Glassjaw: Everything You Ever Wanted To Know About Silence

In den Special Thanks von Sänger Daryl Palumbo steht der symptomatische Satz „Fuck everyone who looked for the hook“. Da gibt es bei Glassjaw nicht viel zu gucken. Das Album erinnert an eine Kneipenschlägerei, bei der es dazu gehört, sich unvermittelt in den Arm zu nehmen, die Jacke abzuklopfen, um dann ebenso überraschend dem Anderen wieder eins auf die Zwölf zu geben. Fernab jeden Wohlklangs prügelt das Quintett seine Song heraus, um dann sehr überraschend und flüssig in melodische Parts zu wechseln. Die sind aber im Regelfall sehr kurz.

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Interview: Sasha

Sasha ist ein Phänomen. Ein Bravo-Liebling, der auch bei „Zimmer frei“ oder Harald Schmidt einen guten (und vor allem: intelligenten) Eindruck macht. Ein Teeniestar, dessen Musik ganz ohne uffza-uffza-uffza-Rhythmen auskommt. Grund genug für unsere Fachfrau für Charts-Fragen, mit Sasha ein Telefongespräch über das Wesen des Pop, Brusthaare und singende Schauspieler zu führen.

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Brazilectro – Latin flavoured Club Tunes

Dass eine Compilation mit dem Titel „Brazilectro“ versucht, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen, ist klar. Doch die Idee, einem brasilianischem DJ die Auswahl zu überlassen, klingt nach Authentizität, nach Kompetenz und rotem Faden. Was tun aber, wenn der Mann nur laue Lüftchen zusammenträgt, die lustig durcheinandergewirbelt auf zwei CDs gezogen werden und den Hörer mehr verwirren als weiterbringen? Ein Konzept gibt es auf diesem Sampler nicht, der schwammige Untertitel „Latin flavoured Club Tunes“ hätte es eigentlich schon vermuten lassen können…

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Szenen einer Ehe (1)

Früher hatte ich eine Freundin. Damit ist seit ein paar Tagen Schluss. Nein, nicht mit ihr, sondern mit dem Status des Freundinnenhabens. Ein kurzes Ja mitten im Post-Junggesellenabschiedsfeierrausches genügte und: aus der Traum. Nie mehr Freundinnen, nie mehr Beziehungen. Statt dessen: Verheiratetsein und Ehe-Alltag. Manch einem soll beim Erklingen des Wortes Ehe ein eisiger Schauer über den Rücken laufen. Ich hingegen hatte kaum Zeit in den Stunden vor dieser weitreichenden Sekunde des Ja-Sagens über Sinn oder Unsinn nachzudenken – geschweige denn nachher: Händeschütteln, Küsschen hier, Küsschen da, Feiern, Wohnung putzen (Stroh im Bett und dieser miesen Scherze nachts um vier), Flittertage (ganze drei an der Zahl), Ämterochsentour, links liegengebliebene Arbeiten erledigen etc.

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Sonic Youth: NYC Ghosts & Flowers

Sonic Youth live zu begutachten ist nicht unbedingt ein Ereignis dem man mit großer Vorfreude entgegenblicken muss. Thurston Moore, Kim Gordon, Lee Ronaldo und Steve Shelley können sich ohne weiteres in Trance spielen und damit in improvisierten Versatzstücken ihrer Songs verlieren und das Publikum auf eine Geduldsprobe stellen. Sie übertreiben es öfters gerne. Liest man sich dann die Liner Notes ihres neuen Albums „NYC Ghosts & Flowers“ durch und stolpert über den Namen Jim O’Rourke, der für den Job des Produzenten engagiert wurde, kann unsereins Böses erahnen. Sollten sich Sonic Youth dem Chicagoer Avantgardisten gnadenlos ausgeliefert haben? Jein.

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Terry Radigan: Terry Radigan

Mit dem ersten Lied „My Love Is Real“ scheint das Genre schon sicher: Terry Radigan ist ein „Nashville Girl“. Dieser Eindruck kann sich noch mühsam bis zum dritten Lied halten, um dann Song für Song widerlegt zu werden. Ihr Wurzeln sind zwar hörbar im Folk und Country, aber durch einfallsreiche Arrangements und überraschende Sounds erweitert die Multiinstrumentalistin ihr Spektrum beachtlich.

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Planet X: Universe

Keyboarder bei Dream Theater ist kein sehr sicherer Job. Der Eine ging freiwillig, dem Anderen wurde nahe gelegt, seinen Platz hinter den Tasten zu räumen. Der Erste ist Kevin Moore, der mit seinem Projekt Chroma Key bereits sein zweites Album („You Go Now“) veröffentlicht. Der Zweite ist Derek Sherinian, der nach seiner Arbeit mit Platypus nun seine eigenen Band ins Leben gerufen hat. Bei Planet X wird er unterstützt von Drummer Virgil Donati und Gitarrist Tony MacAlpine. Dabei herausgekommen ist ein etwas anstrengendes Instrumentalalbum mit 11 Titeln.

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Sampler: Caroline Now!

Brian Wilson, ist das nicht…? Beach Boys, Surf-Sound, Mädels und Autos, genial und gaga, Sand unterm Piano, Musiker in Feuerwehrkluft… Ja, aber nicht nur. Brian Wilson ist vor allem ein Magier des Pop, sein Oeuvre eine einzige legale Droge. Und so umfangreich, dass mühelos ein üppiges Tribute-Album mit unbekannteren, zum Teil auch unveröffentlichten Songs des Amerikaners bestückt werden kann.

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Tocotronic: KOOK Variationen

Ein Remix-Album ist ja im Grunde ein Ritterschlag. Und viel besser als die üblichen Tribute-CDs, für die man entweder schon tot oder unverschuldet in finanzielle Nöte geraten sein muss. Ein Tocotronic-Remix-Album verspricht darüber hinaus interessant zu werden, weil hier eine satte Rockband elektronisch aufbereitet wird, zumal durch eine ganze Riege von deutschen Freestylern, die in ihrer Kategorie genauso innovativ am Werk sind wie die „Tocos“. Innovativ und abseits des Mainstreams, versteht sich.

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Hidalgo: I Wrote A Song For You

Erinnert sich noch jemand an die Charming Prophets aus Nürnberg, die vor zwei Jahren ein vielseits sträflich missachtetes Album über Stickman Records auf dem Markt brachten? Deren Sängerin ist Betty Mugler und live ist diese Dame eine bezaubernde Erscheinung, die schon einmal mit lässigem Cowboyhut die Bühne betritt und ihr daraufhin einige männliche Gäste zu Füssen liegen und sie um Autogramme bitten. Das kann passieren. Habe ich selbst so erlebt. Jetzt ist sie nachdem ihre vorherige Band das Handtuch warf, zurück und möchte nicht nur mir, nein, uns allen ein Lied, ja sogar mehrer vortragen, die sie für mich/uns schrieb. Herrlich das.

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David Benoit: Here’s to you, Charlie Brown: 50 Great Years!

Zeichentrick und Jazz, das ist ungefähr wie ein Comicfan, der lesen kann. Um mal das Klischee zu bedienen… Viele Peanuts-Fans werden wahrscheinlich sagen: „Jazz? Mag ich nicht. Kenn ich auch gar nicht.“ „Doch“, muss man dann entgegnen, „das ist der pfiffige Sound, der in den Fernsehfolgen drunterlegt. Das ist Swing.“ Das ist das, was diese Serie so angenehm von anderen unterschied, unter anderem… Das hatte was, das war irgendwie – sophisticated. Und weil auch Jazzer Peanuts-Fans sein können, hat der amerikanische Pianist David Benoit eine komplette Peanuts-CD eingespielt. Schon Anfang der 80er hat er für die Folge „The great Inventors“ aus der Reihe „This is America, Charlie Brown“ die Musik komponiert, und Peanuts-Fan ist er im Übrigen seit Mitte der 60er. Charles M. Schulz hat das fertige Album noch gehört, bevor er im Monat darauf gestorben ist. Was eigentlich ein fröhlicher Tribut werden sollte, ist jetzt eine wehmütige Hommage.

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The Amazing Crowns: Royal

Twäng – das hier ist Rock’n’Roll. Und The Amazing Crowns leben und zelebrieren ihn so, wie ihn besorgte Eltern in den 50er Jahren gesehen haben: Roh, verschwitzt, rebellisch und sündig. Mit einem Schuss Rockabilly und Swing hat das US-Quartett den Rückwärtsgang eingelegt und huldigt den alten Meistern. Dabei werden sie nicht müde zu erwähnen, was sie für böse Buben sind, die sich am liebsten mit Mädels, Glücksspiel und Sex beschäftigen. Geregelte Arbeitszeiten, Eigenheim und Ehefrauen kommen in den Texten auch vor, aber da ist der Zusammenhang ein anderer….

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Le P´tit Jezu: Le P´tit Jezu

Die Antwort auf die Frage nach dem Stil kommt wie aus der Pistole geschossen: „Le chanson francais néoréaliste“. Le P´tit Jezu aus Metz wissen, wo sie stehen. Die scharf geschnittenen Gerüste ihrer Songs lassen sie hinter milchgläsernem Lo-Fi-Sound verschwimmen, und unwiderstehliche Hooks kombinieren sie grundsätzlich mit spröden, sparsamen Arrangements. Es ist eine Gratwanderung zwischen Artistik und Leichfüßigkeit, und sie funktioniert! Nicht zuletzt dank einer Rhythmik, die nicht im Hintergrund zu pulsiert, sondern ein interessantes Eigenleben führt.

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