Man hegt große Sympathien für Dave Gahan, wie er sich nach rund einem Vierteljahrhundert als ’nur‘ Depeche Mode-Sänger mit seinem Solodebüt „Paper Monsters“ (2003) vom übermächtigen Songwriterschatten Martin Gore’s freigeschwommen hat. Leider schafft er es aber auch mit seinem zweiten Soloalbum „Hourglass“ nicht, sich weit von der DM-Küste zu entfernen.
WeiterlesenSchlagwort: solo
Ronnie Lane: Just For A Moment
An sich ist „die Kuh schon längst gemolken“, möchte man meinen. Alles, was der liebenswerte Country-Rocker und Singer/Songwriter solistisch auf Band gebannt hat, wurde seit seinem Tod im Juni 1997 in verschiedensten Ausgaben und Zusammenstellungen auf CD veröffentlicht, und das bisweilen „doppelt gemoppelt“. Dies war allerdings auf den europäischen Markt begrenzt. In den USA gab´s offiziell nur eine CD mit den beiden SLIM CHANCE-Alben für das „Island“-Label. Alles weitere musste als Import besorgt werden.
WeiterlesenFunny van Dannen: Authentic Trip
Den Plattentitel „Authentic Trip“ darf man ruhig ironisch verstehen, aber Funny van Dannen ist einfach am besten, wenn er auf der Bühne steht und klampft. Sein neues Album ist wieder in dieser Old-School-Variante aufgenommen und präsentiert 23 Songs, die an zwei Abenden im September 2005 in der Registratur in München mitgeschnitten wurden.
WeiterlesenJerry Gaskill: Come Somewhere
Der King’s X-Schlagzeuger ist nun also auch auf Solopfaden. Die Songs auf seinem Debüt oszillieren zwischen Alternative Rock im Sinne von (Post-)Grunge und nicht Nu Metal und klassischem Rock. Ganz nett. Letztendlich allerdings fehlt das I-Tüpfelchen, der entscheidende Moment, in dem man glaubt, etwas Neues gehört zu haben.
[4 Fritten]
Jerry Gaskill: Come Somewhere
(Inside Out/SPV)
Live: Chris Eckman
Bielefeld, Forum. 20. 5. 2004.
Kürzlich durfte ich ein intimes Konzert eines von mir durchaus geschätzten Künstlers besuchen, der es doch tatsächlich schaffte, in Bielefeld ca. 40-50 Leute anzulocken, während z.B. in Frankfurt keine 10 Gäste kamen. Dafür, dass ich von der geringen Zahl der Zuschauer überrascht war, lief es also noch ziemlich gut. Alles weitere überlasse ich meiner Begleiterin an jenem Abend, die folgendes zu berichten weiß:
Chris Eckman ein Konzertbericht
Unter dem pathetischen, protzigen und peinlichen Titel Mastermind of the Walkabouts wurde für den Solo-Auftritt Eckmanns geworben. Gut, er war von Anfang an dabei und schreibt die meisten Stücke, aber der Rest der Band ist ja wohl kaum als bloßes Anhängsel Eckmanns zu verachten.
Er spielte auf der kleinen Bühne, was diesem anmaßend klingendem Titel widersprach, denn auf den Walkabouts-Konzerten in Bielefeld war in den letzten Jahren immer recht viel los.
Als Chris Eckmann aus dem Backstagebereich auftauchte, lief er allerdings mit dem Gutes verheißenden fiesen Gesichtsausdruck herum, denn offenbar hat er mit Bob Dylan eines gemeinsam: je miesepetriger er herumläuft, desto besser sind seine Konzerte.
Als er nach dem unspektakulären und etwas unsicheren Andy White loslegte, wurde jeder fiese Gedanke über das schlechte Plakat (hoffen wir mal, dass es nicht Eckmanns Idee war) vom Tisch gefegt.
Er begann mit dem in der Walkaboutsversion rockigen Song The Stopping-Off-Place, den er in einer ruhigen, ja fast zarten Version spielte, die mich und wie´s aussah den Rest des Publikums auch in seinen Bann schlug, der den Rest des Konzertes anhalten sollte (nur ab und zu gestört vom Gelärme der Forumsmannschaft an der Theke).
Das zweite Stück Up in the Graveyard leitete Eckmann mit der Äußerung ein, er habe es im ersten Golfkrieg geschrieben, dann setzte er selbstironisch dazu, dass das natürlich sehr pathetisch sei, das jetzt so zu sagen, und machte mit diesem leisen Humor deutlich, dass er eigentlich nicht dazu neigt, sich zu überschätzen.
Er beglückte uns (DAS klingt jetzt auch pathetisch, ist aber in diesem Falle einfach wahr) mit vielen seiner wunderbaren Songs:
Mit dem von der portugiesischen Fado – Musik inspirierten Fadista – meiner Ansicht nach das Artischockenherz seines Soloalbums A Janela.
Mit dem kaum wieder zu erkennenden Grand Theft Auto. Man kennt es ja von den Walkabouts: selbst bei zwei Konzerten der gleichen Tour hört man kaum ein Lied identisch wiederholt. So unterscheiden sich die krachigere Studiowalkaboutsversion von Grand Theft Auto von der Chris und Carla live in Llubljana – Variante mehr von einander als bei anderen Bands die einzelnen Lieder und Covers vom Original. Ich übertreibe nicht, wenn ich schreibe, dass es diesmal kaum wieder zu erkennen war: tatsächlich war ich mir erst sicher, als der Text einsetzte. Diesmal setzte Eckmann ganz selbstverständlich die zur Verfügung stehende Technik ein, nicht um der Technik Willen, nein, er benutzte sie zur Kreation der Musik, nur als Mittel zum Zweck, indem er auf geniale Art und Weise sein eigenes Intro sampelte und loopte, um darauf das Solo zu spielen, was ihm so bruchlos gelang, dass ich im ersten Moment dachte: Hört sich an, als würde er vierhändig spielen, wie macht er das nur?
Auch die mir bisher unbekannten Songs von seinem neuen Soloalbum The Black Field spielte Eckmann mitreißend, insbesondere das umwerfend klagende Restless, in dem dem lyrischen Ich (natürlich wäre es Eckmann zuzutrauen, dass der Song autobiographisch ist, muss ja aber nicht sein) vorgeworfen wird, dass es rastlos sei, als es sich gerade wünscht, es wäre tot.
Doch es waren nicht nur die sagenhaft poetischen Texte Eckmanns, die bezauberten: manchmal musste man nur die Augen schließen und Chris Eckmann schuf mit seiner Gitarre das ganze Universum neu wie beim kleinen Zauberer, der den Tieren die ganze Welt zaubert, nachdem sie hinter den geschlossenen Augenlidern verschwunden ist – und seine Stimme legte sich auf diese Klanglandschaft wie Morgentau.
Mit seinem sympathisch trockenem Humor sparte er allerdings auch weniger als sonst: Als er mit John, der die Platten verkaufte, die Go-Betweens coverte (es ist so angenehm, dass Eckmann trotz seines Dylanschen Sauertopfgesichts nicht wirklich Starallüren hat, sondern vor und nach dem Konzert im Publikum rumläuft und Lieder mit dem Merchandisingmann spielt), erzählte er vom Abend zuvor, an dem er in Fulda gewesen sei. Auf dem Konzert seien nur neun Leute gewesen, deshalb habe er begonnen Songs zu spielen, die er selbst nicht kannte einer davon dieser. Fulda sei ein schwarzes Loch und die Hölle. Er riet uns niemals dort hinzugehen, selbst wenn wir unbedingt müssten.
Als er sich kurz darauf bei uns bedankte und sagte, wir seien ein großartiges Publikum, rief ein Mann vor uns, sie seien aus Fulda gekommen. Eckmann erzählte sofort cool, dass sie sich noch eben im Auto darüber unterhalten hätten, wie schön es in Fulda gewesen sei, vor allem ihr Zimmer dort…
Er coverte Girls just wanna have fun. Bei einem Lied erzählte er, hätten ihn in Griechenland Leute angesprochen, welcher griechische Philosoph den Text geschrieben hätte, und es stellte sich heraus, dass der Song von den Buzzcocks war.
Nur am Ende, bei der etwa tausendsten Zugabe ich dachte noch: von mir aus könnte er die ganze Nacht weiterspielen – erlitt ich eine persönliche Enttäuschung. Zum krönenden Abschluß spielte Chris Eckmann so sauer, wie ich ihn selten auf der Bühne erlebt habe, A glad nation’s death song. In meiner vertrauensseeligen Gutgläubigkeit hatte ich dieses Lied immer für ein antinationalistisches, gar antinationales Lied gehalten. Leider leitete Eckmann es mit den Worten ein: Fuck George Bush, fuck Donald Rumsfeld! Man kann einwenden, dass Eckmann als Amerikaner (auch wenn er wohl gerade in Llubljana wohnt) das darf: der Hauptfeind ist das eigene Land. Aber diese Form der Personalisierung, die im einig antiamerikanischen Deutschland auf billige Art Stimmung produziert, ist hier mehr als platt, denn sie kommt schnell einem Schulterschluss mit den deutschen Nationalistischen und den SPD-Anhängern, die sich auf Old Europe einen runterholen, gleich. Zumal Eckmann schon als es um den Feiertag ging eine naiv idealistische Vorstellung von Europa gezeigt hatte, da er meinte, es sei sehr europäisch, wenn viele an dem Tag zwischen Feiertag und Wochenende auch frei hätten: als wenn irgendwo auf der Welt so ein Arbeitsfetischismus zelebriert würde wie in Deutschland.
So ist das eben oft mit Künstlern: manchmal wissen sie wohl nicht was sie tun, wenn sie Lieder schreiben, die etwas revolutionärer sind als die Künstler. Und wenn sie sie dann vor einen politischen Wagen spannen wollen, geht’s steil bergab. Schade um diesen Gülletropfen in einem großartigen Konzert.
Links:
www.forum-bielefeld.com
www.thewalkabouts.com
Live: Mambo Kurt/John Boy Walton
Tangente Bielefeld. 13.3.2004
Die Tangente, eine gemütliche Bielefelder Kneipe, war gut gefüllt Glückwunsch an die Kneipenkult-Veranstalter. Eigentlich sollte ja zuerst der halbvergessene Buttermaker auftreten, der war aber leider krank. Schade, ich habe damals nur den Hype mitbekommen, ihn aber nie gehört. Vielleicht aber auch ganz gut auf seiner Homepage wird ein lokalpatriotischer Versand empfohlen, der Bielefeld-Shirts verkauft (grusel). Für die, die das mit dem Patriotismus richtig verstanden haben, gibt’s auch noch gleich Deutschland-Shirts, naja…
WeiterlesenIch kann nicht gut spielen, aber es klingt toll
Bernd Begemann im Hinternet-Interview
Hinter-Net!: Du wirst oft als „elektrischer Liedermacher“ bezeichnet? Trifft es das?
Begemann: Ich bin eher ein Solo-Pop-Künstler. Liedermacher sind Leute, die auf einer Wandergitarre spielen und gegen Atomkraft sind. Nun ist Atomkraft zwar nicht so toll, aber ich würde nicht die kostbare Zeit meiner Zuhörer damit verschwenden.
Hinter-Net!: Aber zu Deinen Vorbildern zählt Ulrich Roski.
Begemann: Ja, ich hab mit neun die ersten Lieder geschrieben, und die waren unheimlich Roski-beeinflusst.
WeiterlesenBarry Adamson: The Murky World Of Barry Adamson
Mit „The Murky World Of Barry Adamson“ legt Adamson eine Werkschau der letzten 10 Jahre seines Soloschaffens vor. Der ob seines genialen Baßspiels geschätzte Brite ging nach fruchtbarer Zusammenarbeit mit Howard Devoto, Pete Shelly und Nick Cave eigene Wege, um seine assoziativen und suggestiven Musiken als Solokünstler zu realisieren. Sein Faible für Filmmusiken zeigte sich bereits in Magazine’s Coverversion von John Barry’s „Goldfinger“. Adamsons 89er Solo-Debut „Moss Side Story“ – Musik zu einem imaginären Film – machte einige Regisseure auf ihn aufmerksam. Es folgten zwei echte Filmmusik-Alben: „Delusion“ und „Gas, Food, Lodging“, aber auch auf den Soundtracks zu David Lynch’s „Lost Highway“ und Oliver Stone’s „Natural Born Killers“ wirkt Adamson mit. Auf seinen Solo-Alben verzichtet er allerdings nach wie vor auf real existierende Bilder und überläßt es dem Hörer, in seine eigene imaginär-phantastische Welt zu entschwinden. Die Bilder spielen sich vorzugsweise im Kopf des Hörers ab, am besten in einem abgedunkelten Zimmer.
WeiterlesenScott Walker: Tilt
Vor fast 30 Jahren war Scott Walker mit den Walker Brothers ein weltweit gefeierter Teenie-Pop-Star. Vor mehr als 10 Jahren erschien seine letzte Solo-LP „Climate of hunter“, die – wie er selbst scherzhaft meinte – schlechtestverkaufte Platte in der Geschichte der Plattenindustrie.
Seine neue CD „Tilt“ treibt die Nicht- Kommerzialität jetzt noch einen – oder zwei – Schritte weiter. Alles, was dem Zuhörer den Zugang erleichtern könnte, fehlt hier: keine eingängigen Melodien oder eindeutigen Geschichten mehr, kein durchgängiges Klangbild. Stattdessen wirft er seine Hörer in ein Wechselbad von Klängen, abrupten Dynamikwechsel, pendelt zwischen bedrohlichen Percussionsounds und großen Streicherarrangements hin und her.
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