MC Solaar: Paradisiaque

In Frankreich pfiffen es die Spatzen schon vor zwei Monaten von den Dächern der Rundfunkanstalten. Die neue Single von MC Solaar „Gangster Moderne“ aus dem dazugehörigen Album „Paradisiaque“ vorausgekoppelt. Solaar, ist bei uns ja im Zuge der „Acid-Jazz-Bewegung“ Anfang der 90er bekannt geworden und hat diesen Ruf durch das UK-Signing bei Talking Loud und die Teilnahme bei Gurus Jazzmatazz-Projekt noch gefestigt. Jetzt hat er sich offensichtlich von seinem langjährigen Partner Jimmy Jay getrennt und sich vertrauensvoll in die fettigen Hände von Philippe Zdar und Boom Bass begeben, die ja schon im letzten Jahr mit ihrem Motobass-Projekt vor allem in House-Kreisen hohe Wellen geschlagen hatten.

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Isar 12 – Unterwegs mit Isar 12

Diese CD ist für mich (bislang) das Highlight dieses Sommers. Ein Bastard von Platte, der Breakbeats, Schweine-Gitarren, Ambient-Geblubber, Siebziger-Sound und deutsche Texte vereint, ohne daß es einen Moment beliebig oder unorganisch klingt. Glaubt Ihr nicht? Kann ich verstehen. Ist aber so. „Unterwegs mit Isar 12“ ist das Debut der beiden Münchner Achim Bogdahn (Gitarre, Gesang) und Andreas Konstantin (Computer). Wie bei vielen Veröffentlichungen aus Bayerns Landeshauptstadt hat diese Musik diesen ganz speziellen Swing … eine intelligente Leichtigkeit, die einer genaueren Untersuchung würdig ist (vielleicht demnächst mehr zur München-Hamburg-Theorie!).

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Talking about the revolution, Vol.2

[Red.: Die zweite Folge von Rolands Kolumne Talking about the revolution wurde zwar schon vor einigen Tagen geschrieben (als die Temperaturen am höchsten waren). Das handschriftliche Manuskript konnte leider erst jetzt vollständig entziffert werden. Trotzdem gelten die Empfehlungen auch für den Spätsommer.]

Summertime – where the living is easy!

Jetzt hat’s ja doch noch geklappt: die ersten Sätze für dieses Jahr, die im Freien geschrieben werden. Ich hoffe, ihr habt eure Rechner schon rausgestellt und könnt beim Lesen dieser Zeilen mein Gefühl für Außentemperaturen teilen. Ich habe mir auch extra vorgenommen, diesen Monat nichts Böses zu besprechen. Wie könnte ich auch, jetzt da die Büroräume in meinem Hinterhaus auch am Wochenende vermietet worden sind und ich glücklich bin, dass Saarbrücken, auch als Landeshauptstadt, mal wieder gerade so eben an Frankfurt in punkto Lebensqualität vorbeigeschlittert ist. Im übrigen verbreitet die neue Roni Size auf meiner Anlage ebenfalls ein angenehmes Lebensgefühl (ähem). Aber dazu an →anderer Stelle mehr.

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Roni Size/Reprezant – New Forms

Man durfte gespannt sein. Nach „Music Box“-Compilation und „V-Classic“-Sampler, zahlreichen Maxis und Vertragsunterzeichnung bei Talking Loud. Außerdem handelt es sich bei Reprezant um das Kollektiv (Roni Size, DJ Krust, DJ Dre) aus Bristol, das Drum’n’Bass wohl den meisten Soul beigefügt hat. Die Frage war auch, ob es Size und Freunden gelingen würde nach LTJ Bukem, Goldie und Metalheadz und Ed Rush und Nico einen vierten weiteren Meilenstein des Genres in den erweiterten Blickpunkt des Mainstreammarktes zu lancieren.

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Interview: Yo La Tengo

Die gute alte Tante aus Hoboken

Yo La Tengo, die ewige Alternative zu allem und für jeden, veröffentlichten im April 1997 mit „I Can Hear The Heart Beating As One“ (Matador/Rough Trade) nun das achte reguläre Studioalbum. Hinzu kommen noch unzählige Maxis, Singles, Samplerbeiträge und Beiträge zu Soundtracks.

Die Band existiert seit 1984, erscheint allerdings in keinem Rock-Lexikon und ist die typische College-Rock-Band, lange genug im Geschäft, um überleben zu können, zu sperrig, um den kommerziellen Durchbruch zu schaffen. YLT machen noch Platten, die man sich komplett anhören kann, weil Abwechslung und Wiedererkennungswert in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen – nicht anders auch beim neuen Album.

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Popkomm 1997-Zitate

Ich hätte garnicht gedacht, daß ich hier ohne Handy reinkomme.
(Popkomm-Debütantin Katja)

Wenn man den Boß von Edel sieht, weiß man wieso Scooter so viel Platten verkauft. Ein Brauereibesitzer ist nichts dagegen.
(Surrogat-Sänger)

Früher hieß es immer: Ach diese Schlager-Fuzzis – blond, blauäugig, schwul.
(Bernhard Brink. Schlagersänger. Blond. Blauäugig)

Die Plattenindustrie zittert vorm Internet
(ZDFAspekte über die Popkomm)

Ich freue mich auf Saarbrücken und die häßlichen Frauen dort
(Stoßseufzer eines weiblich-reizüberfluteten Kollegen)

Es gibt insgesamt vier oder fünf Blümchen-Auftritte. Das dürfte ausreichen, um den Blümchen-Bedarf abzudecken. Es wird aber auch ernsthaften Jazz geben.
(Karl-Heinz Pütz über das Programm des Ringfests)

Seien Sie kreativ! Fahren Sie anders!
(Durchsage der Kölner Verkehrsbetriebe, nachdem durch den Ansturm aufs Ringfest der S-Bahn-Betrieb zusammenbrach)

Jetzt verstehe ich, was es heißt, keinen klaren Gedanken fassen zu können.
(Zdravka nach vier Tagen Bier und Bobkomm)


Letzte Worte: Ich bin müde

The Prodigy: Fat of the Land

Wenige Alben wurden im Sommer so begierig erwartet wie die jüngste Scheibe von „The Prodigy“ – war es doch schon einige Zeit her, daß die englische Band mit „Music for the jilted Generation“ die Szene in Aufruhr versetzt hatte. Mastermind Liam Howlett arbeitete über ein Jahr an der Scheibe, und: Es hat sich gelohnt. „Smack my bitch up“, „Breathe“ und „Firestarter“ sind, mittlerweile ein halbes Jahr später, zu Hits geworden, gehören zum Standardrepertoire jedes Prodigy-Fans.

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Smoke City

Dieser Artikel handelt von einer Band namens Smoke City. Smoke wer? Smoke City, die von „Underwater Love“, der Song aus der Levis-Werbung mit dem Typ, der aus dem Boot kippt und den Nixen. Ach so, die.
Das riecht verdächtig nach einer klassischen One-Hit-Wonder-Karriere, aber Smoke City haben es besser verdient – ein Grund mehr für Hinter-Net!, die Gruppe im Interview zu fragen, wie sie zu dem wurden, was sie sind.

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Radiohead – OK Computer

Ok Computer - Radiohead: Musik

Eigentlich hatte ich mit dem Rezensieren von Tonträgern abgeschlossen, erschien mir die Flut von zahllosen Veröffentlichungen so groß, daß sich nur wenige Platten von dem Grand Oeuvre abzuheben schienen. In diesem Fall blieb mir keine andere Wahl: Ich muß hier und jetzt eine überlange Rezension ins Auge fassen, da es sich bei ‚OK Computer‘ um einen der besonderen Momente im heutigen Musikgeschehen handelt.

Schon die ersten beiden Alben von Radiohead, ‚Pablo Honey‘ (1993) und (vor allem) ‚The Bends‘ (1995) waren Ausnahmeerscheinungen in der ansonsten von heiteren Klängen reich gesegneten britischen Musikszene. Die Parameter der Radioheadschen Herangehensweise stehen dem experimentellen Rock viel näher, als daß man sie einfach in die gängige Britpopschublade stopfen könnte. Harsche und laute Gitarren (gleich drei Gitarristen), ein oftmals mächtiges Schlagzeug, das ganz und gar nicht raven mag und – darüber thronend – der einzigartige, stark expressive Gesang Thom Yorkes.

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Wilco: Outtasite (Outta Mind)

Die Geschichte von Wilco-Jeff Tweedy, Son Volt-Jay Farraw und Uncle Tubelo setze ich einfach mal als bekannt voraus und konzentriere mich auf die Singleauskopplung „Outtasite (Outta Mind)“ von Wilco aus dem aktuellen Album „Being there“. (Sollte obige Annahme nicht zutreffen, legt dem Plattendealer eures Vertrauens unaufgefordert 30 Affen auf den Tisch und stammelt die Worte „Uncle Tubelo – Anodyne – Rausgekommen bei Sire Records/Reprise Records – Haben müsen“)

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Scare Crows – Flourish

Da ist sie wieder, die deutsch-amerikanische Band mit dem Sänger der so verdammt nach Bono klingt. Musikalisch hat sich auf dem ersten Longplayer gegenüber der EP nicht sehr viel getan. Ruhige Stücke, Acoustic, unverzerrte Guitar und gelegentlich ein Cello. Dominiert durch die Stimme von Sänger Mäx. Alles sehr gefällig und doch ambitioniert. Aber irgendwie reißt es mich nicht so vom Hocker wie die EP vor einem halben Jahr. Irgendwie hat der „große“ Bono doch Einfluß genommen. Er ist mit seinem neusten Geseier einfach zu oft und überall zu hören. Das hätten die Scare Crows eigentlich nicht verdient.

Musikbücher III

Ihr, die euch die Gnade der späten Geburt vor so manchem bewahrt hat, werdet euch nicht erinnern können. Aber glaubt mir: Es gab eine Zeit, da jeder Rentner, der etwas auf sich hielt, hierzulande beim Anblick eines Langhaarigen schöne Visionen bekam. In ihm dräute dann die 1000jährige Sehnsucht nach einer freundlich im frühen Morgenlicht blitzenden Guillotine im propperen Hof eines wohlorganisierten Konzentrationslagers. Und er dachte (meistens still in sich hinein, manchmal laut aus sich heraus): Hei, wäre das nicht schön, wenn jetzt dieser langhaarige Kopf, der so arg voll ist von verseuchter Beatmusik, unterm Fallbeil=da zu liegen käme und – schwupp – abgeschlagen würde, auf daß er in ein weiches Auffangnest aus druckfrischen BILD-Zeitungen plumpsete? (Unsere ehemaligen Rentner beherrschten noch den altertümlichen Konjunktiv!)

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The Hooblers: Can You Do This

In der Popmusik gibt es nichts Neues mehr, dieser Satz ist so banal, wie meist wahr. Häufig liegt es noch nicht einmal am Wollen und am Können der Musiker, sondern eher an den Marktgesetzen. Will man kommerziellen Erfolg haben, muß das Produkt vergleichbar, in Schubladen sortierbar sein und für den Kunden einen hohen Wiedererkennungsgrad haben. Ist die Platte trotzdem clever gemacht, dann stört dies auch die ehrliche Seele eines kritischen Vielhörers nicht. Nehmen wir beispielsweise die Plagiatmeister von Oasis, die es mit solchen Methoden schafften sich für eine Weile in unseren Herz hineinzuschmeicheln. Einen Hit kann man als Rechtfertigung für Diebstahl gelten lassen.

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