IFA Wartburg: Im Dienste des Sozialismus

Mit Musik wie dieser grooven sich linksradikale Kräfte und Jungstalinisten wie ich („IM Kolumne“) auf die – zum Zeitpunkt der Rezension noch bevorstehenden – Bundestagswahlen ein. Von Wladiwostok bis Berlin-Marzahn tanzt man zu Liedern wie „Frau Gorbatschowa tanzt Bossanova“, „Es ist nicht so schlimm auf der Insel Krim“, „Zur Konferenz in Rostock“, „Der alte böse Kapitalismus“ oder „Hallo, guter Kommunist“. Das Grußwort am Anfang spricht Genosse Ulbricht: „Ist es denn wirklich so, daß wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nun kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des YehYehYeh und wie das alles heißt, sollte man doch Schluß machen!“ Den Rest kennen wir alle…

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Hefner: Breaking God’s Heart

Schnell einen Earl Grey und ein Blaubeer-Muffin! Das ist die CD dieses Sommers, dieses verregneten, kalten Sommers! Menschen von der Insel kennen ihn – Menschen von der britischen Insel, nicht von Mallorca oder Capri oder so.
Das Trio „Hefner“ hat in Glasgow ein herrlich schrammeliges – ja man mag das Wort schon gar nicht mehr in den Mund nehmen, und doch: – Brit-Pop-Album eingespielt, das allein schon für den Titel eine Auszeichnung verdient. (Gott selbst lächelt darüber wahrscheinlich nur müde, zu oft wurde sein Herz schon gebrochen, und das auf wesentlich uncharmantere Weise, als Hefner es hier tun.)

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Continental Drifters: Vermilion

Wo „Blue Rose“ draufsteht, kann nur brillanter Traditions-Rock drin sein. Diesmal hat das Label eine Art „Zweitliga-Supergroup“ (kommt der „zweitbesten Band der Welt“ bei den Simpsons recht nahe) unter Vertrag genommen: unter den sechs Mitgliedern der Continental Drifters befindet sich u. a. Vickie Peterson (Ex-Bangles), Peter Holsapple (Ex-dBs und stiller fünfter Mann bei REM), Marc Walton (Ex-Dream Syndicate) und Susan Cowsill (Ex-Cowsills)!

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Ronnie Lane: Tin & Tambourine

Alle Achtung! Stan Lane, der ältere Bruder (und Ex-Roadie!) des 1997 verstorbenen Singer/Songwriters und ehemaligen (SMALL) FACES-Gründers betreibt tatsächlich erstklassige Nachlaß-Pflege. Nach einer Doppel-CD mit BBC-„Live In The Studio“-Aufnahmen, einer Single-Compilation sowie einer mit Bonus-Tracks erweiterten Neuausgabe des SLIM CHANCE-Debütalbums „Anymore For Anymore“ hat Stan weiteres, bislang unveröffentlichtes Material aus den Jahren 1974 bis 1980 aufgetan und wohldosiert zusammengestellt. Es handelt sich dabei zwar um weitgehend bekannte Songs, doch eben in z. T. ungewohnten Arrangements.

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Little Blue: Angels, Horses & Pirates

Was kommt dabei heraus, wenn ein altgedienter und erfahrener Sessionmusiker sich mit Schicksalsgenossen zusammentut? Meistens irgendwelche, technisch brillante, aber uninspirierte AOR-Muzak für CD-Abschreibungsprojekte, die später in den Grabbelkisten landen. Schon mal was von Steve Postell gehört? Keine Ahnung, wie alt der Bursche ist, aber er hat schon überall seine Gitarrenkünste und seine Songwriterqualitäten untergebracht, z. B. als zeitweises Bandmitglied der PURE PRAIRIE LEAGUE, als Musical-Musiker oder als Filmmusikkomponist. Eine Solo-Platte hatte er auch schon mal eingespielt („A Travelin‘ Man“), aber die dürfte außerhalb New Yorks (da kommt er nämlich her) auch kaum jemand kennen.

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Roots – vergessen

Interview mit Robert Beckmann, Sänger der „The Inchtabokatables“

Hinter den debilen Masken verbergen sich, wie so oft – Wahrheiten. Alles, aber auch wirklich alles unternehmen die Mitglieder der Berliner Band „The Inchtabokatables“, um nicht für voll genommen zu werden. Sie geben sich selber lustige Namen wie BDeutung und Kokulorus Mitnichten und anderen Interviews, in denen die Rede ist von heißer Butter, Saufeskapaden und kranken Hirnen – aber nicht von ihrer Musik. Doch gerade die ist es wert, Worte darüber zu verlieren.

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Steve Wynn: The Suitcase Sessions

Die Firma NORMAL hat zwei Geschäftsbereiche, zum einen verdient die Bonner Firma mit ihrem Mailorder Vertrieb ihr Geld, zum anderen stellt NORMAL RECORDS auch ein Plattenlabel dar. Neben der Neuseelandfraktion The Chills, The Clean sind die Australier Beasts of Bourbon, Kim Salmon und die San-Francisco-Leute Chris Cacavas und Swell auf oder über NORMAL Records in Deutschland erschienen. Seit geraumer Zeit erscheint nun bei NORMAL Mailorder eine limitierte Sonderedition („Return To Sender“) von NORMAL Künstlern, die altbekanntes oder neues Material in besonderer Form präsentieren. Angefangen hat das ganze mal á la Unplugged, mittlerweile spielt die Form eine untergeordnete Rolle, häufig ist es Archivmaterial oder Livemitschnitte der Künstler. Allen gleich ist, daß es von der jeweiligen Platte nur 2000 Kopien gibt und das sie in Deutschland exklusiv nur über NORMAL Mailorder zu beziehen sind.

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Neil Young & Crazy Horse – Weld

„Das ist so ’ne Art Best-of als Live-Album.“ So bekam ich diese Platte in meiner Schulzeit angepriesen. Und weil Neil Youngs „Farmer John“ zu unseren ersten Party-Hits gehörte, lieh ich mir die „Weld“ Doppel-CD. Weil sie auf eine 90er-Kassette passen sollte und ich dem Altrocker im Baumwollhemd noch nicht so richtig traute, blieb ich auf Jahre teilerleuchtet: Songs, die ich heute liebe, rockten mir damals spontan nicht genug. Die sehnsüchtige Hippie-Romanze “Cinnamon Girl” erschien mir als Rock-Schlager, “Powderfinger” erinnerte mich nur an Indianer-Ferienspiele mit Tipi & Schminke oder das entsprechende Was-ist-was-Buch.

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Fischmob: Power

Der Sommer groovt aus allen Poren, und den Soundtrack dazu liefern heuer Fischmob, deren Namen man sich mal in seinen Einzelteilen auf der Zunge zergehen lassen muß: Cosmic DJ, der Schreckliche Sven, Stachy (sprich: Stachi) und Koze (sprich: Kotze). Auswendig lernen und dreimal täglich vor den Mahlzeiten aufsagen!
Engel können fliegen, weil sie sich leicht nehmen, alle anderen (Menschen, Nashörner, Elefanten etc.) müssen leider unten bleiben. So ähnlich ist das auch mit Hip Hop vs. Rap: während letzterer ausgeprägte Bodenhaftung aufweist, kommt ersterer beschwingt auf kleinen Luftkissen daher und steigt auf in schwindelnde Höhen über den Wolken, wo die Freiheit mutmaßlich grenzenlos ist.

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David Munyon – Poet Wind

Neue Folge der Reihe „David Munyon – bester Singer-Songwriter der Welt“, heute: Wohin die Winde wehen… Nach seinem kargen solistischen Ausflug vor zwei Jahren hat Munyon nun wieder eine Band im Rücken- und die tut seiner Musik gut – bei allem Respekt vor dem kompositorischen Talent des Meisters, aber so „ohne alles“ sind die Songs wenig tragfähig, mit Band klingt´s einfach satter!

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Atcha Acoustic – From Lhasa To Lewisham

Atcha Acoustic sind: Chris Jagger, Charlie Hart & Ben Waters:
Gut, daß er mit seinem Bruder Mick nicht (mehr) viel zu tun hat. Denn der würde sicher im Dreieck springen, wüßte er, was Chris von seiner und artverwandter Musik so hält: „Ich höre nicht viel Rockmusik. Ich finde elektrische Gitarren ziemlich langweilig.“

Dabei verzichtet Chris Jagger bei seinem Trio-Projekt Atcha Acoustic keineswegs auf E-Gitarren. Doch werden diese ganz unaufdringlich, aber effektiv von Ed Deane (remember Gay & Terry Woods!) und Pete Ridley eingesetzt, und zwar auf dem jüngsten Album „From Lhasa To Lewisham“.

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Live: Willie Nelson

Köln, E-Werk, 10.05.1998


Shakehands stundenlang…

Wenn Willie Nelson, Marihuana rauchende Country-Legende, mittlerweile fast 65-jährig und damit mit dem „unweigerlichen Abbau von Nierenfunktion, Augenlicht, Kniegelenken und sexuellem Ap- petit“ („Rolling Stone“) konfrontiert, neben Johnny Cash, Waylon Jennings und Kris Kristofferson einer der berüchtigten Outlaws der Country-Szene, in seinem hohen Alter noch mal auf Tournee geht, dann läßt man sich natürlich nicht zweimal bitten und setzt alle Hebel in Bewegung, um dabei zu sein. (Je älter der Künstler, desto länger die Sätze!) Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Ticket-Bestellung („Willie-wie war nochmal der Nachname?“) und dringend fälligem Ölwechsel stand der ganzen Sache dann nichts mehr im Wege und ich fand mich in der 5. Reihe im Kölner E-Werk wieder. Etwas abgehetzt zwar, aber für’s Erste zufrieden.

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Gang Starr: Moment of Truth

They’re back! Schon nach der Vorab-Single „You know my Steeze“ konnte man ja schon auf Großes hoffen. Wie schon erwartet geht es hier um die Grundwerte des „Underground“-HipHop. Erwartet deswegen, weil Puff Daddy mittlerweile auch schon den letzten Track seines Albums als Single und Heavy- Rotation-Video ausgekoppelt hat und sich langsam auch in Deutschland Epigonen finden, wie Moses P und sein ganzer 3p-Klan, der ja mittlerweile schon ein Lächerlichkeits-Level erreicht hat bei, dem mir fast schon das Lachen im Hals stecken bleibt. Aber bevor ich mich schon gleich am Anfang verzettele: Back to Program.

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Jonas: september sex relationship

Jonas ist eine vierköpfige Band aus Niedersachsen. Laut Label-Info entstammen sie „der Generation, die mit Grunge, nicht mit Indie-Rock aufgewachsen ist.“ Das bedeutet nun zweierlei:
1.) Die Jungs sind wirklich blutjung, d.h. zwischen 17 und 19 Jahren alt.
2.) Da sie noch mit Aufwachsen beschäftigt sind bzw. seitdem nicht viele Musiktrends erlebt haben, fühlen sie eine enge Bindung zu den Klängen, die den Abgesang ihrer Kindheit und das Heraufdämmern jenes Unheils begleiteten, was manche Leute „Leben“ nennen, und sie pflegen diese Bindung. Kurz gesagt: Jonas spielen Grunge-Rock.

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Live: The Cramps

La Laiterie, Straßbourg, 18.4.98.

For the love of Ivy

Zum ersten Mal live sah ich die Band mit der „Date with Elvis “ Tour, was mich damals dermaßen begeisterte, daß ich kurz danach das Studium schmiß (mit dem Ergebnis, daß ich dann im Plattenladen jobbte). Lux und Ivy waren, wohl schon vor Mitte der 80er, die wandelnden R&R Götter und erreichten mit „Date with Elvis“ ein „größeres“ Publikum als mit den vorhergehenden Veröffentlichungen.

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Tortoise: Kollektive Bewußtseinserweiterung

Echo, Preisverleihung der deutschen Schallplattenindustrie. Unter den üblichen Verdächtigen für Veranstaltungen dieser Art – wie Tic Tac Toe etc. – auch Wolfgang Petry mit seinem diesjährigen Brüller „Weiber“. Gekleidet in dezent verwaschene Jeans von der Stange, offenstehendes, über der Hose getragenes Flanell-Hemd Marke „Vorstadt-Grunge“ und als letzten Knaller dann noch sein eigenes Tour-Shirt mit fett rot-schwarzem „Scheißegal“-Aufdruck. Mir wird schlecht. Alpträume. O Gott!

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Interview: Liv Kristin

Hast du eine klassische Gesangsausbildung?

LK: Ich habe überhaupt keine Stimmausbildung. (lacht) Eigentlich habe ich immer schon gesungen. Als ich ganz klein war, habe ich in der Schule ein paar Auftritte gehabt, aber eine richtige Ausbildung habe ich nicht gemacht. Einmal hatte ich zwei Stunden Gesangsunterricht, weil ich dachte, daß es mir irgendwie helfen kann. Dem war aber gar nicht so. Deswegen habe ich das gelassen.

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Interview: Propain

Der Weg ist ziemlich lang

Im Info heißt es, daß Euer Hauptthema in Musik und Texten die Aggressivität ist. Seid Ihr auch privat so drauf oder reagiert Ihr Euch ausreichend auf der Bühne ab?

Gary Meskil: Ich sehe uns selbst eigentlich nicht als aggressive junge Männer, die sich auch so aufführen müssen. Aber es ist nun mal diese Art von Musik, die uns Spaß macht. Wir sprechen untereinander viel über politische Themen, die uns wichtig sind. Das versuchen wir auch in unserer Musik und den Texten ‚rüberzubringen.

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