Interview: Propain

Der Weg ist ziemlich lang

Im Info heißt es, daß Euer Hauptthema in Musik und Texten die Aggressivität ist. Seid Ihr auch privat so drauf oder reagiert Ihr Euch ausreichend auf der Bühne ab?

Gary Meskil: Ich sehe uns selbst eigentlich nicht als aggressive junge Männer, die sich auch so aufführen müssen. Aber es ist nun mal diese Art von Musik, die uns Spaß macht. Wir sprechen untereinander viel über politische Themen, die uns wichtig sind. Das versuchen wir auch in unserer Musik und den Texten ‚rüberzubringen.

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Interview: Richard Butler

Madonna, Richard Burton und ich

Erinnert sich hier noch jemand an die frühen 80er Jahre. An die Psychedelic Furs? Sister Europe? Oder wenigstens „Pretty in Pink“? Der damalige Kopf der Furs Richard Butler hat die Band längst aufgelöst. Aus der Konkursmasse brachte er seinen Bruder Tim in die neue Band Love Spit Love mit. Nach der Debüt-CD stieg Tim wieder aus: Um sich seiner eigenen Band zu widmen und um nicht mehr nur den Sidekick für seinen Bruder zu spielen. Jetzt sind Love Spit Love paritätisch besetzt (zwei Engländer, zwei Amerikaner) und mit neuer CD am Start. Anläßlich der zugehörigen Promotour durch Europa stand Richard Butler Mike Lehecka Rede und Antwort:

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Interview: Ashley Judd

Am 13. Januar dieses Jahres fand sich Ashley Judd im Hamburger Atlantic Hotel zu Interviews ein. Anlaß war die Promotion für ihren neuen Film „…denn zum Küssen sind sie da“, einem Psycho-Thriller mit Morgan Freeman. Ashley spielt darin die Ärztin Kate, der es mit Kraft und Kopf gelingt, ihrem geistesgestörtem Entführer zu entkommen. An der Seite von Polizei-Psychologe Alex Cross (Morgan Freeman) begibt sie sich auf die Suche nach dem sadistischen Irren, der noch sieben weitere junge Frauen gefangen hält und eine nach der anderen zu töten verspricht. Susanna Mahnken sprach mit der Schauspielerin.

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Interview: Rare

Wir versuchen, instinktiv und spontan an die Dinge heranzugehen

Es tut sich was in Irland! Jüngste musikalische Entdeckung von der grünen Insel ist das Trio „Rare“. „Rare“ wurde vom ehemaligen „Undertones“/“That petrol emotion“-Gitarristen Sean O`Neill gegründet. Außerdem gehören der Bildhauer(!) Locky Morris und Mary Gallagher, eine ehemalige Dozentin für Kunstgeschichte(!) zur Band. Nicht minder interessant wie die Besetzung ist die Musik, die „Rare“ macht: Eine ziemlich gute Mischung aus Rock, Pop und TripHop. Am 27. März erscheint das Debüt-Album der Iren, „Peoplefreak“. Anläßlich einer Promotour von „Rare“ durch Deutschland sprach Hinternet-Mitarbeiter Martin Schrüfer mit Sean O`Neill.

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Ilja Trojanow: Autopol

Spindler, Rudolf;/Trojanow, Ilija: Autopol

Prosa und Lyrik im Internet, die sogenannte Web- Literatur, ist Neuland. Für Leser und Schriftsteller. Dem vertrauten Buch weicht das Springen zwischen den Texten per „Hyperlink“, oftmals schreiben Dutzende Autoren gleichzeitig an einer Geschichte. Die Redaktion des ZDF-Kulturmagazins Aspekte betreut seit längerem das Internet-Projekt „Novel in Progress“ – Literatur, die im Internet entsteht. Das erste Ergebnis liegt jetzt als Buch vor: Der Science-fiction-Roman „Autopol“ von Ilja Trojanow und Rudolf Spindler.

Die Thematik des Romans ist ebenso realistisch wie spannend: „Autopol“ ist ein geschlossenes Autobahnnetz, das sich im Besitz des Großkonzerns TETA befindet. Auf ihm werden Schwerverbrecher, Giftmüll und sonstiger „Ballast“ der Gesellschaft verschickt. Sie zirkulieren zwischen den Sammelstationen, bewegen sich im Schneckentempo durch ganz Europa. Das Interesse der Gesellschaft an Autopol ist erloschen, es weicht der Zufriedenheit, Probleme gelöst und im wahrsten Sinne des Wortes „abgeschoben“ zu haben. Widerstand blüht allenfalls im kleinen Maßstab im Untergrund.

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Wir sehen zunehmend egoistischen und zynischen Zeiten entgegen

Ein Roman im Internet? – Der Schriftsteller Ilja Trojanow sieht darin keinen Widerspruch und legt mit „Autopol„ein respektables Werk vor

Einem Schriftsteller bei der Arbeit zuzusehen, ist eine spannende Sache. Von März bis August diesen Jahres konnte der Internet-Nutzer Ilja Trojanow (32) beim Schreiben des Science-Fiction-Romans „Autopol“ beobachten. Der Roman, vor kurzem bei dtv premium erschienen, ist das jüngste Werk der sogenannten Web- Literatur: „Novel in Progress“ (fortschreitende Geschichte) nennt beispielsweise das ZDF sein Web- Literatur-Projekt. Ilja Trojanow sprach mit Hinternet-Mitarbeiter Martin Schrüfer in München Ende November über die düstere Zukunftsvision seines Buches und über Literatur im Internet.

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Interview: Twenty Ton Fly

Twenty Ton Fly sind kurz nach Veröffentlich ihrer ersten CD für 14 Tage auf Tour. Mit den Melvins und Schweisser. Es gibt sicher schlechtere Voraussetzungen eine neue Platte zu promoten. Bisher (10 Termine) scheint alles sehr gut gelaufen zu sein für die 5 Jungs aus München mit Proberaum in Landshut.

„Wir haben befürchtet als Opener vor leerem Saal spielen zu müssen. Meist hatten wir aber Glück und das Publikum hat nicht nur an der Bar gesessen und Aufwärmbiere getrunken. Wir sind viel besser angekommen, als wir zu träumen gewagt hätten.“ meint Sänger Gigi, der erst relativ kurz bei der Band ist.
Anläßlich ihres Auftritts in der Batschkapp zu Frankfurt (am 20. November 1997) sprach Carsten Frank mit der Band.

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Bei uns ging’s eigentlich nie um Jugendlichkeit

Ein Gespräch mit Dirk von Lowtzow (Tocotronic)

Hinter-Net!: Tournee-Zeit heißt auch Interview-Zeit. Seid Ihr schon gestreßt?

Dirk: Nö, eigentlich nicht. Natürlich machen wir ’ne Menge Interviews, und oft sind es immer wieder dieselben Fragen. Eine gewisse Routine hat das schon. Daher kommt es auch selten vor, daß wir zu dritt ein Interview machen, meist geht nur Einer von uns hin. Da kann die Frage noch so gut sein, irgendwann hast du sie doch schon mal gehört, und wenn dann Einer von uns loslegt mit der Antwort, dann sitzen die beiden anderen rum und können nicht mehr zuhören, weil wir das untereinander alles schon mal gehört haben.

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Guided By (female) Voices

Ein Telefoninterview mit Hindernissen

Vielbeschäftigter Hinternet-Mitarbeiter

Hinter-Net! Mitarbeiter sind vielbeschäftigte Menschen und die Redaktion mangels spendabler Sponsoren (haaallloo! hört uns jemand da draußen?!) arm wie eine Kirchenmaus. Das heißt u.a. grüner Tee (Iiigitt! die Red.) und Salzstangen statt Champagner und Kaviar bei den Redaktionssitzungen. Und natürlich keine Flugtickets zu Interviewterminen in München, Hamburg oder London. Wenn der zu interviewende Berg nicht zu uns kommt, bleibt als letzte Möglichkeit meist nur noch ein Telefoninterview

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Interview: Yo La Tengo

Die gute alte Tante aus Hoboken

Yo La Tengo, die ewige Alternative zu allem und für jeden, veröffentlichten im April 1997 mit „I Can Hear The Heart Beating As One“ (Matador/Rough Trade) nun das achte reguläre Studioalbum. Hinzu kommen noch unzählige Maxis, Singles, Samplerbeiträge und Beiträge zu Soundtracks.

Die Band existiert seit 1984, erscheint allerdings in keinem Rock-Lexikon und ist die typische College-Rock-Band, lange genug im Geschäft, um überleben zu können, zu sperrig, um den kommerziellen Durchbruch zu schaffen. YLT machen noch Platten, die man sich komplett anhören kann, weil Abwechslung und Wiedererkennungswert in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen – nicht anders auch beim neuen Album.

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Tiefstapelei in einer Welt voller Angeber

Im Gespräch mit Lou Barlow

Ein Interview mit Lou Barlow hatte ich mir schon immer als ein schwieriges Unterfangen vorgestellt, da ihm schon seit Dinosaur-Tagen ein Ruf vorauseilt, der dem Begriff Introvertiertheit eine neue Dimension verleiht. Die Zurückhaltung und schon fast an falsches Understatement grenzende Tiefstapelei drückt sich seit jeher in seiner Musik und in seinen Texten aus. Immer wieder hört man zwischen den Zeilen ein kränkelndes „I`m sorry to speak my mind…“ oder „I don´t trust myself“ und irgendwann taucht unweigerlich die Frage auf, ob diese Angst bei der Entblößung seiner Seele eine von Barlow inszenierte Imagepflege oder ein ehrlicher Charakterzug ist. Wenn letzteres zutrifft, dann drängt sich eine weitere Frage auf, nämlich warum er schon seit Jahren wie ein Besessener Platten auf den Markt wirft, sei es mit Sebadoh, Sentridoh und nun zum bereits dritten Mal mit Folk Implosion (bestehend aus Lou Barlow und John Davis). Als Musiker sollte man das Risiko einplanen, einen Bekanntheitsgrad zu erlangen, der über den Zaun des Nachbarn hinausgeht…

Das Gespräch lief meinen Erwartungen gemäß zäh an, und erst nach zehn Minuten ließ Herr Barlow von seiner Einsilbigkeit ab. Über die neueste Machenschaft von Folk Implosion – namentlich „Dare To Be Surprised“ – hinaus, verriet er einige Dinge, die an den Privatbereich grenzen. Ob sich Lou Barlow während unserem Gespräch gehen ließ, ist mir bis heute schleierhaft.

Ein eigenes Süppchen zu kochen

„Dare To Be Surprised“ ist im Vergleich zu „Take A Look Inside“ ein Album, das weniger durch fragmentarische Songstrukturen und Minimalismus glänzt, als vielmehr die konsequente Fortführung des Sountracks zum Film „Kids“ ist. Dieser hatte gleich zwei Singleauskoppelungen („Daddy Never Understood“ und „Natural One“), die den Sprung in die U.S. amerikanischen Charts schafften. Diese Vorgabe erweckte bei dem ein oder anderen die Erwartung nach einer Folgeerscheinung und auch diesmal gibt es zwei Singleauskopplungen („Pole Position“ und „Insinuation“), die durchaus das gleiche Hitpotential aufweisen. Lou Barlow selbst verspürt keinen Druck, weiterhin Charterfolge zu produzieren; den einzigen Druck den er verspürt macht er sich selbst, und zwar mit dem eigenen künstlerischen Anspruch. Somit wäre seine Einstellung zum Musikmachen geklärt: In erster Linie sieht sich Lou als Künstler der unabhängig von den Erwartungen anderer aufnimmt, was ihm selbst Spaß bereitet.

Die Entstehungszeit von „Dare To Be Surprised“ erstreckte sich über zweieinhalb Jahre, nicht zuletzt weil Lou Barlow „hauptberuflich“ mit Sebadoh beschäftigt ist:

Folk Implosion sind eigentlich keine Band, mehr ein Projekt das John und ich verfolgen, wann auch immer sich die Gelegenheit dazu ergibt. Was nicht heißen soll daß wir unsere Arbeit nicht ernst nehmen würden. Die immense Zeitspanne ergab sich deshalb, weil ich sehr viel mit Sebadoh herumgereist bin, dann mußte John seinem regulären Job nachgehen und schließlich stand das Studio auch nicht immer zur Verfügung, wenn wir beide mal zufällig zur gleichen Zeit frei waren.

Kontinuität mit dem Willen zur Besserung

Obwohl auf „Dare To Be Surprised“ mehr Vocals zu hören sind als auf „Take A Look Inside“ und dem „Kids“ Soundtrack sieht Lou Barlow keine gravierenden Unterschiede in der Konzeption der Folk Implosion Songs:

John und ich haben unsere feste Arbeitsweise. Wenn Du die Vocals wegnimmst und die Instrumentaltracks von D.T.B.S. mit denen von „Kids“ vergleichst, hörst Du ähnliche Basslinen und Drumgrooves.

Verglichen mit den anderen Bands/Projekten die Lou betreibt, steht der Sound bei Folk Implosion weiter oben auf der Prioritätenliste:

Der Weg zum Song führt über den zuerst gefundenen Sound. Wir arbeiten nicht wie sonst üblich zuerst an den Gesangsmelodien, sondern kreieren als ersten Schritt ein Instrumental für den entstehenden Song.“

Überraschend für mich war zu lesen, daß die gesamte Produktion digital aufgenommen wurde, hört sich der Sound doch sehr nach dem typischen low-fi Stil alter Sebadoh Aufnahmen an.

Die ganze Aufnahme war sehr billig. Das Digitalverfahren ist im Allgemeinen billiger als das Analogverfahren. Beides hat seine Vorzüge. Digitalaufnahmen bringen eine gewissse Klarheit rüber, die Du mit einem herkömmlichen Analogband nicht erreichen kannst. Trotzdem bin ich nun kein Verfechter des Digitalzeitalters. Es war eben billig, erst recht für die lange Zeit die wir uns zur Fertigstellung nahmen. Alles in allem steckten wir dreißig Tage in die Produktion, und an jedem einzelnen Tag gaben wir alles, um es so klingen zu lassen wie die fertige CD nun klingt. Ich denke ich habe bis jetzt noch keine großartige Studioaufnahme gemacht außer vielleicht „Natural One“ oder ein paar Sachen auf „Dare To Be Surprised“. Die nächsten Produktionen mit Sebadoh und Folk Implosion sollen sowohl die Aspekte eines großen Studios als auch die des Homerecordings in sich vereinen. Es ist eine große Herausforderung einen Studiosound groß klingen zu lassen, ohne daß er sich zu poliert oder wie eine TV – Werbung anhört. Es muß was Lebhaftes dran sein. Wir sind beim „Kids“ – Soundtrack mit einem Lo-Fi – Anspruch an die Aufnahmen rangegangen, haben aber High-End Equipment verwendet, d.h. gute Mikrophone, eine große Bandmaschine (16 bzw. 24 Spuren, 2″ Analog-Band) und einen Optimalen Raum benutzt. Du kannst in einem großen Studio mit einer Lo-Fi Attitüde einen großen Sound hinbekommen, ohne daß die Produktion zu glatt oder unpersönlich wirkt.

Philosophisch betrachtet…Groove first!

Das Samplen von merkwürdigen Geräuschen und Tonbandschnipseln, die schon auf „You´re Living All Over Me“ von Dinosaur Jr. zu hören sind, waren schon immer des Meisters Steckenpferd. Seit dem „Kids“-Soundtrack findet man auch trippige Drumloops, die den schweren Groove verbreiten, im Gemischtwarensortiment des Hauses Barlow:

Ich bin was meine Hörgewohnheiten angeht sehr offen. Ich lasse mich von sehr verschiedenen Stilen beeinflussen, auch von Trip Hop. Gerade von Tricky gibt es einige Songs, die jemanden in unglaubliche Gefühlszustände versetzen können. Drum – Loops und Samples können wichtige Werkzeuge im Rahmen der Songentstehung bilden. Es ist viel einfacher einen Song über einem fertigen Loop entstehen zu lassen als sich tatsächlich mit der Akkustikgitarre Stück für Stück vorzukämpfen. Das liegt daran, daß gute Loops bereits eine eigene Melodie in sich tragen, die sozusagen den Rest förmlich provoziert. Leider gibt es viel Dance Music, der es an Subtilität und Einfallsreichtum fehlt, in der die immerwiederkehrenden Patterns nichts als Langeweile hervorrufen. Ich weiß allerdings nicht, wohin uns diese Technorevolution, die schon eine geraume Zeit anhält, hinführen wird und ob sich daraus noch viel mehr ergeben wird als es momentan der Fall ist. Die Neunziger sind ja auch noch nicht ganz vorbei.

90s vs. 80s

Fest steht, daß die Neunziger solchen Bands, die in den Achtzigern vom Mainstrem völlig isoliert waren, nun plötzlich die Chance geben einen Top 40 – Hit zu landen, da im laufenden Jahrzehnt die Grenzen zwischen den einzelnen Musikschattierungen langsam verwischen. Für Lou, der mit seiner ersten Band „Deep Wound“ 1983 mehr als Underground war und die Explosion von U.S. Alternative Bands jenseits der SST-Vergangenheit miterlebt hat, bewertet diese Entwicklung als eine positive Errungenschaft- oder?

Die Chance, daß eine Band wie Folk Implosion in den Achtzigern einen Top 40 Hit hätte landen können, wäre gleich Null gewesen. Pop und der sogenannte Mainstream waren getrennt von dem, was man allgemeinhin als Underground bezeichnet. Bands wie Hüsker Dü, Meat Puppets oder Black Flag waren recht isoliert zu der Zeit als sie in ihrer musikalischen Blüte standen. Sie mußten um ihr Publikum förmlich kämpfen. Die Medien haben ihre Strategien weitestgehend geändert und das macht es einer Band wie Folk Implosion möglich Videos über MTV einem großen Publikum zu präsentieren.

Die Kontrolle nur innerhalb der Familie

Man möchte sich trotz des Popularitätsschubs als Independent Band verstanden wissen. Die Wahl des kleinen Labels, die Familiarität mit den Leuten mit denen man zusammenarbeitet, soll gewahrt bleiben. Ein ähnliches Beispiel findet man hier in Deutschland bei den befreundeten Sharon Stoned und ihrer Projekt-Inzucht. Gary der das Label betreibt und den Revolver-Vertrieb leitet spielt die Live-Drums und sein WG-Mitbewohner bedient den Bass.

Communion ist das einzige Label in den Staaten, das Independent geblieben und nicht mit irgendeinem Major-Label verknüpft ist. Sie bringen alles raus, von Punkrock über irgendwelche schrägen Gitarrenbands bis zum Experimental Noise und alles erscheint noch immer auf Vinyl, sogar auf Seven Inches. Du kannst Dir vorstellen, daß dieses Label die Ideale der 80er Punk Explosion im Auge behalten hat. Wir haben dieses Label ausgesucht, weil wir an dem Entstehungsprozess der Platte bis hin zur Tourplanung beteiligt sein wollten. Wir haben alle Hebel selbst in der Hand und werden sehen, wie weit es auf diesem Weg gehen kann. Das ist weitaus aufregender als wenn wir bei einem Major Label unterschrieben hätten.

Die Anonymität, die zwischen Bands und Labels meistens herrscht, geht im Fall von Communion völlig verloren. Eine große Plattenfirma hätte wie bei allen anderen Vertragspartnern versucht ihren Künstler erfolgreich zu machen, wie weit die Bemühungen reichen, bleibt Dir selbst aber verborgen. Gerade wenn es sich um die Promotion dreht, geht Dir bei einem großen Label die Kontrolle völlig verloren. Wir sagen Gary, wie wir uns promoted sehen wollen und er setzt das 100%ig um. Es ist, als ob man noch einmal von vorne anfängt, denn mit Sebadoh wurde alles immer größer. Für mich ist es wichtig mit Leuten ZUSAMMEN zu arbeiten. Das ist weitaus interessanter als Aufgaben zu delegieren. Es ist allerdings auch viel härter, aber der bequemste Weg ist bekanntlich nicht immer der beste. Ich arbeite noch immer mit der selben kleinen Gruppe von Leuten zusammen. Der Unterschied besteht darin, daß mit Communion die Arbeit persönlicher geworden ist als das bei Domino, Sub Pop oder City Slang der Fall war.

Im Info-Sheet zum letzten Sebadoh-Album „Harmacy“ (auf Domino Records- ein etwas größeres Label als Communion) ist zu lesen, daß Lou nicht gerne herumtourt und lieber Konzerte in seiner Nachbarschaft gibt als auf eine ausgedehnte World – Tour zu gehen. Wieder eine Info zur Förderung des Introvertiertheits-Images oder eine unleugbare Tatsache?

So stimmt das nicht. Ich bin seit einem geschlagenen halben Jahr nun unterwegs, zuerst mit Sebadoh und nun mit Folk Implosion. Natürlich freut man sich dann mal wieder nach Hause zu kommen und etwas Zeit für sich zu nehmen.

Jeder der in einer Band spielt, kann das sehr gut nachvollziehen, denn trotz des Spaßes, den man on the Road hat, geht einem dieses Gefangensein mit den immer gleichen Leuten irgendwann auf die Nerven.

Wie so oft mußte ich während des Interviews feststellen, daß das Image von sogenannten Underground/Indie Bands von den mittelgroßen Labels gemacht wird und sich die Vermarktungsstrategien nicht sehr stark von denen eines Major Labels unterscheiden. Ja, Lou Barlow ist ein sehr zurückhaltender Mensch, der nur sehr wenig nach außen trägt was ihn innerlich beschäftigt – eine wirklich schwierige Angelegenheit um ein Interview zu konzipieren – aber letztendlich sympatischer wie die Quasselstrippen die dank Profilierungssucht den Telefonhörer am anderen Ende zusabbern.

I could live in a tipi

Wolfgang Schirra und Frank Wagner im Gespräch mit Eleventh Dream Day

Wir treffen Eleventh Dream Day auf ihrer Tour durch Deutschland in einem dieser sozialdemokratischen Kulturzentren der Bundesrepublik, die entweder mit viel Holz und/oder mit viel geschweißtem Eisen gestaltet sind, aber immer doch einen melancholischen Eindruck der Welt vermitteln. Zur Ehrenrettung des Veranstaltungsortes muß jedoch gesagt werden, daß der Konzertraum toll und geschmackvoll ist und der Kaffee heiß und stark ist.

Eleventh Dream Day sitzen hinter uns am Tisch und verspeisen mit der Vorgruppe Freakwater die obligaten Pastagerichte in solchen Café-Restaurant-Bistro Einrichtungen. Na ja, wollen wir sie mal noch zu Ende essen lassen und setzen uns an die Theke. Würden sie am Tisch nicht englisch reden, würden sie in diesem Post-Hippie, Post-Grunge und Post-BritPop Ambiente nicht auffallen. Nach : „Noch drei Expresso für die Band“ trollen wir uns an den Tisch, wo mittlerweile nur noch Dough McCombs (Bass) und Janet Beveridge Bean (Schlagzeug, Gesang) von EDD sitzen. „Klar könnt ihr ein Interview haben“, sagt der blonde Sonnenschein Janet Beveridge Bean von der anderen Seite des Tisches und auch Dough McCombs rückt näher. Mr. McCombs übrigens mit buntem Tatoo auf dem rechten Arm, was gar nicht arty wirkt, eher Rock´n Roll statt Kunstakademie.

Eleventh Dream Day sollten 1995 zusammen mit Sea and The Cake und Tortoise im Dreierpacket in Deutschland spielen, was dann allerdings krankheitsbedingt abgesagt werden mußte. 1997 kommen die sie nun mit dem neuen Album „Eighth“ (City Slang/EFA) im Rücken zusammen mit Freakwater auf Tour. Freakwater ist eine schnuckelige Countryband bei der Janet Beveridge Bean Gitarre spielt und singt.

Wie läuft die Tour?

Janet: Ja es läuft ganz gut, es macht eine Menge Spaß nach 4 Jahren wieder mit EDD auf Tour zu gehen. Die Besucherzahlen variieren stark. Mal sind es viele, mal weniger. In den größen Städten haben wir mehr Zuschauer. Vor allem für Rick (Rick Rizzo – Sänger, Gitarrist und Songschreiber bei Eleventh Dream Day) ist es wichtig mal wieder live zu spielen, Dough und ich waren ja mit Tortoise und Freakwater unterwegs. Vor allem Ricks Gitarrenspiel lebt von der Live-Atmospähre, weil er sehr emotional spielt. Er ist niemand, der sich im Studio einsperrt und rumtüfftelt.

Was werden wir heute abend von euch hören? Wollt ihr den Leute eine Party bieten oder geht es euch mehr darum das neue Album zu promoten?

Janet: Es ist gar nicht so die Sache die neue Platte zu promoten, uns kommt es vor allem darauf an seit Jahren mal wieder live zu spielen, vor allem Rick braucht das. Dough: Also ich hab total viel Lust heut abend zu spielen.

Arrangiert ihr eure alten Songs neu oder spielt ihr sie immer gleich?

Dough: Wie gesagt Rick spielt ziemlich emotional und improvisiert auch, aber wir haben schon ein festgelegtes Schema nach dem wir die Songs spielen.

Ich (Frank) hab zuletzt ein Interview mit Yo La Tengo gemacht, die haben auf ihrer neuen LP einen Song der heißt „We´re An American Band“. Im Gegensatz zu dem Grand Funk Railroad – Song beschreiben sie ihr Tourleben mit „langweilig, ständig im Tourbus rumhocken, nichts passiert“. Sieht das bei euch auch so aus?

Janet: Also wir finden es ganz nett so durch die Gegend zu fahren, heute waren wir spazieren, nach drei Tagen Regenwetter hat ja heute mal wieder die Sonne geschienen, wir waren auch einkaufen. Und zu dem Grand Funk Railroad Song – es ist nicht so mein Ding Dope zu rauchen…..

Dough: …und Hühner abzuschleppen

Janet: …. du sprichst hier nur für dich! Na ja wir werden auch älter, wenn man jünger ist, ist das was anderes. Also das sehen wir dann eher so wie Yo La Tengo.

Dough, du hast doch die Yo La Tengo Remix CD gemacht!

Dough: Ja, hab ich. Wie ist denn übrigens deren neues Album („I can hear the heart beating as one“)?

Also ich (Frank) finde halt , die können gar nichts schlechtes rausbringen, die Platte erinnert mich auch sehr an eure Scheibe, die ja auch viele unterschiedliche Stimmungen hat.

Janet: Wir haben ja schon häufig mit Yo La Tengo zusammen gespielt, ich finde allerdings das Gitarrenspiel von Ira (Kaplan) und Rick unterscheiden sich doch stark. Rick spielt viel emotionaler als Ira, Rick hält sich gar nicht an normale Akkorde. Er spielt z.B. ein G-Dur immer anders, wie dies normale Leute tun. Ira spielt da eher vom Kopf her.

„Eighth“ das Album – Nach diversen Trennungsgerüchten war es schon eine Überraschung, als die neue Platte von Eleventh Dream Day in den Regalen stand. Die Qualität des Albums war natürlich, was nicht überraschte, gut. Eine gewisse düstere Zerissenheit präsentierend, spiegelt das Album sowohl den inneren Zustand der Band wieder und ist gleichzeitig Ausdruck der musikalischen Suche einer älter werdenden amerikanischen College-Rock-Band. Während Dough McCombs bei Tortoise und Janet Beveridge Bean bei Freakwater ihre Standbeine und Seelenheil wohl gefunden haben, ist Rick Rizzo musikalisch stärker festgefahren. Dazu ein interessantes Zitat von Rick Rizzo (aus dem Heft des örtlichen Veranstalters), den wir leider nicht persönlich sprechen konnten.

Rick Rizzo : „Eighth is the end of a line, fini, insult , intolerance, ignorance, frustration – and coming to terms with it all. I figure the next record has to be about rebirth and EDD goes back to being a garage band. Or not.“

Wie ist eure Meinung über das neue Album?

Janet: Es sind halt immer Erlebnisse die man da so verarbeitet. Ein Konzept hat es da nicht gegeben. Jeder hat so seinen Teil dazu beigetragen. Dough hat z.B. den 2. Song auf dem Album („Writes A Letter Home“) hauptsächlich gemacht, Rick hat dann einen Gitarrenriff dazugespielt, den er seit 2 Jahren ständig im Schlafzimmer spielt.

Wir haben in unserer Radiosendung von eurer neuen Platte den Titel „Two smart cookies“ gespielt, haben wir da eurer Meinung nach den richtigen Titel gewählt?

Janet: Wenn wir eine Band wären, die einen Hit haben könnten, dann wäre wahrscheinlich „Two smart cookies“ so ein Hit. Aber ich glaube wir sind keine Band, die überhaupt einen Hit haben können (Ha Ha Ha).

Ich (Frank) finde eure Platten kann man sehr gut am Stück hören weil sich langsame Nummern mit härteren abwechseln und auch mal ein Instrumentalstück kommt.

Dough: Ja sehe ich genauso, ich finde es macht am meisten Sinn die Platte am Stück zu hören.

Wie wichtig ist für euch eine eine feste Band? Ron Wood von den Rolling Stones hat mal gesagt, daß sie zunächst einmal ein Rolling Stone sind und erst dann Mr. Wood, Mr. Jagger, Mr. Richards und Mr. Watts. Was bedeutet es für euch in einer festen Band zu spielen, was bedeutet speziell EDD für euch.

Janet: Ich glaub der Vergleich mit den Stones ist etwas unpassend, die Stones arbeiten ständig, während wir mit anderen Dingen unser Geld verdienen müssen. Nein wir sind zuerst Individuen und erst dann irgendwann einmal EDD.

Das Buisness-1990 wurden Eleventh Dream Day von Atlantic Records unter Vertrag genommen, also bei dem Label, wo sowohl Ray Charles und John Coltrane Musikgeschichte schrieben und mit AC/DC und Led Zeppelin in den 70 ern so richtig Geld verdient wurde. Eleventh Dream Day machten mit „Bleet“ 1990 und „El Moodio“ 1993 ihren Job und schrieben klasse Rockhymnen, kommerziell kam weniger raus. Atlantic brachten es anscheinend nicht fertig sie an dem gewachsenen Alternativkuchen zu beteiligen, der spätestens mit Nirvanas „Nevermind“ 1991 für viele Bands aus dem College-Rock-Bereich erreichbar wurde. Mit den beiden Alben „Ursa Major“ (1994) und zuletzt „Eighth“ (1997) kehrten sie mit City Slang zu einem kleineren Plattenlabel zurück, wo sie weiterhin Insider erfreuen und dem großen Publikum verschlossen bleiben.

Ihr ward bei Atlantic Records einem Major-Label und seit jetzt City Slang einem kleineren Label. Die Alben, die bei Atlantic Records erschienen sind, waren meiner Meinung (Wolfgang) nach rockiger mehr auf einen Hit hin arrangiert. Die Alben bei City Slang sind demgegenüber experimenteller. Welchen Einfluß haben Plattenlabels auf das Resultat, also auf die Platte, die dann aufgenommen wird?

Dough: Also eine Plattenfirma schreibt ja keinen Song. Ich mag an EDD gerade die Unabhängigkeit gegenüber der Plattenfirma und allem anderen. Für uns spielt es musikalisch keine Rolle bei welcher Plattenfirma wir sind. Ansonsten sind wir schon froh daß wir von Atlantic weg sind, wir hatten da zwar ein größeres Budget um eine Platte zu machen, aber auch viel Scherereien.

Findet ihr nicht auch , daß die Platten die auf Atlantic rauskamen doch recht unterschiedlich zu den Platten auf City Slang sind?

Janet: Ja findest du, find ich gar nicht. So ist z.B. beim letzten Song der Platte – heißt der „Last Call“ … ?
Dough: … ja!
Janet: … der Gitarrenriff dergleiche, wie bei „Figure it Out“ (von der Platte El Moodio). Also für mich unterscheiden sich die Platten bei den unterschiedlichen Plattenfirmen nicht so sehr.

Könnt ihr überhaupt ein bißchen Geld mit eurer Musik verdienen? (Ha Ha Ha ziemlich unnötige Frage!)

Janet: Ja ich könnte davon in einem Tipi leben. Also wir machen die Musik nicht wegen des Geldes, da ist nicht viel zu verdienen. Rick hat zum Beispiel noch drei andere Jobs neben Eleventh Dream Day.
Dough: Ich lebe zur Zeit hauptsächlich von den Sachen mit Tortoise, das geht ganz gut.
Janet: Also ich hab ziemlich viel Zeit, bin natürlich zunächst einmal Mutter und Hausfrau und koch jeden Tag das Essen. Wir mußten Rick geradezu überreden auf Tour zugehen. Ich hab dann gesagt es ist doch egal, du verdienst in den drei Wochen Europa mindestens genausoviel wie in Amerika und den Europatrip gibt´s kostenlos dazu.

Spielt ihr vielleicht deswegen in mehreren Bands um dadurch etwas mehr Geld zu verdienen?

Dough: Nein auf gar keinen Fall, wir machen die Sachen weil sie uns Spaß machen.

Janet: Bei mir ist es halt so, daß ich es toll finde zu den Songs von Catherine (von Freakwater) zu singen. Das macht mir übrigens viel mehr Spaß als bei EDD Schlagzeug zu spielen, weil ich beim Singen ständig Fortschritte mache, während beim Schlagzeugspielen eher ein Stillstand festzustellen ist. Diese Rock´n Roll Attitude ist im Alter von 20, 25 in Ordnung gerade, wenn man sich von seinen Eltern und von deren Generation abgrenzen will. So langsam krieg ich mit dieser Haltung allein vom Alter her meine Probleme, das Schlagzeugspielen macht deswegen immer weniger Spaß. Ich hab von den Rolling Stones ein Video gesehen „Rock and a Hard Place“ da ist Keith Richards in einer furchtbaren Lederjacke zu sehen, sonst ist er ja eher gut gekleidet, aber das wirkte schon merkwürdig. Western und Country Musik kann man dagegen sein ganzes Leben lang machen. Wenn man z.B. Jonny Cash nimmt, der steht da oben mit seinem schwarzen Anzug und seine Gitarre und spielt seine Songs, das kann man dann auch noch mit 80 machen.

Bei Mo Tucker funktioniert das aber mit dem Schlagzeugspielen mit knapp 50 Jahren noch ganz gut.

Janet: Ja die ist ja auch eine Legende bzw. Teil einer Legende namens Velvet Underground, das zählt nicht. Wir waren gestern abend bei den alten Männern von The Who und haben Quadrophenia gesehen. Sagt mal einen Satz zu den Who, sollten die das besser lassen oder findet ihr das o.k.?

Janet: Ja Rick ist ein großer Who Fan, ich hab dazu keine Meinung.
Dough: Es ist ein Problem einen Song wie „My Generation“ am Leben zu halten, weil man sich doch weiterentwickelt und das Lebensgefühl der 60er und 70er eben nicht mehr hat.

* * *

Diskographie :

  • Eleventh Dream Day (Amoeba Records, 1987)
  • Prairie School Freakout (Amoeba Records, 1988)
  • Beet (Atlantic Records, 1989)
  • Borscht (Atlantic Records, 1990)
  • Lived to Tell (Atlantic Records, 1991)
  • El Moodio (Atlantic Records, 1993)
  • Ursa Major (Atavistic Records/City Slang Records,1994)
  • Eighth (City Slang Records, 1997)

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Go West, Old Man!

Ein Interview mit Mark Eitzel; von Mike Lehecka und Kai Martin

„It’s the end of the world as we know it“, dachten sicher die meisten treuen Fans von Mark Eitzel, als sie hörten, daß R.E.M.-Gitarrist Peter Buck der musikalische Partner auf dem zweiten Solo-Album ihres melancholischen Lieblingssängers sein würde.

Was ist wohl zu erwarten von der Kooperation eines zwar brillanten, aber düsteren und spröden Singer/Songwriters mit einem notorischen Gastmusiker, der mit seiner megaerfolgreichen Band mal einen Superhit mit Namen „Shiny Happy People“ hatte?

Wer beeinflußt da wen, und vor allem: wie? Verliert Eitzel seine ernste und pessimistische Aura? Wird er so peinlich wie Michael Stipe, der Sänger von R.E.M, und kippt den Sinn seiner Texte zugunsten bedeutungsschwangerer Symbolik über Bord? Ist Peter Buck am Ende der Aufnahme-Sessions so frustiert, daß er sich eine seiner 25.000 E-Gitarren in den Bauch rammt und daran verblutet?

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Interview: Die Krupps

…auf dem Weg ins Paradies?

„Paradise Now“mit diesem euphorischen Schlachtruf ziehen „Die Krupps“ zur Zeit zu Felde! Bei allen kritischen und engagierten Tönen haben sie sich ihren Optimismus bewahrt – zu recht: nach 17 Jahren und 10 Alben drückt sich ihr konstantes Wirken inwischen auch in ansehnlichen Verkaufszahlen aus, der wahre Wert der Band läßt sich daran natürlich nicht ermessen! Katja Preißner sprach mit Jürgen Engler

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Interview: Stella

„Glaubst Du, wir meinen das nicht ernst?“

„Stella“ sind zwar nicht mehr jung, dafür aber trotzdem neu. Sie kommen aus der Hamburger Schule, haben aber mit ihren Kollegen nicht viel gemeinsam. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist streiten und auf elegante Art und Weise politische Utopien unters Volk zu bringen.

Das Debut nennt sich ==>„Extralife“: Ein elegantes Stück Musik zwischen Rock, Pop und Wave, das es in sich hat. Hinternet-Mitarbeiter Martin Schrüfer sprach mit den Stellas Elena Lange und Thies Mynther.

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Interview: Pavement

Eine Tradition die man pflegen sollte

Alle Jahre wieder erscheint ein neues Pavement-Album- außer 1996, da gönnte sich die Band eine Pause um sich dem verlorengegangenen Privatleben hinzugeben. Dieses kam nach dem Erfolg von ‚Wowee Zowee allzu kurz, denn war man nicht auf Tour, hielten sich Pavement im Studio auf, um an neuen Ideen zu feilen. Das Resultat der letzten Studiosession steht ab elften Februar 1997 in den gut sortierten Plattenläden unter dem verheißungsvollen Namen ‚Brighten The Corners‘. Steve Malkmus, Sänger, Gitarrist und seines Zeichen hauptverantwortlich für das Songwriting kam noch kurz vor dem Fest der Liebe nach ‚Good Old Germany‘, um ‚Brighten The Corners‘ zu promoten. Selbst die widrigsten Umstände, wie das Streiken der Lufthansa, was die Interviewtermine um unbestimmte Zeit nach hinten verschob, konnten Steve nicht aus der Ruhe bringen. Hörbar relaxt und guter Dinge erzählte er von den neuesten Entwicklungen aus dem Pavement -Lager.

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Idole in verschiedenen Aggregatzuständen

Interview mit Thomas C. Breuer

HINTER-NET!: Wenn ich die verstreuten Informationen zu Deiner Person richtig zusammengesetzt habe, dann erschien Dein erstes Buch bereits 1977, als in der deutschen Provinz die letzten Blumenkinder die Grünanlagen unsicher machten. Wie gings weiter?

TC: Hmm, (lutscht versonnen auf einem Bonbon herum) hmm; was hat sich getan? Nun, daß ich halt hauptsächlich einen Bühnenberuf habe, der das Geld bringt und der deshalb das Geld bringt, weil ich dabei gerade die Bücher verkaufe, die ich zum Teil selbst verlegt habe. Was ich im übrigen niemand empfehlen kann, Bücher selber herauszubringen, wenn derjenige nicht selber tingelt. Das kann bitter werden.

Ich habe halt meinen Weg gemacht als sogenannter literarischer Kabarettist als ich irgendwann gemerkt habe, daß ich einfach der beste Interpret meiner Werke bin. Nebenher habe ich mit dem Radio angefangen. Ich habe also drei Standbeine und es erweist sich in solchen Zeiten wie diesen, wo es kulturell überall enger wird, als Vorteil. Es wackelt nur eins – oder zwei aber nicht unbedingt alle drei Beine. So kann ich immer noch ein bischen springen und sagen: „Eigentlich mache ich ja doch eher. . .“

HINTER-NET!: Läufst Du damit nicht auch Gefahr als Universaldilettant durchzugehen?

TC.: Stimmt schon. Es steht der Sache manchmal auch ein bischen im Weg, daß ich mich nicht rückhaltlos für eines entscheiden kann. Ich würde jetzt gern wieder einen neuen Roman schreiben und die anderen Sachen auf Eis legen. Aber, ich hab´ die Zeit nicht; ich kanns mir finanziell nicht erlauben, weil ich Familie habe und deshalb muß ich die anderen Berufe auch noch machen.

HINTER-NET!: Seit deinen Anfängen sind ja immerhin fast 20 Jahre vergangen, Dein letztes Buch Sekt in der Wasserleitung ist ja stark autobiographisch, das war nach eigenen Worten das erste ja auch schon. Schließt sich jetzt der Kreis? Ist es Zeit, ein Resüme zu halten oder hat Dich das Alter mit Reife überzuckert?

TC: Nääää. Sekt in der Wasserleitung ist nur bedingt autobiographisch. Das Setting stimmt. Viele Personen sind der Wirklichkeit entnommen, ansonsten sind viele Begebenheiten erfunden, zusammengemischt, zu einer einzigen. Es entspricht also relativ wenig der Realität und die letzte Geschichte, die in Seattle spielt, ist komplett erfunden.

HINTER-NET!: Schade, gerade die Story mit dem Zwillingspärchen, das sich ein Toupet teilt, fand ich klasse.

TC: Es ist eine Autobiographie, aber eine gelogene.

HINTER-NET!: Eine Wunschbiographie?

TC: Nein, nicht direkt. Wünschen würde ich mir eine solche Biographie nicht. Ich bin eigentlich dazu gekommen, als ich das Käfer-Buch (Küß mich, Käfer) gemacht habe. Ich habe über VW-Käfer in Amerika geschrieben und brauchte etwas, was damit korrespondiert. Da habe ich über die Käfer in meiner Kindheit geschrieben. Sie hatten alle Käfer, meine Eltern, meine Onkel und alle andern auch. So bin ich dann dazugekommen und es hat Spaß gemacht. So hat sich das entwickelt. Ich glaube nicht, daß jemand mit 44 Jahren seine Memoiren verlegen sollte.

HINTER-NET!: Damals, als Du 1977 mitten in der Politfreak-Ära zu schreiben anfingst, warst Du am Puls der Zeit. Deine ersten Bücher waren ja eher Szeneliteratur. Schreibst Du immer noch für die inzwischen gealterte Szene von damals, oder hat ein Generationswechsel stattgefunden und Du hast ein neues Publikum?

TC: Ja, anscheinend. Eine Bekannte von mir, die ist um die sechzig, die hat das Buch gelesen – Sekt in der Wasserleitung – , fands ganz klasse und hat sich gesagt, jetzt geb´ ichs mal dem Soundso, der ist neunzehn, der ja nun all diese Erfahrungswerte nicht hat. Und diesem Soundso hat das Buch auch richtig gut gefallen. Ich bin sowieso keiner, der sich gern in irgendwelchen Gettos aufhält. Wenn ich mein Kabarett-Publikum ansehe, das ist so querbeet. Das ist, wie man so schön sagt, zwischen 8 und 80. Von denen interessieren sich etwa 10% für das, was ich sonst noch mache. Ich verkaufe also bei Kabarett-Veranstaltungen doch tatsächlich Romane. Ich weiß, daß diese Breuer-Gemeinde mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar ist , aber – es gibt sie! Das merke ich immer wieder, wenn ich irgendwo hin komme. Das hat was Beruhigendes.

HINTER-NET!: Angefangen hast Du mit einer Konzertagentur ohne Telefonanschluß in einer WG ohne Geld.

TC: Ohne Ahnung vor allem!

HINTER-NET!: und heute bist Du wahrscheinlich selbst auf der Ebene, auf der Du früher Deine Idole angesiedelt hast?

TC: Ja, ja! Ich hab viele kennengelernt. Das ist ja ein Thema dieses Romans (Sekt in der Wasserleitung). Das hat ja sehr viel mit Idolen zu tun. Mit Idolen in verschiedenen Aggregatzuständen. Bei einigen ist es toll die kennenzulernen, bei anderen, na ja…

HINTER-NET!: Wo siehst Du Dich inzwischen selbst in diesem Metier – oder anders gefragt: Hast Du den Sprung vom Underground zum Establishment geschafft?

TC: Ob ich es jetzt geschafft habe? weiß ich nicht. Man muß immer wachsam bleiben. Wenn man in diesem Metier was geschafft hat, heißt das noch lange nicht, daß dieser Status am nächsten Tag noch gültig ist. Das geht ruck-zuck.

HINTER-NET!: Wie läuft Prozeß des Schreibens ab und wie kommst Du zu Deinen Themen?

TC: Mobil meistens. Ich bin Fernschreiber. Wenn ich von zuhause weg bin. Wenn ich im Zug sitze oder im Flugzeug und draußen bewegt sich was, das setzt in meinem Kopf was frei. Für diesen Krimi Huren, Hänger und Hanutas habe ich das Szenario in einer Nacht während einer Zugfahrt von Berlin nach Heidelberg gemacht. Säntimäntels Reise habe ich komplett im Caféhaus geschrieben.

HINTER-NET!: Es fällt mir schwer aus der Vielzahl Deiner Bücher ein Lieblingsthema zu erkennen. Gibt es Themen, die Dir besonders am Herzen liegen?

TC: Beim Schreiben von Romanen habe ich immer so ein Generalthema, witzig, daß das den meisten Leuten bei Sekt in der Wasserleitung überhaupt nicht auffällt, das Generalthema sind Idole. Was passiert, wenn Idole tot sind, wenn man sie nicht in Ruhe läßt, wenn man selber ein Idol wird und kriegt es eigentlich gar nicht so mit? Was passiert, wenn man Idolen zu sehr auf die Pelle rückt und was passiert, wenn sie zu weit weg sind?

HINTER-NET!: Wird das auch das Thema Deines nächsten Projektes sein?

TC: Ich arbeite gerade an einem neuen Roman, da geht es grob gesagt um die Übertragbarkeit von Mythen. Er handelt von einer Frau, die in Amerika lebt, etwas älter ist, zurück möchte nach Deutschland und von Amerika ein Stück mitnehmen will. Die Geschichte wird so weitergehen, daß dort drüben ein American Diner abgeschlagen und hier in Deutschland wieder aufgebaut wird. In einem Artikel im Magazin der Süddeutschen Zeitung stand mal eine ganz kleine Notiz von einem Typen, der macht das gerade. Mit dem hab ich telefoniert und treffe mich demnächst mit ihm, um rauszukriegen, ob das, was dort funktioniert, hier auch funktioniert und wenn nicht, warum nicht. Das Amerikanische ist ja nach wie vor ein prägendes Element hier. Mich hat es ja selber mit einer vollen Breitseite erwischt. Ich finde, es ist ein hochinteressantes Thema.

HINTER-NET!: Ich bin gespannt, zu lesen, ob die Diner-Transplantation gelingt.