Merry Christmas oder You’ll be next, Johnny!

Warren’s Schwur, Band 1: Das neunzehnte Opfer

Es hätte so schön werden können. Jonathan Rowland ist auf dem Weg nach Hause. Es ist Weihnachten, und er hat noch schnell ein Geschenk für seine wartende Freundin besorgt. Er ist glücklich und ahnt nichts von dem kommenden Unheil. Der Geist dieser Weihnacht kann ihn nicht schützen. Denn schon seit Jahren ist ihm Warren Wednesday auf der Spur, um seinen Racheschwur erfüllen zu können. Jonathan ist der letzte auf Warren´s Liste. Warren bricht in Jonathan´s Idylle ein und sticht ihn und seine Freundin nieder. Damit wäre die Geschichte eigentlich schon vorbei, wenn da nicht etwas Unvorhergesehenes geschehen würde.

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The Prodigy: Fat of the Land

Wenige Alben wurden im Sommer so begierig erwartet wie die jüngste Scheibe von „The Prodigy“ – war es doch schon einige Zeit her, daß die englische Band mit „Music for the jilted Generation“ die Szene in Aufruhr versetzt hatte. Mastermind Liam Howlett arbeitete über ein Jahr an der Scheibe, und: Es hat sich gelohnt. „Smack my bitch up“, „Breathe“ und „Firestarter“ sind, mittlerweile ein halbes Jahr später, zu Hits geworden, gehören zum Standardrepertoire jedes Prodigy-Fans.

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Annette Meyhöfer: Dieser Kater wäre einen Rausch wert gewesen

Spätestens seit Selim Özdogans Erzählung ‚Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist‘ ist dieses Phänomen bekannt: Bücher, deren einzige kreative Idee im Titel erscheint. In diese Kategorie reiht sich auch die Sammlung von Erzählungen der Kulturjournalistin Anette Meyhöffer ein, die unter dem Titel DIESER KATER WÄRE EINEN RAUSCH WERT GEWESEN erschienen ist. Der rote Faden, der sich durch die Stories zieht, ist das Dilemma der Ich-Erzählerin, einer kulturell ambitionierten und intellektuell gebildeten Frau mitte dreißig, die versucht, mit der Haute Volée mitzuhalten, aber ihr Scheitern in diesem Bereich frustriert zur Kenntnis nimmt. Das Schlimmste ist jedoch ihre Erkenntnis, daß sogar den Doofen und Ungebildeten dieser Welt das gelingt, was ihr partout nicht gelingen will: eine aufregende und gleichfalls verläßliche Beziehung aufzubauen.

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Ben Elton – Popcorn

Der Kultregisseur Bruce Delamitri steht am Ziel seiner kühnsten Träume. Soeben wurde er in den Olymp der Hollywoodgötter aufgenommen. Für seinen neusten Kinoerfolg, eine Mischung aus Natural Born Killers und Pulp Fiction, bekam er den Oskar. Er leistet sich zwar den Luxus, die Auszeichnung als lächerlich zu bewerten, aber sie war in seinen Augen schon längst überfällig.
Den Angriffen auf seine Filme als gewaltverherrlichend und gewaltfördernd begegnet er mit der Arroganz des intellektuell Überlegenen. Seiner Meinung nach stellt er schon vorhandene Realität dar, außerdem hätten seine Filme selbstverständlich keinerlei negativen Einfluß auf irgendjemanden.

Dummerweise treibt sich auf den Straßen ein Killerpärchen herum. Von den Medien sinnigerweise die Mall-Killer genannt. Wayne und Scout morden mehr oder weniger sinnlos durch die Gegend und gehen dabei mit äußerster Brutalität und Kaltblütigkeit vor (Natural Born Killers läßt grüßen!). Nach der Fernsehübertragung eines Interviews mit Delamitri kommt Wayne eine brilliante Idee zu ihrer Rettung. Dazu müssen sie dem Regisseur aber einen Hausbesuch abstatten…

Popcorn ist eine bitterböse Geschichte über die allzu menschliche Eigenschaft die Verantwortung für eigene Handlungen auf andere abzuschieben. Gottseidank ohne moralischen Zeigefinger, sondern mit sehr viel Sarkasmus und Ironie geschrieben. Nebenbei rechnet Ben Elton mit den Medien und den Hollywoodgöttern ab. Dieses Buch lege ich jedem wärmstens ans Herz, der schwarzen Humor für die einzig wahre Art der Unterhaltung hält. Allen anderen natürlich auch.

Ben Elton
Popcorn
Goldmann 20,00 Deutschmark
ISBN 3-442-54018-6

Grant McCracken: Big Hair – Der Kult um die Frisur

Man sollte keine Frau auch nur in die Nähe einer Flasche Bleichmittel lassen. Es ist genauso wie mit dem Feuerwasser bei den Indianern. Sie wissen einfach nicht, wann sie aufhören müssen.
Charles Revson, 1961

Hunderttausende von Jahren ist es bereits her, seit die Evolution beschlossen hat, im Stammbaum der Primaten eine Abzweigung einzufügen und ein zweibeiniges Lebewesen auf den Weg zu schicken, das sich in seinem Verhalten zuweilen nur geringfügig von seinen Brüdern und Schwestern unterscheidet: den Menschen. Vieles ist geblieben, beispielsweise die Vorliebe für Bananen und der Hang zu zeitaufwendiger Körperpflege. Obwohl der Hang zur Hygiene bei bestimmten Bevölkerungsschichten bis in die Gegenwart erfolgreich unterdrückt wurde, blieb ein Rudiment aus den Primatenzeiten der Zweibeiner unablässiger Quell für Ärgernisse aller Art: Haare.

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Polka – Die Macht von Orpheus

Also irgendwie kann man langsam den Eindruck gewinnen, die Gegenwart sei die wohl ödeste Gegenwart seit langem, und einen Ausweg aus der Langeweile verheißt nur die Zukunft. Jedenfalls scheint es vielen Autoren und Zeichnern so zu gehen. Trendy ist momentan, ach was momentan, eigentlich schon seit dem Orwell-Revival im Jahr 1984, in das auch die Geburtsstunde des Cyberspace fällt, die nahe Zukunft. Die visionäre Ungestümtheit der Science Fiction Autoren der Fünfziger, Sechziger und Siebziger Jahre scheint vorbei, und die Autoren von heute halten sich lieber an das, was in den nächsten fünfzig Jahren eintreffen könnte.

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Batman – Schwarz auf Weiß

Comic als Charakterstudie

Interessiert an zwanzig verschiedenen Batmen? Dann ist Batman – Schwarz auf Weiß das Richtige!

Batman ist einer der populärsten und vielschichtigsten Charaktere im Superheldengenre. Zumindest für mich ist er der faszinierendste Superheld. Batman ist definitiv kein Strahlemann wie Kollege Superman. Zwar ein Guter, aber eben der dunkle Ritter. Wobei die Betonung manchmal auf dunkel oder auf Ritter liegt. In Batman-Schwarz auf Weiß haben sich nun mehr als zwanzig bekannte Künstler (z.B. Bruce Timm, Katsuhiro Otomo, Moebius uva) daran gemacht, eigene Interpretationen von Batman zu entwerfen. Beispielsweise: Batman der Detektiv, der Actionheld oder schlicht der Kämpfer gegen das Böse. Aber Batman wird auch in seiner Besessenheit, als Funktionsträger und in seiner Einsamkeit dargestellt.

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Smoke City

Dieser Artikel handelt von einer Band namens Smoke City. Smoke wer? Smoke City, die von „Underwater Love“, der Song aus der Levis-Werbung mit dem Typ, der aus dem Boot kippt und den Nixen. Ach so, die.
Das riecht verdächtig nach einer klassischen One-Hit-Wonder-Karriere, aber Smoke City haben es besser verdient – ein Grund mehr für Hinter-Net!, die Gruppe im Interview zu fragen, wie sie zu dem wurden, was sie sind.

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Dallas Barr – Unsterblichkeit zu verkaufen

Inzwischen ist es nicht mehr so außergewöhnlich, daß Papis Tochter den neuen Kleinwagen als Geschenk zum bestandenen Abitur verschmäht und sich stattdessen einen langgehegten Mädchentraum erfüllt, die heißersehnte Stupsnase oder eine optimal ausgepolsterte Oberweite. Der Wunsch nach Schönheit ist zu einer Sucht geworden, die biologische Unzulänglichkeiten nicht mehr akzeptiert. Neben der kosmetischen Chirurgie boomt der Markt mit allen möglichen Behandlungsmethoden, die den Alterungsprozeß aufhalten sollen. Doch allen Anstrengungen und allem Hype der Pharmaindustrie zum Trotz, sehr nahe ist man dem Ziel von der ewigen Jugend noch nicht gekommen.

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Batman – Wahnsinn in Arkham

Klar, irgendwann mußte es soweit kommen. Batman schnappt über und wird in die Irrenanstalt Arkham eingeliefert. Eigentlich kein Wunder, bei dem nervenaufreibenden Kampf, den Batman nächtelang gegen Gothams Unterwelt führt. Aber seltsam ist das Ganze trotzdem.

Kann Batman so umnachtet sein, daß er einen Cop tötet? Oder ist seine Einlieferung nur ein Trick. Denn in Arkham sitzen die meisten seiner irren Gegner und in Gotham werden Morde verübt, die die Handschrift eines der Insassen tragen. Ich sage nur: Come in and find out!

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William S. Burroughs – Agent in eigener Sache

Viele haben überhaupt nicht mehr damit gerechnet, doch das Unwahrscheinliche ist eingetreten: Am Sonntag dem 3. August 1997 starb der Übervater der Underground-Kultur William Seward Burroughs im Alter von 83 Jahren an Herzversagen.

Foto William Seward Burroughs

Burroughs, Kammerjäger, Privatdetektiv und schließlich Schriftsteller, ist seit seinem ersten öffentlichen Auftreten Ende der Vierziger Jahre zu einer generationenübergreifenden Kultfigur des Undergrounds geworden. In den Fünfziger Jahren und in den Roaring Sixties wurde er zur grauen Eminenz der Beat Generation. In den Siebzigern wurde er zur Ikone der Popwelt, und nachdem es in den Achtzigern etwas ruhiger geworden war um den zerknitterten alten Mann in seinem Buchhalteranzug, tauchte er in den Neunzigern wie ein Phönix aus der Asche und wurde auch von den jüngsten Wilden der Popfraktion hofiert. Fast alle seine Mitstreiter und Jünger hat er überlebt: Jack Kerouac, Allen Ginsberg, Nico, Andy Warhol, Frank Zappa, Kurt Cobain und seine deutsche Epigone Jörg Fauser. Einer, der in dieser Verlustrechnung vorkommt, aber fast immer unerwähnt bleibt, ist sein Sohn William Burroughs Jr.. Ihm erging es wie den anderen. Sie alle haben ihm gehuldigt, ihn imitiert und keiner hat ihn überlebt. Was bei vielen auch daran lag, daß sie seinen exzessiven und selbstzerstörerischen Lebensstil kopierten und sich damit zugrunde richteten. Was war dran an diesem mumienhaften Mann, der sie alle in seinen Bann schlug und der heute auf einer 29 Cent Briefmarke abgebildet ist?

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Heya Safari

„Bei einem Wasserloch fuhren wir – so dicht wie an einer Parkhauskasse – an einem Paar männlicher Löwen vorbei. (…) Sie schienen sich nicht um uns zu scheren. Einer erhob sich gelangweilt, ging ein paar Schritte, pinkelte und legte sich – ohne Rücksicht auf die Eleganz, die westlich erzogene Menschen so an der afrikanischen Wildnis bewundern – mitten in der Pisse wieder auf den Boden. Am Ende dösten die Löwen ein, ihre Köpfe unrhythmisch nickend, als würden sie bekifft alte Nirvana-Platten hören. Grunge-Löwen eben.“

aus P.J.O’Rourke: Tete á tete in Tansania, in: Rollings Stone 7/97

Jackie O. Der Fan und sein Star

Würden alle Bücher nur von den wichtigen Dingen des Lebens handeln, wären die meisten nie geschrieben worden – dabei sind die überflüssigsten oft die besten!

So überflüssig wie lesenswert ist die mit zweijähriger Verzögerung erschienene deutsche Ausgabe von „Jackie O. Der Fan und sein Star“, ein Werk des Amerikaners Wayne Koestenbaum, nebenbei Dozent für englische Literatur, hauptsächlich aber glühender Jackie-Verehrer! „Jackie“ meint natürlich Jacqueline Kennedy Onassis, die mit Marge Simpson übrigens den Mädchennamen „Bouvier“ teilt.

Das war´s dann aber auch schon an Gemeinsamkeiten, denn während Marge auf ein stupides Hausfrauendasein im Kreise ihrer debilen Familie zusteuerte, heiratete die junge amerikanische Fotoreporterin französischer Abstammung einen aufstrebenden demokratischen Senator, wurde bald darauf First Lady der USA und ebenso schnell Witwe, heiratete einen häßlichen, griechischen Milliardär, wurde wiederum Witwe und arbeitete bis zu ihrem Krebstod 1994 in New York als Lektorin. Noch Fragen? Vielleicht nach Hinterlassenschaften, überlieferten Statements, einem Werk? Fehlanzeige!

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Radiohead – OK Computer

Ok Computer - Radiohead: Musik

Eigentlich hatte ich mit dem Rezensieren von Tonträgern abgeschlossen, erschien mir die Flut von zahllosen Veröffentlichungen so groß, daß sich nur wenige Platten von dem Grand Oeuvre abzuheben schienen. In diesem Fall blieb mir keine andere Wahl: Ich muß hier und jetzt eine überlange Rezension ins Auge fassen, da es sich bei ‚OK Computer‘ um einen der besonderen Momente im heutigen Musikgeschehen handelt.

Schon die ersten beiden Alben von Radiohead, ‚Pablo Honey‘ (1993) und (vor allem) ‚The Bends‘ (1995) waren Ausnahmeerscheinungen in der ansonsten von heiteren Klängen reich gesegneten britischen Musikszene. Die Parameter der Radioheadschen Herangehensweise stehen dem experimentellen Rock viel näher, als daß man sie einfach in die gängige Britpopschublade stopfen könnte. Harsche und laute Gitarren (gleich drei Gitarristen), ein oftmals mächtiges Schlagzeug, das ganz und gar nicht raven mag und – darüber thronend – der einzigartige, stark expressive Gesang Thom Yorkes.

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Kalkutta liegt am Ganges…

„In keiner Millionenstadt der Welt sind die Mieten so billig wie in Berlin. Nach drei Wochen Wohnungssuche habe ich letztes Jahr über Inserat meine 100 Quadratmeter Wohung in gutbürgerlicher Umgebung gefunden, mit Balkon, Parkett und Zentralheizung für 1.000 Mark. Für sowas kann man in Kalkutta lange suchen. Ja, es gibt sie immer noch, die 164-Mark-Wohnungen mit Ofenheizung und Toilette indisch (jenseits des Ganges).

Billige Mieten haben aber auch schlimme Folgen für die Stadt: Die schrecklichen Berliner Künstler, die seit Jahrzehnten rostige Eisenplatten zusammmenschweißen und es irre lustig finden, als schräge Dilletanten-Combo ihre Gitarren nicht spielen zu können, oder einen experimentellen Super-8-Film nach dem andern zu verwackeln oder Recycling-Mode aus Müllsäcken zu basteln. Zu Recht landen diese Künstler dann bei Arabella Kiesbauer als „Schrilli der Woche“. Und das ist wohl die niedrigste Lebensform, in der man auf dieser Erde existieren kann. Diese Berliner Künstler können nur dank des billigen Wohnraums immer weitermachen. Denn von dem Schmarrn kann man natürlich keine teure Wohnung bezahlen …

Ja, billige Mieten sind gefährlich.“

Lorenz Schröter in JETZT – das Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung, vom 21.07.97.

Wilco: Outtasite (Outta Mind)

Die Geschichte von Wilco-Jeff Tweedy, Son Volt-Jay Farraw und Uncle Tubelo setze ich einfach mal als bekannt voraus und konzentriere mich auf die Singleauskopplung „Outtasite (Outta Mind)“ von Wilco aus dem aktuellen Album „Being there“. (Sollte obige Annahme nicht zutreffen, legt dem Plattendealer eures Vertrauens unaufgefordert 30 Affen auf den Tisch und stammelt die Worte „Uncle Tubelo – Anodyne – Rausgekommen bei Sire Records/Reprise Records – Haben müsen“)

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