Die Trüffelschweine des Labels „Blue Rose“ schnüffeln auch down under, und dort haben sie Desert Boot ausfindig gemacht, eine Art australischer Walkabouts. Ich hab nicht gewußt, wie kerzengrade sich Härchen bei ´ner Gänsehaut stellen können – bis ich Desert Boot hörte! Sie praktizieren einen zeitlupenmäßigen bis getragenen, ruhigen Rock mit warmen Gitarren, dezenten Piano- und Hammondorgel-Untermalung und sparsamen Drums. Und dann noch diese Sängerin Rebecca Hancock mit der wunderbar klaren, ausdrucksstarken, einfühlsamen Stimme. Schwärm… Natürlich hat da auch Freund „Hall“ im Studio etwas nachgeholfen, doch das ist gut so! Unendliche Weiten tun sich da auf, rund ums Lagerfeuer…
WeiterlesenKategorie: Musik
Fink – Loch in der Welt
Nach dem letztjährigen Debüt- Album „Vogelbeobachtungen im Winter“, das schon überall gehypt wurde, legen FINK aus Hamburg, mit „Loch in der Welt“ jetzt noch Einen nach, wenn nicht sogar noch Einen drauf.
FINK sind die legitime, deutsche Antwort auf „16 Horsepower“. Für die Unwissenden unter euch: Bei beiden Bands dient amerikanische Country- Musik als Basis für das Songwriting, das aber auch Rockeinflüße mit einbezieht.
Wurde der amerikanische Country auf dem ersten Album noch fast 1:1 übernommen, gelingt es FINK auf dem neuen Album, die bilderreiche Sprache desselben in eine eigene Sprache umzuwandeln. Und die ist nun einmal „Deutsch“. Aber es funktioniert trotzdem. FINK erzählen in ihren Songs Geschichten von entwaffnender Einfachheit und ergreifender Schönheit. Sänger Nils Koppruch balanciert mit seinem Gesang und seinen Texten konsequent auf dem schmalen Grat zwischen Wolf Maahn und Element of Crime, zwischen Garth Brooks und Merle Haggard oder einfach zwischen Dummheit oder Genialität. Und während er so die Mitte hält, setzt er immer wieder zu Höhenflügen an, um im nächsten Moment wieder volle Bodenhaftung zu haben. Und genau dadurch erhalten die Songs eine Spannung des Banalen und Privaten.
Dank FINK wird einem klar, daß das echte Action-Kino im Alltäglichen liegt und, daß der echte Horror gleich um die nächste Straßenecke geschlendert kommt. Das fängt dann gleich morgens um sechs mit dem Aufstehen an und endet, wenn überhaupt, mit dem letzten Drink auf Pump an der Theke der „netten“ Banhofskneipe. Diese Platte solltet ihr eigentlich immer hören. Zumindest aber solange, bis die Kühe nach Hause kommen.
Fink
Loch in der Welt
(iXiXeS-records/Indigo)
Farmer Not So John: Receiver
Es ist, als hätte Biolek gekocht: auf dem Speiseplan steht bewährte Hausmannskost, die aber so gekonnt zubereitet wird, daß sich Haute-Cuisine-Köche nur noch verlegen am Kopf kratzen. Ein Blick aufs Label genügt, um zu wissen, was Sache ist: „Blue Rose“ veröffentlicht stets traditionellen, aber glasklar produzierten Stoff – vom klassischen Singer-Songwriter über Rockiges bis hin zu Country&Western.
WeiterlesenDuffy – I love my friends
So kanns gehn: da ist man Frontman einer der zugkräftigsten Bands der 80er, aber schon wieder draußen, noch bevors richtig losgeht. Stephen Tin Tin Duffy war in der Pop-Geschichtsschreibung bislang kaum mehr als eine Fußnote in der Duran Duran-Story. Einzig 1985 konnte er auch mal selbst smashen mit einem Song namens „Kiss me“. Der traurige Verlauf einer typischen One-Hit-Wonder-Karriere? Mitnichten!
Zwar ward Duffy, der sich selbst als „kreatives Stehaufmännchen“ bezeichnet, seither nicht mehr in den Charts gesehen, aber von der Musik konnte er gottlob nie lassen.
WeiterlesenRed Snapper: Making Bones
Eigentlich schon für den 13.07.98 angekündigt, dann aber aufgrund der Fußballweltmeisterschaft und eher lauer Verkaufslage (Sommerloch) verschoben, soll das neue Red Snapper – Album jetzt im September erscheinen.
WeiterlesenMarylin Manson: Mechanimal Animals
Eins will ich gleich klarstellen: Das Image des Herrn Manson, die alberne Kostümierung, sein idiotisches Verhalten auf der Bühne und sein Drang zur Selbstzerstörung gehen mir gehörig auf die Nüsse. Seit ein paar Wochen habe ich eigentlich die Nase gestrichen voll von dem Manson-Trubel. Ob es nun die einschlägigen Musikmagazine waren, oder die bekannten Musiksender, überall sein Gesicht und sein Gelaber. Das nervte! Tja, und dann kam dieses Album in meine Hütte geschneit.
WeiterlesenSophia: The Infinite Circle
Meisterwerke sollen sicherlich ebensowenig vor dem Abend gelobt werden wie alles andere, das Gefallen weckt und ohne weiteres Begeisterung hervorruft. Daß Robin Proper-Sheppard Mist fabriziert, hätte ich als Fan seiner songschreiberischen Künste sowieso nicht für möglich gehalten. Schon zu The God Machine-Zeiten erwies sich seine Stimme und sein Gitarrenspiel als perfektes Auffangbecken negativer Emotionen, in denen sich der Hörer bis zum Weinkrampf ertränken konnte.
WeiterlesenReadymade: It doesn´t make sense
Wenn ´Low Fi´ gewollt mindere Sound-Qualität meint, dann ist dies ein Low Fi-Produkt: es klingt ein bißchen so, wie wenn man sich durch die riesigen Betonröhren auf den Spielplätzen meiner frühen Jahre anschrie.
WeiterlesenThe Tragically Hip: Phantom Power
In letzter Zeit verleihe ich gerne Auszeichnungen: hierfür gibt´s zumindest ein silbernes Sportabzeichen. Spröder Schrammel-Rock mit klagender Eddie-Ich-trag-das-ganze-Leid-der-Welt-auf-meinen-Schultern-Vedder-Stimme. Ein bißchen versponnen, ein bißchen versunken: eine CD für kontemplative Stunden, wenn die Tanke zu hat, der Fluppenautomat klemmt oder die Nudeln verkocht sind.
WeiterlesenJack: The Jazz Age
Nur ein Gedankenspiel: man stelle sich mal vor, die Smiths zögen in den Buckingham Palace ein – die wären sicher die längste Zeit in labbrigen Jackets und Flanellhemden rumgelaufen! Fortan trügen sie nur noch Zobel, feinsten Damast und Brüsseler Spitze, ihre goldenen Schnabelschuhe hätten diamantbesetzte Bommel, und statt Zwieback im Stehen gäbs goldbestäubte Ham and Eggs, serviert von livrierten Dienern… So ungefähr, nämlich wie eine Independent-Combo mit königlichem Habitus, klingen Jack auf ihrem Zweitling „The Jazz Age“. Cineasten würden sagen: „Großes Kino“ – wie aber nennt man ein opulentes Gitarren-plus-Streicher-Meisterwerk der Popmusik? Egal, dieses Album ist eines von denen, für die man ruhig mal einen Flieger stehenlassen oder die eigene Hochzeit verpassen kann: really gorgious, simply irresistible!!!
WeiterlesenCalexico: The Black Light
Arriba, arriba, arriba! Jetzt ruf ich ungefähr zum dritten Mal in diesem Jahr DIE Platte des Sommers aus (aber das merkt bis auf meinen Chefredakteur bestimmt sowieso keiner…).
Der Name läßt vermuten, daß wir uns im Dunstkreis der Estados Unidos Mexicanos bewegen. Sollte man meinen, aber schwer gefehlt! Calexico ist ein Kaff in Kalifornien, hinter dem Projekt stecken zwei Typen der US-Indie-Combo Giant Sand (John Convertino und Joey Burns), und die CD wurde in Tuscon/Arizona eingespielt!!! Aber wer Tacos und Sombrero schon griffbereit hat, braucht sich nicht zu grämen: hier gibt´s fast eine Stunde Tex-Mex vom Feinsten!!! Ich bin sowieso total süchtig nach dem Zeug und meistens so ausgehungert nach Latino-Sound, daß ich sogar Gloria Estefan mit Kußhand nehm. Die Ankunft von Calexico ist da wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Allein die Auflistung der Instrumente liest sich wie ein Wunschzettel: schmetternde Mariachi-Trompeten, scheppernde Banjos, Rumbahölzchen, Pedal steel guitars, Marimba- und Vibraphon, Glockenspiel, Rasseln, Akkordeon, Geigen und Thunder drums. Also, wenn einem da nicht schon das Wasser im Munde zusammenläuft oder so ähnlich…
WeiterlesenDie Aeronauten – Honolulu
Wenn die Aeronauten ins Studio geh´n, schütteln alle Bandmitglieder wahrscheinlich nur mal kurz die Ärmel, und das war´s. Richtiger Low-Fi-Sound muß eben klingen wie ein Schuß aus der Hüfte. Jedenfalls wirken Aeronauten-Werke immer, als wären sie grad im Vorbeigehen eingespielt. Aber das ist mit Sicherheit nicht der Fall, denn aus zahlreichen Interviews mit Eiskunstläufern und Zirkusclowns weiß man ja, daß gerade „die einfachen Sachen“ die schwersten sind!
WeiterlesenAutechre: lp5
Individualität um (fast) jeden Preis. Oder auch eigene feine Welt. Die dann aber perfekt. Autechre basteln auch mit ihrem fünften Album weiter an ihrer Definition von sich selbst. Die Art, wie hier mit mittlerweile Autechre-typischen Sounds immer wieder neu verfahren und manipuliert wird klingt auch immer wieder erfrischend. Sounds, die sich auf nichts anderes als auf sich selbst immer wieder neu beziehen (again and again), sich immer wieder in Gespinsten aus polyrhythmischen Beats verfangen und sich doch immer wieder neu zusammen finden.
WeiterlesenGérard Herzhaft: Enzyklopädie des Blues
Zugegeben, ein aktuelles Lexikon zum nicht totzukriegenden Phänomen „Blues“ war längst überfällig. Vor allem in deutscher Sprache gab es außer Dieter Molls „Buch des Blues“ kein brauchbares, zudem noch lieferbares Nachschlagewerk. Dieses Manko will nun diese „Enzyklopädie“ (ein anspruchsvoller Begriff!) beheben. Und will man den Presse-Besprechungen der letzten Wochen und Monate folgen, so scheint sie diesen Anspruch auch voll einzulösen. Ich hege allerdings nach der punktuellen Lektüre so meine Zweifel.
In der Tat ist der französische Publizist und Musikologe ein wahrer Kenner der Materie: Er beschäftigt sich seit drei Jahrzehnten mit dem Blues und seinen Exponenten und recherchierte auch „vor Ort“, sprich in den USA.
Boom Boom Satellites: 7 Ignitions/Auto Re-birth
Boom Boom Satellites und Big Beats. Zwei Dinge, die die Welt nicht braucht, eigentlich. Ist aber doch ganz nett.
Wobei „nett“ aber eigentlich das schlimmste Urteil ist, das Musik in der Bewertung passieren kann. Big Beats sind aber günstigsten Falls nun mal „nett“. Klar, man kann damit erwiesener Maßen Geld verdienen (s. Prodigy, Propellerheads oder jetzt ganz heiß: Fatboy Slim). Aber jetzt mal unter uns: Welchen Sinn soll es denn auf die Dauer machen mehr oder weniger hysterisch durch die Weltgeschichte sampelnd durch die Charts zu ziehen und einen auf stylish Punkrocker zu machen. Mehr als eine Liga mit dem Cordalis Project kann dabei nicht herausspringen. Macht euch lieber aus Samples eigene Sounds. Erschafft eigene Welten! Dann könnt ihr wirklich groß rauskommen, wenn’s denn darauf ankommt. Der Appell gilt natürlich auch für die Boom Boom Satellites, denn auch den beiden Japanern ist es nicht gelungen dem Ganzen mal richtigen Drive zu geben.
Wap100 – We are reasonable people

Die hundertste Veröffentlichung des Warp-Labels aus Sheffield. Man darf sich freuen, brachten sie uns in der Vergangenheit doch schon solche Klassiker wie LFO und Aphex Twin. Oder man denke nur an den hervorragenden „Artificial Intelligence“-Sampler aus dem Jahre 92.
WeiterlesenElliott Smith: Either/or
Wie wurden wir Anfang der 80er vom britischen Pop-Duo ABC belehrt? Don´t judge a book by its cover! Diese Weisheit half mir jüngst, die Überraschung zu verarbeiten, die mir ein 28jähriger Sänger-Gitarrist aus Portland/Oregon bereitete: Elliott Smith. Eifrige Kinogänger und Oscar-Verleihung-Gucker kennen ihn im Zusammenhang mit dem Film „Good Will Hunting“, und sie hätte es sicher nicht ganz so kalt erwischt wie mich.
WeiterlesenFredric Dannen: Hit Men
Fast eine Dekade mußte vergehen, bis Fredric Dannens „Hit Men“ (Originalausgabe 1990) in Deutschland erschien. Warum eigentlich? Nicht nur, dass die Beschreibungen der weltgrößten Tonträgerbranche auch in der drittgrößten interessieren dürften – selbst die Hauptdarsteller, also die marktführenden US-Labels, sind naturgemäß Global Players, und zwar schon lange, bevor der Begriff in Mode kam. Namen wie CBS, Warner, Atlantic und Geffen sind hüben wie drüben vertraut. Ebenso Interpreten wie Pink Floyd, Michael Jackson, Whitney Houston… Allerdings, das sei vorausgeschickt: sie tauchen nur gelegentlich auf, spielen höchstens an der Peripherie eine Rolle. Nicht musikalische Innovationen und kreatives Potential, sondern Zufälle, technische Neuerungen und Börseneinbrüche bestimmen, wo´s langgeht in der „Musik“. Der Leser, unter Schock stehend, betrachtet seinen Plattenschrank erstmal mißtrauisch, verwirrt, verunsichert. All die Alben – nicht kultureller Ausdruck ihrer Zeit, sondern willkürlich auf den Markt geworfene Spielzeuge von Männern, die keine Tonhöhen unterscheiden können?
WeiterlesenJohnny Cash & Willie Nelson: VH1 Storytellers
Immer noch sckockiert und mit schwarzer Binde um den Arm ob der traurigen Nachricht, daß der „Man in black“ wegen Parkinson wohl nie mehr eine Gitarre ruhig halten kann, flattert mir dann doch die zeitweilige Erlösung von diesem Gedanken in Form dieser wunderbaren CD auf den Tisch. Aufgenommen für die MTV-Unplugged-Ersatzsendung beim Konkurrenzsender VH1 mit dem schönen Namen „Storytellers“, erweist der Name dem Event alle Ehre. Denn hier werden im lockeren Ambiente schöne Geschichten erzählt. Sowohl in den Songs, als auch zwischen den Songs.
WeiterlesenHefner: Breaking God’s Heart
Schnell einen Earl Grey und ein Blaubeer-Muffin! Das ist die CD dieses Sommers, dieses verregneten, kalten Sommers! Menschen von der Insel kennen ihn – Menschen von der britischen Insel, nicht von Mallorca oder Capri oder so.
Das Trio „Hefner“ hat in Glasgow ein herrlich schrammeliges – ja man mag das Wort schon gar nicht mehr in den Mund nehmen, und doch: – Brit-Pop-Album eingespielt, das allein schon für den Titel eine Auszeichnung verdient. (Gott selbst lächelt darüber wahrscheinlich nur müde, zu oft wurde sein Herz schon gebrochen, und das auf wesentlich uncharmantere Weise, als Hefner es hier tun.)







