Underworld: Beaucoup Fish

Nach ewig langer Wartezeit und immer wieder verschobenen Releasedates halte ich hier das neue, epochale Machwerk von einer DER führenden englischen Elektronik-Kollektiven in meinen Händen.
Zuviele Superlative im Aufmacher?-Keineswegs! Die Geschmackspolizisten, Gralshüter der Underground-Attitüde und Feinde von ravigen Klängen durften sich ja bereits wie die Mainstream-Fraktion, der es gar nicht groß(-kotzig) genug klingen darf, auslassen. Die Kritiken fallen demnach, was erste Gruppe angeht, zerreißerisch aus, die zweite Gemeinde äußerte sich euphorisiert.

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Doob Doob O´Rama

Das Beste an diesen ganzen Indien-, Asia- und Türkenshops sind doch immer noch die Ecken mit den Musik-Kassetten bzw. die schreiend-bunten, kitschigen Bildchen darauf: irgendwelche schmachtenden Schönheiten mit riesigen Plastik-Wimpern und Schmalz-Typen mit bonbonfarbenen Gewändern und mindestens drei Kilo Goldschmuck.
Auch „Doob Doob O´Rama“ erfreut schon auf dem Cover mit hemmungloser Koloristik und läßt die Rezensentin zum CD-Player eilen.

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Jim O´Rourke: Eureka

Hoppala, nicht gerade eine Platte, die ich in einem Magazin wie d!zko 2000, welches hauptsächlich Techno, Disco und Hip-Hop featured, erwartet hätte vorzufinden. Die technischen Elemente dienen dem Ex-Gastr Del Sol-Mitglied lediglich als Untermahlung seiner American-Songwriter Tradition. Daß er damit umgehen kann, hat er schon früher als Produzent von Stereolab bewiesen. Spartanisch und mit viel Akustikgitarren-Gezupfe wirken diese Stücke wie aus einer anderen Zeit. Gute Songs bleiben halt immer aktuell.

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Stereophonics: Performance And Cocktails

Rawk’n’Rooooollll. Das Trio um Brian-Adams-Sound-Alike Sänger Kelly Jones läßt mit der ersten Nummer keinen Zweifel an ihrer Gitarren-Integrität. Im Vergleich zum kanadischen Chartsabräumer haben Stereophonics kein Kiss meets Smokie-Klau mit Sporty-Spice nötig um einen Siebziger Schmock-Rock Song rauszuhauen. Der Unterschied ist, daß die Engländer keine Top-Ten-Garantie durch ihren Bekanntheitsgrad inne haben. Was den Mangel an Popularität angeht, könnten sich die drei durch eifriges Herzschmerz-Drama mit Sehnsuchtsfaktor-Melodien gepaart, so zum Beispiel „Hurry Up and Wait“, als nächster Anwärter auf einen neuen Robin-Hood-Soundtrack wärmstens empfehlen.

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Ice Cube: War & Peace Vol. I

In den vergangenen Monaten agierte Ice Cube, alias O’Shea Jackson, öfter vor oder hinter der Kamera als auf der Showbühne bzw. im Musikzirkus. Lange, viel zu lange mußten seine Fans auf ein neues musikalisches Lebenszeichen des Eiswürfels warten. Die einzige Ausnahme bildete da der Soundtrack zu seinem Film „Player’s Club“. Jedenfalls hat sich Ice Cube zum Zeichen der Wiedergutmachung etwas ganz Besonderes ausgedacht. Gleich zwei thematisch miteinander verknüpfte Alben sollen innerhalb weniger Monate auf seine Fans losgelassen werden.

„The War Disc“ ist demnach nur der Anfang. Er beschreibt auf diesem die kriegerische Seite des menschlichen Daseins, während „The Peace Disc“ die andere Art und Weise des Lebens betrachten soll (Cube: „It’s a different record than any I have done.“).

Ice Cube lag mir schon immer. Besser als sein eisiger Namenskollege mit dem großen T war/ist er allemal. Leider hat er ab und zu einen starken Anflug von Pathos und Selbstüberschätzung, was sich vor allem in aufgemotzten und gezwungen böse und ernst wirkenden Hörspielen niederschlägt. Nicht unbedingt jedermanns Sache. Daß er ausgerechnet beim Titelstück „War & Peace“ auf ein Sampel aus No Doubts Nervhit „Don’t Speak“ zurückgriff dürfte ebenfalls größeren Unmut bei seinen Fans erwecken. Ansonsten jedoch meidet Ice Cube das Glatteis. Selbst die Zusammenarbeit mit Korn in „Fuck Dying“ ist als gelungen zu werten. Natürlich hat sich der Stil des ehemaligen N.W.A.-Rappers gewandelt und den modernen Strömungen unweigerlich angepaßt. Sein Gesicht hat er sich trotz kleinerer Patzer und einer gehörigen Überportion Gettosprache trotzdem bewahrt. Wahrscheinlich war die dirty language nötig, um das thematische Konzept der ersten CD realistisch umzusetzen. Ich bin schon auf die Wortwahl auf der zweiten CD gespannt. Peace, love and happiness?

Ice Cube: War & Peace Vol. I (The War Disc)
(Priority Records/Virgin)

Sleep: Jerusalem

Die Doom-Ikone Lee Dorrian, Besitzer und Gründer des Labels ‚Rise Above‘, hat sich den Zuschlag für das letzte Werk von SLEEP gesichert. Leider ist die Band kurz nach den Studioaufnahmen in die ewigen Jagdgründe abgetaucht. Schade, denn was ich bis dato von SLEEP kannte, hat mich immer überzeugt. „Jerusalem“ also heißt das Abschiedswerk der Amis und darauf befindet sich offiziell ein einziger Song (obwohl mein CD-Player immerhin sechs Stücke anzeigt!), der sage und schreibe 52 Minuten und acht Sekunden lang ist. Das nenne ich Doom. Kann man länger für einen Song brauchen? Okay, allerhöchstens 74 Minuten, denn dann ist die CD schließlich voll. Aber immerhin. Ich frage mich nur, wie die Jungs dieses Mammutstück eingespielt haben? Wochenlange Versuche und dabei wieder und wieder von vorne angefangen? Oder haben sie kleinere Fehler einfach in Kauf genommen?

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Cassius: 1999

Cassius, das sind Philippe Zdar – seines Zeichens ein Teil von Motorbass – und Hubert „Boombass“ Blanc Francard, Studioproduzent und Betreiber des Boombass-Studios. Zusammen haben sie seit 1991 alle Alben von MC Solar produziert. Im Frühjahr 1994 erschien auf MoWax eine äußerst housige Funkplatte mit allem, was die heutige House/Deep House Fraktion Frankreichs an Einflüssen zur Technokultur beigetragen hat. Nur wenig später kamen Remixe von solch illustren Epigonen der Detroiter Szene wie Carl Craig und dem aus dem angrenzenden kanadischen Windsor stammenden Ritchie Hawtin, im Jetzt bereits die Grand-Seigneurs ihrer Produzentengilde. 1996 folgte auf Zdars Seite die immer noch veritabelste und eigenständigste Houseplatte aller Zeiten: „Pansoul“ von Motorbass ist ein Meilenstein an Deepness. Die zarten und tiefen Fragmente dieser Musik sind stets mit einem funkigen aber unaufdringlichen Bass umsäumt. Aufgrund einer schlechten bis keiner Promotion ging dieses Meisterwerk unter.Genauso erging es der Single „Foxxy Lady“ von „L´homme qui valait trois milliards“ auf „Cassius“, dessen Inhaber Hubert Blanc Francard auch gleichzeitig Produzent war.

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Timbaland: Tim’s Bio:

Hey, yo, Timbaland is da man. Was Puff Daddy kann, kann er schon lange. Und wahrscheinlich wohl besser. Timbaland kommt auch ohne biedere Samples aus und produziert gern und viel. Seinen ganz eigenen Stil hat er auch und sogar ein Label (‚Z-Man/Blackground Records‘). Wer kennt sie nicht diese sonderbaren Aha-Laute und die alles beherrschenden abgehackten, wummernden bassigen Beats, die Alben wie Missy „Misdemeanor“ Elliotts Überraschungshit „Supa Dupa Fly“, Aaliyahs „One In A Million“ und Ginuwines „The Bachelor“ schmücken.

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Catatonia: Dead from the waist down


Im Leben eines jeden Musik-Fans kommt vermutlich einmal der Punkt, wo man das Gefühl hat, die Euphorie der Jugendzeit sei unwiderbringlich verloren. Das kann daran liegen, daß die vermeintliche Lieblings-Band nur noch lahmen Müll produziert oder allein bis dato nie-gehörte Standard-Werke aus den Sixties die Ohren noch zum Glühen bringen, während die neuen Sachen allesamt nichts mehr taugen. Dann fühlt man sich unverstanden und alt.

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Live: Kiss

Münchner Olympiahalle, 19.3.1999

Ewig junger Rock ’n‘ Roll
Nein, die Zeit zurückdrehen kann auch ein Mann wie Paul Stanley nicht. Der Gitarrist von Kiss, einer der größten Rockbands aller Zeiten, lacht und tanzt dennoch. Er steht auf einer Minibühne am anderen Ende der Münchner Olympiahalle, singt und bearbeitet seine Gitarre. Der kleine Fleck Bühne, der vielleicht die Grundfläche einer Telefonzelle hat, wird eingeschlossen von etwa 12 000 Rockfans, die Stanley zujubeln. So und nicht anders sieht Rock `n‘ Roll aus – Musiker und Publikum in hautengem Kontakt, bereit, sich gegenseitig etwas zu geben. Auf der einen Seite diejenigen, für die die Musik von Kiss Lebensgefühl und jahrelanger Begleiter ist. Auf der anderen Seite vier Musiker, die nach 80 Millionen verkaufter Platten bestimmt nicht Finanznot zu einer Tour und dem ersten Studioalbum nach 20 Jahren getrieben hat. Sondern eher die Liebe zu ihren Fans.

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GusGus: This Is Normal

Darauf habe ich nicht erst seit dem umwerfenden 4AD-Event auf der Popkomm gewartet, sicherlich eines DER Konzerte, das ich im Leben nie und nimmer missen möchte. Was dieses audiovisuelle Klangkollektiv an Performance darbietet, ist wohl mit einem normalen Bandformat nicht zu vergleichen. Der Sänger, von grünem Licht diabolisch angestrahlt, wirkte mit einer ungewöhnlichen, dafür umso markanteren Stimme wie aus einer anderen Dimension. Die tanzende Sängerin, oder besser gesagt, singende Tänzerin nahm mit ihrer björkhaften Manier nicht nur die Männerwelt in ihren Bann.

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Beangrowers: 48k

Ziggy Stardust und seine Spiders sind wieder da, und sie klingen wie Garbage in silbernen Plateaustiefeln! Aber erst mal die Fakten: die Beangrowers sind ein junges Trio aus Malta (!), zwei Jungs und ein Mädel: Alison Galea (voc, git, synth), Ian Schranz (dr, synth) und Mark Sansone (bs, synth, voice art). „48k“ ist ihr Debüt-Album. Ich geb ihm vier von fünf möglichen Punkten, denn das Rad haben sie nicht grad neu erfunden (s. Verweis auf obige Band), und wer weiß, was zudem noch auf das Konto von Produzent Gareth Jones (…) geht, ich bin da ein bißchen mißtrauisch…

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Wilco – Summerteeth

Britannia rules auf der ´99er-Scheibe der einstigen Americana-Heroen. „Summerteeth“ ist Wilcos Beatles-Album! Verschroben und von einer erfrischenden Unbekümmertheit wie früher, aber auch sehr viel poppiger in Melodien und Arrangements. Harmonika- und Banjo-Klänge sind noch nicht zu reinen Special Effects verkommen, aber gegen die Walls of Sound, die sich gelegentlich auftürmen, kommen sie kaum noch an.

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Kristofer Åström & Hidden Truck: Go,went, gone

Nein, er ist kein Unbekannter. Kristofer ist vielleicht dem Leser als Sänger der schwedischen Band Fireside ein Begriff. Im Gegensatz zum Sound von Fireside, übt sich Åström im klassischen Songwriting mit Akkustik-Gitarre. Wie so viele seiner Musikerkollegen, muß man eigentlich sagen. Denn der Akkustik-Klampfen-Output ist seit dem großen Erfolg des Unplugged-Konzerts von Nirvana seinerzeit unvermindert hoch. Kaum ein Sänger der Grunge-Generation, der sich nicht dazu berufen fühlt sein „persönliches und reduziertes Album“ heraus zu bringen. Die Anzahl der Veröffentlichung dieser Art ist natürlich auch proportional zur Größe des Mittelmaßes unter diesen Alben. Das, in der Tat gefällige, Name-Dropping scheut sich nicht, große Namen, wie Nick Drake, Red House Painters oder Elliott Smith ins Rennen zu schicken. Leider kommt Kristofer Åström über ein „Klingt wie …“ mit seiner Platte nicht hinaus.

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Mesh: The point at which it falls apart

…alle Eingaben bei der Genfer Menschenrechtskommission, 20 000 Protestunterschriften und die Mahnwachen von Amnesty International waren vergebens: Anfang des Monats wurden „Mesh“ wegen musikalischen Fehlverhaltens aus Bristol abgeschoben und im Morgengrauen nach Basildon ausgeflogen. Ja, so kann´s gehen, wenn man zum wiederholten Mal statt des landesüblichen Trip Hops, wie ihn die Kollegen Massive Attack und Portishead als Markenzeichen der Region etabliert haben, traditionell hämmernden und eingängigen Synthie-Pop der frühen 80er macht! Das ist wie Erdbeeren-Essen im Dezember, nämlich unökologisch, unethisch und standortschädigend!

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Pole: LP2

Ich hätte ja nicht gedacht, daß es so schnell geht. Stefan Betke legt schon einen nach. War doch seine LP1 erst vor vier Monaten an gleicher Stelle die Schönheit der Ausgabe. Muß man bei musikalischen Schnellschüssen eigentlich immer mißtrauisch sein, gibt es bei Pole keinen Grund dazu. LP2 macht genau da weiter, wo der Vorgänger aufhörte. Basierte LP1 strukturell noch auf dem Knacken eines defekten Waldorf-Filters, das mit unglaublich fetten Dub-Bässen unterlegt war, so verzichtete Stefan Betke bei den neuen Aufnahmen auf den defekten Filter.

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Equatronic: Motivation

Der Chefredakteur weiß, wie man Rezensenten lockt: „Beeinflußt von Yazoo und Depeche Mode“ sagt er, mit der CD winkend, und meint das Duo Equatronic (Oliver Thom und Dorothea Brandt) aus der Gegend ums saarländische Völklingen, einem häßlichen Industrie-Ghetto aus grauen Betonklötzen und dank des jahrzehntelangen Zechen-Ausstoßes sicherlich eine der häßlichsten Städte Deutschlands. Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen: Völklingens Bewohner haben ein sonniges Gemüt, nennen sich „Cindy“ und suchen sich einen „Bert“, um fröhlich trällernd durch die Schlager-Welt zu ziehen.

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Blumfeld: Old Nobody

Es könnte ganz gut passieren, daß sich Herr Distelmeyer mit seinem neuem Album „Old nobody“ von seiner alten Fangemeinde verlassen sieht. Er macht es ihr auch nicht gerade leicht. Hat er doch jetzt den Sound der Achtziger für sich entdeckt. Insbesondere der Sound von George Michael und von Prefab Sprout hat es ihm angetan. Dumm nur, daß sich der größte Teil seiner Hörerschaft von diesem Sound eher peinlich berührt fühlen dürfte und damit wohl auch kaum Verständnis für seine neu entdeckte Liebe zu cleanen Pop-Sounds aufbringen kann. Unverdient, wie ich meine. Denn Jochen Distelmeyer hat die seltene Gabe Emotionen in Worte zu fassen und damit auch dem Zuhörer verständlich zu machen. Er hat wohl auch die Frau seines Lebens getroffen, zumindest hat er sich die letzten beiden Jahre ausführlich mit der Thematik beschäftigt.

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