisch/radikal/weiß der Geier was noch sind…

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Clawfinger: Use your Brain

Das Cover ziert eine Gehirn-Handgranate. Clawfinger sind also offensichtlich der Ansicht, unsere Hirnmasse sei ein hochexplosiver Stoff, der als Kampfstoff einsetzbar ist. Es ist Clawfingers gutes Recht, dieser Meinung zu sein, aber ich mach‘ mir echt Sorgen um all die zwölfjährigen, die die CD (wahrscheinlich wie bescheuert) kaufen werden: werden sie sich nicht am nächsten Kinderfasching auf die Idee kommen, sich lustige Knallkörper vermittels Hirnentnahme (womöglich an ihren Erziehungsberechtigten!) zu verschaffen. Man sollte die jungen Menschen behutsam auf die Gefahren hinweisen.

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Tindersticks: Tindersticks

Die Tindersticks sind ein Beispiel dafür, daß manche Musiker auch heute noch in die Metropolen ziehen müßen, damit „etwas“ aus ihnen wird. Ursprünglich aus Nottingham – also: musikalischer Provinz – gelang ihnen erst in London der Weg zur Kultband (mit einigen Kultsingles) und dann zur vielbeachteten Debüt-LP. Und das, obwohl die Tindersticks sich beharrlich unmodern geben. Daran hat sich auch mit ihrer zweiten CD nichts geändert.

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Sugartown: Swimming In The Horsespool

„You broke my heart…“ mit diesen Worten beginnt die Debüt-CD von SUGARTOWN, einem Duo aus Glasgow. Und bereits mit diesem ersten Satz stecken SUGARTOWN den Rahmen für die gesamte CD ab.
„Swimming In The Horsespool“ ist erschienen auf Marina-Records, einer kleinen, feinen Plattenfirma aus Hamburg, die spezialisiert ist auf neue britische Bands mit Hang zu ruhigen Songs und großen Gefühlen (Bathers, Cowboy Mouth, Paul Quinn). Und auch SUGARTOWN präsentieren auf „Swimming In The Horsepool“ bittersüße Lieder über zwischenmenschliche Probleme und Sehnsüchte, darunter auch zwei Coverversionen von Willie Nelson und Velvet Underground.

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Flowerpornoes: ich & ich

Lieber Tom Liwa!
Wieder mal hast Du mit Deinen Kumpels (und Kumpelinen, to be p.c.) eine neue Schallplatte aufgenommen. Die Musik ist ganz nett und schön tiefgehende, nicht zu intellektuelle Texte hast Du auch geschrieben. Viele Deiner Freunde, Freundinnen und vor allem die Ex-Freundinnen hatten Angst Du würdest wieder schlimme und unangenehme Dinge über sie schreiben. Andere Menschen schreiben ja Briefe, wenn sie Schwierigkeiten haben, Dinge direkt zu sagen, aber Du mußt sie ja gleich in aller Öffentlichkeit kompromittieren und auf Platten darüber singen. Sie konnten (fast) alle aufatmen. Hast Dich zu ihrem Glück zurückgehalten. Oder sind sie einfach nicht mehr Deine Freunde ?

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Plastikman: Musik

Vor sich hinpluckernde Rhythmusmaschinen, darber wabernde Synthesizersounds; dazu vielleicht noch ein paar – äußerst dezente – Noiseeffekte und fertig ist die Musik auf „Musik“ der CD von PLASTIKMAN. Was zunächst verdächtig nach Das-könnte-ich- auch- Produktion klingt, erweist sich bei genauerem Anhören jedoch als gelungene Leichtigkeit des Techno-Seins und zeigt auf der anderen Seite deutlich, daß Techno in seinen Spielarten einiges 70er Jahre- Krautrock-Elektronikern verdankt.

Plastikman: Musik
(Nova Mute/Intercord)

Quinn and the Independent Group: Will I Ever Be Inside Of You

Nachdem Scott Walker uns schon seit Jahren seine neue Solo-LP schuldig bleibt, schickt sich jetzt Paul Quinn an, die vakante Stelle des Bombast-Schnulzen- Sängers-für- gehobene-Ansprüche anzutreten. „Will I Ever Be Inside Of You“ kommt daher mit Stücken bis zu 9 Minuten Länge, so viel Theatralik in der Stimme, wie Scott Walker in seinen herzergreifendsten Zeiten und jeder Menge Herz-Schmerz- Thematik.

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Salad: Singles Bar

Es scheint ein Naturgesetz zu sein, daß Videojockeys entweder (verkrachte) ex-Musiker (Paul King, Richie Rich oder Ingo Schmoll) sind oder verhinderte Möchtegernmusiker, bei denen der Trieb irgendwann doch durchbricht (Steve Blame, Roy Cakes). Daß ausgerechnet Marijne van der Vlugt (die bei MTV am ehesten durch ihre Pippi Langstrumpf-look-a-like Bemühungen auffiel), eine der überzeugendsten Leistungen abliefert, ist eine handfeste Überraschung.

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The Grassy Knoll: s/t

Eine Platte wie diese macht es dem Kritiker alles andere als einfach. Alle Stücke auf dem unbetitelten Debüt von The Grassy Knoll sind instrumental (geben also nichts her für hochintellektuelle Textinterpretationsversuche). Der Gruppenname The Grassy Knoll (zu deutsch etwa: Grashügel) ist genauso nichtssagend wie das Cover (ein Grashügel? Ha ha!). [Ja, der Hügel spielt eine Rolle in den Verschwörungstheorien um die Ermordung JFKs – das bringt mich aber inhaltlich auch nicht weiter]. Und zur Gruppe selbst gibt es außer ihrem Herkunfsort San Francisco keinerlei biografischen Angaben oder Fotos.

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Cowboy Mouth: Life As A Dog

Marina Records aus Hamburg ist ein Label,das in seiner noch jungen Geschichte schon einige bemerkenswerte Veröffentlichungen vorzuweisen hat: zunächst die manchmal etwas kunstbeflissenen Bathers, dann zuletzt das wunderbar pathetische Comebackalbum von Paul Quinn und nun der Erstling von Cowboy Mouth. Hinter diesem – bei Bob Dylan entlehnten – Gruppennamen stecken Sänger Grahame Skinner, früher Kopf der schottischen Popband Hipsway und Douglas MacIntyre, früher als Gitarrist bei Love & Money zugange.

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Musiknews 12/94

Wir hätten ja drauf wetten können: Mit dem Werbeposter für die Single „Church Of The Holy Spook“ hat Shane MacGowan doch tatsächlich religiöse Gefühle verletzt. Nachdem es einige Proteste – vor allem rechtsgerichteter religiöser Gruppen – gegen das Musiker- am-Kreuz-Plakat gab, hat sich MacGowan jetzt offiziell entschuldigt: es war doch nur „ein Spaß„.

David Crosby (genau der aus Crosby, Stills and Nash und aus Crosby, Stills, Nash and Young) ist seit Ende November stolzer Besitzer einer neuen Leber. Die alte war den harten Anforderungen eines konsequenten Sex’n’drugs’n’rock’n’roll-Lifestyles einfach nicht mehr gewachsen.

Nach einer Untersuchung des Los Angeles Police Departments finden sich auf 75% aller im Raum Los Angeles in Umlauf befindlichen Geldscheine Spuren von Kokain!

Sonny Bono, ex-Mann der bekannten Microrock- Trägerin Cher, ist bei den letzten Wahlen in den USA ins Repräsentantenhaus nach Washington gewählt worden. Bei den Ausscheidungskämpfen im Bezirk Palm Desert (im sonnigen Kalifornien) schlug Bono seinen demokratischen Gegner mit mehr als deutlichen 20% Stimmenvorsprung. Zu seinen politischen Zielen gehört u.a. die Abschaffung diverser Bundesbehörden (u.a. auch des Bildungsministeriums). Schließlich zeigt sein eigenes Beispiel, daß man es in den USA auch ohne Ahnung zu etwas bringen kann.

Am 19. November starb Cab Calloway, Jazzsänger und Bandleader im Alter von 86 Jahren. Seine ersten Erfolge hatte Calloway schon in den 30ern, er spielte u.a. regelmäßig in Harlems berühmtem Cotton Club. Zu neuem musikalischem Ruhm (und jüngeren Publikum) kam er durch seinen Auftritt in „The Blues Brothers“, wo er auch seinen bekanntesten Song zum Besten gab: „Minnie The Moocher“.

Ebenfalls tot: Fred, genannt „Sonic“, Smith, Gitarrist der Spät-60er/Früh-70er AnarchoRockBand MC5 (die mit „Kick Out The Jams, Motherfuckers“!) und Ehemann von Patti Smith starb Anfang November an Herzversagen.

Attentate I: Kenny Larkin, einer der Pioniere der Detroiter Technoszene wurde in den frühen Morgenstunden des 18. November durch einen Schuß in die Brust schwer verletzt. Vom Täter und seinem Motiv fehlt bislang jede Spur.

Attentate II: Schlechte Woche für Rapper Tupac Shakur. Ende November wurde Shakur Opfer eines Raubüberfalls und dabei von 5 Kugeln getroffen. Er konnte jedoch das Krankenhaus bereits am Abend – wenn auch gegen ärztlichen Rat – wieder verlassen. Tags darauf wurde er von einem Gericht wegen sexuellen Mißbrauchs für schuldig befunden. Das Strafmaß wird erst später verkündet (möglich sind bis zu 7 Jahren Mikrofonentzug).

Big Black Revisited. Steve Albini hat mehr als energisch Berichte zurückgewiesen, seine legendäre Krachband Big Black plane derzeit ihre Wiedervereinigung und sei bereits auf der Suche nach Auftrittsorten für eine Tour durch Europa im Frühjahr ’95.

Gerüchte, Gerüchte. Dave Grohl, Schlagzeuger von Nirvana plant vielleicht ein Soloalbum, auf dem er singt und alle Instrumente spielt. Und das zu allem Überfluß auch noch auf seinem eigenen Label erscheinen soll. Definitives war noch nicht zu erfahren. Dafür wird Grohl aber bestimmt nicht neuer Schlagzeuger bei Tom Petty. Immerhin!

Vorweihnachtszeit. Da kann einem nicht nur der Blick in ein Warenhaus zu Tode erschrecken, nein, auch der Blick auf die Charts läßt einen erschaudern. In den UK-Charts sind unter den ersten 13 alleine 8 Best Of-CDs. Und gleich die ersten 4 Plätze werden belegt von (Best Of) Bon Jovi, Beautiful South, Sting und New Order. Schöne Bescherung. Und Krawatten untern Tannenbaum!

— E N D E —

Texas Bohemia – Polkas, Waltzes, Schottisches

In america our dreams all come true
And all the girls are beautiful, too
In america we’re happy to be
To work, to plant, to know that we’re free
Beautiful, yes it’s beautiful
It’s my beautiful america

(Adolph Hofner: „Krasna Amerika“)

„Ohne Adolph (Hofner!) kein Elvis.“
(Thomas Meinecke)

Eine CD für Leute mit Geschichtsbewußtsein. Eine CD für Leute, die frei von irgendwelchen Berührungsängsten sind, denn hier heißen die Titel nicht nur „Edelweiß“ oder „Zwei wie mir zwei“ (KNUTSCH BAND!), nein die Bands auf dieser CD klingen auch so. Nach Oktoberfest, Bier und fettigen Würsten. Blaskapellen, Quetschkommoden und Hawaiigitarren, mal schwungvoll zum Mitschunkeln, mal schräg- quäkend.

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Townes Van Zandt: No Deeper Blue

Hallelujah! Er ist wieder da!
Dem großen Publikum ist er bislang unbekannt geblieben, den Anderen gilt er als Singer/Songwriter-Gott. Acht Jahre lang vertröstete er seine Fans immer wieder mit Live-CDs (und dem fast stets gleichen Repertoire), jetzt ist mit „No Deeper Blue“ endlich wieder ein Studioalbum von Townes van Zandt erschienen. Auch wenn man seiner Stimme die Folgen seiner andauernden Trunksucht anhört, zeigen die 14 Songs doch, daß er als Songschreiber immer noch eine Klasse für sich ist.

Produziert wurde „No Deeper Blue“ ausgerechnet im irischen Limerick. Zwischen treibendem Bluesrock und sanfter Ballade erzählt van Zandt wieder seine tief traurigen Geschichten um Liebesleid, Abschied und Versagen.

TOWNES VAN ZANDT: "No Deeper Blue"
(Veracity/I.R.S.)

Frank Laufenbergs Rock- und Poplexikon

Frank Laufenberg, der Ulrich Wickert unter den Pop-Nachschlagewerk-Produzenten hat wieder zugeschlagen. Ausgerechnet er ist der erste, der ein „Rock- und Poplexikon auf CD-ROM“ herausbringt.

Heißt es.

Zunächst einmal ist das ganze die Umsetzung seines bereits seit einiger Zeit erhältlichen, zweibändigen „Rock- und Pop- Lexikons“ – ergänzt um all das, was in einem Buch keinen Platz findet: Musik, Interviews, Fotos, Cover, etc… Dazu eine bunte und gewöhnungsbedürftige Benutzeroberfläche.

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Big Chief: Platinum Jive

Hier ist es also: BIG CHIEFs Majordebut! Die Erwartungen waren nach dem Blaxploitation-Soundtrack- Knaller von neulich natürlich ganz schön hoch gesteckt.
Ich will es kurz machen: so abgedreht-witzig wie „Mack Avenue“ ist „Platinum Jive“ nicht geworden. Sie ist mehr die, äh, Quersumme aus den beiden bisher erschienenen Werken. Aus den athmosphärischen Jams sind jetzt aber Songs geworden, in denen die Buben mit- unter ganz schön geniale Einfälle ein- bauen: hier eine Slidegitarre, da ein Soul-Girlie-Chor, da eine jazzige Querflöte – vgl. Beastie Boys, mit denen sie gelegentlich verglichen werden (musikalische Herangehensweise: Rückgriff auf 70er).

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Vince Bell: Phoenix

It made me strong, to be on my own.
It never did me no harm, to live all alone.
Now and then in the color of the evening
drunken in a bar room, with the fan turning,
I come to miss a few

(Sun & Moon & Stars)

Vince Bell ist ein amerikanischer SingerSongwriter der leiseren Sorte. Er arbeitete schon mit Sangeskollegen wie Townes van Zandt (auf dessen neuer CD „No Deeper Blue“ man ganz ähnliche Texte wie o.g. finden kann) und Guy Clarke zusammen und kann auf „Phoenix“ gleich eine ganze Sammlung prominenter Freunde und Mitstreiter wie Victoria Williams, Lyle Lovett oder John Cale präsentieren.

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Das Ich: Staub

„Ich streichle ein versengtes fell
ein fernes licht die kehle packt
aus dem mund tropft blut zu boden
mehrend mit gedärm vermengt“

Mit solchen Texten beglückt DAS ICH den potentiellen Käufer auf „Staub“, der neuen CD. Es bleibt aber nicht allein bei drittklassiger Pennälerlyrik, nein, auch die musikalische Umsetzung gibt sich düster-dräuend und ist doch nur schlechtes Handwerk, aufgesetzt und erschreckend banal. Wasser auf die Mühlen derer, die Dark Wave für eine Form musikalischer Pest halten

Das Ich: Staub
(Danse Macabre/Efa)