Rund 10 Jahre verbrachte der „noble Englishman“ aus dem Londoner East End nicht in New York, sondern vornehmlich in der texanischen Musik(er)metropole Austin. 1984 hatte der Mitbegründer der SMALL FACES und Initiator der FACES klammheimlich seine Heimat verlassen und war nach Houston übergesiedelt. Nicht freiwillig, sondern bedingt durch seine heimtückische Erkrankung (Multiple Sklerose). In Texas (und anderswo in den USA) erhoffte er sich Linderung und vielleicht sogar Heilung. Als Musiker war er längst abgeschrieben, seine typisch britische Country-Folk-Rock-Melange wollte eh niemand mehr hören. In die Saiten greifen konnte Ronnie, bedingt durch seine Krankheit, auch nicht mehr.
WeiterlesenAutor: Roland Schmitt
The Henry Mccullough Band: Blue Sunset
Schon mal das Adjektiv „schräpig“ gehört? So charakterisiert man in Westfalen eine rauchige, strapazierte, aber unverwechselbare Stimme. Und über eine solche verfügt auch Henry McCullough, seines Zeichens Sänger, Songwriter und Saitenvirtuose aus dem nordirischen Portstewart, der als einziger Ire beim „Woodstock“-Festival auf bei Bühne stand. Damals gehörte er Joe Cocker’s GREASE BAND an, verdarb es sich aber irgendwann mit seinem Boss (um ein Haar wäre Blut geflossen, denn sie waren mit Whiskey- und Cognac-Flaschen aufeinander losgegangen!) und verdiente seine Brötchen fortan als häufig beschäftigter Sessionmusiker (u. a. für Roy Harper, DR. FEELGOOD, Ronnie Lane und Paul McCartney). Seine Solokarriere verlief eher unspektakulär, und ein tragischer Unfall, der seine Spielhand praktisch lähmte, hätte ihn um ein Haar um seinen Musikerjob gebracht.
WeiterlesenLane-Marriott: The Legendary Majik Mijits
Hat schon was von Tragik an sich, wenn sich zwei ehemalige Rockstars nach vielen Jahren als Loser wieder treffen. Beide bildeten in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre unter dem Dach der SMALL FACES eines der britischen Songwriter-Duos, neben Lennon/McCartney oder Jagger/Richards, gingen dann mit den FACES bzw. HUMBLE PIE eigene Wege, fanden kurz wieder zusammen (SMALL FACES-Reunion 1976), um dann im Streit auseinander zu gehen.
WeiterlesenInterview: Wollie Kaiser
Der Kölner Musiker kennt keine Gnade, wenn es um die Schöpfung neuer Musik, neuer Klänge geht. Schon immer griff er gerne auf Originale zurück, um zu unterstreichen, „wie unwichtig letztlich die Qualität der Vorlage ist“. Als Mitglied der legendären KÖLNER SAXOPHON MAFIA, als Sessionmusiker und Solist nahm Wollie Kaiser über 40 LPs/CDs auf, kooperierte u. a. mit Kenny Wheeler, Mark Feldman oder SERIOUS SOLID SWINEHEARD. Seit 1989 wirkt er zudem als Dozent an der Folkwanghochschule in Essen. Über sein jüngstes Projekt, die CD „New Traces For Old Aces“, mit schrägen Interpretationen von Songs der „Sixties Beat“-Heroen THE SMALL FACES sprach mit ihm Roland Schmitt:
WeiterlesenIan ‚Mac‘ McLagan & the Bump Band: Turn Faces
OASIS‘ Noel Gallagher zollte jüngst „Silberlocke“ Mac – ein bißchen neidisch – Respekt: „Als Musiker hoffst Du, während Deines Lebens vielleicht Teil einer großen Band zu sein. Ian McLagan war in zwei!! (Der störrische Bastard!!!)“ Doch nicht nur mit den Mod-Ikonen THE SMALL FACES und den Party-Rockern THE FACES schrieb Mac Rockgeschichte, auch als gefragter Studio- und Sessionmusiker verschaffte er sich ein großes Renommée.
WeiterlesenWollie Kaiser TIMEGHOST: New Traces For Old Aces: Re-cover-ing Small Faces
Remember the Small Faces? Na klar, „swinging sixties“, booze & speed, girls & fun, musikalisch umgesetzt mit Rhythm & Blues, Melody Beat und Psycho Rock: Songs wie „Here Come The Nice“, „Itchycoo Park“ oder „Lazy Sunday“ wurden zu Hymnen einer Generation, eines Lebensgefühls. Den Mod-Helden die Ehre zu erweisen hatten schon immer durchaus namhafte KünstlerInnen mehr oder weniger originell versucht; vor drei Jahren gab’s ein komplettes Tribute-Album mit dem Titel „Long Agos And Worlds Apart: A Tribute To The Small Faces“ (mit dabei u. a. PRIMAL SCREAM, BUZZCOCKS).
WeiterlesenChris Jagger’s Atcha – Channel Fever
Die Sticks und Stöpsel sind wieder drin: Nach dem „low budget“-Album mit dem Atcha Acoustic-Trio konnte Chris sich mal wieder ’ne Produktion mit einer richtigen Band inklusive Schlagzeug (Malcolm Mortimer), Bass (Paul Emile) und E-Gitarre (Ed Deane) leisten. Fiddle und Akkordeon bedient weiter wie gewohnt Charlie Hart.
Der stilistische Breitwand-Mix ist im wesentlichen gleich geblieben: also von Blues bis Roots Rock, von Cajun bis Country – nur eben alles mit dem nötigen Druck und der elektrifizierenden Dynamik. Vor allem der alte Haudegen Ed Deane läßt seine Elektro-Klampfe losbrettern, dass es eine Freude ist. Das geht alles locker von den Händen wie z. B. in dem swingenden Boogie „Law Against It“ oder der Country-Ballade „He’s In A Meeting“ mit Melvin Duffys feiner pedal steel.
WeiterlesenSteve Marriott & The Official Receivers: s/t
Hat er das denn wirklich verdient?
Acht Jahre nach seinem tragischen Ableben geht der Ausverkauf mit dem musikalischen Nachlass des Shouters aus dem Londoner East End weiter. War die Compilation „Clear Through The Night“ (s.u.) auch für den Nicht-100%igen Fan noch von Interesse, so macht sich bei dieser Doppel-CD Frust breit. Der Titel verspricht eine Zusammenstellung des Live- und Studio-Materials, das das kurzlebige „Gerichtsvollzieher“-Projekt 1987 eingespielt hatte. Nach mehreren Jahren im praktischen Trio-Format hatte Steve den Drummer aus alten HUMBLE PIE-Zeiten Jerry Shirley in die Wüste geschickt („He’s only in it for the money!“) und durch Richard Newman (einen „jungen Wilden“) ersetzt. Mit Mick Weaver vervollständigte ein versierter Keyboarder das Quartett. Folglich wurde der Sound noch voller, noch souliger. Dies unterstreicht denn auch die erste CD mit einem durchaus ansprechenden Konzertmitschnitt (leider ohne nähere Angaben).
WeiterlesenRonnie Lane: Plonk
Das muß man den Hinterbliebenen und Freunden des im Juni 1997 verstorbenen britischen Country-Rockers schon attestieren: in puncto Geschäftstüchtigkeit und fan-freundlicher Nachlaßverwaltung sind sie nicht zu schlagen. Innerhalb von knapp zwei Jahren haben Bruder Stan & Co. mehr (eigenständige) Alben von Ronnie veröffentlicht als der (solo) zu Lebzeiten.
WeiterlesenRonnie Lane: April Fool
Mit „April Fool“ (der Titel bezieht sich auf einen autobiographischen Song – Ronnie war am 1. Apirl 1946 geboren worden) präsentiert uns das Label eine Compilation, die erstmals das gesamte Lebenswerk reflektiert: mit den drei SMALL FACES-Songs „Itchycoo Park“, „Song Of A Baker“ und „Lazy Sunday“, wobei letzterer etwas unpassend ausgewählt scheint; der war nun mal auf Steve Marriotts Mist gewachsen, den vier FACES-Stücken „Richmond“, „Ooh La La“, „You’re So Rude“ (übrigens eine Aufnahme aus dem WDR-Rockpalast von 1980 mit der RONNIE LANE BAND) und „Debris“ (alles Alternativversionen, keine FACES-Originale), aus der SLIM CHANCE-Ära „How Come“, „The Poacher“, „Give Me A Penny“, „One For The Road“ und „Harvest Home“, aus dem Soundtrack mit Ron Wood für den kanadischen Spielfilm „Mahoney’s Last Stand“ das Instrumental „Tonight’s Number“, aus dem Duo-Album „Rough Mix“ mit Pete Townshend „April Fool“, aus dem letzten Soloalbum „See Me“ die Clapton/Lane-Ballade „Barcelona“ und „Kuschty Rie“ und ganz aktuell, wenn auch unfreiwillig, das satirische „Send It To NATO“ aus den legendären „Majic Midgets“-Sessions mit Steve Marriott.
Steve Marriott’s All Stars: Clear Through The Night
Wer hätte das gedacht! Von seinem tragischen „Rauch(er)-Tod“ ab mußten die Fans glatte acht Jahre warten, bis endlich ganz offiziell und somit legal eine Doppel-CD mit ausgewählten Stücken aus seinem umfangreichen akustischen Nachlaß erscheinen konnte. Toni Marriott, die Witwe des legendären Shouters und Songwriters, hatte sich lange Zeit quergelegt, mit einstweiligen Verfügungen früher angesetzte Veröffentlichungen torpediert. Was bislang auf den Markt kam, waren entweder lieblos edierte, halbprofessionelle Live-Mitschnitte aus den späten 80er bzw. sehr frühen 90er Jahren oder zusammengehauene Bootleg-CDs mit zwar raren Studioaufnahmen, dafür in meist miserabler Klangqualität. Einzig das kurz nach Steves Ableben von seinem ehemaligen Keyboarder Tim Hinkley im Selbstverlag(!) erschienene Album „Scrubbers“ lohnte wirklich, wenngleich es weder autorisiert, geschweige denn klangtechnisch bearbeitet worden war.
WeiterlesenInterview: Chris Jagger
Im Frühsommer 1998 erschien beim Hamburger Label Hypertension „From Lhasa To Lewisham„, das jüngste Album von Chris Jagger. Er hat es gemeinsam mit dem Multiinstrumentalisten Charlie Hart (Ex-Ronnie Lane’s SLIM CHANCE, Ex-BALHAM ALLIGATORS) und dem Blues- und Boogie-Pianisten Ben Waters aufgenommen. Das Trio firmiert unter dem (programmatischen) Namen ATCHA ACOUSTIC. Ende November kamen die drei wieder auf Deutschlandtournee, nachdem sie hierzulande im Mai und Juni bereits einige begeistert aufgenommene Gigs absolviert hatten.
WeiterlesenHoneyboy Hickling: Blue It
„Blaumachen“ ist seine Sache nun wirklich nicht. In den vergangenen 15 Jahren hat Simon Hickling etliche Gruppen und Solisten mit seinem exquisiten Mundharmonikaspiel bereichert: in den 80ern vornehmlich bei der in der Birmingham area beheimateten Bluesband THE DT’s (DT steht für delirium tremens!), die schließlich zur backing group von Ex-SMALL FACE Steve Marriott avancierte. Simon blieb dem „cockney rebel“ noch ein Weile treu; seine blues harp ist u. a. auf Steves letztem Album – vor dessen tragischem Rauch(er)tod 1991 – zu hören. Dann jammte „Honeyboy“ mit illustren Leuten wie Bo Diddley und Paul Rodgers sowie Ex-WATERBOY Anthony Thistlethwaite. Mit letzterem nahm er Mitte der 90er auch zwei Alben auf.
WeiterlesenAndy Gill: My Back Pages
Die erste und wohl wichtigste Schaffensperiode des zu Lebzeiten zur Legende avancierten Singer/Songwriters analysiert und kommentiert der englische Musikjournalist anhand der Songs der neun offiziellen, in den 60er Jahren erschienenen Alben und den 1975 veröffentlichten „Basement Tapes“ (aufgenommen 1967).
WeiterlesenGérard Herzhaft: Enzyklopädie des Blues
Zugegeben, ein aktuelles Lexikon zum nicht totzukriegenden Phänomen „Blues“ war längst überfällig. Vor allem in deutscher Sprache gab es außer Dieter Molls „Buch des Blues“ kein brauchbares, zudem noch lieferbares Nachschlagewerk. Dieses Manko will nun diese „Enzyklopädie“ (ein anspruchsvoller Begriff!) beheben. Und will man den Presse-Besprechungen der letzten Wochen und Monate folgen, so scheint sie diesen Anspruch auch voll einzulösen. Ich hege allerdings nach der punktuellen Lektüre so meine Zweifel.
In der Tat ist der französische Publizist und Musikologe ein wahrer Kenner der Materie: Er beschäftigt sich seit drei Jahrzehnten mit dem Blues und seinen Exponenten und recherchierte auch „vor Ort“, sprich in den USA.
Ronnie Lane: Tin & Tambourine
Alle Achtung! Stan Lane, der ältere Bruder (und Ex-Roadie!) des 1997 verstorbenen Singer/Songwriters und ehemaligen (SMALL) FACES-Gründers betreibt tatsächlich erstklassige Nachlaß-Pflege. Nach einer Doppel-CD mit BBC-„Live In The Studio“-Aufnahmen, einer Single-Compilation sowie einer mit Bonus-Tracks erweiterten Neuausgabe des SLIM CHANCE-Debütalbums „Anymore For Anymore“ hat Stan weiteres, bislang unveröffentlichtes Material aus den Jahren 1974 bis 1980 aufgetan und wohldosiert zusammengestellt. Es handelt sich dabei zwar um weitgehend bekannte Songs, doch eben in z. T. ungewohnten Arrangements.
WeiterlesenLittle Blue: Angels, Horses & Pirates
Was kommt dabei heraus, wenn ein altgedienter und erfahrener Sessionmusiker sich mit Schicksalsgenossen zusammentut? Meistens irgendwelche, technisch brillante, aber uninspirierte AOR-Muzak für CD-Abschreibungsprojekte, die später in den Grabbelkisten landen. Schon mal was von Steve Postell gehört? Keine Ahnung, wie alt der Bursche ist, aber er hat schon überall seine Gitarrenkünste und seine Songwriterqualitäten untergebracht, z. B. als zeitweises Bandmitglied der PURE PRAIRIE LEAGUE, als Musical-Musiker oder als Filmmusikkomponist. Eine Solo-Platte hatte er auch schon mal eingespielt („A Travelin‘ Man“), aber die dürfte außerhalb New Yorks (da kommt er nämlich her) auch kaum jemand kennen.
WeiterlesenAtcha Acoustic – From Lhasa To Lewisham
Atcha Acoustic sind: Chris Jagger, Charlie Hart & Ben Waters:
Gut, daß er mit seinem Bruder Mick nicht (mehr) viel zu tun hat. Denn der würde sicher im Dreieck springen, wüßte er, was Chris von seiner und artverwandter Musik so hält: „Ich höre nicht viel Rockmusik. Ich finde elektrische Gitarren ziemlich langweilig.“
Dabei verzichtet Chris Jagger bei seinem Trio-Projekt Atcha Acoustic keineswegs auf E-Gitarren. Doch werden diese ganz unaufdringlich, aber effektiv von Ed Deane (remember Gay & Terry Woods!) und Pete Ridley eingesetzt, und zwar auf dem jüngsten Album „From Lhasa To Lewisham“.
WeiterlesenRoland Schmitts Inselplatten
Faszinierend und beängstigend zugleich, die Vorstellung, lebenslang oder zumindest für eine lange Zeit auf einer einsamen Insel leben zu müssen. Ausgehend davon, daß dort – auf welch wundersame Weise auch immer – dauerhaft elektrischer Strom vorhanden ist (sonst müßte man wohl auf ein Grammophon zurückgreifen; wäre für mich auch nicht so tragisch, da ich einige feine Schellackplatten besitze), käme ich inzwischen ohne Vinyl, nur mit CDs aus.
WeiterlesenNobody’s Listenin‘
Zum Tod von Ronnie Lane
Bis in die frühen 1990er Jahre hinein schien ein Song seines Albums „One For The Road“ unabwendbare Gültigkeit zu besitzen: Nobody’s Listenin‘. In seiner englischen Heimat hatte man den kleinen Sänger, Songwriter und Bassisten mit dem verschmitzten Grinsen eigentlich längst vergessen. Ronnie Lane war 1984 in die USA übergesiedelt, um (klimatisch) angenehmere Bedingungen für sein Leiden – er erkankte in den späten 70ern an Multipler Sklerose – zu finden.
In der texanischen Musikszene blieb er sogar – trotz seines Handicaps – recht aktiv, und er genoß die Wertschätzung, die ihm, dem Gründer der legendären britischen Modband THE SMALL FACES und den daraus hervorgegangenen Party-Rockern THE FACES, ausgerechnet hier von vielen Musikern entgegengebracht wurde.
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