Thumb – Thumb

Die Single enthält zwei Teile:

Intro von P.E.T.A. people for ethical treatment of animals. In verschiedenen Sprachen (25) spricht man sich gegen das Töten und den Mißbrauch von Tieren Ein eher klassisches Crossover/Hardcore-Stück der deutschen Formation Thumb in dem sie das Motto von P.E.T.A. herausschreien. Sie haben nicht nur dieses Stück, sondern auch ihre letzte Tour dem Motto »No more blood« gewidmet. Sicher eine gute und unterstützenswerte Aktion.

You should rather go naked than wear fur!

Thumb
Thumb
Spin/EMI

Butthole Surfers – Pepper

Waren die Butthole Surfers einst Aushängeschild des Undergrounds in Vollendung – denn sie machten das wonach ihnen der Sinn stand ohne Rücksicht auf Stilbrüche- sind sie nun ambitioniert auch mal Kohle mit ihrer Musik zu verdienen. Das ist sehr leicht nachvollziehbar, denn von Kult und ausverkauften Jugendzentren will man ab einem gewissen Entwicklungsschritt auch nichts mehr wissen.

Also, kein Ausverkauf sondern Ehrlichkeit. Es ist ja auch geradezu offensichtlich und fast schon platt, wenn MTV-Kompatibilität durch die Adaption Beckscher Stiltugenden erspielt wird. Der Rest der Single ist halt Füllmaterial und ein Remix des Titelsongs. Die volle CD hab ich noch nicht zu Ohren bekommen, wird aber insgesamt etwas weniger peinlich sein als dieser Versuch (der auch noch erfolgreich ist) den Fernsehschirm zu erobern.

Perfect – When Squirrels play chicken

Perfect ist die neue Band von Tommy Stinson, dem ehemaligen Bassisten und Gitarristen der Replacements. Während sich Paul Westerberg, kreativer Kopf der Replacements, auf seinen letzten Soloalben zumindest zaghaft um musikalische Veränderungen bemüht hat, greifen Perfect den Faden auf, den meine Minneapolis-Lieblingsband etwa 1987 freiwillig verloren hat: zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug rocken melodisch-rusikal ab. Spielstand auf dieser Vorab-EP zum neuen Album: 4:1 für die Kracher gegen die Balladen. Musik für T-Shirts, dünne Lederarmbänder und eisgekühltes Bier. Im Grunde habe ich eine Schwäche für sowas, aber mehr als gute Kneipenmusik ist das nun auch nicht.

Popkomm 1996-4

Ein kryptisches Köln-Tagebuch von Kai, Carsten, Roland, Axel, Wolfgang, Walter und Nicole

Sonntag 18-8-1988

Frühstückstip: 2 Donuts und ein Vanilleshake, nach einer Stunde ein Kölsch.

Auch wenn das Frühstück diesen Mittag sehr rudimentär, ausfiel, geizen die Kellner auf der großen Abschlußdiskussionsrunde doch nicht mit ihren Freigetränken. Hier wird einem das Kölsch geradezu in den Mund gekippt. Schon auf den Plakaten war das Podiumsgespräch mit Chefredakteuren und Fernsehverantwortlichen heftigst mit dem Hinweis auf die Gratisverpflegung beworben worden – vielleicht muß man so mit Journalisten und Messeteilnehmern umgehen.

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Popkomm 1996-3

Ein kryptisches Köln-Tagebuch von Kai, Carsten, Roland, Axel, Wolfgang, Walter und Nicole

Samstag, 17-8-1996:

Mehr als 2 Brötchen sind heute nicht drin. Das Frühstück findet heute etwas später als gestern statt und auch sonst wird es wohl kein leichter Tag werden. Aber das hätte ich schon die Nacht zuvor wissen können, als ich gegen 5.00 Uhr meine Luftmatraze enterte und der Wecker auf 10.00 Uhr stand. Passend zu meinem Befinden fallen die beiden Veranstaltungen, an denen ich heute teilnehmen wollte, erstmal aus. Musikfernsehen für Erwachsene und Der DJ als Gesamtkunstwerk scheitern – erstes laut Infozettel wegen der Zusammenarbeit von ONYX und VIVA (!?), zweites aus unbekannten Gründen.

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Peter Bagge – Mordsspaß mit Buddy und Lisa

Life after Grunge

Eigentlich ist diese ganze Generation X-Geschichte so abgenoggert, daß es kaum noch etwas dazu zu sagen gibt. Selbst die nachgerückte TechnoGeneration taugt kaum noch zur medialen Vermarktung. Aber mal ehrlich, wen scherts? Peter Bagge scheinbar nicht, der läßt immer noch BUDDY BRADLEY seinen Clinch mit der Welt austragen, ob das jetzt hip ist oder nicht.

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Popkomm 1996-1

Ein kryptisches Köln-Tagebuch von Kai, Carsten, Roland, Axel, Wolfgang, Walter und Nicole

Donnerstag, 15-8-1996:

Köln besteht aus vielen, vielen bunten Autos und ist gar nicht so groß, wie ich dachte.
Auf dem Deck der Sporthalle parken wir drei Wagen neben den Fantastischen Vier, die gerade aus einem richtig fetten Mercedes mit Stuttgarter Kennzeichen aussteigen, was mich irgendwie traurig stimmt. Nicht daß ich je etwas von ihnen gehalten hätte, aber als Hip-Hop-Crew aus dem Schwaben-Ländle einen Daimler-Benz zu fahren, zeugt nicht gerade von ausgefallenem Stilbewußtsein.

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Coco & the bean – Killing time

Yep, auch die Schotten und Schottinnen können wahrlich schöne Musik machen. Es muß schon ein schwer verrauchter Club gewesen sein, in dem sich dieses Trio zur ersten Session traf.

Die letztjährige Debütsingle wurde schon mit Lob überschüttet, die aktuelle kann voll mithalten. Funky, jazzy, groovy, eine schöne Stimme mit Rückenschauereffekt; da wartet man doch gerne auf den im Winter erscheinenden Longplayer. Aber auf dunkel-blauem Vinyl bitte! Eine würdige Fortsetzung der Tricky/Portishead Entwicklung. Killing Time ist in sechs verschiedenen Versionen enthalten, wovon mir persönlich der Radio Edit am besten gefällt.

Spacehog – In The Meantime

„In the meantime“ ist ein Stück, das alles hat, was ein Mega-Hit braucht, oder um genau zu sein: Was ein Glam-Rock-Hit braucht. Stadionrock, wie er scheußlich-schöner gar nicht sein kann. Zur Zeit mein peinlichstes Lieblingsstück.

Spacehog kennen den frühen David Bowie sehr genau, der Gesang erinnert streckenweise an Axl Rose und die Melodien im Refrain gehören eigentlich in ein Lehrbuch … Titel: Der Ohrwurm-Overkill.

Sollten Spacehog keinen kommerziellen Erfolg haben, dann stimmt etwas mit ihrem Management nicht. Oder mit mir.

Scare Crows – Seventeen (EP)

Stell Dir ein paar Jungs vor, die vor einigen Jahren Nirvana verehrten und den Gitarrensound von G’n`R in sich aufsaugt haben.

Dazu einen Sänger dessen Stimme der Bonos sehr ähnelt, nur daß Bono seine Stimme noch nie so eingesetzt hat ( Hey Leute, ich kann Bono auch nicht leiden, aber der Junge hier ist Klasse).

Songs, die wie gemacht sind um nach einer lauten Party (es wurde viel zu Offspring, Beck, RATM, etc. gejumpt) Nachts im Park zu liegen, die Sterne zu sehen, über das Leben, das Universum und den lächerlichen Rest zu sinnieren. Langsam wird es hell und die Musik läuft zur aufkommenden Dämmerung, Wasser plätschert zum Spiel der Acoustic; Melancholie produziert einen wunderbaren Schmerz. Der Rest ist egal, alles wird nebensächlich.

An einer Steilküste stehend (alternativ Hochhausdach) niemals »Mind, Mind, Mind« oder »Trip to Emerald Sea« spielen !!! Du springst, denn Du glaubst Du kannst fliegen!

Wo auch immer diese Jungs herkommen (angeblich Deutschland und USA), bitte laßt sie so schnell wie möglich einen Longplayer aufnehmen!!!

Lush – 500 (Shake Baby Shake)

Mittlerweile die dritte Auskopplung aus ihrem letzten Album ‚Lovelife‘ und auch hier gibt es keinen Ausfall. Das Klassenziel hat man in der britischen Pop-Liga als Neueinsteiger längst erreicht, meiner Meinung nach sogar übertroffen. Die Zeiten der schwindsüchtigen, noisigen Schwebemusik mit Engelschorälen sind vorbei und Lush eroberten gleich mit der ersten Single (sinnigerweise) ‚Singlegirl‘ Anfang des Jahres den Britpopmarkt im Sturm, liessen solche Bands wie Echobelly sogar auf der Strecke liegen. Wer demnächst ein Picknick planen sollte, darf auf keinen Fall die neue Lush zu Hause vergessen.

Einstürzende Neubauten – Stella Maris

Ambitionierte Kunst oder Kunstkacke? Da gibt es wohl nur Liebhaber auf der einen Seite und Hasser auf der anderen. Entwickelt haben sich die Jungs um Blixa Bargeld auf alle Fälle, weg von der Industrial-Schizo-Musik, hin zur brechtgeschwängerten Minne. Und alle die, die Germanistik studieren aufgepasst, dies ist ein lyrischer Leckerbisen, die Poesie kennt keine Grenzen. Damit wäre dann die zweite Frage fällig:

a) Trochäus, oder
b) Dactylus, oder
c) Jambus? 

Die Antwort bitte an die Redaktion und als Preis winkt die Reclam-Ausgabe von Goethes Faust in der Auflage von 1972.

Interview: Gary Floyd Band

die Alternative zur Alternative zur Alternative…

Jonathan Burnside (Gitarrist und Produzent der Gary Floyd Band) im Hinter-Net! Interview:

Die Anfänge

JB: Ich kannte Gary schon seit Jahren, ich habe die ersten Demobänder von Sister Double Happiness aufgenommen und das Album „Uncut“ produziert. Das Glitterhouse-Label fragte Gary, ob er nicht ein Soloalbum für sie aufnehmen wolle und Gary bat mich, dieses Album zu produzieren. Bei diesen Aufnahmen habe ich auch Gitarre gespielt und einige befreundete Musiker mitgebracht. Gary hat auch ein paar Leute mitgebracht und so haben wir diese Platte eingespielt, sie heißt „World of Trouble“.

Beim nächsten Album „Broken Angel“ arbeiteten wir dann wieder mit denselben Musikern, und das war so etwas wie der Beginn der Gary Floyd Band. Für Gary und mich waren diese beiden ersten Alben so etwas wie die Alternative zu der „alternative music“, die wir beide damals machten.

Weißt du, ich habe vier Alben der Melvins produziert, mit Consolidated gearbeitet, mit Steel Pole Bath Tub und einigen anderen Bands aus der Bay Area. „Broken Angels“ aufzunehmen war da sehr erfrischend für mich, und Gary ging es nicht anders.

Sister Double Happiness war eine großartige Band, sehr bluesy, aber eine Art heavy Blues. Wir sagten uns damals: Okay, laß uns zurückgehen zu den Ursprüngen, laß uns eine Platte aufnehmen wie man in den 50er Jahren aufgenommen hat, mit alten Mikrofonen, analoge Aufnahmetechnik usw. Um es kurz zu machen: Wir „verliebten“ uns in dieses Projekt und mit den Aufnahmen zum neuen Album „In a dark room“ wurde es unser Full-Time-Job.

In a dark room

Viele Leute sagen, diese Platte sei wieder eher eine Rockplatte. Das stimmt wahrscheinlich und vielleicht liegt es ja daran, daß wir die Gary Floyd Band jetzt als unsere Hauptbeschäftigung ansehen. Man könnte auch sagen: es ist jetzt die Alternative zur Alternative zur Alternative.

Hinter-Net!: Ist es richtig, daß die Musik zur neuen CD komplett im Hotelzimmer nachts nach Konzerten entstanden ist?

JB: Ja, absolut. Nimm z.B. den Song „Take my troubles away“: Wir spielten in Hamburg im Dezember, draußen tobten Schneestürme und wir mußten nach Lübeck fahren, obwohl wir dazu gar keine Lust hatten – nichts gegen Lübeck, aber wir fühlten uns wohl in Hamburg. In Lübeck dagegen empfing uns der Veranstalter mit den Worten: Heute wird wohl kein Zuschauer kommen, wegen des Sturms ist sogar der Verkehr zusammengebrochen.

Das war dann der Moment, an dem wir anfingen, uns richtig zu betrinken. Wir waren vollkommen blau, spielten vor den sieben Leuten, die im Publikum waren und fuhren durch die Dunkelheit in unser Hotel. Wir saßen in unseren Zimmern und fühlten uns isoliert, deprimiert – in einer solchen Situation kann sowas ja schnell geschehen. Ich versuche gerne, auch aus diesen Stimmungen etwas Positives rauszuholen und hab mir dann meine akustische Gitarre geschnappt und einiges an Musik geschrieben.

Hinter-Net!: Schreibst du auch Texte oder nur die Musik ?

JB: Nein, nein, Gary schreibt alle Texte. Es ist wirklich faszinierend mit ihm zu arbeiten, weißt du: Für mich ist das wichtigste an Musik die Emotionen, die ausgedrückt werden. Wenn ich die Musik zu einem Song schreibe, dann existiert da noch keine Story in meinem Kopf, sondern nur ein spezielles Gefühl, eine gewisse Atmosphäre. Schreibt Gary dann zu meiner Musik einen Text, dann trifft er fast immer genau dieses Gefühl, das ich beim Komponieren hatte.

Hinter-Net!: Auf den ersten Blick scheint es sich bei den Musikern auf „In a dark room“ um einen bunt zusammengewürfelten Haufen zu handeln: da ist Penelope Houston, Roddy Bottun (Faith No More) oder Jimmy Pugh.

JB: Es sind alles Freunde von uns. Das ist die Verbindung. In San Francisco sind alle Musiker aus der Szene sehr hilfreich und freundlich. Und die Stile, die sie mögen und in ihre Arbeit einfließen lassen, sind breit gefächert und so ist diese Vielfalt möglich.

Hinter-Net!: Wer ist jetzt eigentlich festes Mitglied der Gary Floyd Band ?

JB: Danny Roman, der schon Gitarre bei Sister Double Happiness gespielt hat, Gary Floyd und ich. Das sind die festen Mitglieder. Wir touren mit verschiedenen Musikern, mit solchen, die wir mögen und gerne dabei hätten und deren Verpflichtungen es zulassen. Momentan möchten wir gar keine feste Rhythmusgruppe haben, weil … die Bindung zwischen Gary, Danny und mir ist sehr stark, unsere Herangehensweise an Musik ist sehr ähnlich, wir denken und fühlen sehr verwandt und solange wir nicht Leute finden, die vergleichbar gut zu uns passen, wollen wir auch keine anderen festen Bandmitglieder haben.

Außerdem ist es für mich als Produzent ein echter Luxus, den Stil und den Sound eines Albums nur durch Garys Stimme und das Songwriting prägen zu lassen und nicht durch die Fähigkeiten und stilistischen Mittel bestimmter Mitmusiker. Du bist dadurch einfach flexibler und das ist toll.

Hinter-Net!: Spielt Gary live auch ein Instrument oder singt er nur ?

JB: Er singt und spielt natürlich noch Mundharmonika, er ist hervorragend mit der Mundharmonika. Und wie gesagt: Er schreibt alle Texte.

Songs und Texte

Auch als wir noch eher diese Country-Sachen machten, so wie auf „Broken Angels“, hatte Gary diese bestimmte Art, Texte zu schreiben. Er kann – wie übrigens viele Sänger aus dem Country-Bereich – ganz ausgezeichnet eine Geschichte erzählen, Atmosphäre aufbauen und Situationen schildern, die so realistisch wirken, daß du das Gefühl hast, du siehst diese Leute vor dir, von denen er singt.

Hinter-Net!: Auf der CD funktioniert das meiner Meinung nach besonders gut auf „Never felt Love“.

JB: Ja, das ist richtig. Diesen Song hat Gary über ein Mädchen geschrieben, die er des öfteren auf der Fahrt zu meinem Studio in San Francisco gesehen hat. Sie sah immer sehr traurig und fertig aus. Wahrscheinlich war sie eine Prostituierte, denn gelegentlich sah er einen Typ, der offenbar Geld von ihr kassierte. Sie hat diesen Song inspiriert.

Gary machte sich so seine Gedanken: Wie sieht ihr Leben wohl aus ? Er beschreibt in diesem Lied eine fiktive Person, eine Figur, die zu ihr sagt: hey, ich bin anders als diejenigen, die immer um dich herum sind, ich mache dich nicht fertig und traurig. Gary versucht immer, in seinen Songs eine positive Entwicklung zu zeigen. Ich meine, das Album heißt „In a dark room“ und ist sehr emotional, aber da ist auch immer eine Wende zum Positiven hin.

Hinter-Net!: Wer hat die Musik zu „Rejected Ones“ geschrieben ?

JB: Danny und Gary haben die Musik geschrieben. Im Original ist es ein akustischer Song, den wir für eine CD geschrieben haben, die komplett akustisch war und in begrenzter Auflage als Mailorder-only-CD erschienen ist. Davon haben wir zwei gemacht, also ist „In a dark room“ genau genommen schon unsere fünfte Platte.

Was ich besonders mag, ist wie Jimmy Pugh in diesem Stück diese Al-Kooper-Orgel spielt. Der ganze Song hat etwas von Bob Dylan.

Hinter-Net!: Das wollte ich auch gerade sagen. Aber „Rejected Ones“ erinnert mich auch ein bißchen an Creedence Clearwater Revival.

JB: God, what a great band. Wonderful !

Hinter-Net!: Was hat es mit dem Text zu „The Loss“ auf sich ?

JB: Er handelt von Aids. Die Namen, die in diesem Song auftauchen, sind Namen von Freunden, die an Aids gestorben sind. Die meisten Lieder über Aids handeln ja von Traurigkeit, und das ist hier natürlich auch der Fall. Aber in „The Loss“ geht es auch um Wut, you know, being pissed off.

Es ist nicht so, daß Gary immer über sein Leben schreibt, er möchte gar nicht so persönlich werden. Dieser Song ist da eine Ausnahme, er ist sehr persönlich, sehr aufrichtig.

Hinter-Net!: War es eine bewußte Entscheidung, eher düstere Texte auf dieser CD zu haben und habt Ihr sie deshalb „In a dark room“ genannt ?

JB: I like darker music, it makes me feel better. Deshalb mag ich auch Country mehr als Bluegrass, Bluegrass klingt immer so glücklich. Genau wie Melodic Punk, das ist nicht mein Ding.

„In a dark room“ ist in meinen Augen ein guter Name für dieses Album. Nicht nur, daß wir die Songs in dunklen Hotelzimmern geschrieben haben, auch die Aufnahmen im Studio haben sich immer mehr in den späten Abend und die Nacht verschoben. Das war keine Absicht, es hat sich einfach so ergeben.

Hinter-Net!: Mir ist aufgefallen, daß nicht das ganze Album so düster ist wie die Songs, die wir bislang angesprochen haben. Es gibt auch einige Stücke, die nicht so dunkel, nicht so dramatisch und ernst sind. Aber dieser Kontrast zwischen den einzelnen Liedern läßt die schweren, ernsten Songs noch kraftvoller und aussagekräftiger wirken.

JB: Es freut mich wirklich sehr, daß Du das sagst. Wenn du ein Album zusammenstellst mit verschiedenen Musikern, einem Sänger wie Gary, der viele unterschiedliche Sachen singen kann und einem Produzenten wie mir, der schon diverse Sachen produziert hat, dann fragst du dich, ob das alles überhaupt Sinn macht, ob es irgendwie paßt.

Heutzutage sind viele Platten sehr strikt auf eine Richtung hin ausgelegt. Nimm z.B. das weiße Album der Beatles, eine meiner Lieblingsplatten: Du findest da einen Song wie „Dear Prudence“ und auch einen wie „Helter Skelter“, die verschiedensten Dinge auf einem Album. Nicht nur deswegen ist es eine meiner Lieblingsplatten, aber auch das spielt eine Rolle.

Hinter-Net!: Wie hat sich der Übergang von Sister Double Happiness zur Gary Floyd Band denn genau vollzogen ?

JB: Es war kein Übergang im Sinne von Ineinander-Fließen. Sister Double Happiness haben sich aufgelöst und zwar definitiv. Die Band ist weder explodiert noch implodiert, sie ist einfach in ihre Bestandteile zerfallen.

Sister Double Happiness waren lange im Geschäft, haben einiges mitgemacht; sie waren bei Warner unter Vertrag, was eine schreckliche Erfahrung war und sie sind von all dem müde geworden. Wie Gary in einem früheren Interview sagte: It was fun, but it should have been funnier.

Hinter-Net!: Wie siehst Du Eure Akzeptanz, Euren Erfolg in Deutschland im Vergleich zu den USA ?

JB: Da gibt es nicht viel zu vergleichen: Wir haben uns früher in den USA überhaupt nicht um ein Label bemüht, weil wir das ganze auch eher als ein Projekt ansahen, das uns Spaß bringen sollte. Unsere Alben wurden in Deutschland veröffentlicht. In den Staaten gab es ein Blues-Label, das sich für unsere Musik interessierte, aber wir wollten nicht auf einem Label erscheinen, das ausschließlich Blues veröffentlicht.

Mit dem neuen Album hat sich da einiges verändert, wir sind jetzt eine richtige Band und suchen nun eine Plattenfirma, die „In a dark room“ in Amerika rausbringt.

Hinter-Net!: Glaubst Du, daß man in Deutschland nicht so schnell in eine Schublade gesteckt wird wie dies in Amerika der Fall ist ?

JB: Ich glaube schon. Hier stellt man uns nicht so oft solche Fragen wie: Früher habt Ihr Country gemacht, früher habt Ihr Blues gespielt, jetzt spielt Ihr dieses und jenes. Und wenn uns deutsche oder andere europäische Journalisten dazu befragen, dann hat es mehr mit ihrem Interesse oder Ihrem Fasziniertsein zu tun und nicht so sehr damit, daß sie dich unbedingt auf etwas festlegen wollen.

Hinter-Net!: Gary Floyd ist ja bekannt für seine charakteristische Stimme. Tut er irgend etwas, um seine Stimme zu pflegen, gibt es da irgendwelche Tricks ?

JB: Gary geht sehr vorsichtig mit seiner Stimme um. Du mußt aufpassen, wenn du eine solche Stimme hast, du mußt darauf achten, was du tust. Vor allem wenn du im Winter auf Tournee bist: Du kannst dich dann abends nicht einfach vollaufen lassen, in die Nachtluft hinausgehen und neun Schachteln Zigaretten rauchen und am nächsten Abend genauso kraftvoll klingen wie zuvor. Ich meine, er singt keine Tonleitern um zu üben oder sowas. Aber er ist vorsichtig. Er hat z.B. aufgehört zu trinken.

Hinter-Net!: Wie sehen die Pläne der Gary Floyd Band für die nahe Zukunft aus ?

JB: Nach diesen Presseterminen werden wir in die Staaten zurückkehren und eine Entscheidung über die Musiker treffen, die uns als Rhythmusgruppe begleiten werden. Ende August beginnt dann unsere Tour an der Westküste. In Europa werden wir im Oktober auf Tournee sein, bis November wird das dauern und wir werden auch in Deutschland spielen.

Melvins: Stag

Nach ihrem Meilenstein „Stoner Witch“ von 1994, der sich noch dazu hervorragend verkaufte, konnte man ja gespannt sein, ob und wie die Melvins ihr eigenes Universum weiter ausbauen und verfeinern würden.

Fanden die Aufnahmen zu „Stoner Witch“ noch im mehr oder weniger heimatlichen Hollywood statt, öffnen sich die Melvins jetzt anscheinend dem Jet Set. Die Bandmitglieder sind über den ganzen Erdball verstreut: Dale Crover lebt jetzt in Los Angeles, Mark D. freut sich in London und King Buzzo verblieb in der Stammheimat Washington. Man traf sich gelegentlich zu Sessions und vertraute ansonsten ganz auf die Kraft des Telefons. Das alles konnte die Band aber nicht davon abhalten, einen weiteren Meilenstein ihrer Karriere abzuliefern.

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Electric Rama – Go Deeper

Ganz nette Popmusik, die sicher im Radio bestehen kann.

Für, und mit wem, der Kopf dieser Formation, der Sri Lanknese Ramesh B. Weeratunga, bisher gearbeitet hat zeigt auch die grobe Richtung seines neusten Projektes, Electic Rama: Curt Cress, S. Oldfield, U. Meinecke, Münchner Freiheit.
Die 25 Jahre die er in Deutschland lebt, sind nicht spurlos an seiner Musik vorüber gegangen. Die asiatisch-, ethno-orientierten Elemente sind nicht gefühlvoller eingebaut worden als von anderen Mitteleuropäeren vor ihm. Klingt so nach: Laß uns doch etwas geheimnissvoll, fremd klingendes einbauen. Die gleichen Bestandteile haben wir aber schon in den 70ern gehört. Wie gesagt, im Radio kann’s laufen.

Dead can dance: Spiritchaser

Um es vorweg zu nehmen: Ich bin alles andere als ein Freund von World-, Ethno- oder so was Musik. Erinnert mich zu sehr an langweilige Songs von Paul Simon, P. Gabriel oder sonstige Holländisch-Afrikanische oder Deutsch-Indische »Musikprojekte«. Es gab schon zu viele Musiker die von ihrem Indien-Besuch eine Sitar mitgebracht haben um uns die Ohren mit unglaublich überflüssigen Fusion-Sessions zu ruinieren.

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Gigantomanie der guten Laune

Ich weiß nicht, wie es ist, die Love Parade live zu erleben. Vor der Mattscheibe sitzend löst der organisierte Frohsinn jedenfalls eigenartige Assoziationen aus: Menschen stehen auf fahrenden Wagen und hampeln rum, unten tummeln sich hunderttausende an der Strecke und sind gut drauf. Am Reporter-Mikrofon spielen sich zwei gut aufgelegte Pappnasen die verbalen Bälle zu und sprühen geradezu vor Originalität und Raffinesse. Und wenn die Kamera mal durch die Gegend schwenkt, dann sehen wir in erster Linie Titten und Ärsche. Woran erinnert das? Genau – an den Karneval. Ob in Rio, Mainz-Gonsenheim oder Berlin: Es geht doch nichts über die Gigantomanie der guten Laune.

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