Lolita No. 18: Yalitamin

Vier durchgeknallte, rotzfreche Japanerinnen kommen daher und wollen uns vormachen, wie Punkrock auf Japanisch gemacht wird. Das kann mitunter ganz seltsam klingen – zumindest was den Gesang betrifft. Da ist das Geschrei der Damen aufgrund der besonderen asiatischen Intonation noch kreischender und hysterischer als man das ansonsten von All Girl-Punkrockern gewohnt ist. Sängerin Masayo, Gitarristin Ena, Bassistin Kim Rin und Schlagzeugerin Aya sind – das kann ich dem Cover der CD entnehmen – typische Ausgeburten des Punkrock. Verrückte Kleidung, bunte Haare (einmal die Farbpalette rauf und wieder runter bitte) und geben sich in frechen, wilden Posen.

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Giant Robot: Crushing You With Style

„Erzähle es weiter: Giant Robot sind eines der interessantesten Ereignisse dieses Jahrzehnts. Das ist Tatsache“, meinte Monsieur Laurent Garnier zu Giant Robot. Das Wort „interessant“ beschreibt die Aktivitäten der Band punktgenau-ungenau! Denn das ist eine der CDs, die Du selbst nach dem siebten Hören nicht gerne rezensierst. Nicht etwa, weil sie schlecht wäre. Im Gegenteil! Nein, weil sie so schwer zu greifen ist.

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Frl. Katjas Nähkästchen, Folge 18

Der Sommer kommt auf valiumgetränkten Füßen. Vielleicht ist er auch nur noch nicht richtig wach, wer weiß. Vielleicht ist es auch nur, dass ich den Sommer meines Lebens kommen spüre. Dies wird ein melancholisches Nähkästchen… Woran ich das merke, das mit dem Sommer? Daran, dass die Frauen mit kleinen Kindern langsam jünger sind als ich? Nö. Daran, dass ich mir gerade „The Girl from Ipanema“ gekauft hab? Ja. Du liebe Güte, wenn man auf sowas steht, ist man alt. Es braucht schon eine milde Depression, um sowas gut zu finden. So wie Stan Getz damals, als er sich dachte: Ich schreib mal einen Latin-Song, der alle Klischees von wegen „feurig“, „temperamentvoll“ und so… Lügen straft. Statt dessen heb ich die Apathie aufs Schild. Und eine Sängerin, die kaum den Mund aufkriegt und gleich vorm Mikro einschläft. Kommt trotzdem gut. Und ist dennoch gewagt, sowas auf einen Sampler namens „Jazz Samba“ zu packen. Aber da ist noch mehr von der Sorte drauf: „Tristeza“, „Cried, Cried“, „If you went away“… Na, dieser Sommer kann ja heiter werden.

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The Aluminum Group – Introducing…

Guter Lounge-Pop ist eine Gratwanderung. Zwischen zarter, verträumter Schwerelosigkeit und herber Sprödigkeit. Wirklich guter Lounge-Pop klingt nicht kitschig, sondern sophisticated. Und da hat die Aluminum Group aus Chicago (Frank und John Navin) derzeit die Nase vorn. Der Album-Titel „Introducing…“ ist wörtlich zu nehmen, denn in Deutschland ist es die erste Veröffentlichung des Duos, und sie umfasst das Beste aus den bisherigen drei Alben „Piano“, „Wonder Boy Plus“ und „Pedals“.
Egal, wie üppig die Arrangements (Streicher, Hörner, Flöten und etliche weitere Bläser, funky E-Gitarren, dezente Noise-Effekte, Sitar, Vibes und Moogs) – die Aluminum Group inszeniert ihren Sound mit leichter Hand. Mal als in sich versunkenes Tastenspiel, als schlanker Akustik-Pop oder jazzy mit Fusion-Flair und elegantem Swing.

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Nephew: Swimming Time

Gewöhnlicher, leider nur mittelklassiger Indie-Rock mit dezent britischer Prägung und auch kleineren Anleihen an US-amerikanischen Alternative Rock der Post-Grunge-Ära. Allerdings stammen Nephew aus Dänemark. Sie sind bemüht, doch das reicht noch nicht aus, um unsereins hinter dem Ofen hervorzulocken.

(4 Fritten)

Nephew: Swimming Time
(Martian Records/Indigo)

Sigur Rós: Ný Batteri

Ja, sie sind die derzeit beste Band auf dem Gebiet der atmosphärischen Gitarrenmusik. Sie laufen selbst Do Make Say Think, Godspeed You Black Emperor!, Immense und Mogwai den Rang ab. Diese Meinung müsst ihr natürlich keineswegs teilen. Allerdings kann ich euch sagen, dass Sigur Rós noch jeden, dem ich ihr Material vorgespielt habe, in ihren Bann gezogen haben. Okay, ich gebe zu, dass ihre Musik obskur erscheint, da der Gesang eine selbst erfundene Überblendung von Isländisch und „Hopelandish“ (so der Anglizismus) ist. Nicht nur das ist einzigartig und bestaunenswert an dem isländischen Quartett.

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Kirmes: Summer Games

Das Buch zur CD ist schon etwas länger auf dem Markt: Florian Illies „Generation Golf“. Nun also der Soundtrack dazu: Kirmes´ „Summer Games“.
Nein, natürlich stehen beide in keiner direkten Beziehung, aber indirekt finden sich doch viele Parallelen. Die ´88er sind vermutlich die erste Generation, die ihre eigene Vergangenheit als Revival feiert. Twentys, Fifties, Sixties und Seventies wurden stets von Nachgeborenen aus der Mottenkiste gezerrt – wer live „dabei“ war, wandte sich mit lautem „Bäh!“ angeekelt ab. Anders bei den 80er-Jahren. Das Ende der 90er war noch nicht in Sicht – da erinnerten sich die Mittzwanziger schon wehmütig an ihre Jugend, feierten NDW-Parties und das Comeback von Modern Talking…

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Matchbox Twenty: Mad Seasons By

Ist es Zufall, dass das 21. Wort im Opener das Wörtchen „Smooth“ ist oder ist es ein augenzwinkernder Hinweis auf die mehr als erfolgreiche Kooperation von Rob Thomas und Santana? So oder so zeigt „Mad Seasons By Matchbox Twenty“ deutlich, dass die Band auch weiterhin in den vorderen Regionen mitspielen will und so die größtmögliche musikalische Schnittmenge anpeilt. In einem Interview mit der Zeitschrift „Gitarre & Bass“ stellt Sänger Rob Thomas ganz klar fest, dass Matchbox Twenty eine Radioband sind. Ziemlich wohltuend, wenn man sowas selbst bemerkt!

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Peter Case: Flying Saucer Blues

Betrachtet man die Charts, stellt man in der Regel fest, dass Chartplatzierungen im umgekehrten Verhältnis zur Qualität stehen. Wen wundert es da, dass kaum jemand Peter Case kennt? 1989 überraschte er die Welt mit „The man with the Blue postmodern fragmented neo-traditionalist Guitar“ (was für ein Zeilenschinder!). Inzwischen sind elf Jahre vergangen und er wird wahrscheinlich ein ewiges Talent bleiben. Was für eine Verschwendung! „Flying Saucer Blues“ ist schlichtweg genial.

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After Forever: Prison Of Desire

Man kennt das ja: Die berühmten Vergleiche, die bei neuen Bands immer bemüht werden. „Klingen wie…“ springt einem aus jeder Anzeige, jedem Pressetext entgegen. Bei den Holländern After Forever mussten die Landsleute von The Gathering herhalten, erweitert mit Nightwish und Therion. Aber ausnahmsweise passen die Vergleiche wie der Arsch auf die Schüssel. Die Sängerin Floor Jansen klingt wie Anneke von The Gathering und streckt sich in den opernhaften Passagen nach Tarja von Nightwish aus. Abgeschmeckt wird „Prison Of Desire“ mit dem Bombast von Therion.

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June & The Exit Wounds: A Little More Haven Hamilton, Please

Typischer Fall von links angetäuscht. Schon der seltsame Bandname weist in eine völlig falsche Richtung. Es gibt keine June, das Sextett um Sänger und Songschreiber Todd Fletcher aus Champaigne, Illinois ist ein reiner Männerverein. Und die Austrittswunden im Bandnamen suggerieren eine Härte, die den Musikern gänzlich fremd zu sein scheint. Schließlich ist „A Little More Haven Hamilton, Please“ auf Marina erschienen, dem Label, das uns schon Bands wie die Bathers, Sugartown oder die Pearlfishers bescherte.
Da wundert es nicht, dass Fletchers Domäne der Popsong ist und zwar nicht der direkt ins Ohr gehende, sondern der fein ziselierte, kunstvoll produzierte. Es ist dann nur konsequent, dass zumeist das Klavier die Melodie trägt während die Gitarren eher sparsam eingesetzt und zumeist in den Hintergrund gemischt werden. Und dass zu Fletchers Helden besonders Brian Wilson von den Beach Boys zählt, hört man deutlich – von Produktionsdetails bis zu den Harmoniegesängen.

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Die Welttraumforscher: Das Licht Loon

Es muss irgendwann Mitte der-70er Jahre gewesen sein, als sich Emerson, Lake&Palmer für Sessions den friesischen Bauernhof einer Krautrock-Kommune mieteten. Als sie schließlich fertig waren und abreisten, vergaßen sie all ihre Instrumente. Aber da war es schon zu spät, denn die Krautrocker waren wieder eingezogen, bestaunten die vielen Geräte, drehten an den Knöpfchen und entdeckten, dass man damit Musik machen konnte…

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Dionysos: Haiku

Musizierende Straßenköter sind seit jeher eine Domäne der Franzosen. Schräg, bunt und laut! Mit kindlicher Fröhlichkeit, rauhem Charme und anarchischem Stilmix holperten sich Bands wie Les Negresses Vertes und Mano Negra einst in die Herzen der Fans. Und das nicht nur bei Ethno-Liebhabern, obwohl das Multi-Kulti-Prinzip die Seele ihrer Musik war. Was mit marrokanischen, algerischen Klängen, mit Latino und heimischischer Folklore ging, muss mit Brit-Pop also erst recht funktionieren. Denn wer steht den Franzosen ferner als alle Maghreb-Einwanderer, Belgier und Deutsche zusammen? Richtig, die Engländer. Folglich ist Brit-Pop die abgedrehteste Ethno-Spielart auf dem französischen Markt!

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Eric Bibb: Roadworks

Die Ähnlichkeiten zwischen Keb Mo und Eric Bibb sind frappierend: Für beide ist der Blues keine sehr traurige Angelegenheit, beide tragen gerne Hüte, beide sind gute „Thumb-Picker“ und im ersten Moment kann man ihre Stimmen kaum auseinanderhalten. Warum also Eric Bibb statt dem bekannteren Pendant hören? Weil „Roadworks“ unheimlich intensiv und emotional ist. Ein Teil der 14 Songs wurde live mitgeschnitten, die anderen irgendwo unterwegs in verschiedenen Studios, ein Lied sogar im Badezimmer.

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