Tigerbeat: No. 1

Huch, die neue Platte von Jon Spencer und seiner Blues Explosion? Fast. Nicht New York, sondern Hamburg ist der Brutkasten dieser vorzüglichen trashigen Rock’n’Roll-Band. International Frehn, The Rev D und Angry S.E. (klasse Pseudonyme!) verstehen ihr Handwerk und sich nicht als Kopisten. Sind sie auch nicht. Jedoch haben sie die Musikgeschichtsbücher gut und eingehend studiert. Besonders die Kapitel über The Make-Up und über eben jene Blues Explosion. Da kommt Freude auf.

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Dan Bern: New American Language

Hinternet-Bühne auf für einen der entdeckenswertesten Künstler. Bereits das Vorgänger-Doppelalbum „Smartie Mine“ aus dem vergangenen Jahr hat mich schon komplett aus den Angeln gehoben, aber was Dan Bern mit seinem insgesamt vierten Album abliefert, ist sein bisheriges Meisterstück. Klang der Vorgänger noch nach Singer/Songwriter mit musikalischer Begleitung, glänzt „New American Language“ mit echter Bandleistung.

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Sparta: Austere

Jetzt es geht es los, die musikalische Post-At The Drive-In-Ära. Mars Volta haben just eine EP auf den Markt gebracht, da wollen die anderen Ex-Mitglieder der aufgelösten Emo-Heroen nicht lange auf sich warten lassen. Sparta sind Tony Hajjar (Schlagzeug), Paul Hinojos (Gitarre), Matt Miller (Bass) und Jim Ward (Gesang, Gitarre, Keyboards). Miller spielte vor Sparta bei Belknap, der Rest in eben jener sagenumwobenen Band, die von El Paso aus Rock revolutionierte und alles auf den Kopf stellte.

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Seán Tyrrell: Belladonna

Im November/Dezember 2001 war Tyrrell mit seinem Spezi Fergus Feeley auf Europatournee und hatte da schon eine Menge neuer Songs im Gepäck (siehe Konzertkritik). Viele davon sind nun hier auf dem neuen Album versammelt, das – nach dem geheimnisvollen Lied „Belladonna In The Bar“ – einen recht zweideutigen Titel trägt. Denn „Belladonna“ meint bekanntlich nicht nur eine „schöne Frau“, sondern bezeichnet auch die hochgiftige Tollkirsche!

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Live: Manfred Mann’s Earth Band

Losheim, Eisenbahnhalle. 3.5.2002

Ich war eigentlich nie ein großer Earth Band-Fan, bin aber mit einem Arbeitskollegen aus Neugier hingefahren. Dass der ursprüngliche Gitarrist/Sänger Mick Rogers immer noch dabei ist (er ist ja schon 1983 zurückgekehrt, aber die Nachricht ist mir irgendwie entgangen) hat mich sehr gefreut. Um so mehr, nachdem er den Dylan-Oldie (und Earth Band-Klassiker) „Father of Day, Father of Night“ gesungen hat. Seine Stimme ist noch stärker und wärmer, als in den Siebzigern.

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Soulmotor: Revolution-Wheel

Soulmotor ist das Projekt von Tesla-Bassist Brian Wheat und während jene mit „Replugged Live“ vor kurzem souveränen Bluesrock gezockt haben, will es in modernen Gefilden nicht so recht klappen. „Revolution-Wheel“ ist eine nicht wirklich schlechte Mischung aus Modern-Rock, Grunge und Alternative, die aber zu schwach ist, um in der Flut der Veröffentlichungen zu überstehen.

(4 Fritten)

Soulmotor: Revolution-Wheel
Sanctuary/Zomba

Mary Lorson & Saint Low: Tricks For Dawn

Und es gibt doch Engel: In dem Moment, in dem Mary Lorson ihren Mund öffnet, und die Worte „Morningless dreamer I’m here by your side“ singt, ist man von diesem Album gefangen. War der Vorgänger wie ein Kokon dicht verwebt, ist „Tricks For Dawn“ offen, transparent und doch verspielt. Man weiß gar nicht, ob man zuerst die ausgefeilten Arrangements, das pointierte Songwriting oder Mary Lorsons Gesang extrem herausstreichen soll.

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Sunstorm: The Comeongohigher EP

Sie versprühen den Geist des zeitgenössischen Rock’n’Roll à la Oasis. Sie kokettieren mit Post-Space Rock, wie er von Lupine Howl und deren Ex-Band Spiritualized zelebriert wird. Sie spielen mit den unnachahmlichen Sounds einer Hammond-Orgel. Verdammt britisch für eine Band aus Los Angeles. Das trifft alles auf den ersten Song „High Resolution“ zu. „Mojave’s Town“ indes erinnert in den ersten paar Takten an Radiohead und Sigur Ros, ehe die Stimme von Jerold Balcolm ertönt und – in Verbindung mit der verträumten Inszenierung – leichte Parallelen zu Chris Issak offenbart. Es könnten auch Coldplay Pate gestanden haben.

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Múm: Green Grass Of Tunnel

Eine engelsgleiche Stimme, die zu wohlüberlegter Elektronik (sanfte Beats, flächige Keyboards und Samples), gemischt mit Indie-Instrumentarien (Glockenspiel, Akkordeon Bass, Cello), den Hörer mit der magischen kraft einer Fee wach küsst. Sie können sagen, was sie wollen, seitdem Sigur Rós sich in die Herzen Avantgardebegeisterter gespielt haben und isländischen Pop zurück auf die Landkarte des Pop gebracht haben, ist nichts Zauberhafteres von jener entlegenen Insel gekommen. Múm, um bei Sigur Rós zu bleiben, lassen kleinere Parallelen in ihren Melodien erkennen. Beider Musik klingt himmlischer, nicht irdischer Natur. Sie ist unbeschwert, warmherzig und zuckersüß. Wir dürfen uns auf das Album „Finally We Are No One“ freuen. Das kommt Ende Mai.

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Mary Lorson & Billy Coté: Piano Creeps

„Piano Creeps“ ist eine dieser Scheiben, die man nur in bestimmten Stimmungen hören kann. Wenn die Stille die Fantasie nicht wirklich fördert, ist „Piano Creeps“ eine Platte, die man auflegen sollte. Mary Lorson (Saint Low) und ihr Partner Billy Coté projizieren mit zwölf Songs direktes Kino in deinem Kopf. Bei drei Songs darf Mary Lorson singen, ansonsten herrschen verhaltene Töne und Klangfarben, die allesamt in jeden schrägen Independent-Film gepasst hätten.

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Kristofer Åström & Hidden Truck: Northern Blues


Schonmal Pizzateig gemacht? Ist gar nicht so leicht das Ganze breit anzulegen, ohne zu dünn zu werden oder unschöne Verdickungen zu akzeptieren. Zumindest was den musikalischen Hefeboden angeht, sind die Nordlichter die eindeutig besseren Pizzabäcker. Zum zweiten Mal vor dem Holzofen steht Kristofer Åström (sonst Sänger bei Fireside), der mit seinem neuen Album „Northern Blues“ den Teig in die Breite walkt. Dünn wird er dabei nicht; die Songs haben Substanz und wer „Blues“ als Gemütszustand begreift und nicht als Musikrichtung, wird dieses bittersüße Album lieben.

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Arcturus: The Sham Mirrors

Nach rund einer Minute des Openers fällt mir sofort mein Lieblingswort für solche Bands ein: überambitioniert. Da wird jeder erdenkliche Einfluss mit reingepetzt und alles gegeben, um auch wirklich in den ersten Sekunden zu zeigen, was für eine versierte Band hier am Start ist. Auch wenn der Eindruck im kompletten Albumverlauf nicht ganz verschwindet, schaffen es die fünf Jungs erstaunlich gut, ihre Mischung aus Progressive-, Rock-, Symphonic- und Speed-Metal ansehnlich zu drapieren.

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Live: Bob Dylan

Frankfurt, Jahrhunderthalle. 15.4.2002
Straßburg, Hall Rhenus. 25.4.2002

Zwei ganz unterschiedliche Konzerte, dank der verschiedenen Atmosphären der beiden Hallen. In der Jahrhunderthalle – einer der neuesten, saubersten und schönsten Konzerthallen, die mir je begegnet ist – hat Dylan eine passende professionelle Show abgeliefert. Wenn man kein so großer Dylan-Fan ist, wäre dieses Konzert das richtige gewesen: die Lieder meist bekannte Oldies, die Band fehlerfrei, der Sound perfekt. Aber mir hat etwas gefehlt, nämlich das Unerwartete, auf das man beim Besuch eines Dylan-Konzerts hofft. In Straßburg habe ich es gefunden.

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