Beck: Odelay

Vorbei sind die Tage des Homerecordings: schon lange hat der Lo-Fi-Bastler Beck Hansen seine Vergangenheit begraben, genau gesagt mit der Veröffentlichung von ‚One Food In The Grave‘, eine Post-‚Mellow Gold‘-Collection alter Krach und Folk-Implosionen. Nur allzu verständlich wird dem Erfolg von ‚Loser‘ Nachschub geleistet und da heutzutage die Mittel und Gelder vorhanden sind, dürfen die Dust-Brothers (u.a. Beastie Boys) an den Knöpfen drehen, um den Weirdo-Sound recht in Szene zu setzen.

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Meret Becker: Noctambule

Das Multitalent Meret Becker legt mit „Noctambule“ nun auch ihr Debüt als Gesangskünstlerin vor. Unterstützt wird sie hierbei von befreundeten Musikern und Musikerinnen und ihrem mittlerweile Ehemann Alexander Hacke, dem Gitarristen der Einstürzenden Neubauten. Diese wurden ja bereits vom „Spiegel“ 1989 als der „als Edel-Avantgarde begehrteste Exportartikel deutscher Kultur“ bezeichnet. Und deutsches Kulturgut ist auch auf der vorliegenden CD zu hören. Das Eröffnungsstück von „Noctambule“ hat den passenden Titel „Schwarz“ und trägt typische Merkmale der Musik der Einstürzenden Neubauten, zu düsteren Klängen klagt Meret eindringlich gegen das Verlassenwerden.

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Robert Forster: Warm Nights

Das Schicksal geht manchmal seltsame Wege. Da verschlägt es einen Australier – der Liebe wegen – ausgerechnet von Brisbane nach Regensburg. Ein hartes Schicksal, das Robert Forster aber wie seine neue CD „Warm nights“ beweist, bestens gemeistert hat.

Früher, bei den GO-BETWEENS machte Robert Forster Popmusik mit Ecken und Kanten, die die Kritiker reihenweise begeisterte. Jetzt auf Solopfaden wandelnd scheint er etwas nachdenklicher geworden zu sein. In seinen Texten steckt eine gehörige Portion Nostalgie, Rückblicke auf Jugenderlebnisse und – wie könnte es anders sein – verflossene Liebschaften.

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The Jesus Lizard – [Promotion Single]

  1. Thumper: Schreiend, treibend, offbeat
  2. Skull of a german: Funkiger Sound, aber rockig gespielter Baß, wieder schreiend (der Sänger), nölende Gitarre. Text, was der Titel verspricht
  3. Blue Shot: Wieder guter Baß-Sound, auch der Rest s.o.
  4. More beautiful than barbie: Bester Song, da etwas schneller

Bei so viel Eintönigkeit, werden bisherige Fans bedient, neue nicht gewonnen. Der Basser ist gut genug für ’ne andere Band

China Drum – Last Chance

Also diese Jungs waren Support von Green Day? Na, man will sich ja von der Vorgruppe nicht die Schau stehlen lassen. Wer auch immer diese Musik als Power-Punk-Pop bezeichnet, hatte wohl schon zu Zeiten Sid’s seine Dritten Zähne. Hört sich sehr nach diesen badischen Jung’s mit dem Lemon Tree an. Nur kürzer die Songs und schneller das Schlagzeug. Der endgültige Beweis, daß das Punk-Revival ein Riesen-Hype war.

Barkmarket – Visible Cow

Klingt am Anfang ein bißchen nach Beck, eine nölende Stimme begleitet von einer typischen Verlierer-Slidegitarre. Aber dann kommen sie doch, die harten Gitarren: exakt nach 1:07 Minuten kracht es derart aus den Boxen, daß dieses Erlebnis den Preis der CD-Single schon wert sein kann. Für zärtere Gemüter allerdings nicht, denn insgesamt kommen die beiden Songs auf dieser Scheibe schon ziemlich muskelmäßig rüber. Gute, harte Musik. Bin gespannt aufs Album.

Fun Lovin‘ Criminals – Scooby Snacks

From the head down to the toe: Superposer.

Sie hätten das Titelstück dieser 2-Track-Single noch nicht mal mit einer Szene aus Pulp Fiction einleiten müssen, die Verbindung wäre auch so offensichtlich gewesen. Leute, die sich für cool halten, entprechend hippe Musik machen (in diesem Fall: entspanntes Rumrocken und Rumgrooven, ein bißchen rappen, Surf-Tremolo-Gitarre) und ganz sicher auch etwas vom Coolsein verstehen. Aber the real stuff ist das natürlich nicht.

An der Cleverness gescheitert oder: Du kannst auch Urge Overkill zu ihnen sagen.

Ryker’s – Hunting Season

Mir ist es ja nicht aufgefallen, aber einem guten Freund: „Hunting Season“ ist wie eine Bastelanleitung für den geschmackssicheren Hardcore-Song. Abgestoppte Gitarren, die Double-Bassdrum, der heisere Brüllgesang, immer schön wechseln vom langsamen Mosh-Part zum schnellen Abgeh-Teil. Routiniert und erprobt, aber nicht sehr kreativ.

Der Rest ist – nicht Schweigen, sondern Punkrock. Zwei kurze Non-Album-Bonus-Tracks, die mir besser gefallen als die Single. Allerdings sind die wirklich so kurz, daß sie als Kaufempfehlung für diese CD-Single auch nicht taugen.

Ministry – Lay Lady Lay

Ganz genau, exakt dieses „Lay Lady Lay“, an das Ihr jetzt auch denkt: Bob Dylan in den Händen von Ministry. Eine seltsam zurückhaltende Version des Klassikers, nicht schlecht, aber auch nicht aufregend.

Würde ich die Single im Radio hören, würde ich bestimmt nicht ausdrehen, vielleicht sogar ein klein wenig lauter stellen. Aber im Radio läuft das Stück nicht. Hätte ich die Scheibe ständig zuhause, würde ich sie allerdings auch nicht auflegen, d.h. irgendwie ist hier alles verquer.

Die restlichen Stücke auf dieser CD-Single sind übrigens ein Non-LP-Track von 94 bzw. eine Live-Aufnahme vom 92er Lollapalooza Festival.

„High Fidelity“-Leseprobe

Der Song, bei dem ich weinen muß, hat mich nie zuvor zum Weinen gebracht. Ehrlich gesagt, mußte ich bei dem Song, bei dem ich jetzt weinen muß, normalerweise kotzen. (…) Der Song, bei dem ich weinen muß, ist Marie LaSalles Version von Peter Framptons <Baby, I Love Your Way>. Man stelle sich vor, mit Barry und Dick in seinem Lemonheads-T-shirt zusammenzustehen, eine Coverversion eines Peter-Frampton-Stücks zu hören und loszuflennen! Peter Frampton! <Show Me The Way>! Diese Miniplifrisur! Dieses dämliche Tütendings, in das er immer geblasen hat, um diesen Donald-Duck-Sound mit der Gitarre hinzukriegen! (…) Ich akzeptiere durchaus, daß ich dringenden Bedarf an Symptomen habe, die mir begreifen helfen, wie traumatisch die jüngsten Ereignisse für mich waren, aber müssen es derart extreme Symptome sein? Hätte Gott sich nicht mit einer kleinen Abscheulichkeit begnügen können, einem Diana-Ross-Hit oder einer Elton-John-Komposition etwa?

Anmerkung des Rezensenten:
Das „dämliche Tütendings“ heißt „Talkbox“. Man steckt eine dünne Metallröhre in den Mund und singt die Melodie, die man gleichzeitig auf der Gitarre spielt. War eine Zeitlang wirklich Mode, ist aber nicht gut für die Zähne, abgesehen von dem metallischen Geschmack, den man anschließend so schnell nicht mehr los wird. Den m.E. gelungensten Talkbox-Einsatz hört man in „Haitian Divorce“ von Steely Dan (LP „The Royal Scam“).

Im übrigen ist es so, daß Rob eine wesentliche Tatsache verschweigt: Es geschah nämlich bei uns Besitzern des einzig guten Geschmacks tatsächlich auch, daß wir uns bisweilen schwer vergriffen. Also z.B. Genesis- oder Yes-Fans waren. Und man konnte Peter Frampton durchaus ein paar Wochen mögen.

zur „High Fidelity“-Rezension

Nick Hornby: High Fidelity

Das ist meine Top 5 der „Romane, um die ich einen großen Bogen mache“:

  • Romane, in denen Frauen Männer verlassen;
  • Romane, in denen verlassene Männer ihren Frauen nachweinen;
  • Romane, in denen es verlassenen Männern nicht gelingt, neue Frauen zu finden;
  • Romane, in denen sich verlassene Männer an all die Frauen erinnern, die sie einmal verlassen haben, oder von denen sie verlassen worden sind;
  • Romane, die damit enden, daß Frauen zu den Männern zurückkehren, die sie am Romananfang verlassen haben.
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Jawbox: Jawbox

Smooth
Wurden die ersten Alben von JAWBOX hoch gelobt, ließen die Verkaufszahlen doch noch Wünsche offen. Das neue Album setzt ihre musikalische Richtung konsequent fort und wirkt aber schon beim ersten Hören sehr gefällig. Dies liegt sowohl an der eingängigen Stimme von Robbins, als auch am gepflegten Einsatz von Akustik-Gitarre, Saxophon und Hammond Orgel. Auch der HiddenTrack Cornflake Girl (Tori Amos) die leichte Mainstream Verschiebung.

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The Pride: Lipstick Traces

Blue Rose, das Label, das uns schon einige Perlen amerikanischer Songwriter-Kunst beschert hat, bringt uns jetzt eine Band aus der Schweiz. Schaffhausen, um genau zu sein.
War bei Shell der Sound ein echtes Manko, hatten The Pride den richtigen Mann an den Reglern. Hier kracht´s an allen Ecken und Enden. Ich rede hier nicht von Lärm! Der Sound wirkt lärmig und erweitert die Spannungsbögen des Songwritings um mindestens drei Bewußtseinsebenen (vielleicht auch vier).

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