Magnapop: Rubbing doesn´t help

Alles beim Alten. Auch bei der inzwischen dritten CD von Magnapop. Konnten die beiden Vorgänger noch begeistern, stellt sich jetzt doch langsam Langweile ein. Nicht, daß die Songs schlecht wären. Nein, der Standard wurde sogar gut gehalten. Aber mittlerweile wird man mit vergleichbarem Sound ja geradezu inflationär eingedeckt. Also bitte nicht falsch verstehen! Was diese Platte langweilig macht ist nicht die Qualität des Songwritings, sondern die Fülle des Angebots an vergleichbaren Sachen.
Es stellt sich mir bei dieser Platte, wie in letzter Zeit so oft, die Frage „Has the world changed or have I changed“ (Smiths-The queen is dead).

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Die Kaltblütigen

Hard boiled und haute cuisine

Es ist doch immer wieder erstaunlich was man alles aus Tomaten und Nudeln zaubern kann. Die Spannbreite reicht da von Genialität bis zum Mülleimer. Es sind halt nicht die Zutaten selbst, sondern der Umgang damit, die über das Gelingen oder Scheitern eines Essens entscheiden. Bei Comics ist das ganz ähnlich. Hä?! Na ja, wenn man hingeht und bekannte Motive zusammenwurschtelt, kann halt etwas herauskommen, was ungenießbar ist, oder etwas, das einen in höchste Verzückungen versetzt.

Bei DIE KALTBLÜTIGEN trifft das letztere zu: Ein junger durchgeknallter Latino verliert bei einem Deal die Nerven, legt ein Mitglied einer anderen Streetgang um und klaut ihm ein Kilo feinsten Stoff. Sein Leben ist fortan keinen Pfifferling mehr wert. Schnitt. Ein ruhiger, seriös gekleideter Mann anfang dreißig läßt sich mit einem Taxi in ein ruhiges Wohnviertel chauffieren, gibt ein ansehnliches Trinkgeld, hinterläßt eine Zeitbombe und exekutiert eine Familie. Allerdings unterläuft ihm ein gravierender Fehler. Er übersieht eine Zeugin. Davon sind seine Auftraggeber gar nicht erbaut und fortan ist auch sein Leben keinen Pfifferling mehr wert. Beide, der Killer mit dem Künstlernamen ‚Hamlet‘ und der leicht erregbare Latino müssen zusehen, daß sie ihre Haut retten. Hamlet, indem er die Zeugin beseitigt und herauskriegt, wer seine Auftraggeber sind, der Latino, indem er die Gang auslöscht, die hinter ihm her ist. In dem Moment, wo die beiden unterschiedlichen Charaktere aufeinander treffen setzt die Handlung aus – bis zum nächsten Band.

David Chauvel, der dieses Szenario geschrieben hat, bedient sich mühelos aus der Fundgrube des Kinos, bringt die EXPLOSION DES SCHWEIGENS zusammen mit Elementen aus Oliver Stones NATURAL BORN KILLERS, Tarrantinos PULP FICTION und einem guten Schuß Gangsta. Man sollte vermuten, daß daraus nichts anderes entstehen kann, als ein kruder Brei mit halbverdauten Inkredienzien. Falsch gedacht, Frankreichs Köche haben bekanntermaßen ein glückliches Händchen, Frankreichs Szenaristen ebenfalls. David Chauvel, Jahrgang 1969, gehört zu der nachrückenden Comic-Autoren-Generation und gleich mit seinem Erstling DIE KALTBLÜTIGEN ist ihm ein großer Wurf gelungen.

Umgesetzt wurde die Story von Erwan Le Saec der hierzulande noch recht unbekannt ist. Sein Stil orientiert sich an Zeichnern wie Tibet und Dodier. Bestechend ist die Souveränität, mit der er Chauvels Szenario ins Bild gesetzt hat. Der zweite Band SPRING HAVEN ist für August angekündigt. Alle, die jetzt Blut geleckt haben, sollten einen Blick in die zweite Reihe aus David Chauvels Feder werfen. DIE SCHIENENMENSCHEN sind ebenfalls diesen Monat erschienen. Die Zeichnungen stammen allerdings von Fred Simon.

Chauvel/Le Saec
DIE KALTBLÜTIGEN
BD. 1 IN DIE ENGE GETRIEBEN
Carlsen Verlag 19,90 DM
ISBN 3-551-72711-2

Neurosis: Through silver in blood

Ziemlich harter Stoff, das Ganze. Die Platte liegt einem schwer im Magen, was nicht heißen soll, daß sie schlecht ist – alles, was dich irgendwie berührt, ist ja besser als Gleichgültigkeit. Obwohl ich mir da auch nicht immer sicher bin.

Ich mochte den Vergleich nie, weil er zu abgedroschen ist, aber beim neuen Album von Neurosis scheint er wirklich haargenau zu passen: Diese Platte ist ein Höllentrip durch die Seele. Der Soundtrack zum erneuten Durchleben deiner Alpträume aus der Nacht zuvor.

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Babylon 5: Bd.1 – Verrat

Raumpflege und Blasphemie

In allen großen Religionsgemeinschaften gibt es Ketzer, Sektierer und Abweichler. Von daher ist es nicht weiter verwunderlich, daß auch die Gemeinde der STAR TREK-Gläubigen von solchen Erscheinungen heimgesucht wird. Ursache für dieses Übel sind Thesen, die von Anhängern anderer Space Religionen verbreitet werden; Thesen in der Art, daß STAR TREK vorgeworfen wird, nicht die Realität im Outer Space darzustellen: Alles sei viel zu moralisch und zu clean.

Ein Vorwurf, so erschütternd, daß das Raum-Zeit- Gefüge auseinanderzubrechen droht – dennoch – ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Wer hat schon mal Spock mit Achselnässe und Kirk mit Weltraumreise-Durchfall gesehen?

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Nick Hornby: Ballfieber. Die Geschichte eines Fans

Fußball ist ein Spiel für Rotzlöffel und bertivogts’sche Wohlstandsjünglinge. Und wenn die beschreiben müßten, was sie da machen, dann wäre – ja, gut, ich saach ma‘ – der nächste Satz halt immer der schwerste, und du, Leser, bräuchtest keine 90 Minuten, um zu erkennen, daß auch ein leerer Fußballerkopf rund ist. Ergo schreiben die Intellektuellen, die einen Konjunktiv von einem Tifosi unterscheiden können, ansonsten aber sogleich jeden Netzerpaß nicht bloß in die Tiefe des Raums, sondern auch in den Kontext der Ästhetikgeschichte stellen. Das Ganze ist also ein Dilemma: Entweder du kannst fußballspielen – dann kannst du nicht schreiben; oder du kannst schreiben – aber keinen Ball stoppen. Es gibt Ausnahmen: die Gedichte von Ror Wolf, beispielsweise. Und es gibt Bestätigungen: das jüngst erschienene Fußballbuch („Gott ist rund“) des FAZ-Feuilletonisten Dirk Schümer etwa, eine Sammlung höchst geistlos-intelligenter Reflektionen über Fußball, und wer sich das Spiel der vierundvierzig Beine und zweiundzwanzig Bankkonten endgültig verleiden möchte, sollte das lesen.

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Musikbücher I

Liebe Freunde des guten Buches, erlaubt einem gefrusteten Rezensenten ein offenes Wort: Der deutsche Literaturmarkt ist degeneriert. Seine Autoren sind’s schon lange, seine Verleger noch länger, und von den Lektoren, diesen armen Würstchen, reden wir gar nicht. Wir, die wir ein gelungenes Buch wie einen zusätzlichen Feiertag begrüßen, werden uns dieser Umstände immer dann schmerzlich bewußt, wenn wir über die Grenzen schauen: nach Frankreich, nach England, in die USA, dorthin vor allem, wo über’s Jahr so manch hübsches Werk, die populäre Musik betreffend, erscheint – und in Deutschland niemals erscheinen wird, weil unsere Herren Verleger sogleich die Hände über’m Kopf zusammenschlagen und „Unverkäuflich! Zu anspruchsvoll!“ ausrufen, um dann in sich zusammenzusacken und resigniert zu murmeln: „Denn weißt du, der deutsche Leser ist dermaßen was von bescheuert und degeneriert, dem mußt du hundertmal seinen Neil Young geben und fünfhundert Biografien der Kelly Familie, dann ist er’s zufrieden.“

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Ruf doch mal an!

„Vorbei“, dachte Andrej, als das Schiff internationales Gewässer erreichte, „aus und vorbei. Und dabei, vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, damals im Sommer ’95, wenn ich nur…“

Ja, wenn! Schlagsahne hatte gefehlt und Kiwis. Wie hätte er die Scheißtorte fertig kriegen sollen? Die Torte sollte die Gastgeberin milde stimmen. Immerhin näherte sich die Party dem dritten Tag. Die Wohnung war voller leerer und halbleerer Bierflaschen. Die überwiegende Mehrzahl der Gäste schlief jetzt, schlief sich frisch für die neue Nacht. Wanda und Sven standen engumschlungen auf dem Balkon und schauten rechts am Haus entlang hinüber zur Bucht. Die Türme Danzigs glänzten in der Abendsonne.

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Simone Borowiak – Baroness Bibi

Ein Schundroman für die gebildeten Stände

„Ein herrlicher Morgen dämmerte herauf und überzog die exklusivste Wohnanlage der Stadt mit einem malvenfarbenen Schimmer. In diesem Augenblick meldeten die Frühnachrichten eine Sensation: Schon wieder war ein Kanzler ermordet worden. Das war nun der dritte pfälzische Kanzler in Folge.
Dagegen, daß ein herrlicher Morgen heraufdämmert, ist ja beileibe nichts zu sagen, gegen das Heraufdämmern von ganz und gar unglaublichen Zuständen wie einem dritten Kanzlermord in Folge, hingegen schon. Einmal kann so eine Kanzlergeschichte ja passieren, aber dreimal? Das läßt tief blicken. Ein Land droht in Anarchie zu versinken und niemand scheint dem Einhalt gebieten zu können – außer vielleicht Baroneß Bibi, die sich eben, als diese Meldung ertönt, im seidigen Bettzeugs ihres opulenten Domizils räkelt und entschließt, ihren jugendlichen Luxuskörper und ihre aristokratischen Gehirnwindungen einzusetzen, um diese indiskutablen und einer freiheitlich demokratischen Republik unwürdigen Zustände zu beenden.

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Funny van Dannen – Basics

„Künstler sind nicht überflüssig“ heißt einer der 22 Titel und überflüssig ist Funny van Dannen sicherlich nicht. Weltbewegend aber auch nicht.

Auf seinem zweiten Soloalbum knüpft er da an, wo er mit der ersten CD aufhörte: Ziel ist offenbar die Kombination von deutschem Singer/Songwritertum, Schlager und blödsinnigen bis kabarettistischen Texten. Hört sich ziemlich dämlich an, wenn man diese eigenartige Mischung mit Worten zu beschreiben versucht, aber vielleicht reicht ja auch ein einziges Fremdwort: CHANSON. Nicht gleich erschrecken, ich kann das näher erklären und begründen (und nicht nur damit, daß van Dannen die live eingespielten Stücke des öfteren mit einem „Merci“ ans Publikum beendet).

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Beastie Boys: The in sound from way out!

Erstes time-out nach 11 Jahren nun anscheinend für die Beastie Boys.
Auf die Vorfreude (Ankündigung des Albums) folgt eine viel größere Enttäuschung (Erscheinen des Albums). Anstelle neuer Songs (naja, zwei sind dann doch drauf) gibt´s hier alten Stoff von den letzten beiden Studio-LPs und zwar nur Instrumentales. Und als Zugabe und für den, dem „Lighten Up“ von „Check your head“ nicht instrumental genug war, gibt´s dieses Stück in einer Version, in der die Vokal-Spur einfach weggelassen wurde! Sehr witzig, Jungs.

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Skin: Lucky

Das Beste, was man über diese CD sagen kann, ist, daß sie einen mal wieder daran erinnert, was man an biederem, traditionellem Rock alles hassen kann. Fast hätte ich jetzt auch noch das Adjektiv ´männlich´ benutzt, aber spätestens seit Alanis Morissette und Melissa Etheridge gilt diese Schublade ja nicht mehr: Auch Frauen dürfen jetzt konservative, selbstgefällige, chauvinistische Rockmusik machen.

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Trans-am: Trans-Am

TRANS AM sind ein aus Maryland stammendes Instrumental-Trio mit deutlichen Bezügen zur Rockmusik. „Gesang ist die größte und unnötigste Ablenkung der Welt“, meint Bassist Nathan Means, wie seine beiden Kollegen im Jahr 1973 geboren. Die experimentellen Sachen von KING CRIMSON („Red“) und deutscher Kraut-Rock scheinen die wichtigsten musikalischen Einflüsse für TRANS AM zu sein.

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The Coctails: The Coctails

Schläfrig souligen Gitarren-Pop präsentieren uns die vier Musiker der COCTAILS auf ihrer neuen, gleichnamigen CD. Die Nahaufnahme einer Grapefruit zierte das Cover ihres letzjährigen Europa-Debüts „Peel“, das Frontcover von „The Coctails“ zeigt die Großaufnahme einer Blutorange – der Wiedererkennungswert ist enorm: Citrusfrüchte Teil 1 und 2 oder wie mixe ich mir meinen ganz (band-) eigenen Geschmack von Popmusik.

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Bill Albert – Desert Blues

Desert Blues, der Debütroman von Bill Albert, spielt in den fünfziger Jahren in der amerikanischen Wüste. Die Hauptfigur ist der fünfzehnjährige Harold, der sich als Vollwaise im Bungalow seiner skurrilen Tante Enid in Palm Springs wiederfindet, nachdem sein Vater versucht hatte, auf der Autobahn rückwärts zu fahren. Damit ist Harold zwar seine Eltern los, nicht aber die Probleme, die das Leben in der Wüste für einen Stadtmenschen bereithält, besonders wenn es sich um einen einsachtzig großen jüdischen Teenager mit roten Haaren handelt, den ein 5minütiger Aufenthalt in der Sonne aussehen läßt wie ein rohes Steak.

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