Neil Young & Crazy Horse – Weld

„Das ist so ’ne Art Best-of als Live-Album.“ So bekam ich diese Platte in meiner Schulzeit angepriesen. Und weil Neil Youngs „Farmer John“ zu unseren ersten Party-Hits gehörte, lieh ich mir die „Weld“ Doppel-CD. Weil sie auf eine 90er-Kassette passen sollte und ich dem Altrocker im Baumwollhemd noch nicht so richtig traute, blieb ich auf Jahre teilerleuchtet: Songs, die ich heute liebe, rockten mir damals spontan nicht genug. Die sehnsüchtige Hippie-Romanze “Cinnamon Girl” erschien mir als Rock-Schlager, “Powderfinger” erinnerte mich nur an Indianer-Ferienspiele mit Tipi & Schminke oder das entsprechende Was-ist-was-Buch.

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Verona – probeweise

Das Fernsehen ist schon eine tolle Sache, weil man da miterleben kann, wie sich auf dem Kultursender 3sat Roger Willemsen irgendwie gierig auf seinem Sessel vorbeugt und einen blondgefärbten Burkhard Driest mit irgendwie aufgeregt kehliger Stimme fragt, ob er schon mal versucht habe, sich selber eine Masturbationsvorlage zu schreiben.

Das war doch wahrscheinlich ein großer Moment dieses Mediums: Roger Willemsen, sich mit einem nur ganz leicht pennälerhaft verschwitzten Satyrgrinsen mal eben in Verona Feldbusch verwandelnd, vielleicht nur so zur Probe. Und vielleicht war sein Gesprächspartner, falls das ein Gespräch gewesen sein sollte, auch gar nicht Burkhard Driest, es ist mir ehrlich gesagt vollkommen schnurz.

Robin Detje: Der Erste der niederen Sachsen in Berliner Zeitung 12.6.98

Janet Evanovich – Einmal ist keinmal

Das Leben meint es im Moment nicht gut mit Stephanie Plum. Vor sechs Monaten hat sie ihren Job als Dessousverkäuferin verloren und seitdem nichts Neues gefunden. Der Kühlschrank ist leer, die Möbel verpfändet und das Auto wurde konfisziert. Aber zum Glück hat sie eine große Familie. Vetter Vinnie betreibt ein Kautionsbüro und sucht eine Aushilfe. Als sie dort vorbeischaut, ist der Bürojob zwar schon weg, allerdings liegt gerade einer der hauseigenen Kopfgeldjäger mit Blinddarmdurchbruch im Krankenhaus. Dank Stephanies intimer Kenntnisse über Vinnies Sexleben kann sie als Vertretung einspringen.

Gesucht wird Joe Morelli, Kopfgeld 10000$. Um es komplizierter zu machen, ist dieser zwar ein alter Bekannter von Stephanie, gehört aber eigentlich in die Kategorie ‚Wiedersehen macht keine Freude‘. Von keinem richtig ernstgenommen, begibt sie sich auf die Suche nach Morelli und stolpert, wie es so üblich ist, in einen undurchsichtigen Fall voller Gewalt und Psychopathen. Außerdem nevt ihre spießige Mutter und ihre Oma entwickelt ein untypisches Verhalten für ihr Alter…

‚Einmal ist keinmal‘ von Janet Evanovich ist ein netter Krimi. Vielleicht ein wenig zu nett. Der darauffolgende Band der Stephanie Plum Reihe, ‚Zweimal ist einmal zuviel‘ (Ob sich der Titel auf die Fortsetzung der Reihe bezieht?!) folgt einem ähnlichen Schema wie der erste. Stephanie ist zwar etwas routinierter geworden und die Bösewichter noch kranker im Hirn, aber sonst gibt es keine Überraschungen. Wie schon gesagt: Alles sehr nett, ‚Einmal ist keinmal‘ ist spannender als ‚Zweimal ist einmal zuviel‘ und das Gute triumphiert zum Schluß. Aber Gott sei es gedankt, ein weiblicher Colt Seavers wurde nicht geboren. Das wäre nun wirklich auch zuviel gewesen. So gesehen ist die gute Stephanie ein erfrischender Neuzugang im Reigen der Gangsterjäger.

Janet Evanovich
Einmal ist keinmal
Goldmann 12,90 DM
ISBN 3-442-42877-7
Zweimal ist einmal zuviel
Manhatten by Goldmann 20,00DM
ISBN 3-442-54027-5

Kleine Randnotiz: Dank verlagstechnischer Organisationsfähigkeit ist der zweite Band zuerst in deutscher Übersetzung als Taschenbuch erschienen, aber das kann ja mal passieren.

Kiss or kill

Das junge Liebespaar Nikki (Frances O’Connor) und Al (Matt Day) hat sich darauf spezialisiert, Geschäftsreisende auszunehmen. Während Nikki die Männer an der Hotelbar anspricht und sie auf deren Zimmern betäubt, kommt Al nach, um sie um ihre Wertsachen zu bringen. Doch eines Tages geht etwas schief, denn ein Anwalt verträgt die Dosis leider gar nicht. Schnell packt das Pärchen Brieftasche und Aktenkoffer und macht sich aus Angst vor Bestrafung aus dem Staub. Kurz vor dem Verlassen der Stadt öffnen sie ihre Beute und finden ein Video, das einen populären Fußballstar als Päderasten entlarvt.

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The Replacement Killers

Bei Asia-Syndikats-Chef Mr. Wei (Kenneth Tsang) laufen die Fäden des organisierten Verbrechens in L.A. zusammen. Deswegen mag Auftrags-Mörder John Lee (Chow Yun-Fat) ihm auch die Bitte nicht abschlagen, den Cop Zedkov (Michael Rooker) zu erledigen. Zumal es der letzte Auftrag in dieser Richtung sein soll, auf dessen Nichterledigung die Todesstrafe für John und seine Familie daheim in Hong Kong steht. Doch der Zuverlässigkeit des coolen Profikillers sind Grenzen gesetzt, als er aus sentimentalen Gründen einfach nicht abdrücken kann. Nun muß John so schnell wie möglich das Land verlassen.

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Firestorm – Brennendes Inferno

„Smokejumper“ nennen sich in Amerika die furchtlosen Damen und Herren, die sich per Fallschirm in Brandherde absenken, welche mit üblichen Methoden nicht mehr gelöscht werden können. Auch Jesse (Howie Long) und sein Team bilden eine Smokejumper-Einheit und werden zu einem lodernden Waldfeuer gerufen. Noch wissen sie nicht, daß es sich keineswegs um eine natürlich entstandene Katastrophe handelt. Vielmehr hat der gerissene und skrupellose Sträfling Shaye (William Forsythe) die Flammen durch Helfer legen lassen, um so dem Hochsicherheitsgefängnis zu entfliehen. Zu Löscharbeiten werden nämlich regelmäßig Häftlinge herangezogen, was Shayes Meinung nach eine gute Grundlage für ein gefahrloses Entkommen bietet. Zusammen mit einigen eingeweihten Mitinsassen verkleidet er sich als Feuerwehrmann und tritt den Gang in die Freiheit an.

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Fischmob: Power

Der Sommer groovt aus allen Poren, und den Soundtrack dazu liefern heuer Fischmob, deren Namen man sich mal in seinen Einzelteilen auf der Zunge zergehen lassen muß: Cosmic DJ, der Schreckliche Sven, Stachy (sprich: Stachi) und Koze (sprich: Kotze). Auswendig lernen und dreimal täglich vor den Mahlzeiten aufsagen!
Engel können fliegen, weil sie sich leicht nehmen, alle anderen (Menschen, Nashörner, Elefanten etc.) müssen leider unten bleiben. So ähnlich ist das auch mit Hip Hop vs. Rap: während letzterer ausgeprägte Bodenhaftung aufweist, kommt ersterer beschwingt auf kleinen Luftkissen daher und steigt auf in schwindelnde Höhen über den Wolken, wo die Freiheit mutmaßlich grenzenlos ist.

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David Munyon – Poet Wind

Neue Folge der Reihe „David Munyon – bester Singer-Songwriter der Welt“, heute: Wohin die Winde wehen… Nach seinem kargen solistischen Ausflug vor zwei Jahren hat Munyon nun wieder eine Band im Rücken- und die tut seiner Musik gut – bei allem Respekt vor dem kompositorischen Talent des Meisters, aber so „ohne alles“ sind die Songs wenig tragfähig, mit Band klingt´s einfach satter!

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Atcha Acoustic – From Lhasa To Lewisham

Atcha Acoustic sind: Chris Jagger, Charlie Hart & Ben Waters:
Gut, daß er mit seinem Bruder Mick nicht (mehr) viel zu tun hat. Denn der würde sicher im Dreieck springen, wüßte er, was Chris von seiner und artverwandter Musik so hält: „Ich höre nicht viel Rockmusik. Ich finde elektrische Gitarren ziemlich langweilig.“

Dabei verzichtet Chris Jagger bei seinem Trio-Projekt Atcha Acoustic keineswegs auf E-Gitarren. Doch werden diese ganz unaufdringlich, aber effektiv von Ed Deane (remember Gay & Terry Woods!) und Pete Ridley eingesetzt, und zwar auf dem jüngsten Album „From Lhasa To Lewisham“.

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Frau Rettich, die Czerni und ich

Deutsche Komödien sind im Allgemeinen nicht gerade das, was man als einen Ausbruch von Humor bezeichnen könnte. Im Grunde fehlen den meisten von ihnen die nach amerikanischem Vorbild künstlich eingespielten Lachsalven, damit man weiß, an welchen Stellen der Scherz geplant war. Ein neuer Versuch in diesem Genre stammt von Markus Imboden. Weiß man um seine Vergangenheit als Absolvent eines Studiums in den so aufregend anmutenden Fächern Germanistik und Geschichte, Regisseur bei Serienproduktionen wie „Der Fahnder“, „Polizeiruf 110“ oder gar „Bella Block“, schwant einem Übles. Doch seine Umsetzung des Bestsellers „Frau Rettich, die Czerni und ich“ aus der Feder der ehemaligen Titanic-Redakteurin Simone Borowiak ist erstaunlich leicht und frisch.

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Live: Willie Nelson

Köln, E-Werk, 10.05.1998


Shakehands stundenlang…

Wenn Willie Nelson, Marihuana rauchende Country-Legende, mittlerweile fast 65-jährig und damit mit dem „unweigerlichen Abbau von Nierenfunktion, Augenlicht, Kniegelenken und sexuellem Ap- petit“ („Rolling Stone“) konfrontiert, neben Johnny Cash, Waylon Jennings und Kris Kristofferson einer der berüchtigten Outlaws der Country-Szene, in seinem hohen Alter noch mal auf Tournee geht, dann läßt man sich natürlich nicht zweimal bitten und setzt alle Hebel in Bewegung, um dabei zu sein. (Je älter der Künstler, desto länger die Sätze!) Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Ticket-Bestellung („Willie-wie war nochmal der Nachname?“) und dringend fälligem Ölwechsel stand der ganzen Sache dann nichts mehr im Wege und ich fand mich in der 5. Reihe im Kölner E-Werk wieder. Etwas abgehetzt zwar, aber für’s Erste zufrieden.

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Guildo

Guildo Horn – Superstar. 71% aller Deutschen halten ihn für ein Medienprodukt und wie sollten sie auch nicht. Nach dem Sieg in der nationalen Vorausscheidung war die Berichterstattung heftiger als man sie bei einem neuen Golfkrieg hätte erwarten können. And the hype goes on and on and…

Nach der Walpurgisnacht der Abend des (Hexen-)Meisters: Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, war es soweit – die Zeitenwende im Personenkult. Früher widmete man diesen Tag dem bekanntesten Sohn der Stadt Trier: Karl Marx. Heute hat Trier einen anderen bekanntesten Sohn und der hat sich diesen Tag gleich mit unter den Nagel gerissen.

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Gang Starr: Moment of Truth

They’re back! Schon nach der Vorab-Single „You know my Steeze“ konnte man ja schon auf Großes hoffen. Wie schon erwartet geht es hier um die Grundwerte des „Underground“-HipHop. Erwartet deswegen, weil Puff Daddy mittlerweile auch schon den letzten Track seines Albums als Single und Heavy- Rotation-Video ausgekoppelt hat und sich langsam auch in Deutschland Epigonen finden, wie Moses P und sein ganzer 3p-Klan, der ja mittlerweile schon ein Lächerlichkeits-Level erreicht hat bei, dem mir fast schon das Lachen im Hals stecken bleibt. Aber bevor ich mich schon gleich am Anfang verzettele: Back to Program.

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Jonas: september sex relationship

Jonas ist eine vierköpfige Band aus Niedersachsen. Laut Label-Info entstammen sie „der Generation, die mit Grunge, nicht mit Indie-Rock aufgewachsen ist.“ Das bedeutet nun zweierlei:
1.) Die Jungs sind wirklich blutjung, d.h. zwischen 17 und 19 Jahren alt.
2.) Da sie noch mit Aufwachsen beschäftigt sind bzw. seitdem nicht viele Musiktrends erlebt haben, fühlen sie eine enge Bindung zu den Klängen, die den Abgesang ihrer Kindheit und das Heraufdämmern jenes Unheils begleiteten, was manche Leute „Leben“ nennen, und sie pflegen diese Bindung. Kurz gesagt: Jonas spielen Grunge-Rock.

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