Shell: Out ofTune

Und wieder eine Band aus dem Weilheim-Umfeld. Obwohl eigentlich „nur“ die Schwester von Mark Kowarsch (Speedniggs, Sharon Stoned, Locust Fudge) am Start ist, bemüht sich die Plattenfirma doch sehr um gepflegtes Namedropping. Man liest Namen wie Christopher Uhe, Schneider, Markus Acher und sogar Evan Dando. Musikerkollegen, die ausnahmslos von den Homerecording-Tapes von Shell derart begeistert waren, daß dabei doch glatt ein Plattenvertrag herausgesprungen ist. (Hört! Hört!).

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The Secret Goldfish: Aqua-Pet … you make me

Very british, indeed. Genau gesagt: schottisch. Aus Glasgow kommen The Secret Goldfish und pünktlich zur Fußball-EM auf der Rindfleisch-Insel veröffentlichen sie ein Debüt-Album, das so unverschämt unverblümt an die britische Musik der späten Achtziger anknüpft, daß dir der Ball verspringt.

Und da sind sie plötzlich wieder, all die vertrauten Namen aus diesen Zusammenhängen: Vergleiche mit den Buzzcocks, mit Orange Juice, mit Jesus and Mary Chain, der New Musical Express ist begeistert und John Peel hat auch mal wieder eingeladen.

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Blind: Life Guard

Die Rezension dieser CD scheint eine besonders kniffelige Angelegenheit darzustellen, da keine(r) meiner Kolleg(Inn)en es wagen wollte nur eine Zeile zu schreiben- aus verständlichen Gründen: in einer überschaubaren Saarbrücker Musikgemeinde ist es nicht sehr verwunderlich, daß einige Hinter-Net!-Mitarbeiter über Umwege oder direkt mit Blind in Kontakt stehen, oder gar in der Band selbst mitwirken.

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I Mother Earth: Scenery and Fish

Nach DIG nun die zweite Scheibe der Kanadier. Ein äußerst gelungenes Album, bei dem I Mother Earth es schafft, die besten Bestandteile der letzten 20 Jahre Rockmusik zusammen zu bringen ohne altbacken, geschweige denn bemüht hip zu klingen. Druckvolles, treibendes Schlagzeug, mit einfallsreichen Percussioneinsätzen; Baß von wummernd bis funky; Gitarren die große Teile des möglichen Spektrums abdecken. Edwyns Stimme voll und immer auf den Punkt gebracht; manchmal träge, phlegmatisch, dann wieder aus der Tiefe aufschreiend.

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Wieder keine Anspielstation

Warum darf mein Schwager nicht die Bundesliga kommentieren? Weil dem nichts einfällt? Sätze wie „Das ist einer, der sein Herz in beide Hände nimmt und es dann in die Schuhe rutschen läßt“ sicher nicht. Mein Schwager ist schließlich noch bei Trost

Rechtzeitig zur EM 96 veröffentlichte die Edition Tiamat eine Sammlung von Abrechnungen mit all den semantischen und grammatikalischen Verbrechen, die an uns Fußballinteressierten nahezu täglich in Radio und Fernsehen begangen werden.

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Die Sterne – Was hat dich bloß ruiniert?

Die Sterne beim Major- Label – Belohnung für den Klassen-Primus? Die Veröffentlichung einer Single im Standardformat (1 mal Album-, 1 mal Singlemix plus einen unveröffentlichten und einen nicht Hit-tauglichen Song) zeigt die neue Richtung der Hamburger Schule.

Sony greift nicht nach Schülern ohne Hoffnung auf die Erweiterung des Hörerkreises. Die Radio-taugliche Produktion verliert leider etwas den Charme. Käufer- und rezensorenfreundlich sind auch die Danksagungen der Musiker: Gainsbourgh, Hawkwind, und Hot Chocolate. Das spart Grübeln über musikalische Vorbilder. Leider vergaß Herr Spilker die Erwähnung Rio Reisers, der mit seinem Sprechgesang aus Ton, Steine, Scherben Zeiten über dem Werk thront.

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Claes Holmström – My Generation

Soll man versuchen, auf Züge aufzuspringen, die gemächlich auf dem Weg zur Endstation sind, oder soll man nicht lieber gleich einen anderen Weg einschlagen? Philosophische Fragen, kryptischen Inhalts, die man besser nach einigen Bieren in der Kneipe klären sollte, wenn der Alkohol seine Wirkung tut und Plattitüden zu Wahrheit werden läßt. Aber nicht, wenn man ein druckfrisches Buch in Händen hält. Und doch, genau da habe ich mir diese Frage gestellt. Die Ursache allen Grübelns: Neben CLAES HOLMSTRÖM und MY GENERATION prangte auf dem Cover noch ein elliptisches Etikett mit der Information „Der Roman der europäischen Generation X“. Ein Prädikat, das einen 1996 ins Grübeln kommen läßt.

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BUK – von und über Charles Bukowski

Einer der Klassiker und Steadyseller aus dem MaroVerlag ist BUK, ein Reader von und über Charles Bukowski, der inzwischen in einer erweiterten Neuausgabe vorliegt. Die war traurigerweise notwendig geworden, nachdem der dirty old man am 9. März 1994 „auf dem Stahlroß ins Nirvana“ abgedüst ist.
Zehn Jahre zuvor ist diese Textsammlung zum ersten mal veröffentlicht worden. Namhafte Kollegen wie Harold Norse (Beat Hotel) und Gerald Locklin (POOP) hatten sich eingefunden, um von ihren Erlebnissen mit Bukowski zu berichten. Und Bukowski hatte sich natürlich selbst zu Wort gemeldet.

Entstanden ist so ein liebevolles, vielschichtiges Portrait des Mannes mit der Ledertasche, das einen anderen Bukowski zeigt, als den aus der Boulevardpresse: es zeigt den Menschen hinter der Schreibmaschine und es zeigt auch, daß schon etwas mehr als eine abgefuckte Umgebung und ein Repertoire an four-letter-words dazugehört, ein Autor zu werden, der noch über den Tod hinaus eine prägende Wirkung auf die schreibende Zunft hat.

R. Wehlen/A.D. Winans (Hrsg.)
BUK - von und über Charles Bukowski
MaroVerlag 28,- DM
ISBN 3-87512-236-4

Colin Bateman – Eine Nonne war sie nicht

Es fängt ganz harmlos damit an, daß der Kolumnist Dan Starkey seine Frau betrügt und endet damit, daß zwei Autos nebst Insassen in die Luft fliegen. Dazwischen entwickelt sich ein Nordirland-Thriller, der den Preis für das Buch mit dem dümmsten Titel gewinnen kann.

EINE NONNE WAR SIE NICHT heißt im Original „Divorce Jack“. Wie sich rausstellt eine Verballhornung von „Dvorak“. Wegen einer Kassette, auf der sich angeblich eine Aufnahme von Dvorak befinden soll, wird Starkeys Geliebte umgelegt. Dan Starkey gerät unter Mordverdacht und, wie es sich für einen Thriller gehört, muß er die Sache selbst in die Hand nehmen. Dabei kommt er so ziemlich allen politischen Fraktionen und den Paramilitärs in die Quere, die hinter dem Band her sind.

Es geht drunter und drüber: FBI-Beamte fallen von Hochhäusern, Autos explodieren, Sex-Pistols-Platten werden gegrillt und Frauen, die wie Nonnen aussehen sind gar keine. Doch letztenendes siegt zwar nicht unbedingt das Gute, aber zumindest der Status Quo ist wieder hergestellt.

Colin Bateman hat mit EINE NONNE WAR SIE NICHT ein Erstlingswerk hingelegt, das sich wegen des bescheuerten Covers nicht sehen, dafür aber durchaus lesen lassen kann.

Colin Bateman
EINE NONNE WAR SIE NICHT
Bastei Lübbe 9,90 DM
ISBN 3-404-13790-6

Eyehategod: Dopesick

Erstes Stück: „My Name is God (I hate you)“. Sowas finde ich einfach klasse. Überhaupt sind das recht pfiffige Jungs, zumindest was die Originalität und den Wortwitz der Songtitel angehen.
Ansonsten würden sie mich für die Bezeichnung ‚pfiffig‘ wahrscheinlich steinigen: Frust, Haß und endzeitliches Wüten sind Quelle und Inhalt dieser Musik. Aber im Gegensatz zu anderen mir bekannten Bands aus der NoiseCore-Ecke wirken Eyehategod sympathischer, aufrichtiger – vielleicht liegt das einfach daran, daß sie definitiv keine Poser sind, die einem ständig ihre Härte und Muskeln musikalisch um die Ohren schlagen wollen.

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Magnapop: Rubbing doesn´t help

Alles beim Alten. Auch bei der inzwischen dritten CD von Magnapop. Konnten die beiden Vorgänger noch begeistern, stellt sich jetzt doch langsam Langweile ein. Nicht, daß die Songs schlecht wären. Nein, der Standard wurde sogar gut gehalten. Aber mittlerweile wird man mit vergleichbarem Sound ja geradezu inflationär eingedeckt. Also bitte nicht falsch verstehen! Was diese Platte langweilig macht ist nicht die Qualität des Songwritings, sondern die Fülle des Angebots an vergleichbaren Sachen.
Es stellt sich mir bei dieser Platte, wie in letzter Zeit so oft, die Frage „Has the world changed or have I changed“ (Smiths-The queen is dead).

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Die Kaltblütigen

Hard boiled und haute cuisine

Es ist doch immer wieder erstaunlich was man alles aus Tomaten und Nudeln zaubern kann. Die Spannbreite reicht da von Genialität bis zum Mülleimer. Es sind halt nicht die Zutaten selbst, sondern der Umgang damit, die über das Gelingen oder Scheitern eines Essens entscheiden. Bei Comics ist das ganz ähnlich. Hä?! Na ja, wenn man hingeht und bekannte Motive zusammenwurschtelt, kann halt etwas herauskommen, was ungenießbar ist, oder etwas, das einen in höchste Verzückungen versetzt.

Bei DIE KALTBLÜTIGEN trifft das letztere zu: Ein junger durchgeknallter Latino verliert bei einem Deal die Nerven, legt ein Mitglied einer anderen Streetgang um und klaut ihm ein Kilo feinsten Stoff. Sein Leben ist fortan keinen Pfifferling mehr wert. Schnitt. Ein ruhiger, seriös gekleideter Mann anfang dreißig läßt sich mit einem Taxi in ein ruhiges Wohnviertel chauffieren, gibt ein ansehnliches Trinkgeld, hinterläßt eine Zeitbombe und exekutiert eine Familie. Allerdings unterläuft ihm ein gravierender Fehler. Er übersieht eine Zeugin. Davon sind seine Auftraggeber gar nicht erbaut und fortan ist auch sein Leben keinen Pfifferling mehr wert. Beide, der Killer mit dem Künstlernamen ‚Hamlet‘ und der leicht erregbare Latino müssen zusehen, daß sie ihre Haut retten. Hamlet, indem er die Zeugin beseitigt und herauskriegt, wer seine Auftraggeber sind, der Latino, indem er die Gang auslöscht, die hinter ihm her ist. In dem Moment, wo die beiden unterschiedlichen Charaktere aufeinander treffen setzt die Handlung aus – bis zum nächsten Band.

David Chauvel, der dieses Szenario geschrieben hat, bedient sich mühelos aus der Fundgrube des Kinos, bringt die EXPLOSION DES SCHWEIGENS zusammen mit Elementen aus Oliver Stones NATURAL BORN KILLERS, Tarrantinos PULP FICTION und einem guten Schuß Gangsta. Man sollte vermuten, daß daraus nichts anderes entstehen kann, als ein kruder Brei mit halbverdauten Inkredienzien. Falsch gedacht, Frankreichs Köche haben bekanntermaßen ein glückliches Händchen, Frankreichs Szenaristen ebenfalls. David Chauvel, Jahrgang 1969, gehört zu der nachrückenden Comic-Autoren-Generation und gleich mit seinem Erstling DIE KALTBLÜTIGEN ist ihm ein großer Wurf gelungen.

Umgesetzt wurde die Story von Erwan Le Saec der hierzulande noch recht unbekannt ist. Sein Stil orientiert sich an Zeichnern wie Tibet und Dodier. Bestechend ist die Souveränität, mit der er Chauvels Szenario ins Bild gesetzt hat. Der zweite Band SPRING HAVEN ist für August angekündigt. Alle, die jetzt Blut geleckt haben, sollten einen Blick in die zweite Reihe aus David Chauvels Feder werfen. DIE SCHIENENMENSCHEN sind ebenfalls diesen Monat erschienen. Die Zeichnungen stammen allerdings von Fred Simon.

Chauvel/Le Saec
DIE KALTBLÜTIGEN
BD. 1 IN DIE ENGE GETRIEBEN
Carlsen Verlag 19,90 DM
ISBN 3-551-72711-2

Neurosis: Through silver in blood

Ziemlich harter Stoff, das Ganze. Die Platte liegt einem schwer im Magen, was nicht heißen soll, daß sie schlecht ist – alles, was dich irgendwie berührt, ist ja besser als Gleichgültigkeit. Obwohl ich mir da auch nicht immer sicher bin.

Ich mochte den Vergleich nie, weil er zu abgedroschen ist, aber beim neuen Album von Neurosis scheint er wirklich haargenau zu passen: Diese Platte ist ein Höllentrip durch die Seele. Der Soundtrack zum erneuten Durchleben deiner Alpträume aus der Nacht zuvor.

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Babylon 5: Bd.1 – Verrat

Raumpflege und Blasphemie

In allen großen Religionsgemeinschaften gibt es Ketzer, Sektierer und Abweichler. Von daher ist es nicht weiter verwunderlich, daß auch die Gemeinde der STAR TREK-Gläubigen von solchen Erscheinungen heimgesucht wird. Ursache für dieses Übel sind Thesen, die von Anhängern anderer Space Religionen verbreitet werden; Thesen in der Art, daß STAR TREK vorgeworfen wird, nicht die Realität im Outer Space darzustellen: Alles sei viel zu moralisch und zu clean.

Ein Vorwurf, so erschütternd, daß das Raum-Zeit- Gefüge auseinanderzubrechen droht – dennoch – ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Wer hat schon mal Spock mit Achselnässe und Kirk mit Weltraumreise-Durchfall gesehen?

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Nick Hornby: Ballfieber. Die Geschichte eines Fans

Fußball ist ein Spiel für Rotzlöffel und bertivogts’sche Wohlstandsjünglinge. Und wenn die beschreiben müßten, was sie da machen, dann wäre – ja, gut, ich saach ma‘ – der nächste Satz halt immer der schwerste, und du, Leser, bräuchtest keine 90 Minuten, um zu erkennen, daß auch ein leerer Fußballerkopf rund ist. Ergo schreiben die Intellektuellen, die einen Konjunktiv von einem Tifosi unterscheiden können, ansonsten aber sogleich jeden Netzerpaß nicht bloß in die Tiefe des Raums, sondern auch in den Kontext der Ästhetikgeschichte stellen. Das Ganze ist also ein Dilemma: Entweder du kannst fußballspielen – dann kannst du nicht schreiben; oder du kannst schreiben – aber keinen Ball stoppen. Es gibt Ausnahmen: die Gedichte von Ror Wolf, beispielsweise. Und es gibt Bestätigungen: das jüngst erschienene Fußballbuch („Gott ist rund“) des FAZ-Feuilletonisten Dirk Schümer etwa, eine Sammlung höchst geistlos-intelligenter Reflektionen über Fußball, und wer sich das Spiel der vierundvierzig Beine und zweiundzwanzig Bankkonten endgültig verleiden möchte, sollte das lesen.

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